Steht die Stiftung der französischen Präsidenten-Gattin Carla Bruni-Sarkozy im Mittelpunkt eines internationalen Finanzskandals? Ein enger Freund Carla Brunis soll auf ihre Veranlassung Millionenbeträge des Globalen Aids-Fonds erhalten haben, so das französische Wochenblatt ‚Marianne‘. Die Stiftung weist alle Vorwürfe zurück. Auch der Globale Fonds dementiert.
Die französische Wochenschrift ‚Marianne‘ (Ausgabe 7. – 13. Januar 2012) wirft der Stiftung von Carla Bruni-Sarkozy, Ehefrau des französischen Staatspräsidenten Sarkozy, vor, Mittel in Millionenhöhe an Firmen eines engen Freundes von Carla Bruni weitergeleitet zu haben:
„3,5 Millionen $ wurden durch den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids bezahlt, am Rande der Legalität und ohne jegliche Ausschreibung, auf Anforderung der First Lady an mehrere Firmen eines ihrer Freude überwiesen. Der Musiker und Unternehmer Julien Civange ist der wichtigste Berater von Carla Bruni-Sarkozy, er wird offiziell im Organigramm der Stiftung geführt und hat ein Büro im Elysee-Palast (…). Er war Trauzeuge der Hochzeit von Carla Bruni-Sarkozy.“
Den Vorwürfen liegen mehrmonatige Untersuchungen bei den Vereinten Nationen zugrunde, die ‚Marianne‘ verwendet. Bekannt geworden sei der Skandal Ende November 2011 bei einer Vorstandssitzung des Globalen Fonds in Ghana. Politiker höchster Ebene sollen sich dem Blatt zufolge mit dem Skandal bereits befasst haben. Die Abberufung des Botschafters Frankreichs in Ghana soll damit in Zusammenhang stehen, ebenso wie die geplante Demission des Generaldirektors des Globalen Fonds, Michel Kazatchkine. Der französische Immunologe Kazatchkine ist seit Februar 2007 Direktor des Fonds; er gilt als enger Freund Carla Bruni-Sarkozys. Hillary Clinton solle seinen Rücktritt gefordert haben, dieser solle am 21./22. Mai erfolgen – kurz nach der zweiten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen. Präsident Sarkozy solle in diesem Sinne auf höchster Ebene in Washington interveniert haben.
Die Stiftung befinde sich nun in einer „Sackgasse“. Konkrete Maßnahme der Stiftung gegen Aids seien rar.
Die Carla Bruni-Sarkozy Stiftung dementierte die Vorwürfe. Der Vorwurf, die Stiftung habe öffentliche Gelder [Mittel öffentlicher Partner] erhalten, entbehre jeglicher Grundlage. 2.2 Millionen $ des Globalen Fonds seien im Rahmen seines normalen Budgets verwendet worden, um 2010 eine HIV-Informationskampagne unter Einbeziehung von Frau Bruni-Sarkozy durchzuführen, bestätigte der Globale Fonds einem Bericht von ‚Le Monde‘ zufolge. Alle Regeln und Prozeduren des Fonds seien bei Verträgen mit mehreren Firmen im Rahmen dieser Kampagne eingehalten worden. Kein Centime sei direkt an die Stiftung Carla Bruni-Sarkozy geflossen. Die Demission des Direktors des Globalen Fonds stehe in keinem Zusammenhang mit den Vorwürfen von ‚Marianne‘.
Carla Bruni-Sarkozy, deren Bruder Virginio 2006 im Alter von 46 Jahren an den Folgen von Aids gestorben ist, wurde 2008 Botschafterin des Globalen Aids-Fonds GFATM. Und sie gründete im April 2009 die Carla Bruni- Sarkozy Stiftung unter dem Dach der Fondation de France. Diese Stiftung hat zum Ziel, ökonomisch benachteiligten Menschen Zugang zu Kultur zu verschaffen sowie die Analphabetenrate zu senken. Zudem engagiert sie sich u.a. für Sidaction, eine französische Aids-Organisation.
