China ist eigentlich ganz harmlos, friedliebend. Olympia muss man sie glücklich und unbehelligt feiern lassen. Und in Tibet bleiben sie ja eh. Ein bisschen mehr Waffen allerdings bräuchten wir. Meint Peter Scholl-Latour.
Mittwoch Abend, Berlin-Kreuzberg, Heilig-Geist- Kirche. Die ZEIT lädt zu einem ‚Forum Politik‘ mit Peter Scholl-Latour (PSL), dem Grandseigneur des politischen öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Was als ‚Gespräch‘ angekündigt wird, erweist sich bald als Stichwortgeben für die Bühne, auf der PSL noch einmal brillieren kann.
1946 war PSL zum ersten Mal mit der französischen Armee in Haiphong und von dort aus auch in China, noch zu Zeiten der Kuomintang. Doch bald kam Mao. Mao, sein Thema, und das große große China. Mao, dieser ‚große kreative Zerstörer‘, werde heute von den Chinesen zu 70% positiv und nur zu 30% negativ gesehen. Deng Xiaoping, sein Nachfolger, sei ein Veteran der Revolution und doch Pragmatiker mit seiner Hinwendung zu den vier Revolutionen gewesen.
Wenn China global bedeutsamer werde, „können wir in Europa damit gut leben, für die Amerikaner wird’s schwieriger“, so Scholl-Latours Resümé. „Wir brauchen von den Chinesen nicht viel zu befürchten.“
Auch zu dem Vorgängen auf dem Tian An Men (1989 Massaker auf dem ‚Platz des Himmlischen Friedens‘, ein Ereignis, das sich am Tag der Veranstaltung zum 19. Mal jährt) hat PSL seine eigene Sicht der Dinge. Da habe der Gorbi-Effekt auf China übergegriffen, und die Führung habe recht weitsichtig erkannt, welche Gefahren für China darin stecken könnten. Er erweckt den Eindruck, das Verhalten der chinesischen Führung zumindest zu verstehen, wenn nicht zu verteidigen, auch mit unbeendeten Sätzen wie „man soll Tian An Men nicht …“.
Zudem äußert PSL die Ansicht, die Vorgänge auf dem Tian An Men seien von europäischen Medien überzogen oder falsch dargestellt worden. Zwar habe es den Befehl gegeben, Zelte nieder zu walzen. Aber er habe keine Schüsse bemerkt, an den Tagen danach keine Schußspuren gefunden. Zwar seien Menschen umgebracht worden, nicht aber auf dem Tian An Men.
Und wie sieht es aus mit China und …
… Demokratie? – „Sie brauchen halt eine straffe Führung“, entgegnet PSL.
… Olympia? – Hat „ungeheure Bedeutung für das chinesische Selbstbewußtsein, das darf man ihnen jetzt nicht vermiesen.“
… Tibet? – „So ist halt die Welt, sie ist grausam. … Und – auch in Tibet gibt es jetzt fabelhafte Straßen.“
… dem Dalai Lama? – Ein „Schamane“, den zu empfangen (durch deutsche Politiker) erinnere ihn an Wilhelm II. und Ohm Krüger.
Gegen Schluss der Veranstaltung zeigt Scholl-Latour noch einmal, Kind welcher Zeit er ist. Atombomben solle man realistsich sehen, die verhinderten Kriege. Die Proliferation sei wohl nicht zu verhindern; irgendwann werde Iran eh auch Atomwaffen haben. Europa und Deutschland müssten sich vielmehr auf die Situation einstellen, „dass wir irgendwann von atomar gerüsteten Staaten umgeben sind, und wir stehen dann blank da und sind erpressbar.“
Zwischendurch gibt es noch einige Platitüden und Bonmots, wie „die Welt verändert sich andauernd … und es ist alles anders als es dargestellt wird“ oder „auch damals war nicht alles lustig“ …
ZEIT Forum Politik: China goes global. Peter Scholl-Latour und Frank Sieren im Gespräch
Mittwoch, 4. Juni 2008, Heilig-Kreuz-Kirche, Berlin-Kreuzberg
aufgezeichnet von ZDF/Phoenix, Sendetermin (komplett) vermutlich im Rahmen des Thementages ‚China‘ auf Phoenix am 8.8.2008
Peter Scholl-Latour ist einer der Menschen, mit denen mein politisches Denken beginnt. Vom Vater früh dazu angehalten, erinnere ich mich sonntägliche Rituale wie den ‚Weltspiegel‘. An Scholl-Latour, der mich mit seinen Korrespondenten-Berichten, Reportagen, Reisen in ARD und ZDF über die Welt und ihre Krisenregionen informierte.
Heute erscheinen mir viele seiner Statements tatsächlich nicht viel mehr als Bonmots. Manches überraschend undifferenziert, manchmal bekommt man den Eindruck, Scholl-Latour sei (u.a.) ein eifriger Bewunderer Chinas und seiner Führung.
Seltsam, ihn so wieder zu sehen. …
Danke an Rüdiger für die Einladung!
Ich kann seine Verehrung nicht verstehen, und wundere mich heut nur über die Äusserungen mancher älterer Herren (wozu ich auch H. Schmidt zähle)….
@ Kalle:
na … er hat sich schon verdienste erworben … allerdings, manchmal scheint mir wäre es klüger sich rechtzeitig zurück zu ziehen …
Hm, muss sich der Verehrte zurück ziehen, ober müssten es nicht vielmehr die Verehrer?
@ TheGayDissenter:
du deutets natürlich in die richtige richtung – die verehrer, klar. allein, bei dem umfang an ‚denkmalverehrung‘ schient das kaum realistsich … für mich war’s jedenfalls das letzte mal psl …