lch wollte nie wieder Sex haben.

lch wollte nie wieder Sex haben.

Marcel ist 21 Jahre alt, lebt in Essen und arbeitet als Angestellter bei der Stadt

Homo? Hetero? Bi? Ich war verwirrt
Seit etwa eineinhalb Jahren lebe ich in meiner eigenen Wohnung, ganz in der Nähe von meinem Elternhaus. Zu meinen Eltern hatte ich immer ein sehr gutes Verhältnis. Elf Jahre lang war ich ein Einzelkind, dann wurde meine kleine Schwester geboren, sie war eine richtige Nachzüglerin.

So mit 13 oder 14 ist mir aufgefallen, dass ich Jungs mag. Anfangs haben mich allerdings manche Mädchen auch noch interessiert. Deshalb wusste ich erst mal nicht, was ich eigentlich bin: Homosexuell? Heterosexuell? Bisexuell? Ich habe dann einige Erfahrungen gemacht, auch mit Mädchen, und es hat sich herausgestellt, dass ich schwul bin. Mit Mädchen, das hat irgendwie überhaupt nicht gepasst.

Diese Klarheit war für mich wichtig, und dann konnte ich es auch anderen erzählen. Zu Hause war es zunächst mein Vater, mit dem ich ein sehr gutes Verhältnis habe. Seine Reaktion: „Du bist mein Sohn, und es bleibt alles so, wie es ist.“ Meine Mutter hat es auch ganz gut aufgefasst. Allerdings war sie zunächst ein bisschen enttäuscht, da ich es dann wohl nicht sein werde, der ihr Enkelkinder schenken wird. Meine Eltern haben mich aber immer unterstützt und das ist für mich sehr wichtig!

In der Schule habe ich mich dann auch geoutet – und zwar gleich vor der ganzen Klasse. Mein Lehrer hat mir dabei den Rücken gestärkt. Ich hatte mich darauf vorbereitet, dass vielleicht nicht alle begeistert und verständnisvoll reagieren werden. Aber es gab keine Probleme – im Gegenteil! Ein Mitschüler war so ein typischer Machotyp, der immer den Mädchen hinterhergelaufen ist und sehr gut aussah. Ich hatte gedacht, dass er ein Problem mit Schwulen haben würde. Aber er sagte: „Warum sollen wir das nicht akzeptieren? Du musst ja auch akzeptieren, dass ich auf Mädchen stehe.“ Diese Reaktion hat mir gezeigt, dass man Leute nicht voreilig als intolerant und oberflächlich einschätzen sollte.

Klar wusste ich, dass es HIV gibt – aber das war alles sehr oberflächlich
So mit 18 Jahren bin ich das erste Mal in die Szene gegangen. Klar wusste ich da schon, dass es so etwas wie HIV gibt, aber es war für mich nicht sichtbar. Es gab da niemanden, der gesagt hätte: „Hallo, hier bin ich und ich habe HIV.“ Ab und an wurden irgendwo Kondome, aber das war alles sehr oberflächlich. Vielleicht ist diese Erfahrung einer der Gründe dafür, dass ich heute einen ganz anderen Blick auf diese Sache habe.

Aber eins nach dem anderen: Den ersten Sex hatte ich mit meinem ersten Freund, als ich 18 Jahre alt war. Ich war mit ihm etwa anderthalb Jahre zusammen. Anfangs haben wir Kondome verwendet. Als es ernster wurde mit uns, haben wir jeder einen HIV-Test gemacht, uns das Ergebnis gegenseitig gezeigt und dann auf Kondome verzichtet. Ich hatte dafür genügend Vertrauen zu ihm. Bis zum Ende dieser Beziehung habe ich über Safer Sex nicht mehr nachgedacht. Vielleicht habe ich es mir da ein bisschen zu leicht gemacht. Aber ich glaube bis heute, dass er nicht fremdgegangen ist – genau wie ich.

