“ How to survive a plague ” – ein weiterer Dokumentarfilm über Aids- und Therapieaktivimus kommt in den USA in die Kinos.
“ How to survive a plague ” – ein Film über Aids-Aktivismus und Aids-Therapieaktivismus in den USA Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre. Beginnend beim ‘Treatment and Data Committee’ von ACT UP New York, weiter über die erregten Diskussionen und Probleme, die (auf dem Höhepunkt der Aids-Krise) zur Abspaltung der ‘Treatment Action Group’ (TAG) von ACT UP führten, bis hin zu den großen Therapie-Durchbrüchen Mitte der 1990er Jahre.
Zeitlich beginnt “ How to survive a plague “ damit etwa dort, wo „United in Anger“ aufhört – an einem Punkt, an dem wesentliche Trennlinien des Aids-Aktivismus deutlich werden.
“ The Normal Heart „, ein Stück des US-amerikanischen Autors und Aids-Aktivisten Larry Kramer über die frühen Jahre der Aids-Epidemie in den USA, war während der XIX. Internationalen Aids-Konferenz in Washington zu sehen.
Alexander Pastoors, Rotterdam, hat das Stück in Washington gesehen und berichtet für ondamaris:
The Normal Heart
„Seid euch bewusst dass alles in The Normal Heart stattgefunden hat. Dies waren und sind echte Menschen die lebten und sprachen und starben, und die ich hier vorgeführt habe so gut ich konnte. Einige von ihnen sind seitdem gestorben, inklusive Bruce (dessen echter Name Paul Popham war) und Tommy (dessen echter Name Rodger McFarlane war und der mein bester Freund wurde und der, nach dem Aufbau dreier schwulen AIDS-Organisationen von Grund auf, verzweifelt Selbstmord beging), und Emma, (deren Name Dr. Linda Laubenstein war), nach einem erneuten Anfall von Polio und Behandlung mit einer eisernen Lunge. Auf seinem Totenbett im Memorial Krankenhaus, rief Paul mich an (wir hatten nicht mit einander gesprochen seit unserem letzten Streit im Schauspiel) und sagte mir nie auf zu hören zu kämpfen. “
Mit diesen Worten fängt der Brief von Larry Kramer an, der mir beim Ausgang des Theaters gereicht wird, in dem ich mir ‚The Normal Heart‘ angesehen habe. Plötzlich kamen mir Tränen. Mehr als dreißig Jahre nach dem Anfang der Aids-Epidemie sprangen mir der Schmerz, die Wut über das was ihm, seinen Freunden, schwule Männer weltweit betroffen hat, auf einem Blatt A4 kondensiert entgegen.
Aber es war freilich nicht nur der Brief Larry Kramers, der mich bewegt hatte. Das Schauspiel selbst ist gut 25 Jahre nach der Uraufführung noch immer sehenswert und benennt Themen, die weiter greifen als die Bedeutung von HIV und AIDS für schwule Männer seit Anfang der Epidemie. Das ‚Arena Stage‘ Theater hatte die Produktion aus New York nach Washington DC geholt als kulturelles Nebenprogramm, nachdem es im vorigem Jahr in New York auf Broadway mit Erfolg wiederbelebt wurde. Als ich bei der Vorbereitung auf die Konferenz hörte, dass das Schauspiel in Washington aufgeführt werden sollte, habe ich trotz des vollen Programms Zeit eingeräumt, um es mir an sehen zu können.
Protagonist des Schauspieles ist Ned Weeks, ein in New York wohnender und als Schriftsteller arbeitende junger schwuler Mann. Durch ihn und mit ihm erlebt das Publikum, wie er und seine Freunde die ersten Jahre eine schnell um sich greifenden mysteriösen Krankheit erleben, die anscheinend nur schwule Männer betrifft. Der wichtigste Antagonist ist Bruce Niles, mit dem Ned eine Gesundheitsorganisation für schwule Männer stiftet.
Der pamphletistische Stil ist zwar nicht der stärkste Punkt des Schauspieles, zeigt aber deutlich, wie Larry Kramer (denn Ted Weeks ist eindeutig nach seinem Muster geschneidert) mit aller Kraft die er hatte die Lethargie des größten Teiles der schwulen Männer und der Behörden bekämpfte. Diesen Kampf führte er rücksichtslos, er entfremdete ihn letztendlich von vielen seiner Freunde. Im Schauspiel führt dies zum Rauswurf von Ted Weeks aus dem Vorstand der Organisation, die er selbst gegründet hatte.
In Wirklichkeit hieß diese Organisation ‚Gay Men’s Health Crisis‘ (GMHC) und war die erste Organisation in den USA, die Menschen die von Aids betroffen waren geholfen hat. Da sich GMHC nach der Gründung vor allem mit Hilfeleistung, Unterstützung und Auskünfte an und für schwule Männer beschäftigte und sich nicht mit der politischen Dimension der Krise auseinandersetzen wollte, kam es zu einem Konflikt zwischen dem damaligen Vorsitzenden Paul Popham (Bruce Niles) und Larry Kramer (Ted Weeks). Was das Schauspiel nicht zeigt, aber in Wirklichkeit passierte, war dass Larry Kramer danach im Jahr 1987 eine radikal politische Organisation gründete: ‚AIDS Coalition to Unleash Power‘, kurz ACT UP.
Nebst diesem zentralen Thema wie man die Aids-Krise beantworten sollte, kehrt die Sicht von Larry Kramer auf die Gestaltung der ’schwulen Community‘, das negative Selbstbild vieler schwulen Männer und die einseitige Ausrichtung vieler Männer auf so viel wie möglich Sex mit so viel wie moglich verschiedene Männern zu haben an vielen Stellen im Schauspiel zurück. Ted Weeks ist sehr zynisch über seine Freunde (und schwule Männer generell), wenn an einem bestimmten Punkt innerhalb der Hilfsorganisation diskutiert wird, ob man Männern wirklich den Rat geben sollte, keinen Sex mehr zu haben. Die meisten seiner Freunde schrecken davor zurück, solch einen Rat zu veröffentlichen und unter schwulen Männern zu verbreiten. In dem Sinne war und ist Larry Kramer sehr radikal und ganz anders gestrickt als sein Zeitgenosse Richard Berkowitz, der 1983 die erste safer Sex Richtlinie ‚How to Have Sex in an Epidemic‘ publizierte.
