Arzt hält sich bei HIV- Infektion an Schweigepflicht – kein Rechts-Verstoß

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte einen schwierigen Fall zu behandeln: ein Arzt hatte die Ehefrau eines HIV-Infizierten aufgrund seiner Schweigepflicht nicht über dessen HIV-Infektion informiert. Die Frau infizierte sich und klagte gegen den Arzt. Sie verlor. Ihre Klagen, ihre Rechte seien vernachlässigt worden, wurden abgewiesen – nun auch vom ECHR.

Eine 41jährige Frau aus Wiesbaden hat sich bei ihrem Mann mit HIV infiziert. Der Arzt ihres Mannes hatte sie unter Berufung auf die ärztliche Schweigepflicht nicht über die HIV-Infektion ihres Partners informiert. Allerdings hatte er sie gleichzeitig dazu aufgefordert, sich gegen eine HIV-Infektion zu schützen.

Bereits 1999 hatte die Frau den Arzt ihres Mannes verklagt, er habe sie nicht rechtzeitig informiert. In mehreren Instanzen verlor die Frau allerdings ihre Klage vor deutschen Gerichten. Der Arzt habe sich an seine Schweigepflicht gehalten, aber die Frau adäquat informiert sich zu schützen.

Die betroffene Frau wandte sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ECHR (European Court of Human Rights). Sie war der Ansicht, ihre Rechte seien von den deutschen Gerichten nicht ausreichend gewürdigt worden.

echr

Die beteiligten deutsche Gerichte haben keine Fehler begangen und nicht gegen die Europäische Konvention für Menschenrechte verstoßen, so der ECHR. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 5. März 2009 die Klage gegen Deutschland abgewiesen.

Das Gericht teilte zum Urteil mit

„The Court considered that the domestic courts had had sufficient regard to Ms C.’s right to life and physical integrity; it further found that their assessment of the facts had not been arbitrary and that the principle of equality of arms had been complied with. Consequently, the Court held, unanimously, that there had been no violation of Article 2 of the Convention and no violation of Article 6 § 1. It further held, by six votes to one, that there had been no violation of Article 8.“

Weitere Informationen:
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Press Release (in englischer Sprache) und Urteil (ebenfalls in englischer Sprache)
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2 Gedanken zu „Arzt hält sich bei HIV- Infektion an Schweigepflicht – kein Rechts-Verstoß“

  1. mir fällt dazu spontan ein anderes beispiel von ärztlicher informationspolitik ein, das ein hiv-arzt selbst an einem weiterbildungs.anlass erzählte:
    ein patient war mit einem kollegen bei einer prostituierten und ging danach zu eben diesem arzt wegen beschwerden und angst vor ner hiv-übertragung. der patient machte sich sorgen um seinen kollegen, der sowohl in einer beziehung lebte, als auch keinerlei bedenken wegen den risiken geäussert hatte.
    der behandelnde arzt hat darauf den arzt des kollegen informiert/involviert.
    ob er auch an die prosituierte dachte, hat er nicht erwähnt. ich gehe davon aus, dass sie nicht berücksichtigt wurde.

    ich war sprachlos erst, und als ich dann protestierte wurde sowohl die frage nach verschwiegenheit, datenschutz als auch die frage nach der prostituierten überhört.

  2. Schön schön, das Urteil. Aber Vorsicht! Es hat vor wenigen Jahren in Deutschland ein gegenteiliges Urteil in einer etwas anders gelagerten Gemengelage gegeben. Hier waren der HIV-Positive und die Partnerin (oder war es ein Partner? ich kann mich nicht erinnern) beim selben Arzt in Behandlung. Das Gericht befand, dass der Bruch der Schweigepflicht bezogen auf den positiven Patienten bezogen gerechtfertigt war, weil der Arzt gleichzeitig der anderen Patientin gegenüber in einer Garantenstellung (als behandelnder Arzt) war.

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