Nach der Trennung wollte ich mich dann mal ein bisschen austoben. Auch da habe ich nur Safer Sex gemacht. Nicht aus Angst davor mich anzustecken, sondern einfach weil ich verstandesmäßig wusste, dass man sich mit Kondomen vor HIV und einigen anderen sexuell übertragbaren Krankheiten schützen kann.

Dann ist es doch passiert …
Wie kommt es dann, dass ich trotzdem HIV-positiv bin? Ich hatte jemanden kennen gelernt, und die Sache entwickelte sich in Richtung Beziehung. Alles lief super und nach ein paar Wochen hatte ich das Gefühl, dass er das auch so sah. Deswegen habe ich mich darauf eingelassen, ohne Kondom mit ihm zu schlafen. Ich hatte Vertrauen zu ihm und in meiner vorherigen Beziehung war ja auch alles gut gegangen. Ich habe gedacht: Wenn er mich mag, dann will er mir nicht wehtun. Wenn er HIV-positiv wäre, würde er keinen ungeschützten Sex mit mir haben. Dass es Leute gibt, die gar  nicht wissen, dass sie HIV-positiv sind, daran habe ich nicht gedacht.

Ich glaube, dass sehr viele Ansteckungen auf so eine Weise entstehen: Man vertraut jemandem, aber es gibt eigentlich noch gar keine richtige Beziehung und man weiß noch nicht genug vom anderen. Oder der Partner geht eben doch fremd. Es gibt Leute, die oberflächlich lieb und nett wirken, aber in Wirklichkeit ist denen egal, was mit dir passiert. Deswegen möchte ich gerade jungen Leuten erzählen, wie wichtig es ist, sich in solchen Situationen zu schützen.

Ich selbst habe sogar damals noch gedacht, dass es besser wäre, wenn wir ein Kondom benutzen würden. Nach dem Sex kamen dann auch Zweifel und Ängste auf. Die hab ich dann aber erst mal verdrängt: Warum sollte ausgerechnet ich bei diesem einen Mal zur falschen Zeit am falschen Ort mit der falschen Person Sex gehabt haben?

Nach zwei Wochen kamen die ersten Symptome: eine Grippe und eine Entzündung der Mundschleimhaut. Obwohl ich meinem Arzt davon erzählt hatte, was passiert war, gab er mir einfach nur Antibiotika. Die haben auch erst mal geholfen – aber die Angst blieb. Na ja, ich hab dann einen Test gemacht. Und der war positiv.

Am Anfang habe ich noch gedacht: Ich bin selber schuld – total blöd, naiv und dumm
Als ich auf dem Gesundheitsamt mein Ergebnis bekommen hatte, bin ich direkt nach Hause gefahren und habe mich schlafen gelegt. Ich war traurig, klar – aber das richtige Gefühlschaos kam erst ein paar Tage später. Ich habe mich erst mal zurückgezogen, mit niemandem gesprochen. Irgendwann hat meine Mutter mich gefragt, was denn los sei, warum ich mich so abschotte. Und da habe ich es ihr gesagt. Das war ein sehr emotionaler Moment.

Meine Eltern sind dann mit mir zur Aidshilfe gegangen. Es hat ihnen geholfen,
Informationen zu bekommen. So ging es mir selbst ja auch: Ich habe mit professionellen Leuten geredet und dabei mehr und mehr über HIV erfahren. Für mich war es genauso wie für meine Eltern: Mit jedem Schritt wurde es ein bisschen leichter.

"Ich wollte nie wieder Sex haben." - Marcel
"Ich wollte nie wieder Sex haben." - Marcel

Am Anfang habe ich noch gedacht: Ich bin selber schuld – total blöd, naiv und dumm. Heute denke ich, dass nichts davon zutrifft. Ich habe halt einen Fehler gemacht – und das ist einfach nur menschlich. Viele anderen machen den gleichen Fehler und haben vielleicht einfach Glück. Andere machen andere Fehler, nur dass die nicht so schwere Folgen haben. Wenn mir heute jemand erzählen will, ich sei Opfer meiner Dummheit oder Naivität, dann denke ich: „Leck mich, pass lieber auf dich selber auf!“