In dem Stück klingt vor allem die Enttäuschung Larry Kramers gegenüber einer ’schwule Community‘ durch,die sich in seinen Augen vorwiegend mit Sex identifiziert. Er fragt sich sogar, ob es überhaupt eine Community gibt. Es sind gerade diese Fragen, die das Stück aktuell machen. Die Fragen, was eine Community ist, wie wir uns als Schwule zu Sex verhalten, und ob dies nicht als ein zu wichtiger Bestandteil unseres Lebens eingeschätzt wird, gelten heute nach wie vor. Die Frage, was man zum Beispiel Männern raten sollte, wie sich zu verhalten um das Infektionsrisiko mit Hepatitis C zu verringern, kann man vergleichen mit den damaligen Diskussionen über safer Sex.
Ich war sehr froh durch dieses Schauspiel erneut mit diesen Fragen konfrontiert zu werden. Eine Antwort hatte ich für vieler dieser Fragen am Ende des Abends noch nicht. Ich nahm mir vor, während der Konferenz darüber weiter zu grübeln.
Zu diesem Film eine Kritk als Gastbeitrag von Manuel Schubert / Filmanzeiger:
.
UNITED IN ANGER: A HISTORY OF ACT-UP
Im ersten Entwurf dieses Textes gab es einen längeren Prolog, der allgemeine zeitgeschichtliche Informationen zu HIV/AIDS in unseren Gesellschaften beinhaltete, konkretisiert am Beispiel der sozialen Bewegung „Act-Up„. Es ist einigermaßen Unfug in einer Rezension über eine Geschichts-Dokumentation, um nichts Anderes handelt es sich bei Jim Hubbards UNITED IN ANGER: A HISTORY OF ACT-UP, eine historische Abhandlung voran zustellen. Entweder leistet der Film diese Aufgabe oder eben nicht. Geht man mit keinem oder wenig Wissen über die Gruppe „Act-Up“ in diesen Film, so kommt man relativ umfassend wieder heraus. Jim Hubbards Werk erfüllt so gesehen seinen Zweck. Dies muss es auch, schließlich hat er es im Rahmen eines größeren Projekts zur Geschichtsschreibung der „Act-Up“-Bewegung realisiert.
„Act-Up“ – das waren Mitte der 80er Jahre wenige Dutzend Aktivisten in New York und San Francisco, die im Angesicht des Massensterbens ihrer Freunde, Bekannten und Angehörigen an den Folgen der AIDS-Krankheit, etwas tun wollten. Schnell wuchs die kleine Gruppe zu einer ganze Bewegung mit Hunderten Aktivisten überall in den USA. Es ging um Aufmerksamkeit und öffentlichen Druck auf Verantwortliche, damit das Leiden der Kranken wenn schon nicht beendet, so doch wenigstens gelindert werden konnte.
Chronologisch arbeitet Jim Hubbard wegweisende Höhepunkte in der Geschichte von „Act-Up“ heraus. Sei es die Besetzung der Wall Street oder der Sturm auf die US-Pharmabehörde FDA, mit dem Zweck die jahrelangen Verfahren der Medikamentenzulassung massiv zu beschleunigen. Wir sehen Found-Footage, wir hören Protagonisten der Zeit bei ihren Erzählungen des Erlebten. Um es freundlich zu formulieren, dieser Film ist … Nein, hier möchte ich nicht mehr freundlich sein. Dafür umso deutlicher.
Werke wie UNITED IN ANGER haben an Orten, die auch nur ansatzweise einem Kino ähnlich sehen, nichts zu suchen! Es ist leider eine schlechte Angewohnheit im zeitgenössischen US-Dokumentarfilm, sich den dramaturgischen und formalen Prämissen des Fernsehens allzu sehr zu unterwerfen. Hat man eines dieser Werke gesehen, hat man sie alle gesehen. Die Themen kommen und gehen, die Form bleibt stets dieselbe: Found-Footage, gezoomte Fotos und Veteranen irgendeiner Zeit, die, vor mehr oder weniger abstraktem Hintergrund sitzend, ihre Berichte abliefern. Angesichts dieser unsäglich platten, uninspirierten und enervierend drögen Uniformität ist es fast unvorstellbar, daß die USA die Heimat des „Direct Cinema“ sind. Dass in diesem Land einmal großartige Filmemacher wie Robert Drew, die Gebrüder Maysles, D.A. Pennebaker oder Richard Leacock tätig waren, und heute noch James Benning und Frederick Wiseman ihre Filme drehen. Alle hier genannten haben ihre Arbeiten mit geringsten Mitteln und auf einfachste Weise realisiert, dabei aber eine dokumentarische Form entwickelt, die an Unmittelbarkeit, Glaubwürdigkeit, Respekt vor dem Intellekt des Publikums und an kinematografischem Verständnis nichts zu wünschen übrig ließ und lässt.
Sowohl die Geschichtsschreibung der Schwulenbewegung als auch die Aufarbeitung der Geschichte der Anti-AIDS-Bewegung finden nachwievor im Kino keine auch nur ansatzweise brauchbare Form, es regieren der History-Channel und die HBO-Doku von der Stange; schmerzhaft mit anzusehen.
Besonders negativ stößt hierbei im HIV/AIDS-Kontext die „Veteranisierung“ auf. Alles, was noch lebt, wird vor die Kamera gezerrt. Um des tragischen Eindrucks willen sind die Schreckensbilder abgemergelter und siechender junger Männer in ihren Betten dazwischen geschnitten. Seht, wir haben gelitten aber überlebt! Seht, unsere Freunde sind so grauslich gestorben. Unwillkürlich fragt man sich, was da für ein Andenken gepflegt wird? Das an die Verstorbenen oder das an das Glück, vom Schicksal verschont geblieben zu sein?Wenn alles, was die AIDS-Krise übrig gelassen hat, aus wenigen Handvoll verheulter und erinnerungsschwerer Veteranen besteht, dann hat das Virus nicht nur Tausende Menschen umgebracht. Geist und Intellekt der schwulen Bewegungen wurden durch HIV ebenfalls ausgerottet. Oder wie es die Autorin Fran Lebowitz sinngemäß formulierte, „hat AIDS eben nicht jene getötet, die brav und an die Norm angepasst vor sich hinlebten. Dem Virus sind die Freigeister, die Intellektuellen, die Künstler und ihr Publikum zum Opfer gefallen. Beinahe über Nacht verschwanden diese Menschen von der Bildfläche, was selbst in Städten wie New York einen nachhaltigen kulturellen Wandel verursachte.“
Freilich, „Act-Up“ hatte nachhaltigen Erfolg, von dem selbst die heutige „Occupy“-Bewegung“ zehrt. Gerechterweise muss man Jim Hubbard zugestehen, dass sein Film UNITED IN ANGER dies anklingen lässt. Darüber hinaus findet sich nicht viel in diesem Werk. Erst recht nichts, was nicht auch ein Wikipedia-Artikel leisten könnte. Dem Kino bleibt eine adäquate dokumentarische Auseinandersetzung mit dem Virus weiterhin versagt.
