Mit HIV vor Gericht : 49% der HIV-Positiven in den USA glauben nicht an faire Behandlung vor Gericht

Mit HIV vor Gericht – 49% der HIV-Positiven in den USA vertrauen nicht darauf, dass sie vor Gericht eine faire Behandlung erhalten für den Fall, dass sie strafrechtlich verfolgt werden, weil sie ihre HIV-Infektion gegenüber Sexpartnern nicht offen gelegt haben. Dies ist eines der vorläufigen Ergebnisse einer Befragung von 2.076 HIV-Positiven in den USA, die im Juni und Juli 2012 stattfand.

30% der Befragten waren sich nicht sicher, wie sie vor Gericht behandelt werden würden. Nur 21% hatten volles Vertrauen in die Gerichte.

29% der Befragten hatten zudem geäußert, sie hätten sich bereits mehrfach Sorgen gemacht, ‚fälschlicherweise beschuldigt‘ zu werden.

Laurel Sprague, die die Studie durchführte, betonte gegenüber Medien, die Stigmatisierung HIV-Positiver habe ein Ausmaß angenommen, dass Menschen mit HIV vor Gericht oftmals Voreingenommenheit befürchten, dass sie die Gefahr sehen selbst wenn sie unschuldig seien im Gefängnis zu landen:

„People felt that because stigma against people with HIV is so great, that the minute they walk into a courtroom as a positive person that there is already a bias against them as not reliable or not trustworthy. And so, even if they are falsely accused, they fear they can still end up in prison.“

Die Befragung wurde durchgeführt vom ‚Sero Project‚, einer Gruppierung die sich der Bekämpfung von HIV-Stigma widmet. Direktor ist Sean Strub, Langzeit – Aids-Aktivist und Gründer des US – Magazins ‚POZ‘.

32 der US-Bundesstaaten haben den US-Gesundheitsbehörden CDC zufolge HIV-spezifische Strafgesetze.

Die vorläufigen Ergebnisse der Befragung von ‚Sero Project‘ wurden erstmals auf der XIX. Internationalen Aids-Konferenz in Washington 2012 vorgestellt.

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American Independant 09.08.2012: People with HIV fear unfair treatment in courts
Sero Preliminary Data Report Final (pdf)

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Nigeria: bald keine Heirat ohne HIV-Test in Bauchi ?

Im Bundesstaat Bauchi (Nigeria) wird zukünftig ein HIV-Test zwingend zur Pflicht, bevor eine Heirat möglich ist – wenn ein gestern eingebrachter Gesetzesvorschlag Realität wird. Der Entwurf hat bereits die erste und zweite Lesung passiert und wird jetzt im Gesundheitsausschuss des Bundesstaats beraten.

Bauchi ist ein Bundestaat im Norden Nigerias mit ca. 4,7 Millionen Einwohnern. Seit 2001 gilt in Bauchi islamisches Recht, die Scharia.

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Nigerian Eye 31.07.2012: The Bauchi State House of Assembly is set to pass a law for compulsory Humane Immune Virus, HIV, test before marriage in the state.
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HIV-positiv & HIV-negativ, Angst vor HIV – „und wenn wir mal über unsere Ängste sprechen würden?“

Einer HIV-positiv, einer HIV-negativ? Angst vor HIV? Kein Grund mehr, Angst zu haben, wenn man mit einander Sex haben will. Dies ist das Grundthema einer neuen Präventionskampagne in Frankreich, die sich Vorurteilen um serodifferente Beziehungen und Begegnungen widmet und Tabus abbauen will.

Et si on parlait de nos peurs? (Abb.:SNEG 2012)
Et si on parlait de nos peurs? (Abb.: SNEG 2012)

Kondome, Post-Expositions-Prophylaxe, regelmäßige Test auf HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten, Viruslastmethode (insbes. erfolgreiche antiretrovirale Therapie mit Viruslast unter der Nachweisgrenze) – es gibt viele Wege, Begegnungen zwischen HIV-Negativen und HIV-Positiven leichter zu machen, sich eigenen Ängsten, auch der Angst vor HIV zu stellen, so die Kampagne.

Die Kampagne (Plakate, Postkarten, Anzeigen) wird durchgeführt von SNEG (‚Syndicat national des entreprises gaies‘), dem Verband schwuler Unternehmen in Frankreich. Sie soll insbesondere in den 650 Mitgliedsbetrieben präsent sein. Die Kampagne ist Ergebnis einer qualitativen Studie, die SNEG 2011 hatte durchführen lassen, und die untersuchte, welche Ängste HIV-Negative im Umgang mit HIV-Positiven haben.

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weitere Informationen:
SNEG 02.07.2012: Séropos, séronegs, il y a des moyens de nous rencontrer
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HIV-positiv beim Zahnarzt: Es reicht … wann ziehen wir Zahnärzten diesen Zahn ?

Erneut hat vor wenigen Tagen ein Zahnarzt einem HIV-Positiven die Behandlung verweigert. Eine daraufhin gestartete Nachfrage der lokalen Aids-Hilfe hat bestürzende Ergebnisse geliefert: nur einer von zehn Zahnärzten vor Ort war bereit, HIV-Positive zu behandeln.

Behandlungsverweigerungen, Behandlungen nur in Nebenzeiten, oder nur in Notfällen – oft begründet mit dem vermeintlich erhöhten Hygiene-Aufwand, oder damit, man befürchte negative Konsequenzen für die eigene Praxis. Selten die direkte Antwort, man / frau habe zu wenig Kompetenz bei diesem Thema – oder schlicht Angst.

Das Robert-Koch-Instuitut hat sich hierzu bereits 2010 begrüßenswert klar geäußert:

“Die Weigerung von Zahnärztinnen und Zahnärzten, Patienten mit HIV-Infektion zu behandeln, lässt sich NICHT aus der Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention ableiten bzw. begründen. Wer sich auf diese Empfehlungen beruft, um eine diskriminierende Behandlung HIV-infizierter Patienten in der zahnärztlichen Versorgung zu begründen, setzt sich dem Verdacht aus, diesen Grund nur vorzuschieben, um eine auf Halbwissen und Ängsten beruhende Diskriminierungsbereitschaft zu verschleiern.”

Dennoch – die Weigerung von Zahnärzten, HIV-Positive zu behandeln, häufen sich – seit Jahren. Hier handelt es sich nicht (wie Verbandsvertreter gelegentlich gerne entschuldigend äußern) um ‚bedauerliche Einzelfälle‘. Zu viele dieser Fälle sind inzwischen dokumentiert (einige z.B. hier auf ondaamris unter dem Stichwort ‚Zahnarzt‘ oder auch bei Blogger alivenkickin zur Situation in Frankfurt,. Darmstadt und Dieburg: ‚HIV + der Gang zum Zahnarzt‚ und ‚Zahznärzte – besser als ihr Ruf?‚). All diese Fälle und Umfragen zeigen: dieses Problem tritt nicht vereinzelt auf, sondern seit langem immer wieder. Ob Ignoranz, Unwissen, Angst oder Dummheit beteilgt sind, mag dem betroffenen HIV-Positiven letztlich egal sein. Wichtig ist, dass sich endlich etwas ändert.

Es ist an der Zeit, dass der klaren Positionierung des RKI, den Stellungnahmen von Fachgesellschaften, den netten Worten des Bundesgesundheitsministers sowie einiger Verbandsvertreter nun auch Taten seitens der Zahnärzte folgen – dass endlich dieser Stigmatisierung und Behandlungsverweigerung durch Zahnärzte ein Riegel vorgeschoben wird.

Behandlungsverweigerung, Diskriminierung HIV-Positiver – wann ziehen wir Zahnärzten endlich diesen Zahn ?

