Die XIX. Internationale Aids Konferenz 2012 ( AIDS2012 ) fand vom 22. bis 27. Juli 2012 in Washington, USA statt. Das JIAS Journal of the International Aids Society hat jüngst alle Aids2012 Abstracts und Poster veröffentlicht, diese sind online in vier verschiedenen Formaten verfügbar.
Für ondamaris hat Roland in den Tagen vor und während der Konferenz über die XIX. International Aids Conference 2012 und seine Reiseeindrücke und Erfahrungen täglich live aus Washington berichtet. Eine Übersicht seiner Artikel findet sich hier: XIX. Internationale Aids Konferenz 2012 : täglich live dabei mit Roland.
Generika senken die Behandlungskosten der HIV-Infektion – nicht nur in so genannten Entwicklungsländern, sondern möglicherweise bald auch in Industriestaaten. Der Grund: Auslauf des Patentschutzes bei ersten Substanzen.
Mindestens 920 Millionen US-$ könnte allein das US-amerikanische Gesundheitswesen einsparen, wenn statt einer Dreier-Kombination in einer Pille bald zwei generische HIV-Medikamente plus ein patentgeschütztes Medikament eingesetzt werden. Dies berichteten Forscher auf der XIX. Internationalen Aids-Konferenz in Washington.
Die beliebteste Kombinations-Therapie zur Erst-Behandlung ist in den USA die Kombination der Wirkstoffe Tenofovir, FTC und Efavirenz. Bisher wird hierbei i.d.R. das Medikament Atripla® eingesetzt, bei dem alle drei Wirkstoffe in einer Pille enthalten sind. Für die Substanz Lamivudin (dem FTC sehr ähnlich) ist in den USA jüngst der Patentschutz abgelaufen. Im kommenden Jahr wird zudem der US-Patentschutz für Efavirenz auslaufen.
Würde nun zukünftig statt der Kombi-Pille eine Kombination der beiden Wirkstoffe Lamivudin und Efavirenz als Generika plus des weiterhin unter Patentschutz stehenden Tenofovir gegeben, ließen sich dadurch die Behandlungskosten pro Patient drastisch senken. Auf die gesamten USA bezogen kalkulierten die Forscher um Rochelle Walensky von der Harvard Medical School unter Anwendung des ‚Cost-Effectiveness of Preventing AIDS Complications in the US (CEPAC-US)‘ – Modells eine Einspar-Möglichkeit bei HIV – Behandlungskosten von 920 Mio. $ jährlich.
Dabei bezogen die Wissenschaftler nicht nur die direkten Therapiekosten in ihre Betrachtugn mit ein, sondern auch Fragen wie Wirksamkeit, klinischen Nutzen und Lebenserwartung der behandelten HIV-Positiven (QALY, quality-adjusted life years). Für die beiden Generika kalkulierten sie eine 75-prozentige Preisreduzierung im Vergleich zu heutigen patentgeschützen Medikamenten (Erfahrungen bei anderen Wirkstoffen zeigen, dass die Preisreduzierung durch Generika im Laufe der Zeit deutlich höher ausfallen kann).
Hat der ‚ Berlin Patient ‚ zwei ‚Weggefährten‘? In Boston sollen zwei weitere Personen nach Knochenmark-Transplantationen von HIV ‚geheilt‘ worden sein.
Der ‚Berlin Patient‘ machte vor einigen Jahren Geschichte, noch immer weckt er mediales Interesse. Timothy Ray Brown war an Leukämie erkrankt und gleichzeitig HIV-infiziert. Mediziner an der Berliner Charité unter Leitung von Dr. Hütter begannen 2007 mit einer innovativen Behandlung. Statt dem Patienten “nur” eine ‘normale’ Stammzelltherapie zukommen zu lassen, benutzten sie Stammzellen eines Knochenmark-Spenders, bei dem aufgrund einer seltenen Mutation (ca. 3 – 5% der Bevölkerung) ein bestimmter Korezeptor (CCR5) fehlt – den jedoch HIV wiederum zur Infektion von Zellen benötigt. Resultat der komplizierten Behandlung: Brown ist von Leukämie geheilt – und HIV-negativ. Die „erste funktionale Heilung von HIV“, für die Dr. Gero Hütter 2010 ausgezeichnet wurde.
Ein etwa 20-jähriger von Geburt an HIV-positiver Mann sowie ein etwa 50-jähriger seit den 1980er Jahren HIV-infizierter Mann sollen nach Knochenmark-Transplantationen ebenfalls frei von HIV sein. Beide Männer wurden zu unterschiedlichen Zeiten im Brigham and Women’s Hospital in Boston behandelt. Beide erhielten auch nach der Knochenmark-Transplantation weiterhin antiretrovirale Medikamente. Nach acht Monaten waren die Zellen der beiden Patienten ersetzt durch die Zellen des (HIV-negativen) Knochenmark-Spenders. Die Zahl der HIV-Antikörper ging zurück, weder HIV-DNA noch -RNA konnte nachgewiesen werden. Derzeit könnten keine Spuren von HIV nachgewiesen werden, so Forscher. Vermutlich habe die antiretrovirale Therapie in den acht Monaten verhindert, dass die neuen Zellen erneut mit HIV infiziert würden.
