Die Preise der Aids-Medikamente interessieren hierzulande bisher die meisten Patienten nur wenig.
Sicher, einige Positive wissen um die Auswirkungen von Medikamenten-Preisen in den weniger entwickelten Staaten der Welt. Manche bekommen wohl auch mit, dass Aids-Medikamente nicht gerade zum Niedrigpreis-Segment des Pharma-Marktes gehören (z.B. wenn wieder einmal Meldungen über Deals mit Pillen durch die Presse gehen). Meistens jedoch sind die Preise der Pillen hierzulande ‚kein Thema‘.
Ganz anders z.B. in den USA, schon aus Gründen des dort völlig anders strukturierten Gesundheitssystems.
In den USA, wo viele Menschen überhaupt keinen Krankenversicherungsschutz haben oder auf die (oft nicht optimal wirksamen) staatlichen Hilfsprogramme Medicaid und Medicare angewiesen sind, ist der Preis von Medikamenten viel eher ein Thema.
Und dort sind Medikamenten-Preise oft auch ein Politikum, Gegenstand aktivistischen Engagements.
Ein besonderer Fall war der Preis für das erste zugelassene Aids-Medikament, AZT (Handelsname Retrovir). Der Hersteller Burroughs Wellcome (heute aufgegangen in GlaxoSmithKline) setzte den Preis des neuen Medikaments auf damals sehr hohe 8.000 $ pro Jahr fest. Massive Proteste und Demonstrationen vor Büros und Niederlassungen des Herstellers sowie Aktionen zivilen Ungehorsams in der Wall Street im Jahr 1989 brachten den Hersteller schließlich drei Tage später zum Einlenken, der Preis für AZT wurde um 20% gesenkt.
Ein weiteres Mal konnten Aids-Communities einen Pharmahersteller zum Senken des Preises eines Medikaments bringen (beim Herpes-Medikament Aciclovir).
In heutigen Zeiten hingegen haben selbst in den USA die HIV-Communities kaum noch den Elan, zu solch starken Demonstrationen zu mobilisieren. Allerdings engagieren sich Aids-Aktivisten in den USA zunehmend nicht nur in Therapieaktivismus und Forschungsfragen, sondern auch in Gesprächen mit Pharmakonzernen, wenn es um die Festsetzung von Preisen für neue Medikamente geht. Auch dies hierzulande bisher weitgehend unbekannt und ungedacht.
Bittere Ironie medizinischen Fortschritts: mit dem Erfolg besserer und wirksamerer Medikamente hat die Fähigkeit zu Protesten und Mobilisierung massiv nachgelassen. Dabei sind so manche Medikamente heute teurer denn je …
Aids Aktivisten insbesondere Act Up war bis vor einigen Jahren hier in der BRD sehr aktiv. Act Up hat zu der Zeit als die Gruppe noch aktiv war u.a. durchgesetzt das die Preise für einige Medis reduziert wurden und sie haben es zu Beginn als die ersten medis für eine 3 er Kombi noch in der Studie 3 Phase waren durchgesetzt das dieses Medis nach der Phase 2 Studie den Positiven zur Verfügung gestellt wurden mit der Begründung das man es doch bitte schön den Positiven überlassen solle ob sie das Risiko das mit einer nicht abgeschlossen Studie bzgl nebenwirkungen in Kauf nehmen wollen oder nicht. Sehr vielen hat dies damals das Leben gerettet.
In heutigen Zeiten hingegen haben selbst in den USA die HIV-Communities kaum noch den Elan, zu solch starken Demonstrationen zu mobilisieren
Leider sieht es bei uns hier ähnlich aus. es fehlen ganz einfach jüngere leute die ihre Wut artikulieren konnten so wie es bei vielen Mitgiedern von Act Up praktiziert wurde. Eine derU rsachen dürfte wahrscheinlch darin liegen das es je heute eine Menge Medis gibt mit denen man “ länger als man jemals glaubte“ leben kann und wird. Zum einen macht das phlegmatisch und träge. Zum anderen eröffnet dieser Umstand wieder die Möglichkeit das individuelle Leben das man sich mal vorgestellt hatte zu leben – zu führen.
Leider bleiben dadurch eine ganze Menge von uns denen es trotz Medis nicht gut geht auf Grund der sich veänderten politischen und sozialen Situationen auf der Strecke.
@ Dennis:
deine einschätzung teile ich weitgehend. letztlich ist die situation in den augen vieler positiver vermute ich folgende: es gibt doch pillen, ich bekomm die auch, worüber soll ich mich aufregen.
probleme werden nicht gesehen, nicht als solche wahrgenommen oder nicht als anlass genommen selbst aktiv zu werden …