Oder wird es Zeit, dass HIV-Positive den Deutschen Zahnärzte-Tag aufmischen, hier ihren Protest deutlich hörbar machen? Der nächste Deutsche Zahnärztetag wäre dann am 9. und 10. November 2012 in Frankfurt. Kurz vor dem Welt-Aids-Tag und der Paulskirchen-Veranstaltung der Frankfurter Aids-Hilfe … ein guter Zeitpunkt, dass Zahnärzte sich endlich dem Thema HIV stellen, Position beziehen. Und klar machen, wie sie zum Thema Behandlungsverweigerung und Stigmatisierung HIV-Positiver stehen.

schon wieder: Zahnarzt verweigert HIV-Positivem die Behandlung

Anfang Juli suchte ein HIV-positiver Mann Rat bei der Aids-Hilfe Münster – sein bisheriger Zahnarzt hatte die weitere Behandlung aufgrund der HIV-Diagnose abgelehnt. Die Aids-Hilfe Münster fragte daraufhin bei zehn  Zahnärzten in Rheine nach – nur einer (!) war bereit, HIV-Positive zu behandeln. Die anderen neun wollten HIV-Positive gar nicht, nur im Notfall oder nur in Randzeiten behandeln.

Erst Ende Oktober hatte Bundesgesundheitsminister Bahr betont, die Diskriminierung HIV-Positiver durch Ärzte sei erschreckend,  er werde sich mit den zuständigen Berufsverbänden in Verbindung setzen.

Das Robert-Koch-Institut hatte im September 2010 in einer Stellungnahme zur Behandlung HIV-Positiver beim Zahnarzt erneut betont, dass “nach Behandlung eines Patienten mit HIV-Infektion … die routinemäßig erforderlichen Hygienemaßnahmen” genügen. Im Oktober 2010 hatten die beiden Aids-Gesellschaften dagnä und DAIG betont, bei der Behandlung HIV-Infizierter beim Zahnarzt gelten keine über Standardhygiene hinaus gehenden hygienischen Anforderungen.

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Münstersche Zeitung Rheine 06.07.2012: HIV-positiver Patient – Zahnarzt verweigert Behandlung
queer.de 09.07.2012: Rheine: 9 von 10 Zahnärzten wollen Positiven nicht behandeln
alivenkickin 03.08.2012: Ein Besuch beim Zahnarzt . . . diesmal im Münsterland
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„Er ist positiv … in ihn könnt‘ ich mich verlieben“ – neue Kampagne gegen Serophobie in Frankreich

Mit zwei Plakaten wendet sich eine neue französische Kampagne gegen Serophobie, gegen Stigmatisierung und Diskriminierung HIV-Positiver.

HIV-Positive werden auch unter Schwulen immer noch diskriminiert. Hiergegen wendet sich eine kleine neue französische Kampagne mit zwei Motiven. Ihr Ziel: Vorurteilen mit klaren Informationen begegnen.

Il est séropo – avec lui je risque de tomber amoureux“ („Er ist positiv … in ihn könnt‘ ich mich verlieben„, wörtlich „…mit ihm riskiere ich es mich zu verlieben„) – ist die Schlagzeile eines der beiden Motive.

il est séropo - avec lui je risque de tomber amoureux (Crips Ile-de-France)
il est séropo - avec lui je risque de tomber amoureux (Kampagne Serophobie; Foto: Crips Ile-de-France)

Die Kampagne wird gefahren von Crips Ile-de-France, einer Organisation, die von der Region getragen wird. Die Organisation nimmt am 30. Juni 2012 mit einem eigenen Wagen am CSD Paris (Marche des fiertés LGBT‘) teil – und wird dort die beiden Motive erstmals einsetzen. Der Wagen steht dabei auch Gruppen HIV-Positiver zur Verfügung, unter anderem einer Gruppierung Jung-Positiver (‚Les Jeunes Séropotes‘).

Das zweite Motiv der Kampagne trägt den Slogan „Il est séropo – avec lui je risque de prendre mon pied“ (etwa: „Er ist positiv … mit ihm könnt’s richtig heiß abgeh’n …„).

Beide Motive tragen auf der Rückseite umfangreiche Hinweise zu Serophobie. „Das ist möglich, weil …„, und zahlreiche Gründe folgen, vom Verpassen einer tollen Chance jemanden kennen zu lernen, über die Botschaft ‚Kondome schützen‘, bis zu ‚es gibt  Post-Expositions-Prophylaxe (PEP)‘. Bemerkenswert: auch die Viruslast-Methode wird erwähnt:

weil … „avec une personne séropositive qui prend un traitement, a une charge virale indétectable et pas d’IST, le risque de transmission du VIH est presque nul“ (etwa: „mit einem antiretroviral erfolgreich behandelten HIV-Positiven ohne sexuell übertragbare Infektionen das Infektionsrisiko nahezu null ist“)

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Crips Ile-de-France: Campagne Sérophobie 2012

„Nein wir behandeln keine Menschen die HIV Positiv sind“ – Zahnärzte im Praxistest in Frankfurt am Main

Zahnprobleme und Zahnarzt-Behandlung sind für viele Menschen mit HIV immer noch ein Problem, selbst in Großstädten – wie vielfach hier berichtet (siehe Tag Zahnarzt).

Der Blogger-Kollege alivenkickin hat Zahnarzt-Praxen im Raum Frankfurt am Main getestet – mit bestürzendem Ergebnis:  Reaktionen zwischen ‚Verweis an die Uniklinik‘ oder ‚Behandlung nur in Randzeiten‘ waren die häufigsten, häufig auch die glatte Aussage „Positive behandeln wir nicht“.

Alivenkickin 25.04.2012: HIV + und der Gang zum Zahnarzt – Die Situation in Frankfurt/Main

Tschechien: HIV-positiver Polizist will gegen Kündigung klagen

Ein HIV-positiver Polizist, der in Tschechien aufgrund seiner HIV-Infektion gekündigt wurde, will gegen seinen Arbeitgeber klagen. Der 25-jährige Mann erfuhr vor zwei Jahren von seiner HIV-Infektion. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete er bereits seit drei Jahren bei der staatlichen Polizei. Der Arbeitgeber erfuhr von seinem Testergebnis, vom medizinischen Personal, wie der Mann vermutet. Er wurde Ende 2010 entlassen unter Berufung auf ein Dekret über die Arbeitstauglichkeit als Polizist, nachdem die Diagnose durch eine polizeiärztliche Untersuchung bestätigt wurde.

Es wäre der erste Prozes dieser Art inTschechien, berichten Medien.

Prague Daily Monitor 13.04.2012: HN: HIV-positive policeman turns to court over dismissal
Hospodarske noviny 11.04.2012: Mladíka vyhodili od policie kvůli HIV. Svůj sen o práci policisty hodlá hájit před soudem

[via HIV Justice Network]

Österreich: Richter erklärt Sex mit Kondom zum kriminellen Akt

Unglaublich: Richter erklärt Sex mit Kondom zum kriminellen Akt

Ein 17-jähriger Vorarlberger ist am Montagnachmittag am Landesgericht Feldkirch zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt worden … Zwischen dem 17-jährigen Vorarlberger und dem 16-jährigen Mädchen kam es im Herbst vergangenen Jahres zum ungeschützten Oralverkehr … „Auch wenn ein Kondom verwendet worden wäre, würde dies nichts an der Strafbarkeit ändern“, erklärte der Richter. Ein Ansteckungsrisiko bestehe nämlich auch bei Verwendung von Präservativen, so Kraft abschließend.

http://vorarlberg.orf.at/news/stories/2523707/

Die vom Gesundheitsministerium und den staatlich finanzierten Aids-Hilfen propagierten Safer Sex Regeln beinhalten

  1.  die Verwendung eines Kondoms bei Vaginal- und Oralverkehr und
  2. das Vermeiden einer Ejakulation in den Mund bei Oralverkehr
    (vgl. bspw. http://v006282.vhost-vweb-02.sil.at/alles-uber-hivaids/wie-kann-ich-mich-schutzen/).

Der Oberste Gerichtshof hat dementsprechend bereits 1997 klargestellt, dass Sex (mit Hiv-Positiven) bei Verwendung von Kondomen nicht strafbar ist (25.11.1997, 11 Os 171/97).