Einige Beobachter raten zu Vorsicht bei der Interpretation der bisherigen Ergebnisse sowie dem Vergleich mit dem ‚ Berlin Patient ‚. So sei im Gegensatz zum ‚ Berlin Patient ‚ in diesen beiden Fällen Knochenmark eines Spenders verwendet worden, das nicht die CCR5-Depletion aufweist. Zudem sei eine weniger starke Chemotherapie eingesetzt worden (so dass sie während und nach der Transplantation weiterhin ihre antiretroviralen Medikamente nehmen konnten). Zudem seien beide, anders als Brown (der seit über 5 Jahren keine Aids-Medikamente mehr nehme) derzeit weiterhin auf antiretroviraler Therapie – ein Erfolg müsse sich erst in einer Therapiepause erweisen. Noch sei es zu früh, von weiteren Fällen einer „functional cure“, einer ‚funktionellen Heilung von HIV‘ zu sprechen.
weitere Informationen:
HIVplus 27.07.2012: Two Men Possibly Cured of HIV With Bone Marrow Transplant
POZ 28.07.2012: New Stem Cell Transplant Cases Encouraging, but Cure Buzz May be Premature
.
Mit HIV vor Gericht – 49% der HIV-Positiven in den USA vertrauen nicht darauf, dass sie vor Gericht eine faire Behandlung erhalten für den Fall, dass sie strafrechtlich verfolgt werden, weil sie ihre HIV-Infektion gegenüber Sexpartnern nicht offen gelegt haben. Dies ist eines der vorläufigen Ergebnisse einer Befragung von 2.076 HIV-Positiven in den USA, die im Juni und Juli 2012 stattfand.
30% der Befragten waren sich nicht sicher, wie sie vor Gericht behandelt werden würden. Nur 21% hatten volles Vertrauen in die Gerichte.
29% der Befragten hatten zudem geäußert, sie hätten sich bereits mehrfach Sorgen gemacht, ‚fälschlicherweise beschuldigt‘ zu werden.
Laurel Sprague, die die Studie durchführte, betonte gegenüber Medien, die Stigmatisierung HIV-Positiver habe ein Ausmaß angenommen, dass Menschen mit HIV vor Gericht oftmals Voreingenommenheit befürchten, dass sie die Gefahr sehen selbst wenn sie unschuldig seien im Gefängnis zu landen:
„People felt that because stigma against people with HIV is so great, that the minute they walk into a courtroom as a positive person that there is already a bias against them as not reliable or not trustworthy. And so, even if they are falsely accused, they fear they can still end up in prison.“
Die Befragung wurde durchgeführt vom ‚Sero Project‚, einer Gruppierung die sich der Bekämpfung von HIV-Stigma widmet. Direktor ist Sean Strub, Langzeit – Aids-Aktivist und Gründer des US – Magazins ‚POZ‘.
32 der US-Bundesstaaten haben den US-Gesundheitsbehörden CDC zufolge HIV-spezifische Strafgesetze.
Offensichtlich nicht ganz … wie der Gastbeitrag von Heidemarie Kremer zeigt.
Dr. med. Dr. rer nat. Heidemarie Kremer ist ehemalige Ärztin, langjährige AIDS Aktivistin, Psychologin und Wissenschaftlerin.
.
Einreiseverbot : AIDS 2012 in Washington –(K)ein Ende der Ausgrenzung von Menschen mit HIV
AIDS 2012 ist erste Internationalen AIDS Konferenz auf amerikanischem Boden, seit Präsident Obama nach 22 Jahren am 4. Januar 2010 offiziell das Einreiseverbot in die USA für Menschen mit HIV aufgehoben hat. Als offen HIV-Positive wurde mir die Teilnahme an diesem historischen Ereignis verweigert.
Im Jahr 1987, ein Jahr vor meiner HIV-Diagnose, implementierte die US Regierung ein generelles Verbot, das Menschen mit HIV die Einreise, Durchreise und Migration in die USA verwehrt. Nur mit einer Sondergenehmigung waren bis zu 30 Tage Aufenthalt zur Teilnahme an einem Kongress möglich. Mittels Zwangstestungen beim Greencard-Antrag, Medikamentenfahndungen und Gesichtskontrollen bei der Einreise wurden HIV-Positive unfreiwillig geoutet und unter der Ziffer 212 als Gesundheitsrisiko eingestuft. Mit dieser Registrierung waren sie neben „Moralverbrechern“ immigrationsrechtlich Schwerstverbrechern gleichgestellt.
Bei meinem Visa-Antrag 2001 outete ich mich freiwillig als 212-Fall und stellte das System auf die Probe. Zu meiner Überraschung erhielt ich über mehrere Jahre eine Sondererlaubnis mit der Bitte mich gegen die menschenrechtsverletzenden Einreiserestriktionen einzusetzen. Als meine Greencard bewilligt wurde, blieb die HIV Sondergenehmigung aus. Damit stand unsere Familie 2009 unter Deportation. Mit der Aufhebung des Einreiseverbots erhielt ich jedoch eine Greencard. Allerdings gab es noch eine Hürde, der historische 212-Eintrag. Bei jeder Einreise in die USA wurde ich weiterhin einem Schwerverbrecher gleichgestellt.
Gemeinsam mit der Internationalen AIDS Gesellschaft versuchte ich eine kollektive Löschung der historischen Registrierung von Menschen mit HIV zu beantragen. Aus Angst vor Menschen mit HIV, wegen ihrer potentiellen Kriminalität und den anderen Ansteckungsgefahren, lehnte die US-Regierung den Antrag kurz vor dem AIDS-Kongress 2012 ab. Obendrein wurden meine Wiedereinreise in die USA nicht genehmigt.
