Wir sind Teil der Gesellschaft

Wir sind Teil der Gesellschaft

Unsere Normalitäten leben wir in der Öffentlichkeit und im Privaten, wie andere auch.
Mit dem Unterschied, dass sie nicht wahrgenommen werden.

Denn: Eine normale Lebenserwartung, gute medizinische Versorgung und Leistungsfähigkeit schützen nicht vor Ausgrenzung.
Die Alten Bilder und Vorurteile sind noch immer in den Köpfen, und werden immer neu produziert:
Wenn zum Beispiel die Medien nur Geschichten bringen über Sex & Crime oder über schwere Diskriminierung, geht das an unseren Lebensrealitäten vorbei:
Die stille Diskriminierung wird genauso verschwiegen, wie unsere Integration.
Wir sind längst Teil dieser Gesellschaft

Eine HIV-Infektion ist noch immer eine unanständige Krankheit.
Menschen mit HIV und AIDS verstecken sich , aus Furcht ihre wiedergewonnene „Normalität“ zu verlieren.
Wer sich zeigt, muss damit rechnen ausgegrenzt zu werden, im privaten sozialen Umfeld, am Arbeitsplatz, in der Gesellschaft. Also bleiben viele von uns unsichtbar.

Wer sich zeigt, selbstbewusst und ohne Scham, muss damit rechnen, übersehen zu werden, weil nichts mehr an die Bilder erinnert, die HIV und AIDS spannend und „sexy“ machten. Weil nicht sein darf was nicht sein darf: wir werden die Bilder nicht los, die Sex, Krankheit, Sucht und Tod bedeuten.

Aber: Sexualität, Krankheit, Sucht und Tod gehören zur Gesellschaft und zum Leben, das tragen wir nicht alleine.

Wir sind Teil dieser Gesellschaft und unsere Gesundheit zahlt sich aus.

Medienmitteilung
LHIVE, Organisation der Menschen mit HIV und AIDS in der Schweiz

Manifest der Menschen mit HIV und AIDS zum Welt-AIDS-Kongress 2008 in Mexico City

Im Folgenden als Dokumentation ein ‚Manifest‘, das von Menschen mit HIV und Aids am 3. August 2008 auf dem Welt-Aids-Kongress in Mexico City vorgestellt wurde:

MANIFEST

der Menschen mit HIV und AIDS zum Welt-AIDS-Kongress 2008 in Mexico City

Die Veröffentlichung der Eidgenössischen Kommission für Aids-Fragen (EKAF) in der Schweizerischen Ärztezeitschrift vom 30. Januar 2008 über die Nicht-Infektiosität von Menschen mit HIV* hat viele Reaktionen hervorgerufen.

Die daraus resultierende Debatte über die Evidenz der zugrundeliegenden Studien und die Kritik an der breiten öffentlichen Mitteilung haben auch rund um die Welt die Organisationen von Menschen mit HIV und AIDS und deren Repräsentanten zusammengerufen:

A. Wir begrüssen ausdrücklich die Veröffentlichung der EKAF.

Sie ist wissenschaftlich hinreichend begründet und begünstigt die Lebensgestaltung, die Lebensqualität und insbesondere die Integration von Menschen mit HIV und AIDS und damit auch eine strukturelle, nachhaltige Prävention für Menschen, die ihren aktuellen HIV-Status nicht kennen.

Die offene Verfügbarkeit aller wissenschaftlichen Fakten ist die Grundlage für jede glaubwürdige Aufklärung und Information.

Nur eine aufgeklärte, tolerante Gesellschaft, in der die Menschen mit HIV und AIDS integriert sind, kann eine nachhaltig wirksame Antwort auf die Herausforderung HIV und AIDS geben.

B. Wir fordern angesichts der EKAF-Veröffentlichung weltweit die Institutionen und Repräsentanten der Wissenschaft, Medizin und Wirtschaft, der Regierungen, der WHO und der UNAIDS auf,

1.die auf wissenschaftlichen Studien basierende Evidenz der EKAF-Verlautbarung anzuerkennen,
2.die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten von Menschen mit HIV und AIDS zu respektieren,
3.die Mündigkeit von Individuum und Gesellschaft zu akzeptieren,
4.volle und uneingeschränkte Aufklärung zu garantieren,
5.bestehendes Wissen konsequent zu erweitern,
6.den Zugang zu antiviralen Therapien weltweit voranzutreiben.

C. Wir erkennen den konkreten Einsatz der Akteure für diese Forderungen an folgenden Merkmalen:

1. Die Debatte über die Bedeutung der EKAF-Verlautbarung für die Prävention wird objektiv und evidenzbasiert geführt.

Jeder Versuch, Information und Diskussion aus moralischen, politischen, oder anderen nicht sachbezogenen Motiven zu unterbinden, wird als inakzeptable Zensur ausdrücklich abgelehnt.

Die verschiedenen möglichen individuellen Schutzmassnahmen und ihre HIV-Transmissionsrisiken werden grundsätzlich mit gleichen wissenschaftlichen Massstäben beurteilt.

