Der Pharmakonzern Johnson & Johnson hat in den USA ein kleines Unternehmen aufgekauft, die Firma HealthMedia. Man sehe auf dem Gebiet internet-basierter Gesundheitsprogramme einen kommenden Markt.
Johnson & Johnson (J&J) ist ein international aufgestellter Pharmakonzern, der u.a. innovative Medikamente, Diagnostika und medizinische Geräte verkauft.
HealthMedia ist ein kleines Unternehmen in Michigan (USA), das unter dem Slogan ‚Web Interventions‘ Internet-basierte Anwendungen im Gesundheitsbereich entwickelt und betreut. Mit seinen Programmen zu Raucher-Entwöhnung, Stressabbau oder Gewichtsreduzierung ist es bisher in den USA im Markt der Mitarbeiter-Betreuung aktiv. Aber auch mit Stichworten wie ‚Disease Management‘ oder ‚Medication Adherence‘ wird das Spektrum der Dienstleistungen skizziert – von Schlaflosigkeit bis Diabetes, von Ernährung bis chronische Erkrankungen.
Johnson & Johnson betonte, man sei bisher Kunde von HealthMedia gewesen und begeistert von den Ergebnissen, zu denen die Arbeit des Unternehmens bei den eigenen Mitarbeitern geführt habe. Man hoffe, das Angebot von HealthMedia nach der Übernahme breit ausweiten zu können.
Man sehe auf diesem Gebiet einen kommenden Wachstumsmarkt. Bisher seien Verbraucher an ihrer Gesundheit nicht interessiert, solange bis sie erkranken. Dies wolle und könne man ändern. Der Johnson&Johnson-Chef betonte in einem Interview, man erwarte von der Übernahme keine sofortigen hohen Renditen, es handele sich um eine Langzeit-Investition.
Ein riesiger Konzern übernimmt ein kleines Unternehmen. Weiter keine bedeutende Nachricht. Erst recht wohl keine, die zu HIV und Aids Bezug hat.
Oder potenziell doch? Was sich zunächst als unbedeutend anhört, könnte Anzeichen einer neuen Entwicklung im Pharma-Markt sein: Geschäfte nicht mehr ’nur‘ mit Krankheit, mit Medikamenten und Geräten dagegen und mit den bereits Kranken zu machen, sondern Geschäfte mit den Gesunden. Ein viel größerer Markt. Statt ’nur‘ der Kranken gleich die Gesunden zu ‚Kunden‘ der Pharmaindustrie machen. Guter Starter dabei: Geschäfte mit der Prävention.
Johnson & Johnson ist auch auf dem Aids-Markt engagiert. Die Tochter Tibotec (seit 2002 bei J&J) entwickelt u.a. antiretrovirale Medikamente die von der J&J-Tochter Janssen Pharmaceutica (seit 1961 bei J&J) bzw. Janssen-Cilag vermarktet werden. Die J&J-Tochter Virco entwickelt zudem HIV-Resistenztests und Algorithmen und Dienstleistungen zu deren Auswertung.
Liegt es da fern, mittelfristig auf den Gedanken zu kommen, auch auf dem Gebiet der Aids-Prävention als Pharmakonzern aktiv zu werden? Sicher, noch scheint eine ‚Killer-Applikation‘ dafür zu fehlen, die Umsätze, Renditen verspricht. Wer allerdings das EKAF-Statement ‚richtig‘ übersetzt, könnte schnell auf Ideen kommen … Pillen als Prävention … direkt von der Pharmaindustrie … mit – eben, dem richtigen Tochter-Unternehmen, das sich in internetbasierter Prävention auskennt.
Ob mit Medikamenten oder ohne, Bausteine eines Puzzles, sie scheinen zusammen zu passen. Und einmal mehr steht die Frage im Raum, ob gerade die Pharma-Industrie tatsächlich ein guter Partner für die Prävention ist.
Klar, dass versucht wird, die eigenen Präparate früher und breiter einzusetzen. Dazu passt auch: http://www.pharmalot.com/2008/10/will-nih-urge-new-hiv-guidelines-that-boost-meds/
Andere Frage: Mal gedanklich vorausgesetzt, dass sich Präventation tatsächlich vom Kondom weg in Richtung Medikament entwickelt, wer wäre dann ein besserer Partner als die Pharmaindustrie?
@ Clamix:
danke für den link.
ja – diese debatten des besten zeitpunkte des therapiebeginns kommen alle paar jahre wieder, und im augenblick scheitn ‚hit hard and early‘ wieder in mode zu kommen.
da sehe ich derzeit allerdings nicht (nur) pharma-interessen hinter, sondern die frage wann haben px den besten outcome
was medikamente als prävention angeht:
klar wäre in einer konstellation, in der prävention (auch) medikamentös wäre, die pharnmaindustrie ein natürlicher partner – aber eben nur einer, und einer bei dem im blick bleiben müsste, dass er einer mit eigenen (nämlich ökonomischen) interessen wäre.
und – zumindest denkbar wären für den fall medikamentöser prävention auch andere modelle, zb produktion dieser medikamente (zb für bestimmte weltregionen) aus kostengründen unter kontrolle von who & co. dies nur, um da keinen zwangsläufigen automatismus drin zu sehen …
was mir wichtiger ist – auch mit dem post: in aidshilfen (und anderen gesundheitsgruppoen) ist viel wissen entwickelt worden, wie erfolgreiche prävention aussehen kann (und was nicht funktioniert). wenn prävention jetzt mittelfristig ins medizinsystem rüberwandert (ärzte, phramaindustrie) und rein medikalisiert wird, laufen wir gefahr, dieses wissen zu verlieren.
eine etwaige medikalisierung der prävention so sehr chancen in ihr liegen mögen sollte auch kritisch hinterfragt werden …