Offiziell hat die historischen Ausgrenzung von Menschen mit HIV in den USA ein Ende. Ausgegrenzt von AIDS 2012 befinde ich mich als historischer 212-Fall jedoch in großer Gesellschaft. Ein Immigrationsgesetz aus dem 19. Jahrhundert subsumiert unter 212 auch „Moralverbrecher“, wie SexworkerInnen und DrogengebraucherInnen (deren lukrative Illegalisierung weltweit vielleicht ebenso viele Menschenleben gekostet wie der legale Handel mit überteuerten HIV-Medikamenten). Zugeschaltet von Satellitenkonferenzen in Kiew und Kalkutta verfolgten historisch kriminalisierte HIV Betroffene, wie fernab in Washington „Making AIDS History“ als gemeinsames Ziel verkündet wurde.
Mehr dazu in der nächsten Ausgabe von Projekt Information und der DHIVA sowie im Internet:
Die Kriminalisierung der HIV-Übertragung und ihre Folgen waren eines der wesentlichen Themen der XIX. Internationalen Aids-Konferenz 2012 in Washington. Eine Infografik von GNP+ und HIV Justice Network gibt einen Überblick über das Ausmaß der Kriminalisieurng der HIV-Übertragung weltweit.
Unter dem Titel „Criminal prosecutions for HIV non-disclosure, exposure and transmission: overview and updated global ranking“ berichteten Edwin J. Bernard und Moono Nyambe auf der XIX. Internationalen Aids-Konfernez 2012 über Stand und Umfang der Kriminalisierung der HIV-Übertragung weltweit. Eine gute Übersicht gibt ihre Infografik ‚Global Overview of Laws and Prosecutions‘:
Erläuterung:
rot: HIV-spezifische Gesetze, Strafverfolgung
gelb: HIV-spezifische Gesetze, keine Strafverfolgung
orange: Strafverfolgung innerhalb der allgemeinen Gesetzgebung
grau: keine Gesetze oder Strafverfolgungen berichtet
Auf der XIX. Internationalen Aids-Konferenz hatten GNP+ und HIV Justice Network auch die ‘ Top 15 der Kriminalisierung der HIV-Übertragung ‘ (in welchen Staaten der Welt werden HIV-Positive am intensivsten juristisch verfolgt?) vorgestellt.
“Es gibt immer mehr Belege dafür, dass die Kriminalisierung der Nichtoffenlegung der HIV-Infektion, der potenziellen Exposition und der nicht vorsätzlichen Übertragung von HIV mehr Schaden anrichtet, als dass sie der öffentlichen Gesundheit und den Menschenrechten nutzt.”
.
Quelle:
Edwin J. Bernard, Moono Nyambe / GNP+, HIV Justice Network : „Criminal prosecutions for HIV non-disclosure, exposure and transmission: overview and updated global ranking“, XIX. Internationale Aids Konferenz Washington 2012
Françoise Barré-Sinoussi ist für die kommenden zwei Jahre neue Präsidentin der International Aids Society IAS. Sie wird Nachfolgerin von Dr. Elly Katabira.
Prof. Françoise Barré-Sinoussi ist derzeit Direktorin für Retrovirus-Infektionen (Unité de Régulation des Infections Rétrovirales ) am Institut Pasteur in Paris. 2008 erhielt sie für die Entdeckung von HIV den Nobelpreis für Medizin (siehe ondamaris 08.10.2008: Wissenschaftskrimi um den Aids-Erreger).
Auf der XIX. Internationalen Aids-Konferenz in Washington war Françoise Barré-Sinoussi führend an der dort auf den Weg gebrachten ”Strategie zur Heilung von HIV” beteiligt, deren Ko-Vorsitzende sie ist. Barré-Sinoussi ist Mitglied der französischen Akademie der Wissenschaften.
Als Präsidention der IAS wird Prof. Françoise Barré-Sinoussi auch Leiterin der ‚7th IAS Conference on HIV Pathogenesis, Treatment and Prevention‘ (IAS 2013) sowie der XX. Internationalen AIDS Konferenz (AIDS 2014) sein.
Die IAS ist u.a. Veranstalter der Internationalen Aids-Konferenzen, die alle zwei Jahre (zuletzt 2012 in Washington) stattfinden.
.
IAS 27.07.2012: Françoise Barré-Sinoussi (France) Becomes IAS President Chris Beyrer (USA) Becomes IAS President-Elect, Dr. Anton Pozniak (UK) is the New Treasurer (pdf)
Die XIX. Internationale Aids-Konferenz ist vorbei.
Verfolgte man die Berichterstattung in den Medien, kann man den Eindruck gewinnen, es sie alles nicht mehr so schlimm mit HIV und Aids – und werde von nun an immer besser. „Optimistischer Abschluss der Welt-Aids-Konferenz“ titeln auch seriöse Medien, oder ziehen noch prägnanter das Resümee „Der Anfang vom Ende der Aids-Epidemie“.
Oder die Statements von Politikern. Eine „Generation ohne Aids“ sieht Hillary Clinton, US-Außenministerin, schon am Horizont, und Francois Hollande, französischer Staatspräsident, sieht (wie andere auch) die Möglichkeit, „die Aids-Epidemie in der ganzen Welt zu beenden“.