Bei Oralverkehr verlangen die Safer Sex Regeln nicht einmal ein Kondom sondern bloß die Vermeidung einer Ejakulation in den Mund. Davon dass eine solche in dem o.a. Fall stattgefunden habe oder das von der Staatsanwaltschaft auch nur behauptet wurde, findet sich in dem Medienbericht nichts. Auch in Kärnten wurde 1999 ein Hiv-positiver Mann für Oralsex ohne Kondom verurteilt (LG Klagenfurt 19.07.1999, 13 EVr 70/99 – Kärntner Oralsex-Fall). Erst nach jahrelangem Kampf gab das Oberlandesgericht seinem Wiederaufnahmeantrag statt und hob das diesbezügliche Urteil auf (27.03.2003, 11 Bs 105/03) (http://www.rklambda.at/news_safersex.htm).

In dem nunmehrigen Fall scheint auch nicht thematisiert worden zu sein, ob der Jugendliche überhaupt infektiös war. Die heutigen Hiv-Therapien bewirken nämlich in den meisten Fällen, dass die Betroffenen nicht mehr infektiös sind (vgl. http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/J/J_05015/fname_183319.pdf; http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/AB/AB_04941/fname_188059.pdf).

UNAIDS und die EU-Grundrechteagentur fordern seit Jahren vehement die Beendigung derartiger Strafverfolgung und Verurteilungen. Kriminalpolizei und Strafrichter sollen – gerade im Interesse einer wirksamen Aids- Prävention und der Volksgesundheit – nur bei absichtlicher Ansteckung einschreiten (http://data.unaids.org/pub/basedocument/2008/20080731_jc1513_policy_criminalization_en.pdf; http://194.30.12.221/fraWebsite/attachmentsAIDS_2010_FRA_factsheet.pdf).

Seit 13. Februar 2012 wirbt im Internet die – anläßlich der von der norwegischen Regierung und UNAIDS organisierten „High Level Policy Consultation on the Science and Law of the Criminalisation of HIV Non-disclosure, Exposure and Transmission“ verabschiedete – „Oslo Declaration On Hiv Criminalisation“ [‚Die Deklaration von Oslo über die Kriminalisierung von HIV‚; d.Hg.] für Unterstützung gegen die Kriminalisierung von (nicht absichtlicher) Hiv-Übertragung (http://www.hivjustice.net/oslo/).

Dr. Helmut Graupner
Co-Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Sexualforschung (ÖGS)
www.graupner.at, www.oegs.or.at
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siehe auch:
thinkoutsideyourbox.net 06.03.2012: Kriminalisierung HIV-Positiver: Verurteilung wegen Oralsex trotz Einhaltung Safer Sex Regeln
queer.de 07.03.2012: „Vorsätzliche Gefährdung“ – Österreich: HIV-Positiver wegen Oralsex bestraft
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Nachrichtensender Al Jazeera kündigt HIV-positivem Journalisten – Internationaler Gewerkschaftsbund protestiert (akt.)

Der Fernsehsender Al Jazeera aus Katar hat einem südafrikanischen Journalisten gekündigt – vermutlich aufgrund seiner HIV-Infektion. Er musste inzwischen das Land verlassen. Menschenrechtsgruppen und Aids-Aktivisten planen für diese Woche Protestaktionen.

Doha, Katar, Nachrichtensender Al Jazeera: Der südafrikanische Journalist MR ist seit Oktober 2010 einer der fünf ‚Senior Herausgeber‘ des arabischen Nachrichtensenders. Einen Monat später musste er zu einem Arbeitstreffen nach Doha reisen. Er musste eine der für eine Arbeitserlaubnis erforderlichen und üblichen medizinischen Untersuchungen vornehmen lassen. Dabei wurde festgestellt, dass er mit HIV infiziert ist. Er wurde von Al Jazeera entlassen, inhaftiert und aufgefordert, sofort das Land zu verlassen. Über die Art der medizinsichen untersuchungen war der Journalist zuvor nicht informiert worden. Erst nach seiner Rückkehr nach Südafrika stellte er fest, dass er wegen seiner HIV-Infektion gekündigt wurde. Dies berichten Medien.

Menschenrechtsgruppen sowie Aids-Aktivisten fordern Al Jazeera seitdem auf, den Journalisten wieder einzustellen. Sie planen für diese Woche Proteste in Südafrika. Der südafrikanische Gewerkschaftsbund Fedusa unterstützt die Proteste.
Der Internationale Gewerkschaftsbund (ITUC / IGB) aus Genf unterstützt die Proteste ebenfalls. Er hat in einem Brief an den Emir von Katar ebenfalls die Wiedereinstellung des Journalisten gefordert. Eine Antwort steht bisher aus.

Al Jazeera befindet sich in Staatsbesitz. Katar hat die Konvention über Diskriminierungen (Discrimination Employment and Occupation Convention) der Internationalen Arbeitsorganisation ILO in Genf unterzeichnet. Diese Konvention nennt HIV allerdings nicht explizit.

Al Jazeera (übers. ‚Die Insel‘ oder ‚Die arabische Halbinsel‘) ist ein 1996 gegründeter arabischer Nachrichtensender mit Sitz in Doha, Katar. Die englischsprachige Ausgabe ‚Al Jazeera English‘ erreicht laut ‚wikipedia‘ ungefähr 190 Millionen Menschen.

Katar ist einer der Staaten weltweit, die Menschen mit HIV eine Einreise verweigern. Alle Ausländer, die sich länger als einen Monat in Katar aufhalten wollen, müssen eine medizinsiche Untersuchung im Land vornehmen lassen, zu der auch ein HIV-Test gehört. Bei HIV-positivem Testergebnis wird die Einreise verweigert.

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Aktualisierung
18.02.2012, 16:15: An den Protesten vor dem Büro von Al Jazeera in Johannesburg beteiligten sich Presseberichten zufolge etwa 100 Personen, darunter Vertreter von zwie der beduetendsten südafrikanischen Gewerkschaften, COSATU und FEDUSA, sowie der Treatment Action Campaign TAC. Sie forderten, dass die Kündigung des Journalisten aufgehoben und er weiterbeschäftigt wird. Solange Katar weiterhin Menschen mit HIV diskriminiere, solle dem Journalisten von Al Jazeera ermöglicht werden, seinen beruf von Südafrika aus auszuüben.
Der Leiter des Johannesburger Büros von Al Jazeera nahm die Protestnote entgegen. Er halte den Protest jedoch für fehl am Platz. Sein Sender habe nichts zu tun mit den Gesetzen des Staates Katar. Man habe erst von dem Journalisten selbst durch seinen Anruf aus Südafrika erfahren, dass er deportiert worden war. Man sehe sich häufiger mit ähnlcihen problemen konfrontiert, könne aber die Einreisebestimmungen von Katar nicht beeinflussen. Er werde die Protestnote aber an seine Vorgesetzten in Katar weiterreichen.

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weitere Informationen:
allafrica.com 09.02.2012: South Africa: Seeking Justice for HIV-Positive Journalist
haaretz.vom 01.12.2011: Rights group to sue Qatar, Al Jazeera for deporting HIV positive journalist
The Telegraph 02.12.2011: Journalist tested for HIV without knowledge as he moved to Qatar
ITUC Blog 14.02.2012: FEDUSA to picket against HIV/AIDS discrimination
hivtravel.org: Qatar
allafrica 16.02.2012: South Africa: Al Jazeera Faces Protest Over HIV-Positive Journalist
IRIN Plus News 20.02.2012: Outrage over HIV-positive journalist’s dismissal and deportation
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Es ist bekannt dass sich das „Krankenhaus mit Menschen die HIV positiv sind schwer tut“

Das folgende Gespräch habe ich mit Klaus (der Name ist ein Pseudonym) der HIV-positiv ist, am Tag nach seiner Entlassung aus einem Krankenhaus (OP wegen analer Fistel /Morbus Crohn) geführt.

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Als ich wie vereinbart 3 Tage vor der OP um 11.30 Uhr auf der Station der Inneren/Infektions-Abteilung des hiesige Krankenhauses erschien, empfing man mich recht kühl und distanziert. Normalerweise hätte ich auf der chirurgischen Abteilung aufgenommen werden sollen. Aber aus mir nicht bekannten, nicht kommunizierten Gründen hatte mir die Verwaltung ein Einzelzimmer auf der Inneren /Infektions-Abteilung zugewiesen.