Morgens ein ausführliches Gespräch mit J. (Nurse in Administration, ca. 57+ Jahre, verpartnert). Er erzählt anschaulich von den Anfängen von AIDS, als er als junger Pfleger mit den Versicherungen Deals machen mußte, damit sie Kosten der Behandlung der ersten AIDS Kranken übernehmen. Diese Kosten waren oft nicht versichert und keiner wollte für die Pflege und die kleinen Dinge aufkommen. Eigentlich wolle auch keiner diese Pflege leisten. Den einen war es zu gefährlich, für die anderen war es zu wenig Geld, was bei der langwierigen Arbeit übrig blieb.
Man mußte Ärzte finden, die eine Behandlung damals praktisch ohne geeignete Medikamente durchführen konnten, und es war ein Problem, überhaupt Diagnosen richtig gestellt zu bekommen. Der HIV-Test wurde von vielen Ärzten überhaupt nicht in Erwägung gezogen, die Folge war noch schlechtere Versorgung der Patienten als ohnehin schon.
Wir vergleichen dann noch das Versicherungssystem in Deutschland und den USA. Dabei erfahre ich dann auch, dass man in den USA am besten dasteht, wenn man Ex-Militär ist. Die Veteran Insurance war früher einmal die schlechteste Form der Versicherung – wenige Leistungen bei hohen Versicherungsprämien und nur wenigen Ärzten, die überhaupt für die Leistungen in Frage kamen. Dann kam ein ehrgeiziger, patriotischer Mann vor einigen Jahren und baute die Versicherung zu der am besten leistenden Versicherung in den USA um.
Das Event des Tages ist die Demonstration!
Es wurde im Amerikanischen Stil demonstriert. Sprechchöre, Einpeitscher, Ausstattungsdepartment, Emotionen und ein kleines Ordnerdurcheinander gehören dazu und schaffen eine unvergeßliche Atmosphäre für den vom deutschen CSD-Getümmel gelangweilten Teilnehmer.
Politik ist wesentlich auf der Demo. Viele verschieden Gruppen beteiligen sich.
Aus New York ist man mit Bussen seit 5 Uhr morgens angereist – und sieht trotzdem gut aus.
Es ging in mehreren Teildemos durch die Innenstadt. Vor entsprechenden Institutionen machten die einzelnen Gruppen ihrem Unmut Luft. So machte sich die Gruppe, welche für eine Robin Hood Tax (Tobin Tax, Tobin-Steuer, in Deutschland etwas langweilig Finanztransaktionssteuer genannt) einsetzt, vor der Bank of Amerika breit.
Manchmal versteh ich die Politik nicht – da fordert das Volk schon Steuererhöhungen, und dann ist es den Damen und Herren auch nicht recht – normalerweise demonstrieren Bürger gegen Steuerhöhungen (meist zu Recht).
Geendet hat die Demo im Vorgarten vom Präsidentenpalast … ER hat aber trotz klingeln an der Tür nicht geöffnet.
Gerüchteweise haben sich noch Demonstranten sorgfältig an den Gartenzaun vom Weißen Haus gekettet und wurden dann sorgfältig festgenommen. Hat ER wirklich Angst vor Männern mit grünem Hütchen?
Kosten werden zu Investitionen
Im den Wirtschaftsveranstaltungen wird jetzt viel, gern und unwidersprochen von einem „Investment“ gesprochen. Die Maßnahmen für/gegen HIV und AIDS waren/sind/werden ein „lohnendes Investment“. Statt Kostenverursacher und Wohltätigkeit nun also Erträge. Damit bin ich als Positiver ab heute ein Investitionsgut der HIV-Branche und muß entsprechende Gewinne abwerfen, damit sich das Investment lohnt. (SO hat das heute aber keiner gesagt …. das ist dann nur meine zugespitzte Schlußfolgerung).
Was passiert mit mir / meiner Medikamentenversorgung, wenn ich mich nicht mehr rechne?
Die jüngst verstorbene Disco-Ikone Donna Summer bestritt in einem Brief an die Aids-Aktionsgruppe ACT UP, dass sie Aids als Strafe Gottes bezeichnet habe.
Hat sie – oder hat sie nicht? Hat Donna Summer, einst Star der Schwulen-Szenen, 1983 Aids als Strafe Gottes für die Schwulen bezeichnet? Nein, sagte Donna Summer einige Jahre später in einem Brief an ACT UP, der nun erstmals vollständig bekannt wurde.
Donna Summer soll damals Presseberichten zufolge u.a. geäußert haben, die Schöpfung beginne mit Adam und Eva, nicht Adam und Steve:
„It was Adam and Eve, not Adam and Steve.“
Sie werde für die Schwulen beten. Aids sei eine Strafe Gottes.
„I’ve seen the evil homosexuality come out of you people… AIDS is your sin … Now don’t get me wrong; God loves you. But not the way you are now.“
ACT UP hatte damals Aktionen gegen Summer gestartet und war mit Protesten auf bzw. vor Donna Summer Konzerten präsent. Auch bei einem Auftritt Summers beim Boston Gay Pride 1989 kam es zu Protesten.
Auf die ihr zugeschriebenen Äußerungen und die Proteste ACT UPs bezieht sich Summer in dem Brief, den jetzt Peter Staley auf seinem Blog erstmals vollständig bekannt macht. In ihrem Brief vom 26. Juli 1989 bezeichnet Donna Summer die Kritik an ihr und Proteste gegen sie als „unjust and unfair“
„I did not say God is punishing gays with aids, I did not sit with ill intentions in judgement over your lives. I haven’t stopped talking to my friends who are gay, nor have I ever chosen my friends by their sexual preferences.“
Sie habe sich nie von den Schwulen abgewandt – im Gegenteil, diese hätten ihr den Rücken gekehrt:
„I never denied you or turned away, but in fact you turned away from me.“
Peter Staley selbst meint sich zu erinnern, dass ACT UP damals etwaige Proteste gegen Donna Summer nicht wegen dieses „strange letter“ beendet habe – sondern weil die Arbeit von ACT UP andere Prioritäten gehabt habe.
