Seit Ende August 2006 bin ich mit einem Profil (und zeitweise Blog) auch auf Myspace. Nun werde ich mein Myspace-Profil wieder löschen – aus mehreren Gründen.
Nach hundert Tagen auf Myspace ziehe ich eine insgesamt eher negative Bilanz. Aus persönlichen Erfahrungen, zu denen eher politische Gründe hinzu kommen.
Auf der positiven Seite: ich habe eine meiner Lieblings-Gruppen der 90er Jahre [Bel Canto, damals von der Rigo empfohlen :-)] wiedergefunden. Einen netten Franzosen (elektronisch) kennen gelernt, einige andere Bekannte auf Myspace wiedergetroffen. Eine nette auch persönliche Bekanntschaft, die sich leider unter seltsamen Umständen bald darauf wieder verflüchtigt. Einige nette neue Musikmacher kennen gelernt.
Auf der negativen Seite: immer mehr bekomme ich im Laufe der 100 Tage das Gefühl, für viele besteht Myspace nur aus einem Wettbewerb, möglichst viele Verlinkungen als so genannte „Freunde“ zu haben. Täglich mehrere Anfragen von den teilweise abstrusesten Profilen, die „mein Freund“ werden wollen [sorry, aber was ich mit einer Gruppe evangelikaler Hetero-Väter in Michigan gemeinsam habe, erschließt sich mir nun wirklich gar nicht, und ich möchte es auch nicht ausprobieren]. Dazu massenweise ebensolche ‚Freund‘-Anfragen von irgendwelchen Bands und Liedermachern. Darunter ist dann ab und an auch eine interessante Entdeckung (wie Tommy Finke), aber letztlich empfinde ich die massenhaften Band-Anfragen bald nur noch als Werbe-Müll.
Im Resume der persönlichen Erfahrungen: für mich steht der Zeitaufwand, den Myspace erfordern würde, in keinem Verhältnis zum möglichen Nutzen. Noch unproduktiver und zeitraubender als Gayromeo ;-).
Dazu kommt, aber das ist eher ein Neben-Grund, dass Myspace mich nicht gerade in liebenswerte Gesellschaft bringt: Myspace ist zentraler Baustein in der Internetstrategie des konservativen Medien-Zaren Rupert Murdoch (der Myspace für einige hundert Millionen Dollar übernommen hat). Der Murdoch, der mit Hetz- und Propagandasendern der Rechten prächtig Geld verdient (schon mal Fox News gesehen? Oder die ‚New York Post‘ gelesen?). Und in dessen Reich ich nicht unbedingt gratis-Inhalte-Lieferant (oder Konsumenten- und Marketing-Futter) sein möchte. [Nicht, dass Google, Hoster meines Blogs, nun gerade unkritisch zu sehen wäre. Aber das ist eine andere Geschichte…]
Im Ergebnis nach hundert Tagen: Myspace war ein interessantes Experiment, bei dem ich einiges über die Welten und Funktionsweisen einer der Facetten des Web 2.0 kennen gelernt habe.
Beinahe gleichzeitig habe ich damals auch das Bloggen begonnen. Und auf das werde ich mich zukünftig konzentrieren … adieu Myspace, und auf ein weiteres auf meinem Blog Ondamaris.
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Text 25. Januar 2017 von ondamaris auf 2mecs
Eine Antwort auf „Warum ich Myspace verlasse“