Gestern hab ich ja schon über den Kauf von YouTube durch Google geschrieben (Milliarden für unsere Inhalte) und die Frage, wessen Inhalte an wen verkauft werden. Die Übernahme hat aber noch eine weitere Dimension – die der Macht.
Das Internet ist inzwischen ein Massenmarkt, längst kein Exotikum mehr. Etwa zwanzig Milliarden (!) US-$ werden allein in den USA dieses Jahr für Online-Werbung umgesetzt. Und um diese Märkte geht es, gerade auch bei den boomenden Online-Gemeinschaften und User-Content-Angeboten.
Google und YouTube zusammen haben allein im August 2006 in Deutschland 3,8 Millionen Menschen erreicht (Einzelbesucher, Besucher beider Sites nur einmal gezählt). Der nächstgrößte Wettbewerber MySpace (der gerade erst an seinen deutschen Seiten arbeitet und als Suchmaschine weltweit eben jenen Wettbewerber Google einsetzt) kommt in Deutschland gerade auf 1,3 Millionen Besucher im gleichen Monat. Auf den weiteren Rängen folgen Lycos Movie (1,2 Mio.) und Myvideo (0,88 Mio.; gehört zu 30% ProSiebenSat1).
Bei Online-Gemeinschaften hat Google durch die Übernahme von YouTube eine Marktpräsenz (nicht nur) in Deutschland erreicht, die kaum jemandem bewusst ist. Dies wird noch deutlicher, wenn die 1,5 Mio. Anwender, die blogger.com (das ebenfalls Google gehört) allein in Deutschland hat, noch dazu gerechnet werden.
Google ist längst nicht mehr „nur“ dominierend im Business der Suchmaschinen (und im Geschäft der dazugehörigen Werbung).
Google hat als Suchmaschinen-Betreiber inzwischen sogar geschafft, die Denkrichtung ‚umzudrehen‘: nicht mehr Google (bzw. sein Such-Algorithmus) richtet sich danach, wie Internetseiten gestaltet sind. Vielmehr ist es längst üblich geworden, sich bei der Seitengestaltung daran zu orientieren, wie Google sucht und bewertet.
Google setzt den Standard. Google wird zudem zu einem global agierenden Internet-Konzern mit Markt-Dominanz. Diese starke Position auch für die Zukunft zu sichern, das scheint der eigentliche Sinn des Kaufs von YouTube zu sein.
YouTube steht bisher für die „Demokratisierung des Fernsehens“, wie Medienkritiker schreiben. Die Entwicklung der Markt-Macht einiger Internetkonzerne könnte jedoch bald in Widerspruch zum Begriff „Demokratisierung“ geraten, gerade wenn sie auf ein Oligo- oder Monopol zuzulaufen scheint.
Und wie damit umgehen?
Zeit für Demokratisierung?
Dass nicht alles geht, dass auch die Welt des User-Content ein Gewissen kennt, zeigte jüngst gerade YouTube: von der NPD produzierte und dort eingestellte Sendungen wurden nach massiven User-Protesten bald wieder vom Server genommen.
Dies zeigt den Weg: User, wenn sie nur einer Meinung sind, haben Macht (analog zu Ralph Naders ‚Macht der Konsumenten‘). Während Konkurrenten von Google, Ebay & Co. schon aufgeben müssen, haben diejenigen, die wirklich Macht haben, dies bisher meist weder erkannt noch umgesetzt: die Nutzer ihrer Angebote.
Web 3.0 – das Web der User?
Der Bezug auf das NPD Video hinkt, der Artikel suggeriert, dass YouTube/Google das Video selber eingestellt hat und nur auf Druck der User beseitigt wurde. Vielmehr haben die User aufgepasst und den Provider auf etwas hingewiesen. Immer schön bei der Wahrheit bleiben.
Die Sorge über Google kann ich voll nachvollziehen.
@Stefan S.: Du hast natürlich Recht, der Artikel wurde nicht von YouTube eingestellt, vielleicht ist das mißverständlich formuliert. Ich wollte mit diesem Beispiel darauf aufmerksam machen, dass User eine verdammt starke Position haben können (gerade bei diesen Content-Angeboten), wenn sie nur an einem Strang ziehen.
Außer Autofahrer (ADAC) sind so gut wie keine Verbraucher organisiert. Das ist schade und wird von den Anbietern schamlos ausgenutzt. Der Kunde im Kaufhaus oder im Supermarkt ist davon genauso betroffen wie die vielen Nichtraucher. Vielleicht sind die WEB User schlauer und aktiver.
@ Stefan S.: Im HIV-Bereich gibt es immer wieder Versuche, ‚Patienten‘ zu vernetzen und organisieren, wenn auch mit leidlichem Erfolg.
Im Internet: ich hatte mir damals mehr von ICANN-Userbeteiligungsversuchen versprochen, das dann aber leider aus den Augen verloren.
Wenn’s Blogger- (oder User-) Selbstorganisation gäbe – ich wär‘ dabei …