Am 1. September starten im Rahmen der Präventionskampagne der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH) „Ich weiss was ich tu!“die bis Ende November dauernden „HIV-Testwochen“.
Dazu ein Interview mit Matthias Kuske, Kampagnenmanger von ICH WEISS WAS ICH TU:
Du reist mit Deinem Team gerade von einer Stadt zur nächsten. Die ICH WEISS WAS ICH TU-Kampagne ist stark auf den CSDs vertreten. Wie kommt die Kampagne aktuell bei den Männern, die Sex mit Männern haben, an?
Matthias Kuske: Momentan wird unsere ICH WEISS WAS ICH TU-Kampagne sehr stark deutschlandweit wahrgenommen. Viele Leute kommen jetzt erstmals mit der Kampagne direkt in Berührung. Das liegt daran, dass wir jetzt nicht nur über Anzeigen, Partys und Präventionsteams präsent sind, sondern zusätzlich mit unseren Wagen auf den meisten CSDs sehr stark vertreten sind. Unsere CSD-Wagen sind mit riesigen Bannern bespannt, auf denen die Rollenmodelle unserer Kampagne zu sehen sind. Das sorgt für große Aufmerksamkeit auf allen CSDs und kommt bei den Männern besonders gut an. Viele Leute werden dadurch auch auf unsere Kampagnenhomepage www.iwwit.de aufmerksam und lesen sich dort z.B. die Interviews mit den Kampagnenmodellen durch oder testen in einem Quiz, wie gut sie sich wirklich beim Thema Prävention auskennen. Auf den CSDs sind immer jemand aus unserem Kampagnenteam und mindestens eines der Rollenmodelle vor Ort mit dabei. Das erhöht die Authentizität der Kampagne.
Was macht ICH WEISS WAS ICH TU denn genau auf den CSDs?
MK: Wir sind nun seit Wochen schon auf fast allen CSDs in Deutschland präsent. Und immer zusammen mit den regionalen Teams, die die Präventionsarbeit vor Ort machen. Die regionalen Vor-Ort-Teams verteilen Informationsmaterial der Kampagne, sprechen Leute an, verteilen Cruising Packs. Häufig stellen wir die Kampagne auch bei den Empfängen, begleitenden Straßenfesten etc. kurz persönlich auf der Bühne vor. Die Rollenmodelle sind auf diesen Veranstaltungen für Fragen zur Kampagnen ansprechbar.
Du hast einen Flyer „HIV-Testwochen“ entwickelt, der auf einigen CSDs bereits verteilt wird. Testwochen klingt ja ziemlich auffordernd und auch ein wenig nach Werbekampagne. Um was handelt es sich hier eigentlich?
MK: Wir starten im Herbst vom 1. September bis zum 30. November die ICH WEISS WAS ICH TU-Testwochen. Mit dieser Aktion wollen wir den HIV-Test und Tests auf andere sexuell übertragbare Infektionen (STDs) in den Fokus rücken. Wir bewerben damit ganz gezielt und bundesweit die bestehenden Testangebote auf HIV und andere STDs, damit sich Männer, die Sex mit Männern haben, verstärkt testen lassen.
Bisher waren die Deutsche AIDS-Hilfe und die lokalen Aidshilfen eher zurückhaltend bei der Bewerbung der Testangebote. Warum wird der Test jetzt so stark propagiert?
MK: Da gibt es eine Reihe von Gründen. Aus Präventionsgesichtspunkten ist es zu begrüßen, wenn sich Menschen mit Risikoverhalten verstärkt testen lassen. Wenn man z.B. weiß, dass man HIV-positiv ist, kann man heute mit den Mitteln der antiretroviralen Therapie den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen und den Ausbruch von AIDS verhindern. Man hat heute bei HIV eine annähernd gleiche Lebenserwartung wie bei anderen chronischen Erkrankungen auch, vorausgesetzt, dass man gut therapiert wird. Wer also weiß, dass er HIV infiziert ist, hat heute einen gewissen Vorteil. Das war nicht immer so. Und wenn man weiß, ob man HIV-negativ oder -positiv ist, kann man sein Safer-Sex-Verhalten und seine Risikomanagementstrategien anpassen. Wir wissen, dass Menschen nach wie vor Angst vor dem Test haben, und wir möchten HIV auch nicht verharmlosen. Wir möchten der Krankheit aber den tödlichen Schrecken nehmen. Nur eine zeitgemäße und ehrliche Prävention erreicht die Männer heutzutage noch. Da bei den Tests immer auch eine Beratung angeboten wird, kann man dabei Informationen zu Risikoverhalten und Safer Sex setzen. Viele Männer wissen z.B. nicht, dass das Risiko, sich mit HIV zu infizieren um ein Vielfaches steigt, wenn man sich z.B. mit Syphilis infiziert hat oder wenn gerade Herpesbläschen am „Blühen“ sind. Die Leute wissen noch zu wenig, dass die Infektiösität – und damit das Risiko für andere – in den ersten Monaten der HIV-Infektion besonders hoch ist.