ACT UP wird 25 – und kommt ins Kino. Erstmals bietet sich im Juni 2012 in Berlin die Möglichkeit, den Dokumentarfilm ‚United in Anger: A History of ACT UP‘ zu sehen.
Im Rahmen der Lecture Series ‚Talking Eyes‘ wird der Film ‚United in Anger: A History of ACT UP‚ am 26. Juni 2012 erstmals in Europa zu sehen sein, am
„United in Anger: A History of ACT UP is the first feature-length documentary about how ACT UP (the AIDS Coalition to Unleash Power), a small group of men and women of all races and classes, came together to change the world and save each other’s lives. The film takes the viewer through the planning and execution of a dozen exhilarating major actions including Seize Control of the FDA, Stop the Church, and Day of Desperation, with a timeline of many of the other zaps and actions that forced the U.S. government and mainstream media to deal with the AIDS crisis. UNITED IN ANGER reveals the group’s complex culture – meetings, affinity groups, and approaches to civil disobedience mingle with profound grief, sexiness, and the incredible energy of ACT UP.“
„Jim Hubbard, who is a co-founder of MIX – the New York Lesbian and Gay Experimental Film/Video Festival is still working on the „ACT UP Oral History Project“ and among his 19 other films are Elegy in the Streets (1989), Two Marches (1991), The Dance (1992) and Memento Mori (1995). „United in Anger“ which he coproduced with critical acclaimed author Sarah Schulman presents video activism and audiovisual testimonies as one way to think about the figure of the “talking eye.” „
Die Lecture Series ‚Talking Eyes‘ wird angeboten von der Arbeitsgruppe ‚Visual Culture‘ des Graduiertenkollegs ‚Geschlecht als Wissenskategorie (Gender as Category of Knowledge)‘ an der Humboldt-Universität Berlin.
Die Aids-Aktionsgruppe(n) ACT UP feiern 25 Geburtstag: am 24. März 1987 – vor 25 Jahren – fand die erste ACT UP – Demonstration in New York statt. Aids-Aktivisten legten den Verkehr auf der Wall Street vor der New Yorker Börse lahm, um gegen hohe Preise für Aids-Medikamente und schleppende Zulassungsverfahren für neue Substanzen zu protestieren. Einige ACT UP – Aktivisten drangen bis in den Börsensaal (“das Parkett”) vor.
ACT UP begeht das 25-jährige Bestehen stilecht – mit einer Demonstration: ACT UP und Occupy Wall Street demonstrieren am 25. April 2012 ab 11:00 Uhr (Ortszeit) gemeinsam in New York für ein Ende der Aids-Finanzkrise. Dazu fordern sie eine Finanztransaktionssteuer, deren Einnahmen u.a. der Aids-Bekämpfung zugute kommen sollen:
„ACT UP is calling for a small tax (0.05%) on Wall Street transactions and speculative trades in order to raise the money needed to end the global AIDS epidemic and provide universal healthcare in the US.“
„AIDS has already claimed over 30 million lives. ACT UP is calling for an FST [Financial Speculation Tax; d.Verf.] to help raise the money needed to close the gap in access to life-saving HIV treatment, and to END THE AIDS CRISIS.“
„It’s time for effective healthcare to be made available to everyone — to the 99%, not just the 1%.“
Einer der Gründer von ACT UP, der US-Autor und Aktivist Larry Kramer, gratuliert der Aids-Aktionsgruppe ACT UP zum 25. Geburtstag – mit kritischen Anmerkungen zum Schweigen der Schwulen.
Am 24. März 1987 – vor 25 Jahren – fand die erste ACT UP – Demonstration in New York statt. Aids-Aktivisten legten den Verkehr auf der Wall Street vor der New Yorker Börse lahm, um gegen hohe Preise für Aids-Medikamente und schleppende Zulassungsverfahren für neue Substanzen zu protestieren. Einige ACT UP – Aktivisten drangen bis in den Börsensaal („das Parkett“) vor.
Bereits zwei Wochen zuvor, am 10. März 1987, hatte Larry Kramer, US-Autor und Mitglied von GMHC Gay Men’s Health Crisis, im Gay Community Center in New York eine flammende Rede gehalten, in der er zu stärkerem Engagement für Aids-Kranke aufforderte. Tage später gründete Kramer gemeinsam mit Eric Sawyer und einigen weiteren Aktiven ACT UP.
25 Jahre später gratuliert Larry Kramer ACT UP zum 25. Geburtstag – mit deutlichen Worten. Es sei schwer, dankbar zu sein (für 25 Jahre ACT UP Aktivismus), wenn die Aids-Krise weltweit betrachtet schlimmer als jemals zuvor sei, und zugleich zwei Organisationen, die er mitgegründet habe, nur noch Schatten ihrer selbst seien. Dennoch sei es schwer, diese früher so bedeutenden Organisationen heute zu kritisieren, wenn gleichzeitig die Schwulen des Landes weiterhin so passiv und apathisch seien:
„It’s hard to blame these remnants of former greatness when the gay population of this country continues to be so passive, so apathetic, so shut-the-fuck-up-with-all-your-message-queen-shit.“
Kramer kritisiert, wie viele Schwule bereit seien, zweitklassige und marginalisierte Lebenswege zu akzeptieren – gerade wenn wir doch wüssten, was zu tun sei:
„We know what we have to do. Why don’t we once-and-for-all do it? And by „we,“ I mean all of us. It is downright pathetic how so many of us are prepared to live in such a second-class and marginalized way.“
Kramer sieht eine der Ursachen für den Untergang der ACT UP – Gruppen in ‚Selbstzerstörung‘. Man sei hereingefallen auf hasserfüllte Taktiken, die man eigentlich gerade beseitigen wollte:
„For a variety of reasons, men and women who had worked so lovingly and courageously hand in hand in the kind of cooperation I have never ever seen before turned upon each other and effectively put paid to the organization’s usefulness. We succumbed to the very hateful tactics that we were pledged to eliminate.“
Kramer verweist auf die Passivität der Schwulen und die notwenfgkeit, sich zu wehren. Man erreiche nichts, ohne dafür zu kämpfen, gemeinsam und zahlreich. Nicht zuletzt dies habe ACT UP gelehrt:
„You don’t get anything unless you fight for it, united and with visible numbers. If ACT UP taught us anything, it taught us that.“
„How to survive a plague“ – der erste Dokumentarfilm über Aids- und Therapieaktivimus hat am kommenden Sonntag Premiere auf dem Sundance Film Festival .