2. Das bisher in der Öffentlichkeit wahrgenommene Bild von Menschen mit HIV und AIDS wird deren tatsächlichen Alltagsrealitäten angepasst.

Das heisst vor allem: Auf das Bild des gefährlichen und verantwortungslosen HIV-Infizierten und dessen Instrumentalisierung wird genauso verzichtet, wie auf das Bild des bemitleidenswerten Zeitgenossen ohne Selbstverantwortung.

3. Die Öffentlichkeit wird über Prävention, Behandlung und die aktuellen Lebenswirklichkeiten transparent und uneingeschränkt informiert.

Die Strategien von Prävention und Behandlung werden sowohl beim Individuum als auch in der Gesellschaft an die erforderliche Integration von Menschen mit HIV und AIDS angepasst.

Verantwortung ist unteilbar.

Das heisst auch: Die Rechtssprechung wird diesem Grundsatz und den wissenschaftlichen Fakten gerecht.

Alle Patienten und Patientinnen haben gleichermassen Zugang zu Information, und sie haben volle Entscheidungsfreiheit über das individuell beste Therapieregime und die eigene Strategie zur individuellen Prävention und Harm Reduction.

Im Sinne der Ottawa-Charta der WHO ist Gesundheitsförderung Bestandteil aller Strategien und Massnahmen. Sie zielt auf einen Prozess, allen Menschen ein höheres Mass an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen.

4. Der bisherige Erfolgsweg der Prävention von HIV und AIDS mit unvoreingenommenen Aufklärungskampagnen wird beibehalten und gestärkt.

5. Studien, die sich am jeweils aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse orientieren und soziale Faktoren wie etwa Lebensgestaltung, und Gender einbeziehen, werden gezielt gefördert.

Das sind in der HIV-Transmissionsfrage zum Beispiel: Studien zur Risikominimierung beim Analverkehr, zur Differenzierung der Relevanz unterschiedlicher STDs bei HIV-Übertragungen und zur Adhärenz und zu Langzeitnebenwirkungen von ART.

6. Wirksame Therapie wird global als wirksame Prävention verstanden. Die Verteilung der Ressourcen wird weiter vorangetrieben.

Sie wird als prioritäre Grundvoraussetzung für Gesundheitsförderung, Prävention und Behandlung bewertet.

Die Versprechungen zur Überwindung des Arm-Reich-Grabens werden endlich eingelöst.

Organisationen
LHIVE                                                       Switzerland
P.V.A-Genève                                            Switzerland
AIDS-Hilfe Schweiz                                      Switzerland
HIV Europe                                                Europe
Positiv e.V.                                               Germany
Deutsches Community Advisory Board-HIV      Germany
AIDS-Hilfe Offenbach                                  Germany
Münchner AIDS-Hilfe e.V.                             Germany
Deutsche AIDS-Hilfe e.V.                               Germany
the WARNING                                             France
HIV Vereniging Nederland                              Netherlands
HIV-Danmark                                              Danmark
HIV-Sverige                                               Sweden
HIV-Iceland                                                Iceland
HIV Norge                                                  Norway
SIEC PLUS                                                 Poland
„Pozityvus gyvenimas“                                  Lithuania
The All Ukrainian Network PLWH                     Ukranie
Project THAMES                                          U.S.A.
EMPOWER                                                  India

Einzelpersonen:
Michèle Meyer                                         Switzerland
Mic Rasmussen  Meyer                              Switzerland
Christopher Park                                      Switzerland
Ervan Rached                                          Switzerland
Tommy Rauber                                        Switzerland
Ulli Würdemann                                        Germany
Michael Jähme                                         Germany
Bernd Aretz                                             Germany
Kalle Ohnemus                                          Germany
Konstantin Leinhos                                    Germany
Guido Kissenbeck                                      Germany
Olaf Lonczeswski                                      Germany
Matthias Hinz                                           Germany
Carsten Schatz                                        Germany
Stefan Stein                                            Germany
Engelbert Zankl                                         Germany
Ulrike Sonnenberg-Schwan                          Germany
Wolfgang Kirsch                                        Germany
Pierre Cuffini                                             France
Bernal Sabah                                            France
Bernard Forbes                                         U.K.
Julian Hows                                              U.K.
Peter Smit                                                Netherlands
Dr. Joseph Sonnabend                                U.S.A.
Michael Petrelis                                         U.S.A.
Sean Strubb                                             U.S.A.
Mike Barr                                                 U.S.A.
Peter McQuaid                                          U.S.A.
Tony Valenzuela                                        U.S.A.
Dermot Ryan                                            Australia
Neil McKellar-Stewart                                 Australia
Joel Reyes                                               Mexico
Monica Gonzales                                       Mexico
Itzuko Mendez                                         Mexico
Minerva Valenzuela                                   Mexico
Niklaus Ritter                                          Mauritius
Nakazono Hiroyuki                                    Japan
Konojar Akuyo                                         Japan
Patricia Ukoli                                           Nigeria

Anmerkung: das Manifest als pdf: Mexico Manifest deutsch und in der englischen Version Mexico Manifesto englisch