Nun müssen große Konferenzen große Schlagzeilen produzieren, um hohe mediale Aufmerksamkeit zu erlangen (oder: die Verantwortlichen glauben dies zumindest). Und Politiker benutzen solche Momente gerne für starke Worte, einprägsame Formulierungen, um selbst Schlagzeilen zu produzieren (in wessen Interesse, bliebe dabei zu hinterfragen).
Allein – bei all dem Jubel bleibt ein schaler Beigeschmack.
Millionen HIV-Positive weltweit erhalten keinerlei antiretrovirale Behandlung, obwohl sie sie dringend benötigen. Warum? Weil das Geld fehlt. Weil die erforderlichen Strukturen fehlen. Weil die Medikamenten-Preise für viele Staaten (u.a. aufgrund von Patentrechten von Pharamkonzernen aus Industriestaaten) unerschwinglich hoch sind. Ganz abgesehen von den sozialen Bedingungen, der Stigmatisierung und Diskriminierung, der Verfolgung und Kriminalisierung, der HIV-Positive in vielen Staaten der Welt ausgesetzt sind.
Und auch hierzulande ist nicht ‚alles im grünen Bereich‘, bei weiten nicht. HIV-positiv am Arbeitsplatz, das ist immer noch ein alles andere als sorgenloses Thema. HIV-Zwangstests stehen wieder auf der politischen Tagesordnung. Kriminalisierung HIV-Positiver ist auch hierzulande bedrückt auch hier. Probleme mit Kondomen in Knästen, Methadon-Programmen im Strafvollzug sind immer wieder Grund für Ärger. HIV-Positive haben immer wieder Probleme bei bzw. mit ihrem Zahnarz . Und dies sind nur einige beispielhafte Probleme im Leben mit HIV, das derzeit auch hierzulande noch weit davon entfernt ist, entspannt zu sein.
Es ist schön, Visionen zu haben, Visionen von einer „Generation ohne Aids“.
Und ich wünsche zukünftigen Generationen weltweit, dass sie ohne den Horror, der Aids für meine Generation war, leben können.
Bis diese Visionen vielleicht Realität werden, sollten wir die realen Probleme nicht aus den Augen verlieren – und sie anpacken. Die Probleme vor der eigenen Haustür, genauso wie die in Regionen die manchmal so weit entfernt schienen, uns aber dennoch sehr wohl viel angehen.
Egal ob ignorante Politiker, desinformierte Zahnärzte oder Regierungen, die glauben sich unterfinanzierte Aids-Programme leisten zu können – unsere Probleme liegen (auch) vor unserer Haustür.
Wie sagte es ein längst aus der Mode geratener Werbespruch:
Die XIX. Internationale Aids-Konferenz in Washington ist vorbei.
Tausende Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind auf dem Rückweg, auch die Delegation der Deutschen Aids-Hilfe DAH. Unter ihnen Roland – der mit einem Scholarship der DAH als HIV-Positiver erstmals eine Welt-Aids-Konferenz besucht hat.
Und der für ondamaris täglich live berichtet hat, welche Veranstaltungen er besuchte, welche Themen ihm persönlich wichtig erschienen, welche Eindrücke er gewonnen hat. Zehn Tage lang hat Roland live berichtet, aus den Meetings und Prä-Konferenz-Symposien, die vor der Aids 2012 stattfanden, wie auch jeden Tag live von der XIX. Internationalen Aids-Konferenz in Washington.
Eine Übersicht über alle Beiträge in ‚Rolands Washington-Tagebuch‘ ist hier zu finden:
Alle (auch die weiteren) Artikel, die auf ondamaris zu Themen der XIX. Internationalen Aids-Konferenz Washington 2012 erschienen sind, liefert in einer Übersicht ein Klick auf das Stichwort ‚Aids2012‚ (alle Artikel auf ondamaris sind seit langem Stichworten zugeordnet).
Eine Welt-Aids-Konferenz zu besuchen mit ihren Tausenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern, einem nahezu unüberschaubaren Vortrags- und Veranstaltungsangebot, ständig neuen spannenden Begegnungen mit Kollegen, Aktivisten und Forschern aus anderen Ländern und Kontexten – – – all dies ist sehr anstrengend und kräftezehrend. Wer einmal dabei war, kann ermessen, welche Anstrengungen das bedeutet, umso mehr für jemanden, der ‚das erste Mal‘ dabei ist.
Roland hat über den anstrengenden Konferenz-‚Alltag‘ hinaus zusätzlich jeden Tag (und meist zu nachtschlafener Zeit) noch Zeit und Energie gefunden, für ondamaris live von der Konferenz zu berichten, Texte zu schreiben, Fotos zu machen und bereit zu stellen, die ich dann am frühen Morgen hiesiger Zeit als ondamaris-Artikel umgesetzt und online gestellt habe.
Für diesen tollen Einsatz bin ich Roland sehr dankbar. Ohne ihn wäre eine derart umfassende Berichterstattung über die XIX. Internationale Aids-Konferenz in Washington 2012 nicht möglich gewesen.
Ein Dank an die DAH, die diese Berichterstattung durch ihr Scholarship erst ermöglicht hat. Vor allem aber:
Heute ist der letzte richtige Konferenztag. In der Industrieausstellung stehen um 17:00 Uhr schon die Kartons herum und es wirkt ungemütlich … wobei es vorher auch nicht gemütlich war.
