Tabuisiert, verbreitet, behandelbar – neues Themenheft der Gesundheitsberichterstattung zum Thema Depressionen erschienen

Depressionen haben aufgrund ihrer Häufigkeit, ihrer Komplikationen und Folgen eine herausragende Bedeutung. Das neue (51.) Heft der Gesundheitsberichterstattung „Depressive Erkrankungen“ gibt auf gut 40 Seiten einen Überblick über das Thema; dargestellt werden Krankheitsformen, Diagnostik, Ursachen und Risikofaktoren, Verbreitung, Folgen, Versorgung, Prävention und Perspektiven.

In der Öffentlichkeit sind die Begriffe „depressiv“ und „Depression“ (sofern sie sich nicht explizit auf moderne Depressionskriterien beziehen) kein verlässlicher Ausdruck für eine behandlungsbedürftige psychische Störung. Gemeint ist meist eine negative Befindlichkeit, sei es im Zusammenhang mit sozialen Stressereignissen und Belastungssituationen, Konflikten oder medizinischen Leiden.

Depressionen lassen sich zuverlässig von normalen Stimmungsschwankungen abgrenzen. Zu den Hauptsymptomen werden Niedergeschlagenheit, Traurigkeit und der Verlust von Interesse und Freude über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen gezählt. Daneben sind weitere Symptome erforderlich, um eine depressive Episode (nach ICD, oder Major Depression nach DSM) zu diagnostizieren. Hierzu gehören Störungen von Appetit und Gewicht, Schlafstörungen, Verlust des Selbstwertgefühls, Konzentrationsstörungen oder Suizidgedanken (drei bis vier Prozent aller depressiv Kranken stirbt durch Suizid). In den akuten depressiven Phasen ist definitionsgemäß die Leistungsfähigkeit massiv eingeschränkt, bis hin zur Arbeitsunfähigkeit. Depressive Erkrankungen sind meist episodenhafte Störungen, die unterschiedlich lange dauern können. Die Dauer einer Episode liegt bei der Hälfte der Betroffenen unter zwölf Wochen. Viele Patienten erleben mehrere depressive Episoden.

Die Zahl derjenigen, die irgendwann im Laufe ihres Lebens an einer Depression erkranken, liegt bei 19 Prozent (25 Prozent der Frauen, 12 Prozent der Männer). Diese Zahlen wurden im Modul Psychische Störungen des Bundes-Gesundheitssurveys 1998 erhoben. Die Häufigkeit ist ähnlich hoch wie in den meisten anderen vergleichbaren Studien im EU-Raum aus den letzten Jahren.

Bei der Entstehung einer Depression wird von einem Zusammenwirken von Veranlagung (genetische Prädisposition) und psychosozialen Faktoren ausgegangen. Zu den psychosozialen Faktoren zählen zum Beispiel Verlusterlebnisse und Traumatisierungen in der frühen Kindheit, kritische Lebensereignisse und fehlende soziale Unterstützung. Möglichkeiten zur Prävention bestehen im Vermeiden von Risikofaktoren und in der Stärkung und Förderung von „Resilienzfaktoren“. Resilienz (von lateinisch resilire für „zurückspringen, abprallen“, deutsch etwa Widerstandsfähigkeit) bezeichnet die Fähigkeit, erfolgreich mit belastenden Lebensumständen und Stress umzugehen, vor allem durch soziale Kompetenz, stabile Beziehungen und körperliche Gesundheit. Zur Therapie der depressiven Störungen gibt es medikamentöse und psychotherapeutische Verfahren sowie unterstützende Maßnahmen.

Das GBE-Heft „Depressive Erkrankungen“ kann kostenlos bestellt werden (RKI, GBE, General-Pape-Str. 62, 12101 Berlin, E-Mail: gbe@rki.de, Fax: 030-18754-3513) und ist abrufbar unter www.rki.de/gbe.

(Pressemitteilung des RKI)

Themenheft 51 „Depressive Erkrankungen“

HIV und Depression

Depressionen sind ein großes Tabu-Thema. Insgesamt in der Gesellschaft, besonders aber auch unter Schwulen und bei HIV-Positiven. Über Depressionen spricht man nicht, Betroffene verschweigen sie schamhaft, Partner und Angehörige reagieren rat- und hilflos.

Eine Broschüre der deutschen Aids-Hilfe will abhelfen und kurzgefasst allgemein verständliche Informationen geben: gemeinsam von Schwulenberatung Berlin und der Redaktionsgruppe des Med-Info wurde die Broschüre ‚depression? – Informationen für Menschen mit HIV‚ erstellt, die jetzt von der Deutschen Aids-Hilfe veröffentlicht wurde.

„Zahlreiche Studien zeigen ein erhöhtes Risiko für Menschen mit HIV, an einer Depression zu erkranken. Leider erhalten die wenigsten von ihnen die erforderliche fachgerechte Behandlung.
Zu groß ist die Scham der Betroffenen, sich Unterstützung zu holen, zu mächtig ist das gesellschaftliche Tabu, welches das Thema „seelische Erkrankungen“ immer noch umgibt. Hierdurch wird Leiden unnötig verlängert und der Zugang zu vorhandenen, wirkungsvollen Behandlungsmöglichkeiten erschwert.
Ziel dieser sehr kurz gefassten Broschüre ist, allgemeinverständlich über die Zusammenhänge von HIV, Angst und Depression zu informieren. Beschrieben wird, an welchen Symptomen man eine Depression bei sich selbst und anderen erkennen kann, an wen man sich in einem solchen Fall wenden kann und welche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Es geht darum, Betroffenen und Angehörigen deutlich zu machen, dass es sich bei depressiven Symptomen nicht um den Ausdruck einer Verfehlung oder Willensschwäche handelt, sondern dass die Depression eine ernsthafte Erkrankung darstellt, für die es heute wirksame Behandlungsmöglichkeiten gibt.“ (Deutsche Aids-Hilfe)

depression? – Informationen für Menschen mit HIV„, Deutsche Aids-Hilfe, DIN A6, 45 Seiten, Berlin 2008, Bestellnummer 027001 (Direktlink zur Online-Bestellung hier)

weitere Informationen zum Thema:
– Med-Info Nr. 46 „HIV und Depression“, DIN A4, 16 Seiten (Direktlink zur Online-Bestellung hier (derzeit leider vergriffen); Direktlink zum pdf-Download hier)
– Med-Info Nr. 58: „Stress, Stressbewältigung und HIV“, DIN A4, 16 Seiten (Direktlink zur Online-Bestellung hier; Direktlink zum pdf-Download hier)
– ein interessanter Vortrag, den Andreas Mertens, Facharzt für Psychiatrie, bei ‚HIV im Dialog‘ 2008 zum Thema ‚Depression und Angst bei HIV und Aids“ gehalten hat als pdf hier