Es war eine Zeit, in der Tausende HIV-Positive und Aids-Kranke starben. In der Hunderte auf die Straßen gingen und protestierten. In der ACT UP entstand. In der es keine Medikamente gegen HIV gab, oder später nur Medikamente, die nicht lange wirksam waren und heftigste Nebenwirkungen haben konnten. Es war eine zeit, in der HIV-Positiver selbst die Initiative ergriffen, aktiv wurden, sich engagierten – eine Zeit, in der aus dem Aids-Aktivismus der Therapie-Aktivismus entstand.
Diese Zeit, ihre Problemen und Bruchlinien, diese Entwicklung vom Aids-Aktivismus der ACT UP – Gruppen hin zum Aids- Therapieaktivismus von Gruppen wie TAG steht im Mittelpunkt des Films „How to survive a plague“, der am kommenden Sonntag (22. Januar 2012) auf dem US- Sun Dance Film Festival Premiere hat.
Ein Film über Aids-Aktivismus und Aids-Therapieaktivismus in den USA Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre. Beginnend beim ‚Treatment and Data Committee‘ von ACT UP New York, weiter über die erregten Diskussionen und Probleme, die (auf dem Höhepunkt der Aids-Krise) zur Abspaltung der ‚Treatment Action Group‘ (TAG) von ACT UP führten, bis hin zu den großen Therapie-Durchbrüchen Mitte der 1990er Jahre.
Die Initiatoren selbst beschrieben ihren Film wie folgt:
„How To Survive A Plague“ is the untold story of the efforts that turned AIDS into a mostly manageable condition – and the improbable group of young men and women who, with no scientific training, infiltrated government agencies and the pharmaceutical industry, and helped identify promising new compounds, moving them through trials and into drugstores in record time. These drugs saved their lives and ended the darkest days of the epidemic, while virtually emptying AIDS wards in American hospitals.
These activists’ efforts created a paradigm for patient empowerment and health care activism that has since been replicated in the fight against many other diseases from breast cancer to heart disease. And as AIDS spread to Africa, India, and Asia, these activists helped open local groups, exporting AIDS activism to press for better, and more accessible, treatment.
Their story stands as a powerful inspiration to future generations, a road map, and a call to arms. Science has yet to find a cure, and without rejuvenated vigilance, transmission is on the rise – most remarkably, among young gay men who are ignorant of how AIDS activists beat back a plague, and along the way changed the world.“
Regie führte New York Times – Autor David France, der seit 1982 zu HIV und Aids schreibt. „How to survive a plague“ ist sein erster Film. France arbeitet zur Zeit an einer „Geschichte von Aids“, die 2013 in den USA erscheinen soll.
Peter Staley, Gründer der US-Internetsite aidsmeds.com (1999) und Gründungsmitglied von ACT UP New York (1987) sowie der Treatment Action Group (1992), der den Film vorab sehen konnte, betont, der Film zeige die eine Seite (TAG), und er warte schon auf den Film „United in Anger“, der die Geschichte von ACT UP zeigen werde.
„I found it almost impossible to view the film objectively. It brought me back to those years like nothing else I’ve seen (…) It took thousands of deaths before we were angry enough to hit the streets, and I remain amazed by the movement’s resilience during the carnage that followed.
I suspect that this film will reopen old wounds for some from the infighting that led to T&Ds split from ACT UP, and the founding of TAG. We largely fell into two camps at the time, and for the most part, the film tells the story of those on just one side of that divide.“
.
Aktualisierung 23.01.2012, 20:30: Regisseur David France zu seinem Film auf den Sundance Film Festival:
.
Peter Staley betont in seiner Besprechung, beide Filme, sowohl „How to survive aplague“ als auch „United in Anger“ hätten wohl große Hürden zu überwinden – die meisten Menschen wollten heute kaum noch etwas über Aids hören, auch die meisten Schwulen nicht.
„Both of these films have a huge wall of resistance to climb – sadly, most folks don’t want to hear about AIDS these days, even most gay folks.“
Umso wichtiger, dass es solche Filme gibt – auch um dieses erneute Schweigen zu durchbrechen.
Zu wünschen ist, dass sich bald für diesen Film ein deutscher Verleih findet, dass er bald auch in deutschen Kinos zu sehen ist. Selbst wenn sich der Film mit der US-Geschichte des Therapieaktivismus auseinander setzt, viele Entwicklungen und Diskussionen (wie auch Bruchlinien) verliefen auch in Deutschland und Europa an ähnlichen Punkten.
Und das erneute Schwiegen über Aids und HIV, es ist auch hier zu beobachten, gerade auch unter Schwulen …
.
„How to survive a plague“
USA 2012
Regie: David France
Mit Peter Staley, Garance Franke-Ruta, Mark Harrington, Iris Long, Larry Kramer und anderen
28. Oktrober 2011: Die Pharmakonzerne BMS und Gilead haben angekündigt, an einer mit Gileads Cobicistat geboosteten Version des BMS- Proteasehemmers Atazanavir zu arbeiten. Dies würde ein Boosten mit Ritonavir nicht mehr erforderlich machen.
26. Oktober 2011: Bedenken, eine antiretrovirale Therapie gegen HIV sie bei Viren, die einem anderen Subtypen als B angehören, weniger wirksam, sind unbegründet, zeigt eine Schweizer Studie.
In Ohio (USA) wurde bei einem HIV-positiven Mann Mycobacterium Leprae diagnostitziert, der Lepra auslösende Erreger.
Weniger als die Hälfte der französischen HIV-Positiven hat einen Arbeitsplatz, berichtet Tetu über eine Umfrage von Aids.
25. Oktober 2011: HIV-positiv zu sein bedeutet auch für Chirurgen nicht das Karriere-Ende.
20. Oktober 2011: Der Globale Fonds hat Zahlungen an Mali wegen Zweckentfremdung gestoppt.
19. Oktober 2011: Dass „Fisch Pediküre“ („Knabberfische„) zu einer Übertragung von HIV oder Hepatitis C führt, ist sehr unwahrscheinlich, sagt HPA.
Die Europäischen HIV-Therapie-Richtlinien wurden aktualisiert.
