Neue Höchstlohn-Debatte

Während Gewerkschafter, Politiker und Arbeitnehmer beim Thema Mindestlohn noch heftig streiten, schaffen Manager beim Thema Spitzenlohn längst erfolgreich Fakten.

Zum Thema Mindestlohn wird immer noch erhitzt debattiert. Tariflöhne von vier Euro und weniger die Stunde sind insbesondere in den neuen Bundesländern keine Seltenheit, z.B. im Verkauf in Bäckereien. Aber selbst das kann noch unterschritten werden – im Friseur- Gewerbe beginnt der Tariflohn bei 3,05 Euro pro Stunde. 3,05€ pro Stunde – bei einer monatlichen Arbeitszeit von 160 Stunden ergibt das einen Monatslohn von 488 Euro …

Ganz andere Wege beim Thema Verdienst gehen die Chefs in der Wirtschaft – hier sind eher Spitzenlöhne angesagt. Nach einem Bericht des Manager-Magazins ist Deutsche Bank – Chef Josef Ackermann mit 13,2 Mio. € der bestbezahlte Chef eines Unternehmens mit Hauptsitz in Deutschland. In Europa ist Daniel Vasella an der Spitze, Chef des Pharmakonzerns Novartis – mit einem Jahresgehalt (2006) von 22,3 Mio. €.
Überhaupt, der Pharma-Industrie scheint es nicht so schlecht zu gehen: an Platz fünf in Europa folgt schon ein weiterer Pharma-Boss, der Chef des Pharma-Multis GlaxoSmithKline (GSK) mit 14,6 Mio. €.

Auch im Vorjahresvergleich können Spitzenmanager nicht klagen. Die Vorstands-Bezüge der im europäischen Aktienindex Stoxx50 gelisteten Konzerne stiegen von 2005 zu 2006 um immerhin 11,9%, die der 100 größten deutschen Unternehmen sogar um 14,5 Mio. €.

Nehmen wir einmal Herrn Vasella von Novartis. 22,3 Mio. Euro im Jahr 2006. Er war sicher ein fleißiger Manager, hat mehr als die Arbeitnehmer-üblichen 220 Tage gearbeitet, nehmen wir 260. Und er ist wahrscheinlich auch nicht in der Gewerkschaft, hat keine 37,5-Stunden- Woche, arbeitet im Durchschnitt vielleicht fleißige 12 Stunden pro Arbeitstag.
Das ergibt dann 3.120 Arbeitsstunden im Jahr.
22,3 Mio. € Jahresverdienst bei 3.120 Arbeitsstunden – das gibt einen Stundenlohn von 7.147 Euro. Und selbst wenn er ganz besonders fleißig wäre und 300 Tage im Jahr arbeitete, käme er immer noch auf einen Stundenlohn von 6.194€.

Weit über 7.000 € Stundenlohn – wie kann einer dieser europäischen Manager das einer thüringischen Bäckerei- Verkäuferin erklären, die für 3,05€ hinter dem Tresen steht?
Und – selbst der Mindestlohn von 7,50€ pro Stunde, den Gewerkschaften fordern, mutet gegenüber diesen Bezügen doch recht bescheiden an …
Bräuchten wir statt einer Mindestlohn- eine Höchstlohn- Debatte?

Nebenbei – ein gesetzlicher Mindestlohn ist in vielen (auch europäischen) Staaten längst Realität, teils seit vielen Jahren. So hat Frankreich einen gesetzlich garantierten Mindestlohn, genannt SMIC, von derzeit 1.254,28€ monatlich (Erhöhung derzeit in Vorbereitung). Und zugrunde gegangen ist die französische Wirtschaft daran offensichtlich bisher nicht …

2 Gedanken zu „Neue Höchstlohn-Debatte“

  1. Hi Ulli,

    danke für dein Rechnenbeispiel; es zeigt sehr gut, wie krass die Unterschiede mittlerweile sind. Und aktuell mögen zwar 31 % Lohnsteigerung bei den Lokführern auf den ersten Blick übertrieben erscheinen, doch im Verhältnis betrachtet, sind sie ein Klacks (oder Peanuts) gegenüber den Managergehältern bei der Bahn. Was wohl der Mehdorn verdient?

    Lg kalle

  2. @ Kalle:
    ja – krass ist wohl ein zutreffendes wort. arm trotz arbeit – das kann doch nicht der sinn sein…
    lg ulli

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