In meiner Krankenakte waren auf einem Blatt das rot umrandet war meine Krankheiten, HIV, Morbus Crohn und meine ausgeheilte Hepatitis B angegeben. Hinweise, Kurzinfos auf Krankheiten wie man sie manchmal noch auf einem Schild das am Fußende der Krankenbetten angebracht ist findet, so dass sie für jedermann offensichtlich sind, das gab es nicht.

Während der Dauer meines Aufenthaltes und ganz besonders nach der OP hatte ich immer das Gefühl, dass sich das Personal auf der Station wegen meines Status ‚HIV-positiv‘ mir gegenüber sehr zurückhaltend verhalten hat. Ein abschätziges Wort oder dass man mich offen diskriminiert hatte habe ich nicht gehört bzw. erfahren.

Was die OP betrifft: ich wurde mit der Begründung dass man nach meiner OP den OP-Saal einer besonderen Reinigung / Desinfizierung unterziehen musste als letzter operiert.

Es war mehr ein Gefühl das ich hatte. Die Tage nach der Operation ließen mich da schon hellhöriger werden. Die Wundversorgung war sehr unregelmäßig. So nach dem Motto „ der liegt eh auf dem Zimmer. Wenn was ist dann wird er sich schon melden. Wenn der sich nicht meldet, wir melden uns nicht“. Eine regelmäßige Wundversorgung, ein Kontrollieren der Wunde, das Auswaschen der Wunde besonders während der ersten Tage nach der OP fand nicht statt.

Als ich die Schwestern darauf ansprach, sagten sie: „Ja ja, das machen wir nachher“. „Nachher“ ist aber niemand gekommen.

Der Sozialdienst des Krankenhauses hat den Kontakt zu einem examinierten Krankenpfleger hergestellt, der sich nach meiner Entlassung bei mir melden würde. Dieser „Wundmanager“ würde dann die Versorgung und Pflege meiner Wunde durch einen Pflegedienst in die Wege leiten, was in der Folge dann auch reibungslos verlief.

Am Tag nach meiner Entlassung nach hause setzte sich der „Wundmanager“ mit mir in Verbindung. Ich erzählte ihm das was die Wundversorgung i.e. der Verbandswechsel, Duschen der Wunde im Krankenhaus betrifft aufgrund meiner HIV-Infektion sehr unregelmäßig stattfand.

„Ja,“ sagte er, „es ist bekannt dass sich das Krankenhaus mit Menschen die HIV-positiv sind schwer tut.“

„Duschen? Das geht für HIV-Positive bei uns aber nicht. Wir können nicht jedesmal alles desinfizieren.“

Als HIV-Positiver läuft man auch im Jahr 30 von Aids immer noch Gefahr, den bizarrsten Situationen, den unterschiedlichsten Formen von Stigmatisierung und Diskriminierung ausgesetzt zu sein.

Zahnärzte verweigern die Behandlung, Kliniken drohen Behandlungsverweigerungen an, oder Personal erweist sich als unvorbereitet und ungeeignet, mit der Situation adäquat umzugehen.

Ein beispielhafter Bericht eines Patienten, so erlebt im Januar 2011 (Patient und Ort der Behandlung sind ondamaris bekannt):

Umgang mit HIV an einer deutschen Uniklinik im Jahr 2011

Seit Jahren bin ich nun positiv, seit Jahren nehme ich meine Medikamente und seit Jahren bin ich zum Glück unter der Nachweisgrenze. Das schützt mich natürlich nicht vor anderen, sagen wir mal, altersbedingten Erkrankungen. So kam es, dass ich mich im Januar einer stationären Hämorrhoidenoperation unterziehen musste (Klammermethode nach Longo) und wenn man schon dabei ist, davor noch eine Darmspiegelung erfolgen sollte. Alles war mit dem netten Doktor O., der den Eingriff auch ausführen sollte, besprochen und meine HIV Infektion war auch aktenkundig.

An einem Montag wurde ich aufgenommen und in einem Zweibettzimmer untergebracht.
Das WC musste man sich mit dem Nachbarzimmer teilen (also für 4 Personen gedacht).
Dann interviewten mich nacheinander die Stationsärztin, die Narkoseärztin und noch eine Medizinstudentin. Allen buchstabierte ich meine Dauermedikation: „Pre was? Prezista mit `Z´ und Isentress mit doppel `S´, nicht mit `D´, mit `T´… I s e n t r e s s !“
Ok, kein Drama, es ist eh nur ein kleiner Eingriff. Auf dem OP Plan war ich für Dienstag 9:00 eingeplant und meine OP Vorbereitungen beschäftigten mich noch bis zum Abend.

Ich will mich gar nicht darüber beschweren, dass es in Zeiten künstlicher Aromen ein Unding ist, dass die 3 Liter Abführlösung nach einer ausgewürgten Salzlauge schmecken muss.
Das war unnötig aber auch kein Drama.

Auch will ich mich gar nicht darüber aufregen, dass die vorgesehene Dormicum vor der OP vergessen wurde. Es war ja schon kurz vor 9:00 und ich wurde in den OP gefahren.
Ein bisschen nervös wurde ich ja dann doch noch: „War es die richtige Entscheidung? Hoffentlich machen die keinen Fehler und hoffentlich gibt es mit mir keine Komplikationen.
Schon komisch sooo eingeschläfert zu werden; hoffentlich werde ich auch wieder wach…
Na und hoffentlich gibt es hier keine multiresistenten Keime von denen man ja so viel hört. Wäre ja schon doof wegen so einer kleinen Geschichte sich noch was anderes, Unnötiges einzufangen. Man schleppt ja schon genug mit sich rum“ (die Gedanken die man sich eben so macht, bevor man sein Leben in die Hände wildfremder Menschen legt !).

So, gleich wird der Zugang gelegt. Eine Dame, die wohl für Instrumente und Reinigung zuständig ist, schaut noch in meine Patientenakte und dann ertönt aus ihr :
„Das geht so aber nicht! Der Patient muss nochmal zurück auf die Station. Er ist ja positiv !
Ich kann doch nicht den OP zwischendurch grundreinigen. Er muss als Letzter dran! “

„Ähhm … aber das war doch allgemein bekannt ! seit Wochen ! und den 3 Ärzten gestern hab ich es doch auch noch gesagt und sie hatten den OP Plan vor der Nase ! Das ist jetzt nicht Ihr Ernst ! Und ich bin unter der Nachweisgrenze“ (vielleicht hilft das ja, denk ich mir).

Sie guckt genervt „Das hat die Sekretärin bei der Aufnahme wohl vergessen, da können wir nichts für, aber die Regeln sind so, sie kommen als Letzter dran !“ und dreht sich um und will auch gar nicht weiter mit mir sprechen und schon werde ich rausgeschoben mit einem „Ähhm“ auf den Lippen. Sagte sie ich sei das Letzte ?? Nein irgendwas anderes, aber ich komme mir gerade so vor. Ich bin platt, sprachlos, fassungslos !
Kein „Tut mir leid, es verschiebt sich noch etwas. Keine Sorge wir regeln das gleich, Alles wird gut“ . Nein, natürlich nicht! Die Alte war genervt dass sie wegen mir fast noch mal den ganzen OP hätte putzen müssen !

Ich bin zurück auf dem Zimmer. Was war das? Ein Film? Bin ich noch unter Narkose oder bin ich zu empfindlich? Ich steh auf und geh ins Stationszimmer und frage was das sollte.
Es hätten mich 3 Ärzte gestern besucht und alle wussten doch bescheid. “ Wie kann sowas denn passieren?? Ist ihnen denn klar dass es für den Patienten nicht gerade der richtige Zeitpunkt ist für solche Diskussionen? (Ich werde lauter) So mal eben kurz vor der OP?? “
“ Da können wir doch nichts dazu“ schallt es unisono von allen Seiten, „wir sind doch nur das Pflegepersonal. Die Regeln sind aber so. Sie sind in 2 Stunden dran“.

