Der Pharmakonzern Hoffmann-La Roche stellt die Aids-Forschung ein. Dies teilte das Unternehmen mit.
Roche sieht bei keinem seiner derzeit in Erforschung befindlichen Aids-Medikamente einen vielversprechenden Ansatz, signifikante Verbesserungen gegenüber vorhandenen Aids-Medikamenten zu erreichen. Dies gab eine Unternehmenssprecherin gestern (Freitag, 11.7.2008) bekannt. Bereits am Mittwoch hatte Roche Aids-Aktivisten in den USA über den bevorstehenden Schritt informiert.
Bisher noch verkündet der Pharmamulti auf seiner deutschsprachigen Website „Roche investiert auch weiterhin beträchtliche in die Aids-Forschung. Verfolgt werden verschiedene Projekte im Bereich der Proteasehemmer, der nichtnukleosidalen reversen Transkriptasehemmer sowie der Chemokinrezeptorenhemmer (Substanzen, die spezifische Stellen auf den CD4-Zellen blockieren und damit eine Bindung des Virus an die Zelle verhindern).“ (http://www.roche.com/DE/home/diseases/dis_hiv.htm, Stand 12.7.2008, 12:32). Doch das scheint nun veraltet zu sein.
Die derzeit in der Aids-Forschung bei Roche eingesetzten Forscher sollen anderen Aufgabenbereichen im Konzern zugeteilt werden. Roche wolle den Fokus seiner Anstrengungen auf dem Gebiet der Virologie auf Bereiche setzen, in denen nennenswerte Fortschritte erreicht werden können.
Sollte es allerdings einen wissenschaftlichen Durchbruch auf dem Gebiet der Aids-Therapien geben, würde Roche seinen derzeitigen Rückzug überdenken.
[via sf, serach.ch, aegis, ft.com]
Dass einer der weltweit größten Pharmakonzerne seine Aids-Forschung einstellt, ist eine erschreckende Nachricht. Zwar ist Roche nie mit Medikamenten auf den Markt gekommen, die einen wirklichen Durchbruch in der HIV-Therapie brachten. Und auch kaum mit Medikamenten, die im eigenen Haus entwickelt wurden (sondern meist zugekaufte Entwicklungen).
Dennoch – ein Markt, auf dem nur wenige Player engagiert sind (insbes. jetzt noch die Pharmakonzerne Bristol-Myers Squibb, Gilead und GlaxoSmithKline), wird um einen Mitspieler ärmer. Auf dem Feld der Aids-Medikamente wird es zukünftig noch weniger Wettbewerb geben als derzeit schon.
Gravierender scheint jedoch das Signal zu sein, das der Rückzug von Roche setzen könnte.
Schon auf dem Gebiet der Impfstoff-Forschung liegt die Stimmung derzeit irgendwo zwischen Resignation und Depression. Und auf dem Gebiet der Aids-Medikamente befindet sich -nach der Zulassung einiger vielversprechender neuer Substanzen in jüngster Zeit- kein absehbarer großer Fortschritt in der Entwicklungs-Pipeline. Wenn sich nun Pharmakonzerne beginnen sollten ganz aus der Entwicklung neuer Aids-Medikamenten zurückzuziehen, könnte dies ein Signal für eine fatale Entwicklung sein.
Ob der Rückzug von Roche jetzt tatsächlich aus wissenschaftlichen oder nicht doch aus kommerziellen Erwägungen erfolgte, spielt dabei letztlich keine Rolle. Insbesondere nicht für HIV-Infizierte weltweit, die weiterhin dringend nicht nur auf bezahlbare, sondern auch innovative wirksame HIV-Medikamente angewiesen sind.
Hi Ulli,
in der Tat eine erschreckende Nachricht, die durchaus spürbare Folgen haben könnte. Welche Szenarien sich daraus ableiten lassen, möchte ich jetzt nicht erörtern, doch liegt es auch an uns selbst, den Positiven, die keine Forderungen mehr stellen, und sich nur nochvon Ärzten und Pharmafirmen „bedienen“ lassen. Von daher besteht kein dringender Handlungsbedarf mehr, die Forschung zu intensivieren…,
lg kalle
Schade, dass es der Forschungsabteilung von Roche nicht gelungen ist, die Geschäftsleitung zu überzeugen, dass es sich hier um ein zukunftsträchtiges (!) Forschungsgebiet handelt. Das spricht nicht unbedingt für die Qualität der Forschungsabteilung.
Sollte sich diese Tendenz auch bei anderen Pharmaunternehmen zeigen, wird das aber über kurz oder lang die privaten Krankenversicherer auf den Plan rufen und von dort wird dann möglicherweise mehr Geld für die universitäre Forschung zur Verfügung gestellt.
@ Kalle:
nun roche war meiner ansicht nach in sachen hiv-forschung nie die große innovative bude … die meisten substanzen waren ja zugekauft. was die notwendigkeit an forschung angeht, solange es medikamente (statt heilung) gibt, und solange resistenzen gegen diese medikamente möglich sind, werden neue innovative medikamente benötigt. diese erfahrung macht doch fast jeder positive der kombi nimmt irgendwann selbst …
@TheGayDissenter:
ich vermute es geht nicht so sehr um zukunftsträchtigkeit, sondern darum, dass mit hiv-medikamenten im vergleich zu anderen massen-indikationen wie onkologie oder herz-kreislauf einfach nicht genug geld gemacht werden kann. zumal der größte teil der patienten für hiv-medikamente eben in ökonomisch schlecht gestellten staaten lebt – und das große geld immer noch in den industriestaaten (mit wohlstandskrankheiten etc) gremacht wird
eine möglichkeit wäre,so wie seinerzeit bei abot,druck von seiten der ärzte,bzw/und der pat. aus zu üben und keine madikamente mehr von der fa. roche verschreiben bzw. verschreiben lassen.(wenn es ein äquivalent einer anderen firma gibt).
lg O.