18. Oktober 2011: In den USA wurde ein 24-jähriger schwuler Mann wegen HIV-Übertragung verurteilt, obwohl er seinen Partner vorher über seine HIV-Infektion informiert hatte. Dies sei unerheblich, er habe keine Kondome benutzt.
London: ein evangelikaler Prediger empfiehlt, die Medikamente nicht weiter einzunehmen – die Folge: drei Tote an Aids, laut Bericht der BBC
17. Oktober 2011: In Basel wurde eine ACT UP Gruppe neu gegründet, um gegen den Pharmakonzern Novartis zu protestieren. Novartis klagt gegen Indien und indische Generika-Hersteller.
15. Oktober 2011: „Gare à tes fesses“ (etwa: Pass auf deinen Arsch auf), unter diesem Titel hat die Gruppe ‚Chrysalide‘ aus Lyon eine Gesundheits-Broschüre für Trans* herausgegeben.
Der ‚Osservatore‘ (die ‚offizielle‘ Vatikan-Zeitung) kritisiert die UNO für ihre Aids-Prävention.
26. Juli 2011: Alexander McQueen, am 11. Februar 2011 verstorbener britischer Modedesigner, hat aus seinem 16 Millionen Pfund umfassenden Nachlass 100.000 Pfund der britischen Aids-Organisation Terrence Higgins Trust vermacht.
25. Juli 2011: Dem Kondom-Hersteller Durex werden die Kondome knapp, aufgrund einer bereits seit Mai 2011 andauernden Auseinandersetzung mit einem indischen Lieferanten.
20. Juli 2011: Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat dem Hepatitis-C- Proteasehemmer Boceprevir (Handelsname Victrelis®) die Zulassung erteilt.
18. Juli 2011: Der Pharmakonzern Abbott kündigt an, eine Kombi-Pille aus Kaletra® und 3TC zu entwickeln.
14. Juli 2011: Die Regionen in den USA mit den höchsten HIV-Infektionsraten zählen zugleich zu den ärmsten Regionen der USA, berichten US-Medien. In den am meisten von HIV betroffenen Regionen im Süden der USA lebe einer von fünf HIV-Positiven unterhalb der Armutsgrenze.
13. Juli 2011: Zwei große Studien zur Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) haben gezeigt, dass Tenofovir bzw. Tenofovir plus Emtricitabine das Risiko einer sexuellen HIV-Übertragung bei heterosexuellen Paaren um 62 bzw. 73% reduzieren können.
12. Juli 2011: Liza Minelli wurde zum ‚Offizier‘ der französischen Ehrenlegion ernannt, u.a. wegen ihrer Verdienste um die Aids-Bekämpfung. Die Ehrenlegion ist die höchste Auszeichnung Frankreichs.
11. Juli 2011: Australien: HIV-positiver Mann zu 3 Jahren Haftverurteilt wegen Gefährdung von 3 Frauen durch ungeschützten Sex. Keine der Frauen wurde mit HIV infiziert.
Wissenschaftler haben in Japan einen Gonorrhoe- (auch: Tripper) Stamm entdeckt, der gegen die eingesetzten Antibiotika resistent ist.
Jerry Herman, offen HIV-positiver Hollywood-Erfolgs-Komponist u.a. der Musicals „Hello Dolly“ oder „La Cage Aux Folles“ (Ein Käfig voller Narren) wurde am 10. Juli 80 Jahre alt.
08. Juli 2011: Schweiz: eine 32jährige Frau aus Ostafrika wurde wegen schwerer Körperverletzung zu einer „teilbedingten Freiheitsstrafe“ von drei Jahren verurteilt. Falls das Urteil rechtskräftig wird, droht der Frau die Abschiebung aus der Schweiz.
05. Juli 2011: Millionen HIV-Positive, die auf günstige Aids-Medikamente angewiesen sind, werden sterben, falls Indien aufgrund des Handelsabkommens mit der EU aufhören muss, generische Aids-Medikamente herzustellen. Dies betont UNAIDS-Direktor Michel Sidibé.
04. Juli 2011: Eine Gruppe von 55 US-Ärzten fordert die US-Arzneimittelbehörde FDA auf, Truvada® nicht als ‚Präventions-Pille‚ zuzulassen.
03. Juli 2011: „Will Karel De Gucht be responsible for millions deaths ?“ EU-Handelskommissar Karel de Gucht wurde am frühen Sonntag Morgen von Aktivisten von ACT UP Paris geweckt (Video), die gegen die (von de Gucht vertretene) Position der EU in Handelsabkommen protestierten. Die Haltung der EU gefährde die Versorgung von Millionen HIV-Positiven mit preiswerten Generika.
Einige Aids-Medikamente der Klasse der NRTIs können bei HIV-Positiven zu vorzeitiger Alterung beitragen. Die durch sie verursachten Veränderungen an den Mitochondrien könnten irreversibel sein, so Wissenschaftler.
In Paris findet am 25. Juni 2011 der diesjährige „Marche des fiertés LGBT“ statt (etwa: „Demonstration des schwul-lesbisch-transgender-bi Stolz“), ab 14:00 Uhr (von Montparnasse zum Platz der Bastille).
ACT UP Paris ruft zur Teilnahme auf mit einem Plakat, das einige Wege (und implizit Erfolge) der Prävention thematisiert:
FièrEs d’en mettre :
Des capotes, du gel, des fémidons, des gants, … pour coucher comme on veut, avec qui on veut, quel que soit son statut sérologique, en se protégeant et en protégeant ses partenaires. C’est aussi puissant que cela. C’est aussi simple que cela.
(übersetzt etwa: „Stolz darauf, die anzuwenden: Kondome, Gleitgel, Femidome, Handschuhe … um zu schlafen (Sex zu haben) wie und mit wem man/frau will, wie auch immer sein/ihr HIV-Status ist, dabei sich und seine Partner/innen schützend. So wirksam ist das. Und so einfach ist das.“)
.
Ja, so einfach ist das … manchmal. Nicht immer. Und es gibt auch andere Methoden, wie die Viruslast-Methode (die ACT UP Paris gern ausblendet).
Dennoch: ja, wir können stolz sein. Stolz, dass schwule Männer seit über 25 Jahren zu weit überwiegenden Anteilen safer Sex machen, sich und ihre Partner schützen. Sich für Prävention und Gesundheit engagieren – und dabei lustvoll leben und Sex haben.
