„Blogs sind mehr Demokratie“ – Heribert Prantl

„Blogs sind mehr Demokratie“, schreibt Heribert Prantl in den “Blättern für deutsche und internationale Politik”. Das neue Parlament heiße Internet.

In seinem Artikel „Das tägliche Brot der Demokratie – Was Wissenschaft, Publizistik und Politik miteinander zu tun haben“ erinnert Prantl an die Anfangsjahre der deutschen Demokratie (1848/49), Pressefreiheit und die damalige Bedeutung des Journalismus – und blickt dann in die Gegenwart, das Verhältnis von Wissenschaft, Publizistik und Politik heute.

Und über „Das digitale Parlament und die Pressefreiheit“. Das Internet sei nicht Gefahr, sondern Chance:

„Wir erleben wieder eine Kommunikationsrevolution wie 1848/49. Mich erinnern die Blogger von heute an die politisierten Bürger von 1848/49 – Blogs sind mehr Demokratie. Soll da wirklich der professionelle Journalismus die Nase hochziehen, so wie es vor 160 Jahren die etablierten fürstlichen Herrschaften und die monarchischen Potentaten getan haben? Aber: Die neue Kommunikationsrevolution braucht professionelle Begleitung, sie braucht einen publizistisch-gelehrten Kern. Es gibt ein neues, ganz anderes Professoren-Parlament: Es heißt Internet. Dieses digitale Parlament braucht, wie das damals in der Frankfurter Paulskirche, Führung und Sachverstand.“

Prantl ist Leiter des Ressorts Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung.

weitere Informationen:
Heribert Prantl: „Das tägliche Brot der Demokratie – Was Wissenschaft, Publizistik und Politik miteinander zu tun haben“, in: Blätter für deutsche und internationale Politik
[via netzrecherche]

Bemerkenswerte Gedanken von Herrn Prantl.
Ob Blogger „Führung“ benötigen? Nun, das sollten Blogger lieber selbst entscheiden, denke ich.

Sachverstand allerdings – ja, mir drängt sich der Eindruck auf, hier gäbe es Dinge zu verbessern. Nahezu alle Blogger im schwulen wie auch im HIV-Bereich sind meines Wissens journalistische Laien. Darin liegt viel Kraft und Potential – aber ein wenig (?) mehr ‚Professionalismus‘, ein wenig mehr Verständnis zum Beispiel bei Recherche oder Grundsätzen des Journalismus, ihre Bedeutung und Umsetzung würde uns, unserer Reichweite, unserer Wirkung gut tun.
Hier Kompetenzen und Fähigkeiten bei interessierten Bloggern und anderen Internet-Aktiven zu erhöhen, könnte (auch im Sinn gemeinsamer verbesserter Wirksamkeit) ein lohnenswertes Aufgabenfeld für die Aidshilfe oder auch den LSVD sein.
Oder?

4 Gedanken zu „„Blogs sind mehr Demokratie“ – Heribert Prantl“

  1. Zustimmung! Es wäre ein innovativer Schritt – und in Zeiten von web 2.0 sehr sehr lebensnah- , wenn z.B. die DAH zu einer „HIV-Blogger-Messe“/Fachtag/Mini-Kongress für Blogger, die über das Leben mit HIV blogger, einladen würde.

    Und eine Anmerkung zum Thema dieses Blog: in dem Buch „HIV/AIDS – Ethische Perspektiven“ findet sich ab S. 143 ein Beitrag von Rafael Capurro über „Fremddarstellung – Selbstdarstellung“, in dem dieser ausführt: Soziale Bedürfnisse seien ein entscheidender Grund für die Erfindung neuer Techniken. Capurro ist der Ansicht, „Es war das Bedürfnis nach selbstbestimmter Kommunikation gegenüber der Fremdbestimmung durch die Massenmedien des 20. Jahrhunderts..“, das dem Internet voraus ging.

    Und dies ist ganz sicher auch eine Motivation für viele HIV-positive Blogger, die eine öffentliche Vermittlung vom Bild des Lebens mit HIV weder den Massenmedien, noch den Fachkräften in AIDS-Hilfen, Gesundheitsämtern etc. überlassen wollen. HIV-Blogger „sprengen den Rahmen“, das Motto der Positiven Begegnungen 2010 gilt auch hier.