Meine Offenheit hilft auch mir selbst, mit der Infektion umzugehen
Ich versuche jetzt, mit der HIV-Infektion zu leben, so gut es geht. Dazu gehört für mich auch, darüber zu sprechen, privat genauso wie auf Facebook, in meinem Blog und in meinem Youtube-Kanal. Ich will mich nicht verstecken, weder in der Familie und bei Freunden noch bei der Arbeit. Ich möchte erreichen, dass sich die Menschen mit HIV auseinandersetzen und Vorurteile abbauen. Im Netz habe ich bisher keinen anderen HIV-Positiven in meinem Alter gefunden, der aus seinem Leben erzählt. Also tue ich das.

Meine Offenheit hilft auch mir selbst, es ist ein bisschen wie eine Therapie. Wenn ich über meine Erlebnisse erzähle oder schreibe, kann ich sie gleichzeitig mit ein bisschen Abstand betrachten und sortieren.

Im privaten Bereich habe ich mit dieser Strategie bisher überhaupt keine schlechten Erfahrungen gemacht. Auch bei der Arbeit gab es keine Probleme. Im Gegenteil, ich bekomme viel Unterstützung. Im Internet ist das anders, da gibt’s schon Menschen, die mich angreifen. Das geht bis hin zu Morddrohungen. Oft höre ich zum Beispiel: „Wenn du nicht schwul wärst, dann wäre dir das auch nicht passiert.“ Dahinter steckt Schwulenhass. Ich denke, die Leute, die sowas sagen, haben Frust und trampeln dann eben auf anderen rum.

Manchmal habe ich fünf E-Mails am Tag, in denen ich beleidigt werde, zum Beispiel als „Virenschleuder“. Wenn ich bedroht werde, zeige ich das bei der Polizei an. Ansonsten antworte ich auf solche Sachen nur, wenn falsche Behauptungen drinstehen, zum Beispiel dass HIV eine Schwulenkrankheit ist. Das lasse ich dann so nicht stehen.

Die Leute sind insgesamt viel zu wenig aufgeklärt über HIV. Viele sprechen von Aids, wenn sie HIV meinen. Das hat man in der Berichterstattung über Nadja Benaissa gut sehen können. Da hieß es dann: „der Aids-infizierte Todesengel“ Aber das stimmt ja nicht: Sie hat das Virus, nicht Aids. Und die Infektion ist heute eine chronische Krankheit, die nicht mehr zu Aids führen muss – bei allen Problemen und Nebenwirkungen der Medikamente, die damit verbunden sind. Ich wünsche mir sehr, dass solche Informationen in die Köpfe kommen!

Wie wenig sogar Ärzte manchmal aufgeklärt sind, zeigt mir das Verhalten meines Zahnarztes. Ich habe ihn darüber informiert, dass ich positiv bin, damit er die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen ergreifen kann – für ihn und für mich. Aber er wollte mich dann nicht mehr behandeln, weil er seine Patienten und seinen Ruf gefährdet sah! Diese Erfahrung machen viele HIV-Positive. Ich habe das akzeptiert, auch wenn ich natürlich weiß, dass keinerlei Gefahr besteht, wenn der Zahnarzt sich an alle Hygieneregeln hält.

Diskriminierung und Zurückweisung sind ohnehin ein großes Thema. Nicht jeder kann an seinem Arbeitsplatz oder bei Freunden so einfach über seine Infektion sprechen wie ich. Manchmal werde ich auf Partys von Leuten angesprochen, die auch positiv sind, es aber auf jeden Fall geheim halten wollen. Oft merke ich dann, wie unglücklich sie damit sind – obwohl es ihnen gesundheitlich nicht schlecht geht. Der Grund ist nur das, was sie in ihrem sozialen Umfeld erleben. Deswegen vertrete ich den Standpunkt, dass die Diskriminierung viel schlimmer ist als die gesundheitlichen Auswirkungen von HIV.