Stéphane Vambre, Co-Präsident von ACT UP Paris, ist bereits am 16. September 2010 überraschend von seinem Amt zurück getreten, wie erst gestern bekannt wurde. „Unser Handeln ist von Wut aus Prinzip geprägt, nicht mehr von einer Wut der Kranken“, begründete Vambre seinen Schritt:
„Nos actions sont motivées par une colère de principe et non plus par une colère de malades.“
Seine Absicht sei nicht, einen ACT UP – internen Konflikt zu verursachen. Er habe sich lange Gedanken gemacht über seine Situation und die Funktionsweise von ACT UP Paris und seine Entscheidung reiflich überlegt.
Die Wut, die eigentlich die Aktionen von ACT UP treiben solle, richte sich derzeit eher nach innen. Statt des gemeinsamen Kampfes für die Rechte der Infizierten und Kranken stünden heute oft persönliche Ambitionen im Vordergrund. Demgegenüber sei es wichtig, diese Wut zukünftig wieder gegen die eigentlichen Gegner zu richten. Dazu forderte er eine demokratische Debatte.
Vambre kritisierte deutlich Art und Stil interner Prozesse. ACT UP sei entstanden als etwas wie die ‚Gewerkschaft der Kranken‘ – doch heute sei die Stimme HIV-Positiver oft kaum noch zu hören, werde gar verspottet. „Unser Handeln ist von Wut aus Prinzip geprägt, nicht mehr von einer Wut der Kranken.“
Der 37jährige Vambre, der öffentlich als „HIV-positiv und an Aids erkrankt“ auftritt und sich seit vier Jahren bei ACT UP engagierte, war seit März 2009 Co-Präsident von ACT UP Paris. Am 11. April 2010 erst war er in einer Wiederwahl als Co-Präsident bestätigt worden. Er war gleichzeitig (bezahlter) Verwaltungs-Leiter der Gruppe. Die Pariser ACT UP Gruppe ist die älteste und einer der wenigen in Europa noch existierenden ACT UP Gruppen.
ACT UP Paris kommentierte Vabres Schritt in einer ersten Stellungnahme, man verstehe nicht, weswegen es nicht zu einer einvernehmlichen gemeinsamen Lösung gekommen sei. Eine offizielle Reaktion soll in den kommenden Tagen folgen wurde am 12.10. bekannt. Dort benennt ACT UP Paris zahlreiche Handlungsfelder, denen man die Priorität einräumen müsse, „im Kontext einer katastrophalen Politik“, ohne weiter konkret auf den Rücktritt einzugehen.
weitere Informationen:
Stephane Vambre im Tetu-Interview 03.05.2010: Stéphane Vambre: «Même si on est malade, on peut se dépasser dans l’effort» (etwa: „Auch wenn man krank ist, kann man sich Mühe geben“)
Yagg 05.10.2010: Exclusif: Stéphane Vambre quitte ses fonctions de co-président d’Act Up-Paris
Yagg 06.10.2010: Démission de Stéphane Vambre, co-président d’Act Up-Paris: « Nos actions sont motivées par une colère de principe et non plus par une colère de malades »
Yagg 12.10.2010: Act Up-Paris réagit officiellement à la démission de Stéphane Vambre de ses fonctions de co-président
.
Mehrere Dutzend Aids-Aktivisten haben am 20. Juli auf der XVIII. Welt-Aids-Konferenz in Wien mit einer Demonstration ihre Unterstützung für HIV-Positive auf Haiti zum Ausdruck gebracht. Auch über ein halbes Jahr nach dem Erdbeben ist die Situation HIV-Positiver dort oftmals katastrophal.
Ein Dach über dem Kopf, etwas zu Essen, Arbeit – und Medikamente. Es sind ganz basale Bedürfnisse, die Menschen mit HIV haben. Doch auch über ein halbes Jahr nach dem schweren Erdbeben, das Haiti am 12. Januar 2010 verwüstete, haben viele HIV-Positive nicht einmal ein richtiges Dach über dem Kopf.
Bei dem Erdbeben wurde auch der Großteil der Infrastruktur zerstört, die auf Haiti für den Kampf gegen Aids ausgebaut war. Haiti hat nach Angaben von UNICEF die höchste HIV-Infektionsrate außerhalb von Afrika. Jeder zwanzigste Haitianer ist HIV-infiziert, alle zwei Stunden kommt ein Neugeborenes HIV-positiv zur Welt.
ACT UP Paris forderte, Haiti benötige dringend eine globale und nationale Aids-Strategie, bei deren Erstellung auch in Haiti lebende Menschen mit HIV einbezogen werden sollten. Regionale Kämpfe, die die internationalen Hilfsorganisationen in ihrer Arbeit behindern und gefährden, müssten schnellstens unterbunden werden. Und die Geberländer, die den Wiederaufbau Haitis unterstützen, sollten auch den Kampf gegen Aids und Aids-Organisationen auf Haiti unterstützen.
Die Haitianische Positivengruppe HAP+ (Plateforme Haïtienne des Associations de PVVIH) sowie die Organisation Housing Works hatten um Unterstützung gebeten.
weitere Informationen: ACT UP Paris 20.07.2010: Manifestation de solidarité avec les séropos en Haïti
POZ 29.07.2010: International HIV/AIDS Funding Slow to Reach Haiti
.
In den USA treten 20 Jahre nach dem Höhepunkt dieser Form des Aids-Aktivismus wieder ACT UP – Gruppen mit Aktionen in Erscheinung. Eine Rückkehr von ACT UP, wie POZ spekuliert?
Vor 20 Jahren war sie auf ihrem Höhepunkt, die ACT UP – Bewegung. „Aids Coalition To Unleash Power“, unter diesem Motto fanden sich von HIV betroffene Menschen zusammen, um sich mit medienwirksamen Aktionen Gehör zu verschaffen. Inzwischen war es ruhig geworden um ACT UP, nur noch sehr wenige Gruppen existieren, die meisten ohne größere Aktionen.
Doch in den letzten Monaten haben mehrere ACT UP – Aktionen in den USA für Aufmerksamkeit gesorgt, allein 2009 wurden vier ACT UP – Gruppen neuu oder wieder gegründet in den USA . So bildete sich in Wisconsin eine ACT UP – Gruppe neu, um die Gründung einer Aids-Organisation anzustoßen. Zuvor hatte diese ACT UP – Gruppe bereits eine existierende lokale Aids-Organisation angegriffen mit dem Vorwurf, sie nütze Positive aus, und ihre schlechte Service-Qualität beklagte.