Gegenüber der FAZ erläuterte sie 2009 ihr Engagement
„Ich widme mich besonders der Aids-Vorsorge für Frauen und Kinder, weil es da noch viel auszurichten gibt. Die Kommunikation, ja, die Aufklärungsarbeit ist besonders entscheidend, damit schwangere Frauen sich einem HIV-Test unterziehen. Ungeborene Kinder können noch im Mutterleib vor einer Übertragung geschützt werden. Der Globale Fonds verfügt über die Medikamente, aber vielen Schwangeren, gerade in Afrika, fehlt noch der Reflex, sich testen und im Bedarfsfall behandeln zu lassen. Wenn ich dank meiner Rolle, vielleicht auch dank meiner Bekanntheit, dazu beitragen kann, dass sich das ändert, dann habe ich viel erreicht.“
In Frankreich findet derzeit der Präsidentschafts-Wahlkampf statt. Nicolas Sarkozy, Ehemann von Carla Bruni-Sarkozy bewirbt sich um die erneute Wahl als Präsident.
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Aktualisierung
07.01.2012, 17:00: ‚Marianne‘ entgegnet den Äußerungen Bruni-Sarkozys, das Blatt habe nie behauptet, ihre Stiftung habe Gelder des Globalen Fonds erhalten [Marianne hatte im ersten Artikel behauptet, Bruni-Sarkozy habe Zahlungen des Fonds an Firmen eines ihr sehr nahe stehenden Freundes veranlasst, s.o.]. Der Globale Fonds hingegen bestätige in seiner Stellungnahme die von ‚Marianne‘ genannten Zahlungen, wenn auch ein Unterschied des Betrages bleibe [Marianne nennt 3,5 Mio. $, GFATM spricht von 2,8 Mio. $]. Man erwarte vom GFATM transparent Aufschluss über die Zahlungen.
Radio France Internationale bemerkt in einem Bericht, der Globale Fonds habe Zahlungen in Höhe von 580.000 € an Civange und vier Kollegen, die die Kampagne gemeinsam durchführten, bestätigt.
11.01.2012, 06:00: „Bombe oder Rohrkrepierer“, fragen französische Medien sich und ihre Leser/innen angesichts der brisanten Vorwürfe, die ‚Marianne‘ drei Monate vor den französichen Präsidentschaftswahlen äußerte. Andere Medien sprechen bereits von ‚Carlagate‘.
25.01.2012, 08:45: Am 24. Januar 2012 kündigte GFATM-Direktor Katzachkine seinen Rückzug für Mitte März 2012 an.
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weitere Informationen:
Marianne 06.01.2012: Exclusif : Carla Bruni au coeur d’un scandale international
Marianne 7 Frédéric Martel: Une longue investigation dans plusieurs pays (pdf)
Le Monde 07.01.2012: Carla Bruni-Sarkozy dément que sa fondation ait touché de l’argent public
Reuters 06.01.2012: AIDS group rejects allegations against France’s Bruni
Fondation Carla Bruni-Sarkozy und Droit de réponse par Carla Bruni-Sarkozy
FAZ 01.12.2009: Carla Bruni im Gespräch – „Die Verteufelung von Aids führt zur Nichtbehandlung“
GFATM 06.01.2011: Global Fund says french magazine report is inaccurate and misleading
Marianne 07.01.212: Carla Bruni-Sarkozy et le Fonds mondial de lutte contre le sida répondent à l’enquête de Marianne
Radio France Internationale 07.01.2012: Carla Bruni-Sarkozy charity accused of handing Aids fight funds to friends
Liberation 06.01.2012: Carla Bruni-Sarkozy se défend de toute malversation
SonntagsZeitung 08.01.2012: Affäre Carla Bruni: Die Première Dame Frankreichs soll einen engen Vertrauten begünstigt haben
Mirror 08.01.2012: France’s first lady Carla Bruni in £2m Aids donation sleaze allegation
Tagesschau 10.01.2012: Präsidentengattin in der Kritik – Stolpert Sarkozy über Carlagate?
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3 Gedanken zu „Frankreich: Stiftung von Carla Bruni-Sarkozy in Skandal um Aids-Gelder verwickelt ? (akt.2)“
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