In den USA sind jüngst gleich zwei neue Medikamente gegen Hepatitis C zugelassen worden: zwei HCV-Proteasehemmer.
Hepatitis C ist eine potentiell schwere Infektions-Krankheit, die bisher mit Interferon plus Ribavirin behandelt wird. Diese nicht eben nebenwirkungsarme Therapie ist bei weitem nicht bei allen Patienten erfolgreich, besonders Menschen, die sowohl mit HIV als auch Hepatitis C infiziert sind, haben (je nach Serotyp des HCV) vergleichsweise niedrigere Therapie-Erfolgsraten.
Doch zahlreiche neue Substanzen gegen Hepatitis C werden derzeit in vorklinischen und klinischen Studien erforscht – und zwei Substanzen stehen nun kurz vor dem Markt-Eintritt: zwei Hemmer der Protease des Hepatitis-C-Virus wurden in den USA zugelassen. Die Zulassung erfolge allerdings auf Basis von Studien an Patienten, die mit Hepatitis C, nicht aber HIV infiziert sind (Mono-Infektion).
Boceprevir
Die US-Arzneimittelbehörde FDA Food and Drug Administration erteilte am 13. Mai 2011 dem HCV-Proteasehemmer Boceprevir die Zulassung. Die Substanz soll unter dem Handelsnamen Victrelis® (Pharmakonzern Merck) vermarktet werden. Für die USA hat Merck ein Abkommen mit dem Pharmakonzern Hoffmann-La Roche geschlossen, Roche ist Hersteller eines Interferon-Präparats und soll Boceprevir über seine etablierten Verkaufs-Kanäle mit vermarkten.
Auch die europäische Arzneimittel-Agentur EMA empfahl am 20. Mai 2011 nach beschleunigter Begutachtung der Europäischen Kommission die Zulassung von Boceprevir in Europa für die Behandlung von Hepatitis C in Kombination mit Interferon-Therapien bei bisher nicht behandelten Patienten sowie Patienten, bei denen die Therapie versagte.
Zu den möglichen Nebenwirkungen von Boceprevir zählen Anämie, Erschöpfung, Übelkeit und Kopfschmerzen.
Boceprevir wurde in den USA zugelassen für die Behandlung von Hepatitis C mit dem Genotyp 1, in Kombination mit pegyliertem interferon sowie Ribavirin, für Patienten über 18 Jahre, die bisher nicht behandelt wurden sowie für Patienten, bei denen eine vorherige Therapie versagte.
Boceprevir – umstrittene Preisgestaltung
Für Unruhe sorgt unterdessen in den USA die Preisgestaltung für Victrelis®: US-Berichten zufolge liege der Großhandelspreis (wholesale acquisition cost) bei 1.100 US- pro Woche (entspricht monatlich annähernd 3.200 Euro). Das britische Magazin ‚hiv treatment update‘ nennt Kosten von 18.000 britischen Pfund für die 24-Wochen-Therapie (entspricht monatlich etwa 3.400 Euro).
Die Fair Pricing Coalition FPC in einer Pressemitteilung:
„The FPC is concerned that the exorbitant wholesale acquisition cost (WAC) of $1,100 per week will adversely affect the ability of people with HCV to access Victrelis and that it will also set an excessively unreasonable future price point for the many HCV drugs in the pipeline. You can bet that no future HCV drugs will be priced less than Victrelis. This is a very bad start.“
‚hiv treatment update‘ ergänzt, dass zu diesen Kosten ja noch die Ausgaben für Interferon und Ribavirin hinzu kommen – also sehr beträchtliche Monatskosten entstünden. Die Fair Pricing Coalition FPC zeigt sich zudem erstaunt, da es sich um eine vergleichsweise einfach herzustellende Substanz handele und dies keine exzessive Preisgestaltung rechtfertige.
Telaprevir
Am 22. Mai 2011 kündigte die US-Arzneimittelbehörde FDA Food and Drug Administration an, dem HCV-Proteasehemmer Telaprevir die Zulassung zu erteilen. Die Substanz soll in den USA vom Pharmaunternehmen Vertex unter dem Handelsnamen Incivek® vermarktet werden.
Telaprevir wird dreimal am Tag als Pille mit Nahrung eingenommen (jeweils zwei). In den ersten 12 Wochen soll es mit pegyliertem Interferon sowie Ribavirin gemeinsam angewendet werden. Die häufigsten Nebenwirkungen von Telaprevir in den Studien (in denen auch Interferon plus Ribavirin eingesetzt wurde) waren Hautauschläge, Anämie (Verminderung der Konzentration des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin), Übelkeit und Erschöpfung. Die Hautausschläge können auch stark ausfallen und ein Absetzen von Telaprevir oder der gesamten Therapie erforderlich machen.