Gerade stellt sich etwas Routine bei mir ein, man weiß wo man sitzen sollte und welche Räume wo sind, kennt nun einige Leute aus der großen weiten AIDS-Welt und hat sich an das einheimische Essen gewöhnt, da ruft einen schon der Vorabend-Check-In der KLM in die Heimat.
Ein wenig Aktivistenlärm hat es heute im Konferenzbereich auch gegeben – aber nicht viel…
Sie waren auch am deutschen Regierungsstand demonstrieren
Ich habe mich heute mit der Frage „Wie messe ich ob eine Maßnahme zu HIV / AIDS erfolgreich ist?“ befasst. Es gab eine Reihe von Untersuchungen, die vorgestellt wurden. Damit erhofft man sich eine genauere Steuerung der Gelder. So stellte sich in einer Untersuchung für Süd-Afrika heraus, dass zwei Schwerpunktzentren absolut überflüssig sind.
Es gab aber auch Vorträge, bei denen ich den Eindruck hatte, die Überprüfung sollte nur ein vorheriges Ergebnis bestätigen.
Die Instrumente bleiben im Allgemeinen weit hinter den Standards zurück, die ich aus anderen Kontrollbereichen kenne. Es könnte also eigentlich mit dem vorhandenen Geld mehr Positiven geholfen werden.
… in einer unvorteilhaften Position
Am Nachmittag habe ich einen Workshop zur „Patentbekämpfung“ / Patentverhinderung besucht. Ärzte ohne Grenzen startet gerade eine Kampagne, in der die Zivilgesellschaften der einzelnen Länder versuchen sollen, ungerechtfertigte Patentanmeldungen für Medikamente zu verhindern ( Patentvrhinderung ). Hierfür wurden den Teilnehmern einige Werkzeuge präsentiert und anhand von erfolgreichen Kampagnen aus Indien und Brasilien gezeigt, dass diese Strategie wirksam sein kann.
Erfolge der Patentverhinderung …
Erfolge der Patentverhinderung – nur das kleine gelbe Feld sind Patente, die unverändert vergeben wurden … alles andere waren Verschlechterungen zu Lasten der Industrie
Mein exotischster Workshop war sicher „Providing HIV care in Floods, Violence and War“.
(Ich neige ja zum Schwarzsehen). Das Thema wirkt erst weit weg, wenn man aber an die Flutkatastrophen von New Orleans denkt, kann es eben auch in Industrieländern zu problematischen Situationen in der Medikamentenversorgung kommen.
Helle Balken = Gefangene; Dunkle Balken = Bevölkerung
Kurioses Forschungsergebnis der Tages: In mexikanischen Gefängnissen sind prozentual weniger (!) Männer mit Syphilis infiziert als in der Normalbevölkerung – die Jungs hatten aber bei allen anderen Kriterien einen schlechteren Gesundheitszustand.
(muchos saludos a mi profesor)
der kleine Freitag
Am Freitagmorgen haben wir jetzt noch unsere Abschlußbesprechung gehabt. Im Wesentlichen war die Gesamtbewertung der Konferenz positiv. Es fehlten zwar die Programmhighlights in der Konferenz, aber das Standkonzept der DAH ist gut aufgegangen und die Präsenz im Global Village war erfolgreich.
HIV-Positive und Aids-Aktivisten protestierten bei der XIX. Internationalen Aids-Konferenz in Washington gegen die Gesundheitsministerin Frankreichs. Im Mittelpunkt der Kritik u.a.: diskriminierende Regelungen bei der Bestattung HIV-Positiver .
„La présence de Marisol Touraine à Washington nous rend folles“, die Anwesenheit der Gesundheitsministerin lässt uns verrückt werden – spitzte ACT UP Paris die Proteste zu. ACT UP beklagte mangelndes Fachwissen und Inkompetenz im Ministerium, das erst am Vorabend bei einem Gespräch in der französischen Botschaft erneut deutlich geworden sei. In der Kritik vor allem jedoch: die Diskriminierung bei der Bestattung HIV-Positiver (Versorgung nach dem Tod).
Die Ministerin reagierte auf den Inhalt der Proteste „mit großer Gleichgültigkeit“, wie ACT UP Paris anmerkt. Sie erklärte sich einzig bereit, die diskriminierende Beerdigungs-Regelung mit HIV-Positiven und Aids-Organisationen „weiter zu diskutieren“. DerNationale Aids-Rat Frankreichs hatte sich für eine Aufhebung des Verbots ausgesprochen. Seit drei Monaten sei diese Stellungnahme jedoch im Ministerium nicht wahrgenommen worden, beklagen die Aktivisten. Wissenschaftliche Erkenntnisse, die für eine Aufhebung der Regelung sprächen, würden im Ministerium schlicht ignoriert.
Die Ministerin wurde von einem ACT UP – Vertreter mit ausführlicher Begründung und Erläuterung der Situation gebeten, vor Ort die Aufhebung des Verbots schriftlich zu bestätigen. Die bis dahin sitzende Ministerin erhob sich demonstrativ und reagierte mit einem kurzen „non“. Sie verstehe die Nachfrasge, könne sich dazu aber heute (wieder) nicht äußern. Zudem sei sie nicht die einzige an der Entscheidung Beteiligte. Ein Videomitschnitt ist derzeit nur auf Facebook verfügbar.
