Erstmals seit 2003 wurden im Jahr 2009 wieder weniger als 3.000 Syphilis-Neudiagnosen mitgeteilt, so das Robert-Koch-Institut – und schlägt regelmäßige Screening-Untersuchungen und Information aller Sexpartner vor.
Bei 2.716 Menschen in Deutschland wurde im Jahr 2009 eine Syphilis diagnostiziert. In der aktuellen Ausgabe Nr. 49 / 2010 berichtet das Robert-Koch-Institut über die Situation zur sexuell übertragbaren Infektion Syphilis (Lues) im Jahr 2009.
Seit 2001 (Einführung des Infektionsschutz-Gesetzes (IfSG) war die Zahl der jährlichen Syphilis-Neudiagnosen von 1.6978 auf 3.352 im Jahr 2004 gestiegen. Seitdem lag die Zahl pro Jahr zwischen 3.000 und 3.500 Neudiagnosen. Im Jahr 2009 sank sie nun erstmals wieder unter 3.000 – auf 2.716 Fälle, davon 164 Frauen.
Abrupte Steigerungen der Zahlen („Syphilis-Ausbrüche“) gab es 2009 in Sachsen (Januar 2009), Schleswig-Holstein, Köln (März 2009), Köln (April 2009), Nordrhein-Westfalen, Köln, Freiburg (Juli 2009), Darmstadt (August 2009), Niedersachsen, Weser/Ems, Mittelfranken (September 2009), Baden-Württemberg (Oktober und November 2009) sowie in den Regierungsbezirken Stuttgart und in der Region Braunschweig (November 2009), alle ausschließlich bei Männern.
Insgesamt lag die Syphilis-Inzidenz 2009 in den Stadtstaaten Berlin (11,9 pro 100.000 Einwohner) und Hamburg (9,4) am höchsten.
Für 73% der Fälle lagen dem RKI Meldungen zum Infektionsrisiko vor. Diesen Daten zufolge erfolgten 83% der Syphilis-Infektionen vermutlich durch sexuelle Kontakte zwischen Männern.
Insgesamt hat die Zahl der Syphilis-Neudiagnosen bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), im Jahr 2009 abgenommen. Dieser Trend setzte sich auch im ersten Halbjahr 2010 fort.
Um die Zahl der Syphilis-Infektionen bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), dauerhaft und stabil zu senken, schlägt das RKI regelmäßige Screening-Untersuchungen vor. Besonders wichtig seine Screenings bei Männern mit hohen Partnerzahlen (als hoch bezeichnet das RKI über 10 Sexpartner pro Jahr), mit 4 bis 6 Screening-Untersuchungen pro Jahr. Ideal, so das RKI, wäre bei Syphilis-Diagnose die „möglichst vollständigen Benachrichtigung von potenziell exponierten Partnern“.
Das RKI schlägt auch Wege vor, wie dies erreichbar sein könnte:
„Bei HIV-positiven Patienten unter antiretroviraler Therapie (ART) könnte das Syphilis-Screening ohne großen Zusatzaufwand in die ohnehin vierteljährlich empfohlenen Verlaufsuntersuchungen integriert werden. Für HIV-negative Männer mit hohen Partnerzahlen müssten dagegen, vor allem in Großstädten, niedrigschwellige Untersuchungsangebote geschaffen bzw. ausgebaut werden.“
Ein Großteil der HIV-positiven MSM wird, so das RKI auf Basis erster EMIS-Auswertungen, auch jetzt schon mindestens einmal jährlich auf Syphilis untersucht (70% im Bundesdurchschnitt, 80% in Großstädten).
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Dass die Zahl der Syphlis-Neudiagnosen 2009 gesunken ist, und dass dieser Trend sich auch im ersten Halbjahr 2010 fortsetzt, ist eine gute Nachricht.
Alle schwulen Männer, insbesondere auch HIV-Positive, die ein aktives Sexleben haben, sind gut beraten, sich regelmäßig auf Syphilis untersuchen zu lassen. Ein einfacher Bluttest, der schnell Klarheit bringt. Und der im Fall des Falles verhindern hilft, unwissentlich Sexpartner mit dieser sexuell übertragbaren Infektion anzustecken. Eine einfache Frage beim nächsten Arztgespräch kann Sicherheit bringen – untersucht er regelmäßig auf Syphilis?
Die Untersuchung sollte allerdings immer auf freiwilliger Basis sein. Und erst recht freiwillig sollte sein, seine Sex-Partner zu informieren. Wenn das RKI von „möglichst vollständigen Benachrichtigung von potenziell exponierten Partnern” spricht, riecht das auffällig nach ‚contact tracing‘, einer epidemiologischen Methode des ‚old public health‘.
Erfahrungen im Umgang mit der HIV-Infektion haben gezeigt, wie sinnvoll (und erfolgreich) es ist, statt auf Zwänge auf Information, Aufklärung und Freiwilligkeit zu setzen. Ein Weg, der auch bei sexuell übertragbaren Infektionen weiterhin gegangen werden sollte. Zwänge, seine Sexpartner zu informieren, führen im schlimmsten Fall zu einer Verschlechterung der Situation. Falls Menschen, die Angst um ihre Privatsphäre haben, aufgrund der Informationspflicht ärztliche Untersuchungen meiden, könnte eine Pflicht, Sexpartner zu informieren, sich schnell als kontraproduktiv erweisen
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weitere Informationen:
Syphilis in Deutschland im Jahr 2009. In: Epidemiologisches Bulletin Nr. 49 / 2010
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Zu dem Aspekt eines niedrigschweliigen UntersuchungsAngebotes wäre es eine Überlegung wert ob man nicht in den bekannten „Kiezen – RotlichtGebieten“ einiger Großstädte an bestimmten Tagen Räumlichkeiten zu einer Untersuchung ins Leben rufen sollte. Man würde damit auch ein Zeichen setzen das „Prostituition wie auch andere Möglichkeiten der sexuellen Begegnungen“ in unserer Gesellschaft eine Tatsache ist. Hier müßte der Staat ungeachtet der „Wenn´s und Aber´s“ ein Zeichen setzen.
Schließlich haben die niedrigschwelligen Angebote in der Drogenscene gezeigt das es was den gesundheitlichen Aspekt betrifft sehr gut funktioniert. Die Neuinfektionen – Diagnosen von HIV unter den Drogengebrauchern ist seitdem erheblich zurückgegangen.