Überleg, überleg…. macht es noch Sinn sich hier operieren zu lassen ? Habe ich das nötige Vertrauen in den Laden? In das Personal? Der Doktor O. war ja ganz nett gewesen, aber der war nicht im OP. Was machen die mit mir hier wenn ich in Narkose bin? Ich bin denen völlig ausgeliefert. Und übrigens…..Was heisst „Dann muss ich den OP noch mal reinigen“ ???

Wird er denn nicht nach jedem Patienten so gereinigt dass keine Gefahr für den Nächsten besteht? Was ist wenn einer positiv ist, ohne es zu wissen. Wie machen die das?
Oder wenn jemand vor mir Hepatitis C hat und es ist nicht bekannt. Es wurde hier ja kein Blut vorher abgenommen. Wie machen die das mit Notfällen? Komm ich jetzt als Letzter in eine Dreckskammer voller blutiger Binden und Keime? Bin ich am Ende gefährdet ???

Und überhaupt dieser Ton mit dem ich hier abgefertigt werde! Ich muss meinen Hausarzt auf Handy erreichen! Es ist nur die Sprechstundenhilfe da, den ich aber schon lange kenne.
Ich erzähl ihm was hier passiert und frage mich gleichzeitig „Übertreibe ich jetzt das Ganze? Bin ich jetzt nur zu sensibel? Hält er mich am Ende für bescheuert?
Kurzum, er findet die richtigen Worte:“Das tut mir echt leid für dich. Das ist eine Schweinerei!
Das war früher bei Zahnärzten auch so. Wir kriegen heute noch solche Geschichten zu hören. Beruhige dich, alles wird gut…..“
Ok… jemand hat verstanden worum es geht. Ich bin also nicht völlig bescheuert! Es ist kein Film, es ist real. Das Thema HIV ist halt nicht glasklar geregelt. Jetzt bin ich nun mal in so eine Situation gekommen. Ich fange plötzlich an zu heulen; das passiert mir sonst nie.
Ich glaube das nennt man einen Anfall. Oder Weltschmerz? Egal.

Ich mache jetzt die OP und gut ist… Leckt mich doch alle am Arsch!
Die Narkoseärztin rammt mir das Zeug rein und ich bin weg. Kein Wort wurde gesprochen als ich rein kam. Es hat mich auch echt keiner angeschaut! Kein Wort, kein Blick, Nichts .

Ich wache auf und gehe direkt pinkeln. Die Kompressen am Hintern sind voller Blut. Ich denke das ist normal. Ich lasse mir Kompressen geben. Keiner sagt was ich mit der Wunde machen soll. Ich werfe die alte Kompresse ins Klo und lege mir eine neue Kompresse ein.

Ich hab seit 26 Std. nichts gegessen. Ich bekomme was. Am nächsten Tag gehe ich auf Toilette und alles ist soweit ok. Der Stationsarzt schaut sich die Wunde an: „alles normal“.
Später fällt mir ein dass ich seit 2 Tagen nicht geduscht habe und dass es in den Zimmern ja keine Duschen gibt. Wahrscheinlich sind sie auf der anderen Flurseite für die gesamte Station. Da ich noch kein Handtuch bekommen habe, gehe ins Stationszimmer und treffe 5 Krankenschwestern an. Der Stationsarzt sitzt am Computer.

„Ich würde gerne duschen.“ ————— Schweigen —————————
5 Krankenschwestern schauen mich grossen Augen an und schweigen (das ist kein Witz!)
Eine der Schwestern bricht das Schweigen und sagt: „Das geht jetzt bei uns nicht.“ (???) Ähhmm ——– Ok ———- nochmal auf RESET :
„Ich würde gerne duschen.“ Sie: “ Ja das geht bei uns nicht. Wir können nicht jedes Mal wenn sie dann duschen das Bad neu desinfizieren!“

Wie jetzt ?? ——– Es dämmert mir so langsam ——- Der Film geht also noch weiter!
Ach wenn das ein Film ist kann ich ja mal eine neue Rolle spielen:

“ W O L L E N S I E M I C H H I E R A L L E V E R A RS C H EN ???“ (brüll, brüll) Ich benutze seit 2 Tagen die Gemeinschaftstoilette für 4 Patienten und muss da die blutigen Kompressen austauschen und jetzt wollen sie mir erzählen sie müssten die Dusche nach mir desinfizieren ?? Da stimmt ja wohl was nicht !“

Die Schwester darauf: “ Ja, das mit der Toilette hätte so auch nicht sein dürfen ! “

„Na daran hätten sie ja mal früher denken sollen. Es war bekannt dass ich komme und das ich Positiv bin. Was soll dass alles ?? (brüll, brüll) “
Der Stationsarzt schaut kurz auf. „Was ist los ?“ ——- „Ich würde gerne duschen.“
“ Selbstverständlich können sie duschen“.

Ich dreh mich auf der Stelle um, hole meine Duschsachen, klau mir ein Handtuch aus dem Wagen, will auch niemanden mehr fragen wo die Dusche überhaupt ist und finde ihn……. „Dieser Raum wird gerade renoviert “ Aha! Die Tür ist aber aufgeschlossen und ich gehe einfach rein. Der Raum ist zwar völlig verdreckt aber die Dusche funktioniert. Scheiss drauf! Vielleicht gibt es noch eine andere Dusche, aber hier bin ich wohl alleine und bekomme auch keinen Stress mit den bescheuerten Schwestern! Wahrscheinlich hol ich mir bei dem ganzen Dreck hier noch schön die Keime in die Wunde ————— die Wunde ?!?

Vom Personal hat mir noch keiner gesagt was ich mit der Wunde machen soll. Ich erinnere mich aber daran, dass mir ein Freund mal sagte, dass man Wunden an der Stelle mit viel Wasser abduschen soll, damit der angesammelte `Schmodder´ abfliessen kann.
Ich hoffe das stimmt und ich hoffe es kommt jetzt kein braunes Wasser aus der Leitung (das wäre zu krass :-). Ich lege vorsichtig meine Duschsachen übereinander um möglichst wenig Kontakt zu irgendeinem Objekt in diesem Raum zu haben. Nach mir muss man desinfizieren! Ja nee…. iss klar 🙂 !!

Was soll ich sagen? Der nette Doktor O. entließ mich am Freitag. Er hatte in die Akte groß reingeschrieben: NATÜRLICH KANN DER PATIENT DUSCHEN !.

Ich packte meine Sachen und holte den Entlassungsbrief aus dem Stationszimmer.
Die Schwestern waren da und ich kam noch auf die glorreiche Idee von ihrem reichen Erfahrungsschatz profitieren zu können und fragte: „Wie ist das denn nochmal mit den Klammern? Wie lange bleiben die normalerweise drin?“ Sie: „Was für Klammern?“
Ich: „Ja, ich hatte doch die Klammer-OP nach Longo“ Sie: „Sie haben keine Klammern.“
Ich: „Wie, ich habe keine Klammern?“ Sie “ H E L G A !!!
Weisst Du was von Klammern bei der Longo OP? 2.Schwester: “ Nein, was für Klammern?“
Ich: „Mir wurde gesagt es werden Titanklammern eingesetzt die nach ca. 3 Wochen mit
ausgeschieden werden“. Sie: „Ach da ist grad ein Chirurg auf dem Flur, den können wir
ja mal fragen. Wissen sie was von Klammern bei der Longo ?“
Chirurg: „Ja klar, die können bis zu einem halben Jahr drinbleiben und müssen entfernt werden, wenn die nicht rausgehen“ (Ich: schluck, ich geh dann mal besser…Tschüss!)

In der Hoffnung das das mit dem halben Jahr nicht stimmt fiebere ich meinem Nachsorgetermin nächste Woche bei Dr. O. entgegen. Es bleibt also noch spannend.

Ich kenne sehr freundliches und sehr kompetentes Pflegepersonal an deutschen Kliniken.
In grossen Lehrkrankenhäusern mit wechselndem Personal fühlt man sich vielleicht nicht so verantwortlich dafür wie es den Patienten geht. Sowas ist echt schade!
Nächster Gedanke: Wenn es nicht wirklich sein muss, soll ich nächstes Mal überhaupt erzählen dass ich positiv bin ?? Ende

Bugchasing: viel neo-Lärm um nichts

‚Bugchasing‘ – die erste Folge der neuen Reihe „Wild Germany“ auf ZDF neo befasste sich am 12.2.2011 mit Menschen, die behaupten sich absichtlich mit HIV infizieren zu wollen. Und fand keine.

