Homophobie – internationale Konferenz in Paris, Jahresbericht von SOS Homophobie

Eine internationale Konferenz, ein Jahresbericht, ein Jubiläum – in Frankreich häufen sich derzeit Aktivitäten rund um das Thema Homophobie.

Rama Yade, für Menschenrechte zuständige Staatssekretärin im französischen Außenministerium und eine der schillernden Figuren der französischen Regierung, lässt am 15. Mai 2009 mit der Unterstützung Norwegens sowie der Niederlande in der Französischen Nationalversammlung kurz vor dem (von Louis-Georges Tin mit ‚erfundenen)  Welttag gegen Homophobie und Transphobie einen Kongress veranstalten. Einen Kongress, den das französische Schwulenmagazin Tetu als „für die happy few“ bezeichnet und kritisiert, der Kongress sei abgehoben und für die französische interessierte Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Rama Yade, für Menschenrechte zuständige Staatssekretärin im französischen Außenministerium
Rama Yade, für Menschenrechte zuständige Staatssekretärin im französischen Außenministerium

Die hochkarätig besetzte Konferenz mit 200 Teilnehmern aus 50 Staaten solle, so die Staatssekretärin, Gelegenheit bieten Bilanz zu ziehen und Wege der Zusammenarbeit zwischen den Staaten und Zivilgesellschaften zu diskutieren, wie Homo- und Transphobie bekämpft und auch Schwulen, Lesben und transidentischen Menschen die Einhaltung der Menschenrechte garantiert werden können.

Insbesondere solle die Konferenz dazu beitragen eine Strategie zu erstellen, wie die Dynamik um das Thema der Internationale Erklärung der Menschenrechte und sexueller Identität nach der am 18. Dezember von Frankreich bei der UN eingebrachten und inzwischen von 67 Staaten unterzeichneten Initiative erhöht werden könne.

Am Vortag der internationalen Konferenz hat die französische Organisation SOS Homophobie ihren Jahresbericht 2009 über Homophobie in Frankreich vorgestellt.

SOS Homophobie - Jahresbericht 2009
SOS Homophobie - Jahresbericht 2009

Homophobie im Arbeitsleben ist der wichtigste Grund für Beschwerden und Hilferufe bei SOS Homophobie. Homophobie in der Familie sowie der Nachbarschaft sei weiterhin stark verbreitet, Homophobie im Internet nehme deutlich zu.
Physische Angriffe homophober Natur (insgesamt 61 nach 71 im Jahr 2007) seien im Jahr 2008 zu 26% in der Nachbarschaft erfolgt, zu 25% an öffentlichen Orten und zu 15% in der Familie. Auf allen Ebenen der Gesellschaft seien Lesben und Schwule in Frankreich mit Homophobie konfrontiert, betonte SOS Homophobie.

Der seit 2005 erscheinende Jahresbericht weist in seiner aktuellen Ausgabe zudem darauf hin, dass die französische Regierung im Laufe des Jahres 2008 eine Reihe von Entscheidungen getroffen habe, in denen Homosexuelle stigmatisiert würden, von der experimentellen Einführung einer Software bei der Polizei, mit der u.a. das ‚Merkmal Homosexualität‘ gespeichert werden könne, bis zum weiter bestehenden Blutspende-Verbot für Homosexuelle.

Während sowohl die europäischen Nachbarstaaten als auch die USA bei der Gleichberechtigung von hetero- und Homosexuellen Fortschritte erreichten, sei die französische Regierung trotz einiger zu verzeichnender Verbesserungen inzwischen ‚Klassenletzter‘.

Der Jahresbericht von SOS Homophobie ist in Frankreich in Ermangelung anderer Statistiken die einzige verfügbare Quelle zu Art und Ausmaß der Homophobie.

Marion Lemoine, Mit-Autorin des Reports von SOS Homophobie, betonte in einem Interview mit LeMonde, im Vergleich zu den Vorjahren sei nur sehr wenig Veränderung festzustellen. Insbesondere das Internet erweise sich zunehmend als der Ort, wo Homophobie breit präsent sei: „“Les propos homophobes sur le Net ont été multipliés par trois“.
SOS Homophobie selbst wolle sich in den kommenden Jahren vor allem auf das Thema Homophobie in der Arbeitswelt konzentrieren. Insbesondere wolle man die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften sowie Großunternehmen ausbauen.

SOS Homophobie begeht zeitgleich sein 15jähriges Bestehen. Die Organisation wurde 1994 gegründet. Die inzwischen über 120 ehrenamtlichen Mitarbeiter bearbeiten unter anderem jährlich 1.200 bis 1.300 Anrufe. Unter anderem gibt SOS Homophobie auch einen Cruising-Ratgeber gegen Homophobie heraus.
Für die Zukunft ist unter anderem der Aufbau einer juristischen und psychologischen Beratung für Opfer homophober Gewalt geplant. Zudem solle dem Thema Gewalt gegen Lesben (Frauen haben derzeit an der Arbeit nur einen Anteil von 20% an den Anrufen) mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.

weitere Informationen:
Le Monde 14.05.2009: „Les propos homophobes sur le Net ont été multipliés par trois“
SOS Homophobie: „Mariage gay: La France a la traine – Rapport Annuel 2009“
Tetu 14.05.2009: Paris: un congrès contre l’homophobie pour les happy few
Tetu 14.05.2009: Rapport sur l’homophobie : aucun reflux général à l’horizon
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