Immer noch haben zahlreiche Staaten der Welt teils rigide Einreise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Menschen mit HIV – mit für die Betroffenen teils drastischen Konsequenzen, wie einige Beispiele zeigen.
Die teilweise dramatischen Auswirkungen der Einreise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Menschen mit HIV werden in der Arbeit der Aidshilfen tagtäglich sichtbar. Auch bei der Deutschen AIDS-Hilfe kommen jede Woche drei bis fünf Anfragen an, bei denen es zum Teil um ganz existentielle Fragen geht.
Einreise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Menschen mit HIV können teils drastischen Konsequenzen haben, bis hin zu de facto – Berufsverboten. Zu welchen Folgen die bestehenden Einreise- und Aufenthaltsbegrenzungen für Menschen mit HIV und Aids führen können, zeigen einige Beispiele aus der Praxis:
dienstlich in die USA – ohne Frau und Kinder?
Ein Mitarbeiter im gehobenen Dienst einer deutschen Bank soll von seiner Firma für zwei Jahre in die Vereinigten Staaten verschickt werden. Seine Frau und sein Kind sind HIV-infiziert und auf eine antiretrovirale Behandlung angewiesen. Welche Chancen hat er, Frau und Kind trotz des Einreiseverbotes für HIV-Positive mit in die USA zu nehmen? Soll er es über den Weg des so genannten Visa Waivers versuchen? Was, wenn der offizielle Antrag abgelehnt wird? Wie steht es dort mit der Übernahme der medizinischen Behandlungskosten? Seine einzige Klarheit besteht darin, dass er das Angebot seiner Bank nicht ausschlagen kann, da dies einen ungeheuren Karriereknick bedeuten würde.
Karriere in Gefahr wegen Aufenthaltsbestimmungen?
Um einen möglichen Karriereknick geht es auch bei der Anfrage eines schwulen Mannes, dem eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Universität in Südostasien angeboten wurde. Die Unterlagen der DAH zeigen für dieses Land in der Vergangenheit strikte Aufenthaltsbestimmungen für Menschen mit HIV an. Gleichzeitig gibt es Anzeichen, dass die bisher strenge Praxis in der jüngsten Vergangenheit aufgrund des Drucks vonseiten des Global Funds gelockert haben soll. Er entscheidet sich, das im Moment nicht kalkulierbare Risiko in kauf zu nehmen und es zu versuchen! Er vereinbart, mit der DAH in Verbindung zu bleiben, denn solche Rückmeldungen über konkrete Fälle sind für deren Datensammlung Gold wert.
Schüleraustausch: doch nicht in die USA?
Traurig stimmt die Anfrage des Sozialdienstes einer Universitätsklinik: Die von der Sozialarbeiterin betreute HIV-positive Jugendliche hat das Angebot, an einem Schüler(innen)-Austausch in die USA teilzunehmen. Die viel beachteten Veränderungen der Einreisebestimmungen für HIV-Positive betreffen nur kurze Aufenthalte (Geschäftsreisen, Kongresse, Tourismus). Bei längeren Aufenthalten bleiben die bekannten Einschränkungen bestehen. Also stellt sich auch in diesem Fall die Frage, ob man über das Visa-Waiver-Programm eine Ausnahme erreichen kann. Wird man im Fall der 16-Jährigen eine Ausnahme machen oder wird sie – schon vor Beginn ihrer Ausbildung – am eigenen Leibe erfahren, wie es um das Thema HIV und berufliche Zukunft bestellt ist?
Urlaub in Mexiko, Trip nach San Francisco?
Gute Nachrichten gab es nur für ein schwules Pärchen, das zusammen nach Mexiko reisen wollte. Hier kann man die HIV-Medikamente unbedenklich bei sich führen. Mexiko gehört zu den wenigen vorbildlichen Ländern, die keinerlei Einschränkungen kennen. Die zweite Frage, ob in diesem Fall denn auch ein Kurztrip von Mexiko nach San Francisco drin wäre, konnte positiv entschieden werden. Unter Hinweis auf die immer noch gültigen Bestimmungen in den USA sind wir übereingekommen, dass man den Trip mit der gebotenen Vorsicht wagen sollte. Das Schlimmste, was passieren könnte, wäre ja, nach Deutschland zurückgeschickt zu werden – und da will man letzten Endes ja sowieso wieder hin. Schließlich steht in diesem Fall ausnahmsweise keine berufliche Existenz auf dem Spiel.
Quelle für alle genannten Beispiele: Karl Lemmen, DAH-Referent für Qualitätsentwicklung und Psychosoziales (Danke!)
Wer von weiteren Fällen berichten möchte, kann diese an Karl Lemmen mailen.