Natürlich frage ich mich auch, warum ich so offen sein kann und kaum schlechte Erfahrungen mache. Ich denke, das liegt einfach daran, dass ich mit mir Reinen bin. Man muss sich selber akzeptieren, dann ist es einfacher, mit dem Druck von außen umzugehen. Meine Erziehung hat viel dazu beigetragen, dass ich so selbstbewusst bin. Meine Eltern haben mir beigebracht, nicht auf die anderen zu achten, sondern auf mich. Es geht nicht um das, was man nach außen darstellt, sondern um das, was man ist, um die Persönlichkeit.

Nur weil ich damit so offen mit meiner Infektion umgehe, erwarte ich das aber nicht von jedem. Es ist nicht notwendig, anderen davon zu erzählen, um zu wissen, was man wert ist und sich zu akzeptieren.

Ich wollte nie wieder Sex haben
Ich stehe noch ganz am Anfang mit meiner Infektion: Das Testergebnis habe ich im Sommer 2009 bekommen, infi ziert habe ich mich relativ kurz davor. Bis auf ein paar kleine Ausnahmen geht es mir gesundheitlich sehr gut. Eine Therapie mache ich noch nicht, denn meine Blutwerte sind recht gut.

Was sich als erstes verändert hat, war mein Sexleben: Ich hatte wochenlang keinen Sex. Ich habe mich nicht einmal selbst befriedigt. Irgendwie hatte ich Angst vor dem, was da passiert, wenn ich einen Orgasmus habe. Ich habe mein Sperma und auch mein Blut gehasst und ich wollte eigentlich nie wieder Sex haben. Schließlich konnte da wer weiß was passieren, dachte ich.

Das hat eine ganze Zeit angehalten. Beim ersten Onanieren nach dem Testergebnis hatte ich nicht nur Lustgefühle, sondern ich habe mich auch geekelt. Aber dann ist eine Last von mir abgefallen: „So schlimm ist es nicht.“ Heute empfinde ich beim Sex wieder Lust. Aber ich achte sehr auf mich – denn ich möchte das Risiko einer Co-Infektion mit irgendeiner anderen Krankheit so gering wie möglich halten.

Bevor ich mit jemandem Sex habe, sage ich ihm immer, dass ich HIV-positiv bin. Ich sage es, sobald ich das Gefühl habe, da könnte was laufen. Das war am Anfang nicht einfach – aber inzwischen habe ich keine Angst mehr davor, einen Korb zu bekommen. Ich kann sogar verstehen, wenn jemand einen Rückzieher macht, denn ich weiß selber nicht, wie ich früher damit umgegangen wäre.

Die Szene ist ein für mich ein zweischneidiges Schwert
Ich gehe gern und oft in die Szene. Das bedeutet für mich Freiheit, weil’s eben eine Welt ist, wo man so sein kann, wie man ist – egal, ob man jetzt schwul ist, bisexuell, oder hetero. Das alles spielt da kaum eine Rolle – da gibt’s einfach nur Party! Alles mischt sich. Zugleich bedeutet Szene für mich aber, mich mit anderen Leuten austauschen zu können, die auch homosexuell sind.

Leider gibt es in der Szene auch viel Oberflächlichkeit und Intoleranz. Manche Leute glauben offenbar, dass man da nur hingehen darf, wenn man gut aussieht, wenn man cool ist oder tolle Klamotten anhat. Das sehe ich ganz anders! Schwule fordern Toleranz, verbreiten aber untereinander sehr viel Intoleranz. Deswegen ist Szene für mich ein zweischneidiges Schwert: Es macht Spaß, da hinzugehen für ein paar Stunden. Aber ich muss jetzt nicht montags bis sonntags jeden Abend in eine schwule Kneipe gehen – das wäre zu viel des Guten. Die Mischung macht’s.

HIV-Testwochen wieder ab 1. Oktober

Ab 1. Oktober startet die Kampagne „ich weiss, was ich tu!“ der Deutschen Aids-Hilfe wieder die „HIV-Testwochen“.

