Nach einem Nachmittag verbracht mit Beobachtungen am Rand des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen stromert man mit Kai auf dem Weg zur Schleuse durch den Tiergarten – und steht plötzlich vor einer bisher nie bemerkten Stele.
Bei näherer Betrachtung entpuppt sie sich als Gedenkstele. An eine Wiederaufforstung. Eine der besonderen Art.
In den 1940er Jahren hat der Tiergarten besonders gelitten. Die Nazis griffen massiv in die ursprünglich Lenné’sche Gartengestaltung eingegriffen hatten (im Rahmen ihrer ‚Germania‘-Planungen). Der Krieg und die Bombardierungen hinterließen auch im Tiergarten deutliche Spuren. Die deutlichsten Spuren am Gesicht des Tiergartens jedoch hinterließ der ‚Hungerwinter‘ 1948/49 – Berliner brauchten Brennholz, auch angesichts Hunger und eisiger Temperaturen. Innerhalb weniger Monate waren von den weit über Hunderttausend Bäumen des Tiergartens nur noch 700 (!) übrig geblieben. Stattdessen wurden Kartoffeln und Gemüse gepflanzt …
Bereits 1949 begann dann die Wieder-Anlage des Tiergartens. Im Rahmen eines Notstands-Programms wurde der Tiergarten zwischen 1949 und 1959 wieder aufgeforstet.
Sein heutiges Aussehen verdankt der Tiergarten dabei nicht zuletzt auch den zahlreichen Baum-Spenden aus Städten und Kreisen. Hieran erinnert die Stele.
Der „Gedenkstein für die Baumspenden westdeutscher Städte“ (Karl Wenke) entstand 1951 und wurde 1952 feierlich enthüllt. Neben einem Gedenktext nennt der Stein die Namen der mit Baumspenden hilfreichen Städte und Regierungsstellen.
Der aus Muschelkalk gefertigte Gedenkstein ist leider stellenweise bereits stark verwittert, die Inschriften teils nur mit Mühen zu entziffern.
Bemerkenswert: Die Baumspender waren schon vor mehr als 50 Jahren Denkmalwürdig, die verfolgten und ermordeten schwulen Menschen sind erst seit kurzem – so gerade eben…
@ TheGayDissenter:
tja … wunder dauern eben ein wenig länger 😉
spaß beiseite, natürlich ist diese zeitliche konstellation bestürzend … stimme die völlig zu.