Eine andere ebenfalls neu (wieder-) gegründete Gruppe in San Diego kämpft gegen massive Kürzungen des Aids-Budgets in der Region. Und Mitglieder der (bereits existierenden) ACT UP Gruppe Philadelphia waren beteiligt bei der Besetzung der Rotunde des Kapitols in Washington im Rahmen einer Aids-Protest-Aktion.
Und am Rand der Ausstellung „ACT UP NEW YORK: ACTIVISM, ART, AND THE AIDS CRISIS, 1987–1993“, die von Oktober bis Dezember 2009 gemeinsam vom Carpenter Center for the Visual Arts und dem Harvard Art Museum gezeigt wurde, kam es zu einem Handgemenge mit Mitgliedern der religiösen Rechten.
Die US-amerikanische Positiven-Zeitschrift POZ fragt sich nun, ob dies erste Anzeichen eines Wandels in der Kultur und in den HIV-Communities seien, erste Zeichen für eine „Rückkehr von ACT UP“.
Erwacht ACT UP in den USA aus einem langen Winterschlaf? Einige US-Aktivisten meinen ja. Die vorhandenen Aids-Organisationen seien viel zu sehr dem Geist der 1980er Jahre verhaftet und darauf fokussiert, einerseits Prävention anzubieten und andererseits „Klienten von der Diagnose bis zum Tod zu begleiten“. ACT UP könne diese Organisationen aus der Vergangenheit reißen, sie zwingen sich den neuen Herausforderungen des Lebens mit HIV zu stellen und veränderte Dienstleistungen anzubieten.
Kritiker beklagen eine seltsame Mischung aus Selbstgefälligkeit und Hilflosigkeit. Einerseits seien viele HIV-Positive gerade in der Situation von Rezsession und Wirtschaftskrise dankbar für jede Art von Angebot, nähmen alles kritiklos hin. Und andererseits gebe es viel Selbstgefälligkeit bei Aids-Organisationen, die der Ansicht seien, sie leisteten bereits alle erforderliche Arbeit.
ACT UP könne diesen Positiven wieder eine Stimme geben – und die Aids-Organisationen zwingen, sich den neuen Realitäten anzupassen. Menschen mit HIV müssten die (auch) für sie gedachten Organisationen wieder mehr in die Pflicht nehmen.
Kritiker entgegnen, es gebe immer noch eine große Apathie, gerade auch unter HIV-Positiven. Die Bereitschaft, sich zu engagieren, für die eigenen Interessen und Rechte, und sich zu organisieren sei immer noch sehr gering.
Eine spannende Situation und Debatte, die sich in den USA abzeichnet über eine etwaige Rückkehr von ACT UP.
Und der Eindruck, dass einem vieles bekannt vorkommt. Aids-Organisationen, die selbstgefällig glauben, allein im Besitz der Wahrheit zu sein, soll es auch hier geben. Und Apathie und Desinteresse unter Positiven, sich für ihre eigene Situation einzusetzen soll auch gelegentlich beobachtet worden sein.
Erste Anzeichen eines neuen Engagements für die eigenen Rechte- auch bei uns?
weitere Informationen:
Newsweek 01.12.2009: The Comeback of AIDS Activism
POZ 03.02.2010: ACT UP’s Latest Act
POZ November 2009: Acting Up
Carpenter Center: ACT UP NEW YORK: ACTIVISM, ART, AND THE AIDS CRISIS, 1987–1993
ACT UP Wisconsin
ACT UP San Diego
ACT UP Philadelphia
rollcall 09.07.2009: AIDS Activists Arrested After Shutting Down Capitol Rotunda
housing works 09.07.2009: 26 AIDS activists shut down U.S. capitol
The Badger Herald 03.02.2010: HIV/AIDS activists clash over unspecified funding, limited services offered (pdf)
.
Am 12. Januar 2010 starb der französische Philosoph Daniel Bensaïd – an den Folgen von Aids, wie ACT UP Paris heute mitteilte.
Es war eine sehr kurze Mitteilung, wohl die kürzeste seit dem Bestehen. ACT UP Paris teilte heute morgen einzig sechs Worte mit „Daniel Bensaïd est mort du sida“, nur gefolgt von dem bekannten Motto Silence = Mort (Schweigen = Tod). Mit dieser Aktion äußerte sich ACT UP Paris zum Tod des französischen Philosophen Daniel Bensaïd – und dazu, dass in allen wichtigen französischen Medien die Ursache seines Todes verschwiegen wurde.
Daniel Bensaïd starb am Morgen des 12. Januar 2010 in Paris im Alter von 63 Jahren. Er war französischer Philosoph und wichtige Person der französischen Studentenbewegung des Mai 1968. „Daniel Bensaïd war Professor der Philosophie an der Pariser Universität-VIII (Saint-Denis) und galt als eine der bedeutendsten kritischen Stimmen der französischen Linken.“ (Wikipedia). Daniel Bensaïd war seit vielen Jahren HIV-infiziert und in ärztlicher Behandlung.
ACT UP zeigte sich gegenüber dem französischen Schwulen-Magazin Tetu schockiert, dass in den Medienberichten über seinen Tod nur über eine „langandauernde Krankheit“ gesprochen wurde. Manche Medien wie die taz oder der britische Guardian sprechen gar von einem Krebs-Leiden. Man habe das Gefühl eines Zurück in die 1980er Jahre, als Familien Todesanzeigen schalteten ohne die Todesursache zu nennen, und als ACT UP-Mitglieder Anzeigen in der französischen Tageszeitung Libération schalteten, um das Schweigen zu brechen und die wahre Todesursache zu benennen.
ACT UP sprach von einer „Rückkehr der Scham“ für HIV-Positive und Aids-Kranke. Es gehe bei der Aktion nicht darum, das Sterben eines prominenten zu instrumentalisieren. Aber es gehe darum, die Rückkehr der Scham zu verhindern – und klar zu sagen, dass auch 2010, und auch in Europa, Menschen an den Folgen von Aids sterben.
weitere Informationen:
ACT UP Paris 16.01.2010 : Daniel Bensaïd est mort du sida
Le Monde 13.01.2010: Nécrologie: Daniel Bensaïd, philosophe, cofondateur de la Ligue communiste révolutionnaire
The Guardian 14.01.2010: Daniel Bensaïd obituary
taz 14.01.2010: Komplize der konkreten Utopie
tetu 16.01.2010: «Daniel Bensaïd est mort du sida.»
.