„Er ist positiv … in ihn könnt‘ ich mich verlieben“ – neue Kampagne gegen Serophobie in Frankreich

Mit zwei Plakaten wendet sich eine neue französische Kampagne gegen Serophobie, gegen Stigmatisierung und Diskriminierung HIV-Positiver.

HIV-Positive werden auch unter Schwulen immer noch diskriminiert. Hiergegen wendet sich eine kleine neue französische Kampagne mit zwei Motiven. Ihr Ziel: Vorurteilen mit klaren Informationen begegnen.

Il est séropo – avec lui je risque de tomber amoureux“ („Er ist positiv … in ihn könnt‘ ich mich verlieben„, wörtlich „…mit ihm riskiere ich es mich zu verlieben„) – ist die Schlagzeile eines der beiden Motive.

il est séropo - avec lui je risque de tomber amoureux (Crips Ile-de-France)
il est séropo - avec lui je risque de tomber amoureux (Kampagne Serophobie; Foto: Crips Ile-de-France)

Die Kampagne wird gefahren von Crips Ile-de-France, einer Organisation, die von der Region getragen wird. Die Organisation nimmt am 30. Juni 2012 mit einem eigenen Wagen am CSD Paris (Marche des fiertés LGBT‘) teil – und wird dort die beiden Motive erstmals einsetzen. Der Wagen steht dabei auch Gruppen HIV-Positiver zur Verfügung, unter anderem einer Gruppierung Jung-Positiver (‚Les Jeunes Séropotes‘).

Das zweite Motiv der Kampagne trägt den Slogan „Il est séropo – avec lui je risque de prendre mon pied“ (etwa: „Er ist positiv … mit ihm könnt’s richtig heiß abgeh’n …„).

Beide Motive tragen auf der Rückseite umfangreiche Hinweise zu Serophobie. „Das ist möglich, weil …„, und zahlreiche Gründe folgen, vom Verpassen einer tollen Chance jemanden kennen zu lernen, über die Botschaft ‚Kondome schützen‘, bis zu ‚es gibt  Post-Expositions-Prophylaxe (PEP)‘. Bemerkenswert: auch die Viruslast-Methode wird erwähnt:

weil … „avec une personne séropositive qui prend un traitement, a une charge virale indétectable et pas d’IST, le risque de transmission du VIH est presque nul“ (etwa: „mit einem antiretroviral erfolgreich behandelten HIV-Positiven ohne sexuell übertragbare Infektionen das Infektionsrisiko nahezu null ist“)

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Crips Ile-de-France: Campagne Sérophobie 2012

7 Gedanken zu „„Er ist positiv … in ihn könnt‘ ich mich verlieben“ – neue Kampagne gegen Serophobie in Frankreich“

  1. finde ich ne gute aktion die u.a. auch oder besonders für infizierte heten immer wieder wenn nicht sogar ein noch größeres thema sind.

    die diskussion bzgl der übersetzung auf fb „die formulierung „je risque de tomber amoureux“ als konjunktivisches „könnt ich mich verlieben“,“ finde ich insofern treffend da diese formulierung eine frage (an sich selbst) beinhaltet die sich viele von uns heten stellen. mich zumindest hat dieses fragestellung „könnte ich mich verlibene ohne das gefahr (für den/die andereN der ansteckung vorhanden ist) . . . .“ lange beschäftigt und mich abgehalten mir zu gestatten mich zu verlieben. in dieser frage ist ja diese angst „den menschen anzustecken den ich liebe, das ist unerträglich“ vorhanden. insofern geht diese kampagne über (selbst)stigmatiierung und diskriminierung hinaus.

    die beantwortung dieser frage, sich dieser angst zu stellen ist trotz aller möglichlichkeiten einer funktionierenden kombi vorhanden. inwieweit dies relikte aus der zeit sind da es noch keine medis gab und viele von uns hiv positiven gestorben sind sei dahingestellt. imo geht es weit über den aspekt den man mit hiv verbindet hinaus da auch oder gerade in den anfangsjahren sich menschen die hiv + waren verliebt haben.

    das hiv was die übertragung (dank der medis heute ja nicht mehr) betrifft einen besonderen charakter hat kommt ja erschwerend dazu. dennoch ist es mitunter auch heute noch in den köpfen vieler vorhanden. es ist dies so denke ich eine grundsätzliche frage die mit jeder einschneidenden krankheit einhergeht. kann ich es dem partnerIn zumuten mich einen kranken menschen zu lieben.

  2. Ich denke, dass ist eine gute Sache und führt mehr zur Aktzeptans von positiven bei .Auch bei uns in Deutschland werden positive sehr ausgegrenzt sobald es bekannt wird, ich habe kein Problem damit nicht, gern würde ich jemanden unterstützen

  3. das ist derart süß dass es mich im kreis drehen und unentwegt dämlich grinsen lässt.

    wobei mich würde eine diskussion zum wortspiel „risque“ gerne sehen. läuft so eine in frankreich? bin des französischen nicht mächtig genug um eine meinung zu haben aber wäre das wie das deutsche „riskieren“ mit den selben wortwurzeln würde immer sowas wie „hivpos=risk“ bei mir mitschwingen, was eben stigma schüren würde. doch wäre ja ein wünschenswertes ergebnis so eines wortspiels die infragestellung von so pauschalen vorstellungen von hivpositiven.

    wie interprätieren es die frankophonen ondamarisleser?

  4. Nach der Interpretation von iwwit wird es für mich wesentlich verständlicher. „… Ich könnte es riskieren mich in ihn zu verlieben“.
    Leider ist es für viele noch immer wichtig sich in einen negativen zu verlieben. Ein Test zu Beginn einer Beziehung gibt aber nur kurzfristig Sicherheit. Wer garantiert, dass ein Partner immer Treu ist und wenn nicht sich wirklich immer an die Safer Sex Regeln hält.
    @alivenkickn
    ohne dir nahe treten zu wollen, geh mal auf die Straße und frag die Leute nach HIV-Therapie an und für sich und nach EKAF im speziellen. Ich glaube für die meisten ist die Regel HIV=Aids=Tod noch immer aktuell. Vielleicht wissen einige von Therapiemöglichkeiten, aber sehr wenige von EKAF.
    Kann ich einem Partner zumuten einen Kranken Menschen zu lieben. Frag das mal einen Diabetiker, einen Gicht- oder Rheumakranken oder sonstigen chronisch Erkrankten. Kann ein Diabetiker liebe erwarten, wenn ja kann das auch ein HIV Patient. Heute mehr als vor 15 Jahren.

    Bei meinem Kommentar bei Postagebuch kannte ich die iwwit Interpretation noch nicht. Daher wäre mein Kommentar zu seinem Beitrag zu überarbeiten.

    (momentan läuft ziemlich viel schief, weil ich einen neues Notebook einrichten muß, das alte wurde mir im Urlaub gestohlen: Unter welchem Namen Echtname oder Nick habe ich hier immer kommentiert etc. da kommt leider einiges durcheinander. Man möge mir verzeihen)

  5. aus nämlichern sprachlichen unsicherheiten hab ich in dem artikel auch zwei übersetzungen angeboten.

    die erste „in ihn könnt ich mich verlieben“ ist die wie ich den ausdruck verstehe (denn nach meinem sprachempfinden hat das französische „se risquer de tomber amoureux“ nicht die dimension der gefahr, wie sie die deutsche bedeutung mitschwingen hat)

    wörtlich allerdings ist es „in ihn riskiere ich es mich zu verlieben“
    deswegen hab ich im artikel beide varainaten angeboten

    und ja, im zweiten fall (riskieren zu verlieben) würde ich das auch als mitschwingendes stigma empfinden

    also: französisch-experten hervor, welche übersetzung ist denn nun im französichen sprachempfinden die korrekte (bevor wir eine geisterdebatte führen)

  6. Hallo alle zusammen,

    ich bin zwar kein Französisch-Experte, aber meiner Meinung nach ist das Pfiffige an dieser Kampagne, dass sie sowohl auf der Oberfläche funktioniert (da ist das „risquer de“ verblasst, man versteht das als „ich könnt mich in ihn verlieben) als auch auf der Ebene der ursprünglichen Bedeutung. Auf seronet.info finde ich die Interpretation bestätigt: „Avec un séropo, on risque quoi en 2012 ? Pour le CRIPS Ile-de-France, la réponse est toute simple : De tomber amoureux ou de prendre son pied“ (http://www.seronet.info/article/pour-le-crips-avec-un-seropo-risque-de%E2%80%A6-prendre-son-pied-ou-de-tomber-amoureux-51294). Unterstützt wird das zudem durch die Typografie: Wenn es nur um die oberflächliche Bedeutung ginge, müsste alles in derselben Schriftgröße da stehen. Der erste Teil des Satzes ist aber deutlich größer gesetzt – bis zum „cliff hanger“ mit dem Risiko: „Er ist positiv – mit ihm riskiere ich …. [ratter, ratter, ratter in den Köpfen, klein weiter: mich zu verlieben“. Ein (vor)letztes Argument: In der Begleitkommunikation zur Kampagne (http://www.lecrips-idf.net/article2741.html) nimmt das Risiko eine bedeutende Rolle ein, z.B. in der Aussage, dass das Risikogerade bei denen sehr hoch ist, die sich für negativ halten, aber in Wirklichkeit gerade infiziert haben. Und zu guter Letzt: Auch im Deutschen ist ja das „Risiko“ in der Aussage „Ich riskiere, mich zu verlieben“, eher verblasst. Da geht’s eher um die Risikolust, oder? Fröhliches Kribbeln!

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