Virtuelle Persönlichkeit?

„Der erste Eindruck entscheidet“ – dieser Satz trifft zwar nicht immer zu, aber doch oftmals. Dieser erste Eindruck wird inzwischen häufig in virtuellen Welten stattfinden, ob auf persönlichen Internetseiten, Dating-Portalen oder in Blogs.

Und – in diesen virtuellen Welten scheint mehr noch als im realen Leben dieser Satz zu gelten, „der erste Eindruck entscheidet“. Denn ist der erste Eindruck erst positiv, wird vielleicht weiter gelesen, geschaut, entsteht Interesse. Ist er weniger oder gar nicht ‚verlockend‘, nun – das nächste Profil ist ja nur einen Klick entfernt.

Umso wichtiger wird es scheinbar zunehmend, wie auf schwulen Dating-Portalen der erste Eindruck optimiert werden kann. Das strunzige Bild in der Profilvorschau, der freche Profilname, die anreisserische Headline, die richtigen Einstellungen bei wichtigen Suchbegriffen, viele Optimierungs-Faktoren sind zu beachten. Von den augenzwinkernden ‚Optimierungen‘ bei Alter und Gewicht ganz zu schweigen … Und immer wieder sind Erfahrungsberichte zu hören, welchen Effekt auf die Anklick-Häufigkeit (und wohl auch folgend Kontakt-Häufigkeit) es haben kann, hier optimal aufgestellt zu sein.

Allein – optimal heißt hier ja zunächst nur ‚optimal hinsichtlich der (vermuteten) Erwartungen‘ der Zielgruppe, nämlich jener der potenziell interessanten Mit-Benutzer.
Nur – kann die Realität (nämlich: der Mensch hinter dem Profil) mithalten?
Bildet das auf Wirkung des ersten Eindrucks optimierte Profil noch den dahinter stehenden Menschen ab? Oder versucht jener mehr, dem gewählten, in seinem Profil dargestellten Bild gerecht zu werden? Entspricht das Bild mir, oder muss ich anschließend versuchen, dem vermittelten Bild gerecht zu werden? Ei oder Henne? Bild oder Spiegelbild?

Was steht im Mittelpunkt, eigene Persönlichkeit, oder Wunschbild des eigenen Seins? Ein altes Problem – ein Problem, das sich in ein Dilemma steigern kann bei mehreren ‚elektronischen Existenzen‘ der selben Person. Verknüpfen? Schon weil’s so bequem und praktisch ist? Oder – soll der Chef (mit dem man sich vielleicht auf Facebook & Co trifft) erfahren, was man so mit wem (via blauer Seiten) im Bett treibt, nur weil die verschiedene Profile verknüpft oder verknüpfbar sind?

Probleme, die zwar nicht entstehen wohl aber potenziell gravierender werden, wenn man / frau von der Realität in die Virtualität steigt.

Eine Lösung? Nun, ich erfreue mich i.d.R. lieber eines realen ersten Kennenlernens, face to face, Mensch zu Mensch.
Wobei Ausnahmen immer willkommen sind ;-). Einschließlich der möglichen Überraschungen. So verbirgt sich hinter so manchem Mauerblümchen eine wahre Perle, und hinter manchem Strunz doch nur ein in Muskelpakete gekleideter Langeweiler.

Und wie ich es selbst mit der virtuellen Welt halte?
Nun, auch ich habe mehrere ‚elektronische Existenzen‘; segmentiert, voneinander getrennt, denn sie bilden unterschiedliche Aspekte meiner Persönlichkeit ab. Diese Site (www.ondamaris.de), auf der ich eher meine schwulen- und aids-aktivistischen Gedanken kund tue. Das Ganze verbunden mit einigen persönlichen Überlegungen, während mein Mann als Thema hier weitgehend Tabu ist. Und ein davon getrenntes Profil auf den blauen Seiten, mit Partner-Link auch auf den Mann, und ja, grinsen erlaubt, dort ist mein Alter auch leicht ‚optimiert‘, ein ganz klein wenig ;-))

4 Gedanken zu „Virtuelle Persönlichkeit?“

  1. Und genau das ist doch der springende Punkt: Bei gr lässt sich alles, nicht nur das Alter, ganz leicht optimieren (sowohl mit Blick auf die eigene Einschätzung dessen, was optimal ist, als auch im Hinblick auf das, was die Zielgruppe als optimal ansieht). Das wirkliche Leben, das eigene reale Leben zu optimieren ist ungleich schwieriger!

  2. Hat ja auch was von Balzverhalten. Man schmückt sich mit hübschen Federn, führt elegante Tänze auf, alles nur um dem Männchen zu gefallen 😉

  3. Solange die Realität diesem Bild standhalten kann ist das okay, jedoch nicht wenn aus dem Paradiesvogel plötzlich ein Waldrapp wird…

  4. @ TGD:
    na … das wahre leben möchte ich eigentlich als solches erleben 😉
    und bewege mich deswegen (was ‚kontaktanbahnung‘ angeht) auch lieber in selbigem …

    @ Antiteilchen:
    ach … ist es nicht hübscher, sich mit eigenen federn zu schmücken? 😉

    @ Kalle:
    ach … manches mal geschieht es ja auch umgekehrt … ein gar langweilig wirkendes profil verbirgt eine wahre perle 🙂

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