    Im Leitbild der DAH heißt es: „Selbstverstretung geht vor Stellvertretung“ und „Respekt vor der Autonomie“.

    Dies scheint mir aber nicht in allen Mitgliedsorganisationen eine Selbstverständlichkeit zu sein. Viele sind noch nicht im web 2.0 angekommen.

  2. Ist eine die Vermittlung von journalistischem Grundwissen – Know How sinnvoll?
    Ja 150%

    „Journalist“ ist kein Beruf im herkömmlichen Sinn mit erfolgreich abgelegter Prüfung gemäß § 34 Berufsbildungsgesetz (BBiG) vor der Industrie- und Handelskammer (IHK).
    Es gibt imo einige Voraussetzungen die man schon beherzigen sollte. Du führst ja zwei davon an „ein wenig mehr Verständnis zum Beispiel bei Recherche oder Grundsätzen des Journalismus“.

    Sachlichkeit und Neutralität auf der Basis des Pressekodex des Presserates sind für mich pers Voraussetzung und unabdingbar. http://www.presserat.info/inhalt/der-pressekodex/einfuehrung.html

    Im Rahmen einer Positiven Begegnung könnte ich mir z.b. einen Workshop über 2 – 3 Taage vormittgas sehr gut vorstellen. Und nach dem Motto nicht Schmidtchen sondern Schmidt wären Referenten – Journalisten wie Stefan Niggemaier, Giovanni DiLorenzo für solch einen Workshop keine schlechte Wahl. Zudem würde man gliech zwei Fliegen mit einer Klappe treffen – sie würden pers durch ihre Teilnahme als Referent mit dem Thema HIV auch für sie auf eine neuen Art und Weise konfrontiert werden. 😉 Weil was wir brauchen ist eine Lobby die in der Lage ist nicht nur sachlch und objektiv das Thema HIV zu kommunizieren, sondern die auf Grund ihres Namens auch gehört werden. Bis jetzt finden leider nur die Schreiberlingen Gehör . . . Ich sach da nur Nadja B.

    Ob es Sinn macht wenn eine AIDS Hilfe oder ein anderer Verband dies organisiert, in die Wege leitet, umsetzt? Ja wenn sie uns Mitsprache und Freien Raum bzgl der Wahl läßt. Da habe ich bei einigen AH´s so meine Zweifel ob sie dies goutieren würden.

  3. Ah, das gibt es viele Sätze, die mir Freude machen.
    Bei Ondamaris angefangen, über Termabox zu AIlivenkickn, der fragt, ob man das „organisiert, in die Wege leitet, umsetzt“. Warum nicht? Das Positiventreffen wäre eine gute Gelegenheit.
    Man kann aber vieles auch aus der Presse selbst lernen: die richtigen Zeitungen lesen z.B. Denn es gibt in Deutschland eine beachtliche Reihe ausgezeichneter Journalisten. Einer meiner Professoren riet uns früher oft: „Mit den Augen stehlen.“
    Und da bin ich wieder mit meiner uralten Bitte: nicht zu vergessen, dass es unter den Betroffenen, Kranken viele gibt, die sich nicht das gleiche wissenschaftliche Wissen und intellektuelle Rüstzug haben aneignen können wie viele von uns.
    Und bitte nicht weitersagen: ich habe eine ausgesprochen Schwäche für die „fröhliche Wissenschaft“.
    M

  4. Und da bin ich wieder mit meiner uralten Bitte: nicht zu vergessen, dass es unter den Betroffenen, Kranken viele gibt, die sich nicht das gleiche wissenschaftliche Wissen und intellektuelle Rüstzug haben aneignen können wie viele von uns.

    Für diese Menschen sind Andere – diejenigen die in der Lage sind sich zu artikulieren, Gesicht zeigen, das Sprachrohr. Ich pers finde es normal und wichtig gerade diejenigen „zu tragen“, sich gerade für diese Menschen stark zu machen. Welchen Sinn sonst sollte dem Wort „Community – Gemeinschaft “ innewohnen . . . .

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