Hoffnung, Teil 1

Unsere Geschichte – Geschichten vom alten und vom neuen Aids, Geschichten vom Leben mit HIV.

Heute: der erste Teil einer zweiteiligen Geschichte von Michael Hemming, zu der er selbst anmerkt „zum Teil Fiktion, zum Teil sicher auch Realität“:

Wiedermal saß er vor seinem Rechner und sah sich in der großen Welt des Internets um, was suchte er eigentlich, klickte sich nur durch die Gegend, war mal hier, war mal da. War er ein Informationsjunkie oder war er nur neugierig und wollte alles wissen oder sah er sich nur Bilder an um seiner Fantasie Nahrung zu geben. Seine Lieblingsseiten waren diverse Foren und er war sehr gerne auf den diversen Datingseiten um neue Leute kennen zu lernen. Eigentlich war er ein ganz normaler junger Mann, leider ist das passiert mit dem er nie gerechnet hat, er wurde vor sehr langer Zeit als er im Krankenhaus war positiv getestet, damit hatte er nie gerechnet. Lungenkrebs ja, er war halt ein starker Raucher aber doch nicht so was, dabei gehörte er doch gar nicht zu den Leuten die nur durch die Betten gesprungen sind. Da war er doch ganz harmlos, ja er hatte hier und da mal eine Affaire oder auch Beziehungen aber das hielt sich doch in Grenzen. Als man ihm das damals sagte, das er positiv sei, wollte er sich das Leben nehmen, er sah alles nur noch düster/schwarz und hoffnungslos, was hatte er noch von seinem Leben zu erwarten. Nichts war plötzlich mehr so wie es davor war. Seine Freunde denen er das sagte was ihn da ereilt hat, haben sich alle langsam aber stetig von ihm getrennt. Keiner war plötzlich mehr da. Warum? Und wenn er dann draußen war und jemanden kennen lernte und dann versucht mehr als nur das Gespräch mit ihr zu führen war es auch ganz schnell vorbei wenn er vorsorglich sagte was mit ihm los war. Er hatte sich vorgenommen immer ehrlich zu sein aber das merkte er schnell führte zu nichts. Oder doch zu Enttäuschungen. Und mit der Zeit sah er alles nur noch schwarz und so hat er sich dann langsam aber immer mehr hinter seinem Rechner versteckt, da musste er wenn er andere Leute kennen lernte nicht erzählen was mit ihm los war. Man war ja anonym eigentlich man redete miteinander aber es war ja nur alles sehr oberflächlich. Auf der einen Seite fand er das gut, da er viele Leute kannte aber auf der anderen Seite fehlte ihm auch die persönliche Nähe, das zusammen sein. Aber er hatte lernen müssen das das persönliche plötzlich für ihn nicht mehr ging und so wurde es mit der Zeit halt unwichtig für ihn oder hatte er nur immer wieder die falschen Leute kennen gelernt. Und er hat sicherlich auch mit der Zeit den Mut verloren. Er kannte ja auch andere die damit keine Probleme hatten bei denen war alles wie vorher, die waren nicht so allein wie er, die hatten sogar eine Beziehung. Manchmal ertappte er sich wie er das alles hinter fragte und dann diese Aussagen bezweifelte das sie an sich so Glücklich sein sollten. Er konnte es sich nicht vorstellen dass er der Einzige war dem es so ging. Und eine Möglichkeit um aus diesem Kreislauf auszubrechen hat er bisher nicht gefunden und wirkliche Hilfe nein die fand er auch nicht. Er las die diversen Lebensratgeber, schön wie das alles geschrieben war und es klang auch immer sehr einfach das zu machen aber gebracht hat ihm das auch nichts. Also versteckte er sich weiter hinter dieser Kiste, da sah ihn niemand und keiner war da der ihm irgend welche dumme Sprüche sagte. So konnte er weiter in seiner Fantasiewelt leben. Er träumte sich seine Welt schön, aber es waren leider nur Träume. In seiner Fantasie hatte er das alles was ihm in der Realität fehlte, eine perfekte Beziehung, ein sorgenfreies Leben und er war auch immer glücklich. Nur sein richtiges Leben sah nur genau gegenteilig aus, keine Beziehung, Sorgen hatte er auch genug und glücklich nein das war er nicht wirklich. Alles nur eine Scheinwelt in der er lebte. Nichts war von seinem alten Leben übrig geblieben, es schien so als hätte ein neues Leben mit dem Tag dieser grauen vollen Information angefangen. Nur er konnte nicht davor weg rennen, so wie er es schon oft gemacht hatte in seinem Leben, es kam ja leider immer mit. Und so verbrachte er den größten Teil seines Tages damit im Netz nach irgend etwas zu suchen, wobei er noch nicht mal sagen konnte wo nach er suchte. Wenn er ehrlich zu sich selbst war konnte er sich eigentlich schon nicht mehr vorstellen wirklich eine Beziehung zu führen, zu viele Eigenheiten hatte er sich in der Zeit seiner Einsamkeit angewöhnt, er hatte sich sein Leben so eingerichtet wie er es für gut hielt.

Copyright dieses Textes: Michael Hemming
Vielen Dank an Michael Hemming für sein Einverständnis, diesen Text hier wiederzugeben!

Michael Hemmings Geschichte:
Hoffnung (Teil 1)
Hoffnung (Teil 2)