In Frankreich besteht seit langem ein für Menschen, bei denen bekannt ist, dass sie zu Lebzeiten mit HIV oder mit einer viralen Hepatitis infiziert waren, ein Verbot, den Körper nachd em Tod zu pflegen (z.B. balsamieren, waschen, etc.). Am 20. Juli 1998 trat eine Gesetzes-Novelle (Arrêté) in Kraft, mit der HIV und virale Hepatitis zur Liste der übertragbaren Kranheiten hinzugefügt wurden, die dieses Verbot bedingen. Stattdessen muss der Leichnam unverzüglich eingesargt werden, der mit einem Gaswäscher auszustattend Sarg dann ‚hermetisch verschlossen‘ werden.
Seit langem beklagen HIV-Positive und ihre Organisationen diese als diskriminierend empfundene Praxis bei der Bestattung HIV-Positiver . Angekündigte Aufhebungen (wie zuletzt im Januar 2012 durch den vorigen Gesundheitsminister Bertrand der Sarkozy-Regierung) wurden bisher nicht umgesetzt.
Marisol Touraine von der PS Parti Socialist (und Tochter des Soziologen Alain Touraine) ist seit 2012 französische Ministerin für soziale Angelegenheiten und Gesundheit. Innerhalb der PS ist sie zudem Präsidentin der linkspolitischen Denkfabrik ‚À gauche, en Europe‘.
Gemeinsam das Blatt wenden: Eine Erklärung, um die AIDS-Epidemie zu beenden
Wir stehen an einem einzigartigen Zeitpunkt in der Geschichte der AIDS-Epidemie.
Drei Jahrzehnte von hartnäckiger Überzeugungsarbeit in der Gemeinschaft, von Forschung und Dienstleistung haben die Welt and den Rand eines Szenarios gebracht, das noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre: die Möglichkeit damit zu beginnen, die AIDS-Epidemie noch zu unserer Lebzeit zu beenden. Die Verluste waren unberechenbar; die Gewinne außergewöhnlich. Doch jetzt, durch neue wissenschaftliche Fortschritte und gesellschaftliche, politische und menschenrechtliche Gewinne haben wir entdeckt, dass es möglich ist, ein Paket an bewährten Strategien zusammenzustellen und zu liefern, die, wenn sie als Maßstab genommen warden, das Blatt bei AIDS wenden können.
Wir brauchen noch immer ein Heilmittel und einen Impfstoff. Aber wir müssen unsere Ressourcen und Anstrengungen erhöhen, indem wir die Mittel zu verwenden di wir heute haben, um Neuinfektionen drastisch einzudämmen und die Gesundheit von Millionen von Menschen mit HIV/AIDS zu verbessern. Millionen Menschenleben werden gerettet.
Das Blatt gegen HIV/AIDS zu wenden wird eine aufeinander abgestimmte Führung auf allen Ebenen der Regierung, des Gesundheitswesens, der Wissenschaft und der nichtstattlichen Organisationen benötigen. Wir müssen uns um multidisziplinäre Ansätze bemühen, die die Menschenrechte und die Würde aller von der Epidemie Betroffenen respektiert und aufrechterhalten.. Das Ziel, mit dem Ende der AIDS-Epidemie zu beginnen ist ehrgeizig, aber erreichbar. Es ist in unserer Reichweite.
Um das Blatt gemeinsam zu wenden, müssen wir:
Steigerung gezielter neuer Investitionen. Wir können Leben retten, Infektionen verhindern und das globale Preisschild der Epidemie mit einer sofortigen, strategischen Steigerung in Investitionen verringern. Größere Fortschritte benötigen angemessene Finanzierungszusagen von globalen und lokalen Spendern, einschließlich der weltweiten nationalen Regierungen.
Sicherstellung evidenzbasierter HIV-Prävention, Behandlung und Pflege im Einklang mit den Menschenrechten derjenigen, deren Risiken am höchsten und deren Bedürfnisse am dringendsten sind. Dazu gehören Homosexuelle, Transsexuelle, Drogenabhängige, gefährdete Frauen, Jugendliche, schwangere Frauen, die mit HIV leben und Prostituierte ebenso, wie andere betroffene Personen der Bevölkerung. Niemand kann ausgeschlossen werden, wenn wir unser Ziel erreichen wollen.
Das Beenden von Stigmata, Diskriminierung, rechtlichen Sanktionen und Menschenrechtsverletzungen gegen Menschen, die mit HIV leben und den Gefährdeten. Stigmata und Diskriminierung behindern alle unsere Bemühungen und verhindern die Bereitstellung wesentlicher Dienstleistungen.
Deutlich mehr HIV-Tests, Beratung und Verbindungen zu Prävention, Betreuung und unterstützenden Diensten. Jeder Mensch hat ein Recht darauf, ihren/seinen HIV-Status zu kennen und die Behandlung, Pflege und Unterstützung zu erhalten, die er/sie benötigen.
Bereitstellung von Behandlung für alle schwangeren und stillenden Frauen die mit HIV leben und das Beenden perinataler Übertragung: Wir können Frauen unterstützen am Leben und gesund zu bleiben und pädiatrische HIV-Infektionen zu beenden.
Erweiterter Zugang zu antiretroviraler Behandlung für alle Bedürftigen. Wir können AIDS nicht beenden, bis das Versprechen des universellen Zugangs realisiert wird.
TB erkennen, diagnostizieren und behandeln. Umsetzung von TB Präventionsprogrammen durch integrierte HIV und TB Dienstleistungen. Nicht mehr mit HIV leben, aber an TB sterben.
