Besancon: schwuler Mann wegen HIV-Übertragung zu 2 Jahren Haft verurteilt

Ein HIV-Positiver wurde in Besancon zu zwei Jahren Haft verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, seinen Partner mit HIV infiziert zu haben.

Im ostfranzösischen Besancon steht im Oktober 2010 ein 36jähriger HIV-positiver schwuler Mann vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, seinen Partner mit HIV infiziert zu haben. Am 10. November 2010 fällt das „tribunal correctionnel“ sein Urteil: zwei Jahre Haft.

Der 36-Jährige wurde angeklagt wegen „administration de substance nuisible ayant entraîné une mutilation ou infirmité permanente“ (etwa: Verstümmelung oder bleibende Behinderung durch Anwendung schädlicher Substanzen).

Im Verlauf des Verfahrens entschuldigte sich der Beklagte bei seinem ehemaligen (heute 29jährigen) Partner, der das Verfahren angestrengt hatte. Beide hatten sich nach einigen Kontakten mit Kondom entschlossen, eine HIV-Test zu machen. Der Beklagte sagte danach seinem Partner, er sei (wie dieser) HIV-negativ. Einige Wochen später entdeckte der Partner jedoch ein Schreiben des Labors, in dem mitgeteilt wurde, dass er HIV-positiv sei. Im Juli2006 wurde dann auch bei dem Partner HIV diagnostiziert.

Die Staatsanwaltschaft hatte zwei Jahre Haft auf Bewährung gefordert. der Richter ging darüber hinaus und verurteilte den 36-Jährigen zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung. Der Verteidiger des Angeklagten kündigte an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.

Die französische Positiven-Interessenvertretung „the warning“ betonte erneut die Notwendigkeit „intelligenter Informationskampagnen“ für Paare, damit sie in Dialog kommen auch über Serostatus und Sex-Verhalten. Zudem forderte „the warning“ für Frankreich offen Information darüber, dass eine wirksame Therapie mit antiretroviralen Medikamenten das HIV-Übertragungsrisiko senkt auf eine  Bereich, der dem bei Verwendung von Kondomen entspricht. Es sei leicht verständlich, dass es einer HIV-positiven Person zunächst schwer falle, den eigenen Serostatus dem Partner oder der Partnerin mitzuteilen – dies aber umso leichter falle, wenn beide über Serostatus und Sexverhalten mit einander sprächen, und beide Beteiligten wüssten, dass mit wirksamer Therapie das Übertragungsrisiko äußerst niedrig sei. Doch das französische Gesundheitsministerium blockiere bisher derartige Informationskampagnen.

weitere Informationen:
Le Progres 12.11.2010: Tribunal de Besançon : deux ans de prison ferme pour avoir contaminé volontairement son partenaire
Seronet: Besancon – 2 ans ferme
the warning 16.11.2010: Transmission du VIH : les procès, ça suffit !

Edwin J. Bernard: Why HIV „Crimes“ Harm HIV Prevention and People With HIV
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3 Gedanken zu „Besancon: schwuler Mann wegen HIV-Übertragung zu 2 Jahren Haft verurteilt“

  1. „… Informationskampagnen” für Paare, damit sie in Dialog kommen auch über Serostatus und Sex-Verhalten.“
    Frage:
    haben wir es hier, bei diesen Paaren, mit Menschen zu tun, die nie andere Männer vorher kennengerlernt haben, nie vorher mit ihnen geschlafen hatten, nie etwas von HIV und dergl. gehört haben, nie in gleich welche Presse hineingeschaut oder -gehört haben, nur ihre eigene, unwichtige Person kennen?

    Vor wenigen Stunden sagte einer meiner Freunde in einem anderen Zusammenhang: „Sollte die homosexuelle Welt von ausserordentlicher Intelligenz sein, hätten man wohl darüber gehört. Oder?“
    Er scheint Recht zu haben.

    Es ist endlich an der Zeit, das nicht nur einige, sondern alle sich endlich bewusst werden, dass Freiheit nicht nur Freude, sondern ebensoviel Pflichten mit sich bringt.

    Und der letzten Satz à propos unserer ehemaligen Gesundheitsministerin bestägt, was ich an gleicher Stelle schon vor Wochen gesagt habe.

  2. @ Manfred:
    nun, der (verlinkte) artikel von „the warning“ macht es denke ich ganz anschaulich: wenn menschen längere zeit zusammen sind, sich als paar betrachten, entsteht vielleicht der wunsch, das kondom wegzulassen. und die schwierigkeit wird größer, wie mit einem etwaigen (und womöglich vorher -da nicht zwangsläufig erforderlich, kondom- nicht offenbarten) positiven serostatus umgehen. hier zu fragen, wie kann man kommunikationsfähigkeit verbessern, finde ich einen nachdenkenswerten ansatz

    was eure ehemalige gesundheitsministerin angeht: ein ansporn für den nachfolger, es besser zu machen?

  3. Désolé, vieille branche,
    weder das Argumentieren von Warning, noch Deines haben mich überzeugt.
    Jedoch, was tut’s ….

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