Samstag, 12. Februar 2011,22:15. Der ZDF-Kanal ’neo‘ startet eine neue Reportage-Reihe „Wild Germany“. Thema der ersten Folge der neuen Reihe: HIV – oder genauer Menschen, die behaupten, sich absichtlich mit HIV infizieren zu wollen: „Manuel Möglich will wissen, ob dieses Phänomen wirklich existiert und was einen gesunden Mann dazu bringen kann, todkrank sein zu wollen“, hatte ZDF neo seine Sendung über ‚bugchasing‘ angekündigt.

Der journalistische Anspruch war in der Ankündigung hoch gehängt: „Manuel Möglich begegnet seinen Gegenübern auf Augenhöhe, ohne die journalistische Distanz zu verlieren“, hatte ZDF neo angekündigt. „Die Reportagen sind mehr als ein Szeneeinblick, sie sind vielmehr ehrliche Porträts von Deutschlands Städten und Dörfern. Darin werden Menschen und ihre Geschichten so gezeigt, wie sie sind.“ (Quelle)

Die 30-minütige Sendung beginnt mit einem kurzen Interview mit Dr. Uli Marcus (Robert-Koch-Institut). Er bemüht sich, potentielle Motive für ‚Bugchasing‘ zu erläutern, das Phänomen und mögliche Beweggründe verständlicher zu machen.

Dann geht es ab ‚auf die Piste‘ – in schwules Tag- und Nachtleben, auf der Suche nach dem unbekannten Bugchaser. Berichte aus der Schwulen-Szene in Berlin und in Leipzig – mit Kommentaren wie „sie spielen russisches Roulette“ und „es geht um Leben und Tod“.

Claude wird interviewt, ein HIV-positiver schwuler Mann aus Berlin, der offen und reflektiert über sein Sexleben berichtet. Anschließend kommentiert der Reporter, der eben noch so verständnisvoll war, voller Entrüstung „Claude ist aidskrank und veranstaltet trotzdem [sic!] Sexparties“.

Weiter geht es nach Leipzig. Nach Gesprächen mit zwei Leipziger Schwulen der Versuch, eine schwule Sexparty zu besuchen. Angezogen und mit Kamera wird der Zutritt verwehrt – der Reporter zieht sich aus, um doch auf die  Sexparty zu kommen, ohne Kamera. Wieder heraus, berichtet er der Kamera. Er habe sich „völlig verängstigt“ gefühlt, sei „schockiert“. Er wäre in einem „echt fiesen Keller“ gewesen, dort wären „alle völlig nackt“ und „komplett rasiert, jeder zweite mit nem Cockring“. Ein Gast habe sich „fies einen runtergeholt“ – immerhin, „ich bin nicht direkt angegrabbelt worden“.

Am nächsten Tag besucht der ‚Reporter‘ mit Wirt und Kamera den gleichen Laden tagsüber, ohne Gäste. Die Kamera zeigt einen Gyn-Stuhl, dann einen Sling – mit begleitender Grusel-Musik und einem verzweifelt dreinschauenden Reporter, der von „Geisterbahn-Feeling“ spricht. „Bezahlen um HIV-positiv zu werden“, kolportiert der ‚Bericht‘ via Interview gen Schluss noch Kneipen-Gerüchte über Freier, die Sex mit positiven Sexworkern suchen, verkauft sie unhinterfragt als bare Münze.

Und das Resümee?
„Fakt ist, Bugchaser gibt es“ wird drohend konstatiert. Sexparties werden pauschal als ‚Motor der Infektion‘ bezeichnet und ‚Realtitätsverlust‘ bei Schwulen konstatiert. Auf Basis zweier kurzer und bei weitem nicht repräsentativer kurzer Blicke in Ausschnitte vom schwulem Leben stellt der Reporter entrüstet fest: „HIV und Aids scheinen ihren Schrecken völlig verloren zu haben – Wahnsinn!“

Einen „bugchaser“ allerdings, Thema der Sendung, hat der Reporter letztlich nicht finden können. Kein Wunder, mag der halbwegs Informierte denken – schließlich sind Experten sich seit langem einig, dass es sich hier – wenn überhaupt existierend – aus epidemiologischer Sicht um ein absolutes Rand-Phänomen handelt. Was in der ‚Reportage‘ (trotz interviewtem Epidemiologen) jedoch nicht gesagt wurde. Warum nicht?

Kein ‚bugchaser‘ also. Weil der Film aber nicht ohne Pseudo-Skandal auskommen kann, wurde ein anderer Aufhänger, Aufreger gesucht. Nur wo? Zusammengefasst: der Reporter scheint, den Eindruck kann man als Zuschauer gewinnen, den dann eigentlichen Skandal darin zu sehen, dass HIV-Positive Sex haben. Und dass sie auch Sex mit ungetesteten oder HIV-negativ getesteten Sexpartnern haben.

Nur – worin soll der Skandal liegen, wenn Menschen miteinander einvernehmlich Sex haben? Der Reporter nimmt vorgreifend schon zu Beginn die Gesundheitsökonomie zu Hilfe – die monatlichen Behandlungskosten im Fall einer Infektion. Worin die Konsequenz seines Gedankengangs letztlich liegt, lässt er unausgesprochen. Der Zuschauer kann (soll?) sich seinen Teil denken: soll ‚denen‘ vielleicht doch einfach der Sex verboten werden?

Nach der Sendung standen zwei Experten der Aids-Hilfe Mainz im Chat für Fragen zur Verfügung. Welche Fragen sie wohl gestellt bekamen?

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‚Bugchasing‘ – Menschen, die sich wissentlich, absichtlich mit HIV infizieren (oder als vermeintliche ‚Pozzer‘ andere infizieren) – diese ‚urbane Nachtleben-Legende‘ wird immer wieder gerne von gewissen Medien hervorgeholt.

Mythen zu thematisieren bringt potentiell Aufreger – und Quote. Wie den zu jedem Welt-Aids-Tag fast ritualhaft wieder hervorgekramten Mythos der ’neuen Sorglosigkeit‘ (Sorglosigkeit? Fehlanzeige!)). Oder eben den Mythos von verantwortungslosen Positiven und den Mythos von verantwortungslosen Schwulen. Aber – machen diese Mythen auch seriösen Journalismus aus?

Menschen zu zeigen „so wie sie sind“ und „ohne die journalistische Distanz zu verlieren“- ist die Sendung ihrem selbst gewählten Anspruch gerecht geworden? Oder hat die ‚Reportage‘ eher ein Zerr-Bild von HIV-Positiven und allgemein von schwulen Männern gezeichnet, das mit der Realität äußerst wenig zu tun hat? Sich gar am Stricken von Virus-Mythen beteiligt?

Muss sich die Reportage zudem fragen lassen, ob sie letztlich unterschwellig homophobe Hetze gegen Schwule betreibt?

Der ‚Reporter‘ bemüht sich, auf seine Interviewpartner einzugehen – solange sie ihm gegenüber stehen. Aus dem Off kommen hinterher Kommentare wie ‚Claude ist es egal, ob andere sich infizieren‘ – obwohl Claude sich abwägend, überlegt geäußert hat. Der Reporter geht – in Unterhose, Respekt, mit Einsatz für die Recherche – auf eine Sex-Party. Und ist hinterher entrüstet über nackte Männer – was hat er erwartet, auf einer Sexparty?

Zudem, bei allem Bemühen um den Eindruck von Verständnis, der ‚Reporter‘ vermag sich seiner eigenen Meinung in der konkreten Situation oft nicht zu enthalten –  „totaler Irrsinn“ kommentiert er direkt in der Situation. Dies scheint zum Konzept der Reihe zu gehören. Und wirkt doch nur wie billige Effekthascherei, verbunden mit viel ‚erhobenem Zeigefinger‘.