Beschleunigte Erforschung von neuen HIV-Präventions- und Behandlungsmethoden, einschließlich neuer Ansätze wie Pre-Expositions-Prophylaxe (PrEP) und Mikrobiziden und eine optimale Bereitstellung von dem wir wissen, dass es funktioniert, von Kondomen bis zur Behandlung als Prävention. Erweiterte Forschung nach einem Impfstoff und einer Heilung. Forschung ist wichtig, um uns aus der Epidemie zu führen.
Mobilisierung und sinnvolle Einbeziehung der betroffenen Gemeinden muss das Herzstück der gemeinsamen Reaktionen sein. Die Führung der direkt Betroffenen ist ausschlaggebend für eine effektive HIV/AIDS-Reaktion.
Die vor uns liegenden Herausforderungen sind groß, doch die Kosten des Scheiterns werden größer sein. Wir rufen alle besorgten Bürger der globalen Gemeinschaft auf, im Geiste der Solidarität und der gemeinsamen Handlung und mit dem vollsten Engagement der Gemeinschaft von Personen die mit HIV leben die erneute Dringlichkeit zu versuchen den weltweiten Kampf gegen AIDS zu erweitern. Wir müssen beginnen mit dem zu handeln, was wir wissen. Wir müssen mit dem Ende von AIDS beginnen – Gemeinsam.
.
(Dokumentation der Washinton Erklärung nach http://www.2endaids.org/lang/german.html, Stand 27.07.2012, 08:00 Uhr MESZ nach der nun auch auf 2endaids.org online stehenden pdf-Version, Stand 27.07.2012, 10:20 Uhr MESZ)
.
Zeichnungs-Möglichkeit der Washignton Erklärung hier
Während der Welt-AIDS-Konferenz in Washington, die heute zu Ende geht, hat die Deutsche AIDS-Hilfe die „ Washingtoner Erklärung “ unterzeichnet. Sie steht unter dem Motto: „Turning the Tide Togehter – A Declaration to End the AIDS Epidemic“ („Gemeinsam das Blatt wenden – Eine Erklärung, um die Aids-Epidemie zu beenden“).
In der Deklaration werden neun dringend notwendige Maßnahmen benannt, darunter Zugang zu Prävention, Behandlung, Versorgung und Beratung, weitere Schritte gegen Stigmatisierung, Diskriminierung und Kriminalisierung von Menschen mit HIV sowie verstärkte Anstrengungen in der Forschung (www.dcdeclaration.org, www.2endaids.org).
Der im internationalen Vergleich sehr erfolgreichen deutschen HIV-Prävention wurde in Washington großes Interesse entgegengebracht. Oft wurde die Frage gestellt, welche Maßnahmen auf andere Länder übertragbar seien. Dazu sagt Carsten Schatz, Mitglied im Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe:
„Die deutsche HIV-Prävention ist so erfolgreich, weil sie auf Beteiligung der am stärksten von HIV betroffenen Gruppen setzt und Diskriminierung entgegenwirkt. Wir wünschen uns, dass dieses Modell in noch mehr Ländern Fuß fasst. Zugleich müssen wir aber noch Lücken im eigenen Land schließen: Menschen in Haft sind von wirksamen Maßnahmen wie Spritzentauschprogrammen ausgeschlossen und haben oft keinen Zugang zu Substitutionstherapien. Drogenkonsumräume retten nachweislich Leben, dürfen aber noch immer in mehreren Bundesländern nicht betrieben werden. Vermeidbare HIV- und Hepatitis-Infektionen werden in Kauf genommen – das ist inakzeptabel.“
Schatz weiter: „In der Forschung muss Deutschland seine Anstrengungen erheblich verstärken. Die Konferenz hat bezüglich der Heilung der HIV-Infektion international ein Aufbruchssignal gesetzt. Wenn Deutschland bei der Finanzierung der Forschung so zurückhaltend bleibt wie bisher, laufen wir Gefahr, abgehängt zu werden. Und das trotz vielversprechender Ansätze: Die ,molekulare Schere’, die HIV aus infizierten Körperzellen entfernen kann, wurde vom Hamburger Heinrich-Pette-Institut entwickelt.“
Die Konferenz in Washington hat keine großen Durchbrüche gebracht, wohl aber wichtige Zeichen gesetzt. Hochrangige Meinungsführer wie UNAIDS-Direktor Michel Sidibé haben betont, dass die präventive Wirkung der HIV-Medikamente – sei es nun in Form der Therapien HIV-Positiver oder als Präexpositionsprophylaxe – nicht gegen die Prävention ausgespielt werden darf. Information, Beratung und Interventionen gegen Diskriminierung sind und bleiben essenziell. In Washington wurde das Zusammenspiel verschiedener unverzichtbarer Maßnahmen analog zu den Kombinationstherapien als „kombinierte Prävention“ bezeichnet.
DAH-Vorstand Carsten Schatz abschließend: „AIDS ist heute eine meist vermeidbare Folge der HIV-Infektion. Obwohl wir auf eine Heilung noch länger werden warten müssen, können wir die Krankheit tatsächlich ,beenden’, wenn wir alle Menschen an den Erfolgen von Therapie und Prävention teilhaben lassen. Ob dies gelingt, ist eine Frage des politischen Willens – weltweit, aber auch in Deutschland.“
Fast verschlafen weil ich den Hotelwecker nicht gehört habe. Um 07:30 ist die Morgenkonferenz der Delegation im Hotelfoyer, auf der jeder erzählt, was er vorhat und man checkt, wer noch welche Hilfe braucht. Es gibt ja zwei „deutsche“ Stände, einer davon muß von der DAH „bespielt werden“, und heute hatten wir auch noch in der Pan European Networkingzone 2 Programme zu liefern. Nebenbei müssen alle auch immer noch versuchen, im Kongreßprogramm möglichst viel mitzubekommen und andere Termine wahrnehmen.