Telaprevir wurde in klinischen Phase-III-Studien an ungefähr 2.250 Patienten untersucht (sowohl vorher unbehandelte als auch Patienten, bei denen zuvor bereits eine Therapie versagt hatte). Die Studien zeigten u.a., dass bei Patienten, die innerhalb der ersten 12 Wochen nach Infektion behandelt werden, die Behandlungsdauer evtl. von 48 Wochen auf 24 Wochen verkürzt werden kann.
Die Zulassung von Telaprevir in der Europäischen Union wird für das zweite Halbjahr 2011 erwartet.
Telaprevir – ebenfalls hochpreisig
Auch der Preis für Telaprevir gerät in den USA bereits in die Kritik – der Preis für die 12 Wochen dauernde Therapie mit Victrelis® soll sich nach Auskunft des Herstellers Vertex in den USA auf 49.200 (!) US-$ (wholsale price) belaufen.
Telaprevir und Boceprevir – auch eine Option für HIV-HCV-Koinfizierte?
Zahlreiche HIV-Positive sind mit dem Hepatitis C – Virus ko-infiziert. Koinfizierte Patienten haben eine niedrigere Erfolgsrate der bisher verfügbaren Therapien gegen Hepatitis C. Sie benötigen dringend weitere Therapie-Optionen. Die Mehrzahl der Studien zu neuen Hepatitis-C-Medikamenten, so auch zu Boceprevir und Telaprevir, haben sich bisher jedoch auf ausschließlich mit HCV infizierte Patienten (Mono-Infektion) konzentriert.
Auf der CROI in Boston 2011 wurden erstmals auch Daten einer Studie zu Telaprevir bei Patienten mit HIV- und HCV – Ko-Infektion vorgestellt. Zudem wurden Ergebnisse einiger Studien (an gesunden Probanden) zu Wechselwirkungen zwischen HIV- und HCV-Medikamenten sowie mit weiteren Substanzen bekannt.
Dabei wurden u.a. deutliche Interaktionen von Boceprevir mit dem Pilz-Medikament Ketoconazol sowie dem Benzodiazepin Midazolam festgestellt. Bei Kombination von Efavirenz und Boceprevir ist bisher unklar, ob die auftretenden Spiegel-Veränderungen klinisch relevant sind.
Bei Telaprevir wurden u.a. Wechselwirkungen mit Lopinavir/Ritonavir (Handelsname Kaletra®) sowie Darunavir und Fosamprenavir festgestellt.
Weitere Studien zum Einsatz von neuen Substanzen gegen Hepatitis C bei HIV- und HCV- Ko-Infizierten werden derzeit durchgeführt; Ergebnisse werden für 2012 erwartet.
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weitere Informationen:
The Aids Beacon 06.05.2011: HIV Physicians Are Cautiously Optimistic About Boceprevir, Telaprevir For HIV-HCV Co-Infected Patients
Merck 13.05.2011: FDA Approves Merck’s VICTRELIS™ (boceprevir), First-in-Class Oral Hepatitis C Virus (HCV) Protease Inhibitor
Fair Pricing Coalition: The Fair Pricing Coalition Expresses Dismay At The Price Of Merck’s Newly Approved Hepatitis C Drug (FB)
aidsmap 23.05.2011: US approval for hepatitis C drug telaprevir
aidsmap 23.05.2011: European approval recommended for hepatitis C drug boceprevir
POZ 23.05.2011: FDA Approves Incivek (Telaprevir), Second New Hep C Drug
The Aids Beacon 23.05.2011: FDA approves Vertex‘ new drug Incivek / Telaprevir for treatment of hepatitis C
HIV and Hepatitis 22.03.2011: Interactions of HIV Meds with HCV drugs Telaprevir and Boceprevir
infekt.ch 05.03.2011: Boceprevir-Interaktionen – Ein weites Feld
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Meine Tripple-Therapie ist vor gut 4 Wochen gestartet mit Interferon und Ribavirin. Ab Freitag kommt nun Medikament 3 hinzu -Victrelis 200mg. Ich bezahle zwar nur die Medikamentenzuzahlung von 10 Euro mußte aber schlucken als den Verkaufspreis sah. So entstehen Kosten in Höhe von 3979,07€ für 4 Wochen Behandlung. Voraussichtliche Behandlungsdauer 44 Wochen.