Werden hier Interviewpartner um Stellungnahme gebeten aus ehrlichem Interesse, um ein Thema zu ergründen – oder werden sie vorgeführt, ‚ausgebeutet‘ als Staffage für eigene schon vorher geplante Aussagen oder Werturteile (‚exploitation‚)? Ist dies tatsächlich investigativer Journalismus? Oder nur eine weitere Form von ‚Provo-Infotainment‘? Letztlich auch auf dem Rücken von Schwulen und von HIV-Positiven?

Serophobie, unreflektierte Angst vor Positiven – dies zu schüren, der Verdacht bleibt nach dieser Sendung.

Serophobie, die zudem noch den Beigeschmack der Homophobie hat – kann (soll?) der Zuschauer doch den Eindruck gewinnen, die jährlich ca. 3.000 Neuinfektionen mit HIV in Deutschland fänden ‚freiwillig‘ statt, wissentlich und gar absichtlich. Diese verantwortungslosen Schwulen … dies suggeriert meines Erachtens der Film nur notdürftig verhüllt. Nicht nur Serophobie, dunkelste Homophobie scheint durch.

Was bleibt als Resümee der ‚Reportage‘? Kein Erkenntnisgewinn. Kein Bugchaser gefunden. Niemand, der sich absichtlich mit HIV infizieren will.

Es bleibt allerdings der Beigeschmack der Sendung – ‚vorgeführte‘ Interviewpartner, und gehäuft Homo- und Serophobie. Gut zumindest, dass diese Sendung nur in einem digitalen Spartenkanal zu sehen war …

Und ansonsten bleibt – viel neo-Lärm um nichts.

Kurz notiert … Februar 2011

27. Februar 2011: Der deutsche Zahlungsstopp bedroht nach internen Berechnungen des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria mindestens 43.000 Leben.

25. Februar 2011: Die US-Medikamentenbehörde FDA hat die Packungsbeilage von Kaletra® hinsichtlich Frühgeborener überarbeitet. Die Packungsbeilage für Viracept® (Nelfinavir) wurde um Wechselwirkungs-Angaben für Warfarin ergänzt.

23. Februar 2011: Pharmaunternehmen entschädigen Bluter mit Hepatitis C.

21. Februar 2011: Nur gut ein Fünftel der HIV-Positiven in der Ukraine erhält antiretrovirale Therapie – und selbst sie sehen sich jetzt massiven Versorgungsproblemen ausgesetzt.

19. Februar 2011: Die bisher detaillierteste dreidimensionale Darstellung von HIV durch ein Team des russischen Unternehmens Visual Science gewann in der Kategorie ‚Illustration‘ den Preis der ‚International Science and Engineering Visualization Challenge 2010‘.

18. Februar 2011: Die Bestimmung von CD4-Zellzahlen ist elementar, u.a. für Therapieentscheidungen. Für Positive in nicht oder weniger industrialisierten Staaten sind kostengünstige Tests besonders wichtig. Doch ein Medizintechnik-Konzern macht Probleme.

16. Februar 2011: Der Impfstoff Silgard/Gardasil kann bei jungen Männern das Entstehen von Feigwarzen deutlich vermindern.

15. Februar 2011: ACT UP Paris demonstriert vor dem französischen Pharma-Verband LEEM dafür, dass zwei neue Substanzen gegen Hepatitis C auch an Menschen getestet werden, die mit HIV und Hepatitis C koinfiziert sind.

In Südafrika beginnt eine Phase-IIb-Studie mit Sutherlandia frutescens (Ballonerbse). Sutherlandia wird in Südafrika als traditionelle Medizin eingesetzt (und ist auch einigen Positiven hierzulande seit langem bekannt). Die Studie des ‚South African Herbal Science and Medicine Institute‘ (SAHSMI) soll die Pflanze auf ihr Potential zur Behandlung von Begleiteffekten der HIV-Infektion untersuchen.

14. Februar 2011: Auf der Berlinale, die vom 10. bis 20. Februar 2011 in Berlin stattfindet, laufen auch Filme zu HIV / Aids: u.a. „We were here“ sowie der erste chinesische Dokumentarfilm zu HIV „Be together“.

11. Februar 2011: ‚Würden die (US-amerikanischen Medikamentenbehörden) FDA ein Verhütungsmittel zulassen, dass zu 44% wirkt?‘, weist Aids Healthcare Foundation auf viele Fragen zur derzeitigen Situation bei PrEP hin.

10. Februar 2011: Cornelia Yzer, bisher Cheffin des Verbands forschender Pharmaunternehmen (VfA), beendet ihre Tätigkeit Ende Juni 2011 – nach Medienberichten ’nicht ganz freiwillig‘.

HIV kann die Immunabwehr von Neugeborenen auch schwächen, ohne dass diese mit HIV infiziert werden, stellt eine US-Studie fest.

In Los Angeles sollen mit einer städtischen Vorschrift Porno-Produzenten zur Kondom-Verwendung bei Porno-Dreharbeiten gezwungen werden.

08. Februar 2011: Jugendliche in der Schweiz schützen sich besser vor einer HIV-Infektion. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit.

Eine kleine Studie in den USA untersucht, ob Disulfiram (Handelsname Antabuse®) geeignet ist HIV aus viralen Reservoirs auszuwaschen.

07. Februar 2010: Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat Lopinavir / Ritonavir (Handelsname Kaletra®) in eine ‚watch list‘ wegen möglicher Sicherheitsprobleme bei Neugeborenen aufgenommen.

Tesamorelin (Handelsname Egrifta®) soll zukünftig in Europa nach Unterzeichnung eines entsprechenden Lizenzabkommens vom spanischen Unternehmen Ferrer International vermarktet werden.

Mord wegen HIV? Brachte ein 55 Jahre alter Frührentner zwei Cruiser um, weil er nach einer HIV-Infektion Schwule hasste?

06. Februar 2011: Kürzungen bei Krankenversicherungs-Programmen in den USA – laufen immer mehr US-Amerikaner mit geringem Einkommen Gefahr, keine wirksame HIV-Therapie mehr zu bekommen? Regan Hofmann sorgt sich in der Huffington Post über „The Alarming State of AIDS in America„.

Ein HIV-positiver Ugander befürchtet, aus Großbritannien nach Uganda abgeschoben zu werden – und dort um sein Leben fürchten zu müssen.

04. Februar 2011: Nach Vorwürfen der Zweckentfremdung von Mittel kündigt der Präsident des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose Michel Kazatchkine, an, die Zahl seiner Mitarbeiter, die für die Abwicklung der Hilfszahlungen zuständig sind, zu erhöhen

03. Februar2011: Erstmals seit Beginn der Aids-Krise ist in San Francisco die Mehrzahl der Menschen, die mit einer Aids-Diagnose leben, über 50 Jahre alt. 53% aller Menschen, bei denen im Jahr 2010 Aids diagnostiziert wurde, seien 50 Jahre oder älter gewesen, berichtet der Bay Area Reporter.

01. Februar 2011: Der Pharmakonzern Gilead hat die Laufzeit einer Phase-III-Studie seines experimentellen Integrasehemmers Elvitegravir auf Empfehlung der US-Medikamentenbehörde FDA von 48 auf 96 Wochen verlängert.

Ronald Reagan: Ehrungen für Aids-Ignoranten?

In den USA beginnen in diesen Tagen monatelange Jubelfeiern für Ronald Reagan, den 2004 verstorbenen 40. Präsidenten der USA. Selbst in Deutschland schlagen Politiker vor, ihn zu ehren, Straßen oder Plätze nach Reagan zu benennen. Doch – Ronald Reagan stand in Sachen Aids für Ignoranz, für Tausende Aids-Tote, für Desinteresse, das Leben kostete.

Am 6. Februar 1911 wurde Ronald Reagan in Tampico Illinois geboren. Nach einer Karriere als Schauspieler in zahlreichen ‚B-Movies‘ war er von 1981 bis 1989 der 40., Präsident der USA. Anlässlich seines 100. Geburtstags beginnen in den USA in diesen Tagen Feierlichkeiten zu Reagans Ehren, die als ‚Reaganiana‘ mit Konferenzen, Ausstellungen und anderen Events das ganze Jahr andauern sollen.

