In der Politik wird über den Einfluss der Lobbyisten diskutiert. Aber wie sieht es im Aids-Bereich aus? Wie aktiv sind Interessengruppen – und besteht Sensibilität für potenzielle Einflussnahmen und ihre Folgen?
Über Lobbyisten in Ministerien, über den Einfluss der Industrie und ihrer Verbände auf Politik, Bildung und andere Bereiche wird ja in der Politik breit diskutiert. PR, Sponsoring, Lobby-Arbeit – die Wege der Einflussnahme sind vielfach.
So vielfach und immer wieder kreativ, so folgenreich, dass schon ein ‚Worst EU Lobbying Award‚ ausgelobt wird für die Meister der Verdrehung …
Dass diese Wege der Einflussnahme auch im Aids- Bereich weit verbreitet sind, wird oftmals kaum wahrgenommen. Auch im Aids-Bereich versuchen sich Interessengruppen, insbesondere die Pharmaindustrie zu ‚engagieren‘.
Allerdings, während in der Politik über Risiken und Gefahren dieses Sponsorings, dieser speziellen Form von Lobbyismus und Einflussnahmen diskutiert wird, ist ein kritisches Hinterfragen der Folgen des Sponsorings im Aids-Bereich bisher weitgehend tabu.
Neben dem Engagement direkt bei Ärzten suchen Pharmakonzerne auch weitere Wege, Einfluss auf den Markt Gesundheit zu nehmen.
Besonders im Fokus des Sponsorings einiger Pharma- Konzerne sind dabei Themenfelder wie Kultur. So sponsert ein Pharmakonzern einen Medienpreis, ein anderer einen Preis für Kunstwerke von HIV-Positiven und ein Dritter einen Foto-Wettbewerb.
Aber es geht auch direkter. ‚Ran an die Patienten‘ ist oft das Ziel. Aber wie, wenn Direktwerbung für Endverbraucher nicht zulässig ist?
Ein guter Weg sind da für die Pharmakonzerne im Aids-Bereich die Aids-Hilfen. Munter werden Veranstaltungen gesponsert, möglichst zu medizinischen Themen – und wenn der zuständige Mitarbeiter nicht aufpasst, bringt der nette Pharma-Mensch auch gleich den ‚passende‘ Referenten mit.
Oder es werden gleich ganze Veranstaltungsreihen gesponsert.
Oder Publikationen. Vielleicht ebenfalls, indem man den ‚passenden‘ Autor gleich mitbringt.
Oder ein Projekt? Vielleicht eins, das ein wenig Glanz abwirft?
Bei einige Aids-Hilfen machen sogenannte „Drittmittel“ inzwischen einen bedeutenden Anteil ihrer Finanzierungsquellen aus – und Gelder aus der Pharmaindustrie stehen dabei ganz in der ersten Reihe.
Wohlgemerkt, es geht nicht um Mäzenatentum. Die Pharmakonzerne geben ihr Geld nicht allein aus Edelmut. Vielmehr geht es um Sponsoring – und das beinhaltet immer auch eine Gegenleistung, einen Nutz-Effekt, den der Geldgeber sich verspricht.
Und genau darin liegt auch eines der Probleme. Angesichts knapper werdender öffentlicher Mittel sind viele Stellen geradezu darauf angewiesen, sich neue Finanzierungsquellen zu erschließen. Einige Projekte wären ohne Pharma-Gelder oder andere Drittmittel sicherlich überhaupt nicht denkbar.
Doch – wird ausreichend berücksichtigt, dass dies immer ein Geschäft mir Gegenleistung ist?
Besteht genügend Sensibilität gegenüber den subtilen Mechanismen, über die Industrie und Lobbyisten Meinung und Haltung beeinflussen können?
Gelingt es, dennoch eine neutrale Haltung zu bewahren, oder gar eine im Interesse der eigenen Zielgruppen?
Und – werden diese Finanzierungen, diese potenziellen Einflussnahmen offen dargelegt? Wie sieht es mit der Transparenz aus?
Die Realität sieht im Aids-Bereich vermutlich oftmals fragwürdig aus …