Bundessozialgericht: Hygiene-Mehrbedarf für HIV-Positive

Ein HIV-positiver Kläger konnte sich vor dem Bundessozialgericht durchsetzen: der vom Träger der Grundsicherung abgelehnte Mehrbedarf für Hygien sei rechtens – zuständig sei allerdings der Träger der Sozialhilfe (hier: das Land Berlin). Über die konkrete Höhe des Mehrbedarfs muss nun eine Verwaltungsentscheidung befinden.

Das Gericht verurteilte den Träger der Sozialhilfe, „die Kosten des Hygienebedarfs des an AIDS erkrankten Klägers zu tragen“. Das Bundessozialgericht teilte in einer Pressemitteilung mit:

„Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat am 19. August 2010 in dem Verfahren B 14 AS 13/10 R entschieden, dass die Kosten des Hygienebedarfs eines an AIDS erkrankten Leistungsempfängers nach dem SGB II in vergangenen Zeiträumen vom Träger der Sozialhilfe und nicht vom Grundsiche­rungsträger zu tragen waren. In der Zukunft dürfte allerdings eine Zuständigkeit der SGB II-Leistungs­träger für Fälle wie den vorliegenden aufgrund der neuen Norm des § 21 Abs 6 SGB II bestehen.“

Allerdings ergänzte das Gericht:

„Hinsichtlich der Höhe des tatsächlich notwendigen Bedarfs des Klägers wird erst noch abschließend eine Verwaltungsentscheidung zu ergehen haben.“

Das Bundessozialgericht hatte sich in mündlicher Verhandlung am 19. August 2010 (9:30 Uhr) in einer Revision mit der folgenden Frage zu befassen

„Ist einem Hilfebedürftigen, der laufende Leistungen nach SGB 2 bezieht und der aufgrund einer Aids-Erkrankung einen dauerhaft erhöhten Bedarf an Hygienemitteln (Reinigungs-, Körperpflege und Desinfektionsmittel) hat, mangels Rechtsgrundlage im SGB 2 Hilfe in sonstigen Lebenslagen gem § 73 SGB 12 zu gewähren?“ (Quelle)

Ein 1968 geborener HIV-positiver Mann bezieht Rente sowie ergänzend Grundsicherung. Er beantragte 2007 beim Job-Center Berlin-Mitte, Mehrbedarf aufgrund von mit seiner HIV-Infektion in Zusammenhang stehende Mehraufwendungen für Hygienebedarf (Wäsche, Bettwäsche, Toilettenpapier etc.) anerkannt zu bekommen. Das Job-Center lehnte dies ab.

Das Sozialgericht Berlin lehnte eine diesbezügliche Klage gegen den Träger der Grundsicherung (Job-Center Berlin-Mitte) ab. Es verurteilte jedoch den Träger der Sozialhilfe (Land Berlin), den Hygiene-Mehrbedarf gemäß § 73 SGB XII zu gewähren (Aktenzeichen der Vorinstanz Sozialgericht Berlin: SG Berlin – S 94 AS 2311/08 -).

Beide, Grundsicherungsträger wie auch Sozialhilfeträger, gingen in Revision. § 73 sei nur für besondere Bedarfslagen zuständig, der Kläger führe jedoch allgemeine Symptome einer Aids-Erkrankung an, die bei fast jedem Aids-Kranken aufträten.

weitere Informationen:
Bundessozialgericht: Sozialhilfeträger zuständig für den Hygienebedarf eines an AIDS erkrankten Leistungsempfängers der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II)
Bundesozialgericht B 14 AS 13/10 R
Sozialticker 02.08.2010: Bundessozialgericht – Terminvorschau Nr. 44/10
DAH 20.08.2010: Bundessozialgericht: Hygienemehrbedarf für HIV-Positiven rückwirkend anerkannt
.

Ein Gedanke zu „Bundessozialgericht: Hygiene-Mehrbedarf für HIV-Positive“

  1. Wie jetzt? HIV-infiziert oder an AIDS erkrankt? Wer an AIDS erkrankt ist, wird kaum ALG II bekommen, oder? Muss man dafür nicht mindestens vier Stunden pro Tag arbeitsfähig sein?

Kommentare sind geschlossen.