Ronald Reagan war als Politiker zu Lebzeiten stark umstritten. Der erzkonservative Republikaner, inzwischen zur Ikone rechter Politik geworden, stand zu Regierunsgzeiten für Abbau des Sozialstaats, Rekord-Verschuldung – und eine Ignoranz gegenüber der gerade beginnenden Aids-Krise, die viele Menschen das leben kostete.

„Die Regierung ist nicht die Lösung, die Regierung ist das Problem“, dieser Satz aus Reagans Rede anlässlich seiner Amtseinführung 1981 wirkt heute geradezu wie sein Credo, das Grund-Motto seiner Regierungszeit: weitgehende Entstaatlichung. Zum Ausdruck kommt auch das bipolare Denken Reagans – die Einteilung der Welt in ‚gut‘ und ‚böse‘, in ‚Freiheit‘ oder ‚Kommunismus‘, in ‚bösen Staat‘ und ‚gute Privatwirtschaft‘. Folgen der ‚Reagonomics‘ waren u.a. ein demontierter Sozialstaat und eine Staatsverschuldung in zuvor unbekannter Höhe.

Ronald und Nancy Reagan 1981 während der Parade zur Amtseinführung (Foto: wikimedia / White House Office)
Ronald und Nancy Reagan 1981 während der Parade zur Amtseinführung (Foto: wikimedia / White House Office)

In Reagans Amtszeit als US-Präsident fällt auch der Beginn der Aids-Krise. Im Juni 1981 wird erstmals über ungewöhnliche Erkrankungen bei ansonsten gesund scheinenden jungen schwulen Männern berichtet.

Der US-Präsident braucht fünf Jahre, bis er Stellung nimmt: am 17. September 1985 erwähnt er erstmals (!) überhaupt in einer öffentlichen Rede Aids – in Reaktion auf die Frage eines Reporters. Und es dauerte bis 1987 (am 1. April, Rede im Philadelphia College of Physicians), bis er ein öffentliches Statement zur HIV-Epidemie und Aids-Krise gab. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits über 45.000 Aids-Fälle allein in den USA gemeldet. Allein im Jahr 1987 starben 4.135 US-Amerikaner an den Folgen von Aids; insgesamt waren zu diesem Zeitpunkt schon über 13.000 Menschen allein in den USA an Aids gestorben.

Am 31. Mai 1987, dem Vorabend der Eröffnung der 3. Internationalen Aids-Konferenz in Washington, forderte Reagan dann anlässlich eines Dinners der American Foundation for AIDS Research nach seinem jahrelangen Schweigen routinemäßige HIV-Zwangstests (und stieß auf der Konferenz mit diesem Vorschlag auf lebhafte Ablehnung). Im Juni 1987 setzte der US Public Health Service Aids auf die Liste derjenigen Erkrankungen, wegen der Menschen aus den USA abgeschoben werden konnten. Und einen Monat später folgte mit dem ‚Helms Amendment‘ die Einführung des US-Einreiseverbots für HIV-Positive.

Unterstützung für seine ultrakonservative Politik fand Reagan immer wieder bei dem 2008 verstorbenen rechtskonservativen Senators Jesse Helms, einer der aggressivsten Kämpfer gegen Rechte von Schwulen und Lesben in den USA – und einem Kämpfer für eine sehr konservative und restriktive Aids-Politik (Helms war Betreiber des erst am 4. Januar 2010n endgültig aufgehobenen US-Einreiseverbots für HIV-Positive).

‚Ignorance Kills‘, Ignoranz tötet – dieser Slogan der Aids-Aktivistengruppe ACT UP war direkte Reaktion auf eine von Ronald Reagan ausgehende US-Politik, die sich jahrelang weigerte, die Aids-Krise ernst zu nehmen.

Am 6. Februar 2011 jährt sich zum 100. Mal der Geburtstag von Ronald Reagan. Verteidigungsminister Guttenberg (CSU) fordert, einen Platz oder eine Straße in Berlin nach Ronald Reagan zu benennen. Dies nicht zu tun, sei geschichtsblind, sekundiert Martin Lindner (FDP).

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weitere Informationen:
salon.com 04.02.2011: Ronald Reagan cared more about UFOs than AIDS
LHBT pov 06.02.2011: Ronald Reagan’s Real Legacy: Death, Heartache and Silence Over AIDS
Welt 22.12.2010: Guttenberg fordert Ronald-Reagan-Platz in Berlin
towleroad 07.02.2011: Reagans Failure to Act
Larry Kramer in ‚The Advocate‘ 06.02.2011 (original 2004): Adolf Reagan
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Erektionsprobleme: HIV-Positiver erstreitet Entschädigung wegen Diskriminierung

Eine Entschädigung von 30.000 $ hat ein HIV-positiver Mann in Australien vor Gericht erstritten – die Behandlung seiner Erektionsproblem war nach Bekanntwerden seines HIV-Status abgebrochen worden.

Ein etwas ungewöhnlicher Fall von Diskriminierung HIV-Positiver wird aus Australien berichtet: ein Mann wandte sich im Dezember 2008 in Sydney an das ‚Advanced Medical Institute‘. Er wollte sich dort wegen Erektionsproblemen behandeln lassen. Das Unternehmen wirbt in seinem Internetauftritt groß mit Slogans wie „Erektionsprobleme können behandelt werden“.

Er sprach persönlich mit einer Krankenschwester des Unternehmens, zudem telefonisch mit einem Arzt. Er berichtete dort auch über seine medizinische Situation, auch seine HIV-Infektion, sowie seine Medikamente. Zur Behandlung seiner Erektionsprobleme wurde ihm eine Behandlung empfohlen, die unter anderem aus Injektionen und Gels bestehen sollte.

Nachdem er die Kosten für ein acht Monate dauerndes Behandlungs-Programm bezahlt hatte, erhielt der Mann eine Spritze mit injizierbarem Material sowie eine Packung Gel. Beides wandte er den Vorschriften entsprechend an.

Kurze Zeit später jedoch erhielt er von dem Unternehmen die Nachricht, aufgrund seines HIV-Status kämen für ihn weitere Injektionsbehandlungen nicht in Betracht. Dies sei auf eine erst jüngst erfolgte Gesetzesänderung zurückzuführen. Er erhielt die bereits bezahlten Behandlungskosten nur zum Teil (1.295$) zurück erstattet.

Vor Gericht argumentierte das beklagte Unternehmen, es fühle sich verpflichtet die öffentliche Gesundheit vor der möglichen Verbreitung von Infektionskrankheiten zu schützen. Eine Behandlung der Erektionsprobleme könne möglicherweise eine HIV-positive Person wieder befähigen, sexuelle Kontakte mit anderen Personen zu haben, bei denen aufgrund der Anwendung der Injektionen Kontakt mit Blut des HIV-Infizierten möglich sei.

Der Direktor des Unternehmens betonte vor Gericht, er stimme mit seinen Ärzten überein, dass HIV-Positiven keine Injektionsbehandlungen verordnet werden sollten.

Das Gericht betonte in seinem Urteil, dass keiner der vom beklagten Unternehmen benannten Zeugen irgendwelche besonderen Erfahrungen in der Behandlung der HIV-Infektion hatte. Der Arzt des Klägers hatte im Verfahren darauf hingewiesen, dass bei adäquater Aufmerksamkeit für Hygiene und Prophylaxe keine Gefahr für die öffentliche Gesundheit bestehe.

Das Gericht entschied am 7. Dezember 2010, die Behandlungsverweigerung sei aus Sicht der öffentlichen Gesundheit nicht begründbar gewesen. Es sprach dem Mann wegen Diskriminierung eine Entschädigung in Höhe von 30.000 $ zu. Zusätzlich muss das Unternehmen ihm die bereits bezahlten Behandlungskosten in Höhe von 1.995 $ ersetzen.

Das Unternehmen kündigte an, gegen das Urteil in Berufung gehen zu wollen.

weitere Informationen:
Perth Now 07.12.2010: HIV-positive man wins erection compensation
Medical Observer 07.12.2010: Erectile clinic fined for HIV discrimination
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