Die Erfindung der heterosexuellen Kultur

Warum hetero? Eine Frage, die wohl kaum einmal gestellt wird – ganz anders als die Frage ‚warum schwul‘. Nun stellt Louis-Georges Tin sie in seinem neuen Buch.

Louis-Georges Tin ist in Deutschland relativ wenig bekannt – anders in Frankreich. Er ist Sprecher von CRAN (Conseil Représentatif des Associations Noires) – und er ist der ‚Erfinder‘ des Internationalen Tags gegen Homophobie (IDAHO International Day Against Homophobia), der seit 2005 jedes Jahr am 17. Mai begangen wird (idaho idaho internationale site).

Louis-Georges Tin hat am 16. Oktober 2008  in Frankreich ein Buch publiziert: „L’invention de la culture hétérosexuelle“ – ein Essay, in dem er die Frage stellt, warum fühlen sich einige Menschen nur von Personen des anderen Geschlechts angezogen?

Louis-Georges Tin - L'invention de la culture hétérosexuel
Louis-Georges Tin - L'invention de la culture hétérosexuelle

In einem Interview mit Le Monde erklärt er, ihn nerve die ständige Frage „warum Homosexualität“. Nun stelle er die umgekehrte Frage „warum heterosexuell?“. Er wolle diese Frage selbst gar nicht beantworten – aber darauf hinweisen, dass die Heterosexualität wenn schon dann genauso wie die Homosexualität hinterfragt werden könne. Heterosexualität sei auch als kulturelles Phänomen zu verstehen.

Das Interview mit Louis-Georges Tin, geführt von Le Monde, ist hier und hier als Video zu sehen (in französischer Sprache).
Dort findet sich auch ein Hinweis auf einen Chat mit Louis-George Tin auf Le Monde Chat am 21.10.2008 zum Thema „Wie kann man heterosexuell sein?“
Leseprobe ‚Les bonnes feuilles de „L’invention de la culture hétérosexuelle“‚ auf Le Monde

Und – Danke an M. für Link und Hinweis!

Louis-Georges Tin: L’invention de la culture hétérosexuelle
Edition autremont
Oktober 2008, ca. 20€

Immer wieder, und vermehrt in den letzten Monaten, taucht in den verschiedensten Zusammenhängen in Medien und Diskussionen die Formulierung „homosexueller Lebensstil“ auf. Und immer wieder frage ich mich, was denn das sei? Habe ich wieder einen Trend verpasst? Oder muss ich jetzt so leben? Leben gar alle Homosexuellen so? Rosa und Jens, Melitta und Patrick, Drag Queen und Meister, sie alle haben den gleichen Lebensstil? Welch absurde Vorstellung …
Umso erfrischender, einmal die Frage auf anregende Weise umgekehrt gestellt zu bekommen – warum eigentlich ‚heterosexuelle Kultur‘?

5 Gedanken zu „Die Erfindung der heterosexuellen Kultur“

  1. Die Frage nach dem Ursprung der „heterosexuellen Kultur – Sichtweise“ – beschäftigt mich schon ne ganze Weile. Ich selbst hatte lange ein Bild von einer „homosexuellen Lebensweise“ im Kopf gehabt in dem Sinn das sich Homosexualität von der Heterosexuelität unterscheidet und deswegen eben „typisch Homosexuell“ sei bzw als Homosexueller Lifestlye definiert wird. Mittlerweile bin ich zu dem Schluß gekommen das es so etwas wie einen „homo bzw heterosexuellen Lifesytle – auch Kultur nicht gibt. Es gibt menschliche Verhaltensmuser – Vorlieben – Abneigungen – Talent – Geschmack – etc. und die sind schlicht und einfach geschlechtsunabhängig.

    Steh ich auf Männer dann mal ich nackte Männer – steh ich auf Frauen dann mal ich nackte Frauen . . .ma ganz pauschal gesagt. Doch wär ich Michelangelo oder sonst n berühmter Künstler . . . spätestens dann würde ne Fehlermeldung ausgegeben werden. Ne dann wär ich ja n extrovertierter Künstler. . das gehört ja bei denen dazu . . . 🙂

    Sehr interessantes Buch. Schade das ich nicht französisch kann. Da kann man nur hoffen das es auch in Deutsch übersetzt wird – auf den Markt kommt.

  2. Interessanter Beitrag. Danke.
    Pardon: habe bisher Dich nicht einmal für deinen „neuen“ Blog beglückwünscht. Klar und angenehm.
    Für Dennis: wenn ich richtig unterrichtet bin, gibt es in Deutschland Bücher von Lois-Georges Tin in Englisch.
    Versuche herauszufinden, ob etwas in Deutsch erhältlich ist.

  3. @Ulysse

    es gibt nur ein buch in englisch – erscheinungsdatum 5. nov – The Dictionary of Homophobia

    deutsche bücher bzw übersetzungen gibt es keine – bzw ich habe keine finden können.

    gruß dennis

  4. Pingback: Der nicht schwule Kannibale « The Gay Dissenter

Kommentare sind geschlossen.