Wo können sich die Männer überhaupt testen lassen?
MK: Es gibt bundesweit eine Vielzahl an Projekten, die sich an den ICH WEISS WAS ICH TU-Testwochen beteiligen. Das sind viele Aidshilfen, Präventionsprojekte und auch einige Gesundheitsämter, die zielgruppenspezifische Angebote vorhalten. Gerade die Aidshilfen und die Präventionsprojekte gehen besonders sensibel auf schwule Männer ein. Nichts zuletzt, weil auch viele schwule Männern beraten und auch viele schwule Ärzte die Tests durchführen. Für viele Männer fällt dadurch die Hemmschwelle, die Testangebote auch wahrzunehmen und Fragen zu ihrem Sexleben und ihren individuellen Ansteckungsrisiken zu stellen. Man wird vor dem Test beraten und man kann auch hinterher mit den geschulten Experten reden. Alle Tests finden anonym statt.
Wo erfahre ich denn, welche Testangebote es überhaupt gibt?
MK: Seit Juli gibt es auf www.iwwit.de einen Bereich für unsere Testwochen, wo man alle Angaben zu den beteiligten etwa 50 Projekten in ganz Deutschland erfährt, die von September bis November im Rahmen der ICH WEISS WAS ICH TU-Kampagne mitmachen.
Kostet der Test etwas?
MK: Das ist von Region zu Region ganz unterschiedlich. Das kommt auch darauf an, welche verschiedenen Tests z.B. auf STD angeboten werden. Zum Teil wird der Standardtest angeboten, d.h. man bekommt eine Nummer und muss einige Tage auf sein Ergebnis warten. Zum Teil wird der Schnelltest angeboten, dessen Ergebnis man nach einer halben Stunde erfährt und wo es nur bei einem positiven Ergebnis zu einer erneuten Blutentnahme und einem Bestätigungstest kommt. All dies kann man sehr transparent aufgebaut auf www.iwwit.de nachlesen.
Wenn sich nun viele Leute testen lassen und vielleicht mehr HIV-Infektionen als bisher angenommen entdeckt werden – ist dies dann ein Erfolg der DAH-Präventionsarbeit oder eine Niederlage für die ICH WEISS WAS ICH TU-Kampagne?
MK: Das wäre auf jeden Fall ein „Erfolg“, weil wir ja die bisher nicht entdeckten Infektionen erkennen wollen, damit sich die Männer gegebenenfalls behandeln lassen und ihr Präventionsverhalten anpassen können. Je länger eine HIV-Infektion unentdeckt bleibt, desto größer ist die Gefahr irreparabler Gesundheitsschäden bis hin zum Ausbruch von AIDS. Auch die Therapieerfolge sinken, wenn man bereits jahrelang positiv war, da das Immunsystem dann schon sehr stark geschädigt sein kann. Viele ändern ihr Verhalten, wenn sie das Testergebnis kennen – egal ob es positiv oder negativ ausfällt. In der Testberatung bekommen die Leute Hilfestellungen, wie sie sich besser vor HIV und anderen STD schützen können. Manch einer hat nämlich ziemlich vage Vorstellung, was Safer Sex ist und was nicht. Abschließend: Die Testwochen können vorübergehend zu steigenden Neudiagnosezahlen führen, denn wir werden schließlich mehr unerkannte Infektionen entdecken. Das ist allen Beteiligten klar.
Interview: Jörg Litwinschuh, Deutsche AIDS-Hilfe
Foto Matthias Kuske: Manoploy
Finde ich eine sehr gute Aufklärungsarbeit – Kampagne.
„Aus Präventionsgesichtspunkten ist es zu begrüßen, wenn sich Menschen mit Risikoverhalten verstärkt testen lassen.“
Diese Kampagne ist ja gezielt auf MSM – Gay s ausgerichtet. Was man sich mal durch den Kopf gehen lassen könnte wäre der Wortwahl mehr Beachtung zu schenken. „Menschen mit Risikoverhalten“ sind Menschen die sexuell sehr aktiv sind. Das Wort „Risikoverhalten“ steht in engem Zusammenhang mit dem Wort „Risikogruppe“ bzw wird in der Gesellschaft sehr oft – wenn auch unbewußt mit explizit Gay s assoziiert da Schwul sein leider immer noch zuerst mit „Sexualität“ in Verbindung gebracht wird. Gay,s – Schwule werden sehr oft nur über ihre Sexualität definiert. Die negative Konnotation ist somit vorprogramiert, der Begriff Risikogruppe – Randgruppe im Sinne von Ausgrenzung liegt da auf der Hand.
Menschen die sexuell sehr aktiv sind, sind in jeder Bevölkerung anzufinden. Und jeder Mensch der sexuell sehr aktiv ist, ist wenn er seinen Schutz vernachlässigt der Gefahr eines Riskio´s sich mit einer STD wie auch HIV zu infizieren in hohem Maß ausgesetzt.