HIV-Kohorte: Datenschutz bei Weiterführung im Zentrum für Infektionsforschung gewährleistet? (akt. 2)

Wird die Patienten-Kohorte des Kompetenznetz Aids am neu einzurichtenden Zentrum für Infektionsforschung weitergeführt? Was bedeutet dies für die Wahrung der Patienten-Interessen?

Seit 2002 existiert das Deutsche Kompetenznetz HIV/Aids. Zur Durchführung seiner Forschungen hat das Kompetenznetz eine umfangreiche Patienten-Kohorte. In dieser werden zu 8.200 HIV-positiven Patienten pseudonymisiert Daten zu Infektionsverlauf, Medikamenten, Erkrankungen etc. gespeichert, aber auch Biomaterialien wie Blut- und Gewebeproben.

Die Zukunft des Kompetenznetz HIV ist nach Auslaufen der Bundesförderung gefährdet – und damit auch die HIV-Kohorte mit ihrer umfangreichen Daten- und Biomaterial-Sammlung (siehe Gast-Kommentare „Deutsche HIV-Kohorte bald bei der Seuchenkontroll-Behörde?“ und „Die Hoffnung stirbt zuletzt: Das Kompetenznetz HIV/Aids und die Politik„).

Um eine Weiterführung der HIV-Kohorte zu sichern, sind entsprechende Maßnahmen erforderlich. Das Kompetenznetz plant nun, sich -um die Kohorte zu sichern- als Partner im neu zu errichtenden ‚Deutschen Zentrum für Infektionsforschung‘ DZI zu bewerben.

Das Forschungsministerium (das das Zentrum für Infektionsforschung initiiert) spricht in seiner Öffentlichkeitsarbeit ausschließlich von einer Zusammenarbeit von Universitätsklinika bzw. Wissenschaftlern. Patienten sind einzig Subjekte der Forschung, Patienten-Organisationen werden als Beteiligte des Zentrums nicht genannt.

Entsprechend werden Sorgen geäußert, ob für den Fall einer Integration der HIV-Kohorte in das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung die Interessen von Menschen mit HIV/Aids, insbesondere der Schutz von Daten und Biomaterial der beteiligten Patient/innen weiterhin gewährleistet sind.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF hatte erst am 5. Mai 2010 die Bildung eines ‚Deutschen Zentrums für Infektionsforschung‘ bekannt gegeben. Es soll eine „langfristig angelegte, gleichberechtigte Partnerschaften von außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Universitäten mit Universitätsklinika“ sein. Es soll „vorhandene Kompetenzen [bündeln] und … so einen maßgeblichen Beitrag zur Schließung von Wissenslücken und zur Verbesserung von Prävention, Diagnose und Therapie“ leisten.

„Berechtigt zur Teilnahme am Wettbewerb als Partner im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung sind staatliche und nicht-staatliche Universitäten mit Universitätsklinika, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie mit diesen verbundene Dritte. Die Partner können sich einzeln oder als regionaler Verbund bewerben.“

„Anträge zur Teilnahme am Wettbewerb [sind] bis 31. August 2010 … vorzulegen.“ Standorte und Themen des DZI sollen Ende 2010 nach einer Begutachtung durch unabhängige Experten feststehen, die Gründung soll in der ersten Hälfte 2011 erfolgen. Projektträger des Zentrums für Infektionsforschung ist für das BMBF das DLR Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt.

Die Finanzierung des Kompetenznetz HIV ist derzeit bis zum Auslaufen der Förderung per 31.08.2010 gesichert. Eine kostenneutrale Laufzeitverlängerung bis Ende April 2011 wird beantragt.
Das Kompetenznetz und die HIV-Kohorte waren immer in der Kritik, insbesondere auch wegen Datenschutz-Bedenken. Erst jüngst hatte ein von der Deutschen Aids-Hilfe in Auftrag gegebenes Gutachten gezeigt, dass eine Beschlagnahme von Patientenakten nicht ausgeschlossen ist.

Update 10.07.2010: Das Kompetenznetz kann kostenneutral bis April 2010 weitergeführt werden. Die eigentlich bis August 2010 bewilligten Mittel dürfen nun bis April 2011 verwendet werden.
Das Kompetenznetzt HIV beteiligt sich an der Ausschreibung zum Deutschen Zentrum für Infektionsforschung. Auch die Installierung und Finanzierung einer Patientenvertretung sei dabei berücksichtigt.

weitere Informationen:
Kompetenznetz HIV/Aids
5. Mai 2010: Bekanntmachung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Errichtung eines Deutschen Zentrums für Infektionsforschung
BMBF Faktenblatt „Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZI)“ (pdf)
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