Da man auf der Konferenz nicht immer so richtig weiß wer positiv ist, habe ich mich heute in die Positivenlounge begeben. Das ist ein Bereich, in den nur Positive gehen dürfen und wer da drin ist, hat sich zumindest etwas geoutet (was ich ja auch gerade immer wieder übe).
Die Stimmung in der Lounge war dann aber anders, als ich es erwartet hatte. Man blieb etwas auf Abstand und kommunizierte eher mit Bekannten als mit Fremden – anders als im Global Village – oder man tippte lauter wichtige Dinge in sein Telefon.
Als ich dann noch bemerkte, dass einige Positive ihren Dreck einfach liegenlassen – damit der dann von den ehrenamtlichen Helfern weggeräumt wird – fühlte ich mich etwas wie in der Lufthansalounge am Frankfurter Flughafen.
Man ist irgendwie darauf bedacht, wichtig und toll zu erscheinen. Ich hätte natürlich vermutet, daß man unter Positiven sich genau anders verhält; dass man in einem geschützten Raum wie der wirklich netten, großzügigen Lounge offener und entspannter aufeinander zugeht.
Im Kongreß geht es viel um Verteilungsfragen und das durchaus mit gutem Niveau (die Ginimaße grüßen).
Die politische Stoßrichtung aller drei Veranstaltungen, in denen ich heute war, ist tendenziell gegen die Pharmafirmen und die Regierungen gerichtet. Es wird dabei fast ausschließlich aus einer Perspektive der Länder mit niedrigem oder mittlerem Einkommensniveau diskutiert. Das hat seine Berechtigung, weil es hier für die Positiven oftmals direkt ums weitere Überleben geht. Ohnehin haben dort viele Positive keinen Zugriff auf die notwendigen ART Medikamente.
Meistgezeigtestes Chart: Dieses Bild habe ich bisher 6 mal in verschiedenen Vorträgen gezeigt bekommen. Es illustriert den Preisverfall bei ART Medikamenten nach der Erklärung von Doha.
Ich vermisse hierzu europäische Beiträge, Meinungen und Ideen, die über eine Zustimmung zu den berechtigten Forderungen nach „Universal Access“ (jeder (!) erhält seine benötigten Medikamente) hinaus gehen. Was sind möglicherweise eigene Interessen von Positiven in Europa? Gibt es in diesem Verteilungskampf womöglich in den nächsten Jahren Konflikte, die auch uns als Europäer betreffen? Solange wir uns nicht beteiligen, werden diese Positionen (heute mehrfach) von anderen dargestellt.
So wird Europa wahrgenommen in Vorträgen zur ART Versorgung in „low and middle Income Countries“
Die Pharmaunternehmen gehen geschickt vor, um ihre Renditen mit HIV zu maximieren. Dabei werden sowohl lang- als auch kurzfristige Strategien genutzt. Eine Form ist die Patentpolitik für einzelne Produkte. Die Laufzeiten werden künstlich immer weiter verlängert. Aber auch in der Welthandelspolitik haben die Unternehmen sich gut aufgestellt. Handelsabkommen scheinen auf den ersten Blick sinnvoll für die Länder, aber sie sichern auch den Medikamentenmarkt ab.
Am Abend gab es ein gemeinsames Abendessen wo man schon mal eine Zwischenbilanz ziehen konnte. Meine ist sehr positiv.
Etwas erschöpfte Delegation aber noch in freudiger Erwartung auf ein Essen…welches das Restaurant überfordern wird.
Die Gesundheitsministerin von Kanada , Leona Aglukkaq, sah sich auf der XIX. Internationalen Aids-Konferenz Protesten ausgesetzt – wegen ihrer Aids-Politik, insbes. ihrer Weigerung, Druckräume und harm reduction zu unterstützen.
Die Gesundheitsministerin Kanadas, Leona Aglukkaq, ist kein Fan von harm reduction. Harm Reduction bedeutet Strategien, die dazu dienen, Risiken zu minimieren, Schaden helfen abzuwenden. Konkret z.B., DrogengebraucherInnen die Möglichkeit zu bieten, Drogen sicher zu konsumieren, indem saubere Spritzbestecke oder Druckräume zur Verfügung stehen. Leona Aglukkaq, Gesundheitsministerin Kanadas, schwebt hingegen weiterhin eine drogenfreie Gesellschaft vor – pragmatische Politik wie Druckräume, Spritzbestecke bereitzustellen lehnt sie ab.
Als der Oberste Gerichtshof Kanadas jüngst in einem Urteil zu Gunsten des einzigen (!) in Kanada existiereden Druckraums (Insite) entschied (nach Versuchen, diesen zur Schließung zu zwingen), äußerte sie ihre Enttäuschung über das Urteil.
Enttäuscht, wütend über das Verhalten ihrer Gesundheistministerin, protestierten kanadische Aids-Aktivisten während der Rede, die Leona Aglukkaq auf der XIX. Internationalen Aids-Konferenz während einer Session hielt: