Vier Tage in der Kaschubei mit HIV – 16. Treffen der polnischen PLWHA in Szarlotta

Es wird viel polnisch gesprochen und man kennt sich – oftmals seit vielen Jahren. Ich besuche erstmals das nationale Treffen der Positiven in Polen. Von Berlin aus ist Polen eigentümlich weit weg und ich wundere mich gelegentlich etwas über unser kollektives Desinteresse an unserem nächsten Nachbarn. Durchaus freudig empfangen wir zwar die Wochenendtouristen aus allerlei polnischen Städten, aber einen richtigen wechselseitigen Austausch gibt es eher selten.

Um so mehr freute ich mich über die Einladung von Woitek, doch mal am „polnischen Waldschlößchen“ teilzunehmen und sagte spontan freudig zu.

Anders als in Deutschland kann man sich in Polen nicht verschiedene Termine für die Treffen aussuchen – es gibt nur ein Treffen im Jahr. Trotzdem gibt es einige Parallelen zum Waldschlößchen. Der Ort Szarlota ist etwas abgelegen und man muß sich während des Treffens auf die Teilnehmer und das Programm vor Ort konzentrieren, da man keine anderen Ablenkungen außerhalb der Tagungsstätte hat (wenn man mal von der schönen Natur absieht.). Man hat aber das auch beim Schlösschen bekannte Bus-Anreise-Problem dadurch gelöst, das man einfach einen Charterbus ab Danzig fahren läßt.

Es gab auch in Szarlota ein straffes Programm, welches von morgens bis abends durchstrukturiert war. Meist gab es einen Hauptprogrammstrang, an dem man teilnehmen mußte. Man hatte also nicht so viele Wahlmöglichkeiten wie bei den Positiventreffen in Deutschland.

Auffällig fand ich die Teilnehmerstruktur. „HIV“ ist in Polen heterosexueller als bei uns und es sind deutlich mehr Drogengebraucher betroffen.

Der Veranstalter setzt bei seinen Treffen regelmäßig auf eine Teilnahme von internationalen Gästen aus den benachbarten Ländern. So hat man gleich die gute Gelegenheit, auch noch einen ordentlichen Erfahrungsaustausch mit Ukrainern und Tschechen pflegen zu können. Für die Verständigung mit den polnischen Teilnehmern wurde uns ein charmanter, fachkundiger Dolmetscher zur Seite gestellt.

Auch in Polen teilt sich HIV ähnlich wie bei uns zwischenzeitlich in ein „altes“ und ein „neues“ HIV auf. Die medizinische Versorgung ist nach Auskunft mehrerer Teilnehmer in den letzten Jahren besser geworden. Das Arzt-Patientinnen-Verhältnis scheint sich aber anders zu gestalten als man es aus Deutschland im Durchschnitt gewöhnt ist. Ärzte sind in Polen noch weiße Halbgötter und nehmen auch mal eine aus unserer Sicht autoritäre Haltung gegenüber den Patienten ein.

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Offenlegung möglihcer Interessenkonflikte des Autors:
– Einladung und volle Kostenübernahme für die Veranstaltung durch SIECI
– Reisekostenübernahme durch die DAH
– Dolmetscherkosten durch DAH