Vom September bis November 2009 fanden sie zum ersten Mal statt, die „HIV-Testwochen“ der Kampagne „ich weiss, was ich tu!“ der Deutschen Aids-Hilfe. 2010 folgt die Fortsetzung, vom 1. Oktober bis zum 15. November werden im Rahmen der Kampagne zum zweiten Mal bundesweite Testwochen stattfinden.

HIV - Testwochen
HIV - Testwochen

Im Jahr 2009 konnten im Rahmen der „HIV-Testwochen“ in allen 16 Bundesländern insgesamt 63 Testangebote in 51 Städten realisiert werden. Knapp 3.000 Personen beteiligten sich, knapp 60% davon Männer, die Sex mit Männern haben.

Für das Jahr 2010 sind für die „HIV-Testwochen“ vermehrt ‚aufsuchende‘ Testangebote geplant. Auch die Testwochen 2010 sollen sich wie schon 2009 schwerpunktmäßig an Männer wenden, die Sex mit Männern haben. Über alle Angebote und Termine wird ein gemeinsamer „Testkalender“ informieren.

weitere Informationen:
Kampagne „ich weiss, was ich tu!
.

Keine glatten Typen

ICH WEISS WAS ICH TU ist die in vielerlei Hinsicht innovative Kampagne der Deutschen AIDS-Hilfe für Schwule, Bisexuelle und andere Männer, die Sex mit Männern haben. Die Kampagne stößt auch außerhalb Deutschlands auf großes Interesse. Ein Interview mit Kampagnen-Manager Matthias Kuske

Herr Kuske, im vergangenen Jahr haben Sie die Kampagne ICH WEISS WAS ICH TU unter anderem in Polen, Bulgarien und Russland vorgestellt. Leisten Sie schwule Entwicklungshilfe?
Nein, wir wollen niemandem zeigen, wie’s geht. Wir wollen voneinander lernen. Die Deutsche AIDS-Hilfe hat zwar viele Jahre Erfahrung in Sachen HIV-Prävention, aber die lassen sich nicht so einfach exportieren. Wir präsentieren einfach unsere Ideen und tauschen uns mit den Kollegen darüber aus.

Woher kommt das Interesse an IWWIT?
Die Botschaft ist sehr zeitgemäß: Lasst uns ins Gespräch kommen und gemeinsam schauen, wie wir die Verbreitung von HIV verhindern können! Zum Beispiel lassen wir Rollenmodelle sprechen, um zu zeigen, wie unterschiedlich man mit Lust, Risiken und Chancen umgehen kann. Allerdings kann man gerade diesen Hauptbestandteil von ICH WEISS WAS ICH TU in vielen osteuropäischen Ländern nicht umsetzen.

Warum nicht?
Weil man dort nur wenige Menschen findet, die sich offen hinstellen und sagen: „Ich bin positiv.“ Oder auch nur: „Ich bin schwul.“ Es hilft unseren Partnerorganisationen, wenn sie erfahren, dass die Situation für Schwule in Deutschland in den 60er und 70er Jahren ähnlich schwierig war.

Welche Unterschiede gibt es noch?
In Deutschland können wir auf eine schwule Szene zurückgreifen, die immer den Großteil der Präventionsarbeit geleistet hat – und es immer noch tut. Das versuchen wir auch zu vermitteln: Eine selbstbewusste schwule Community erleichtert die Arbeit enorm.

Welche Fragen müssen Sie häufig beantworten?
Wir diskutieren oft über unsere Rollenmodelle – vor allem wegen ihrer authentischen und komplexen Botschaften. Manche Leute würden lieber nur die ganz einfachen Safer-Sex-Botschaften hören. Sie wollen ein Vorbild, das einfach nur sagt: So läuft’s. Aber gerade so soll ICH WEISS WAS ICH TU nicht sein!

Wie dann?
Wir wollen dazu anregen, dass sich die Leute ehrlich und ohne Scheuklappen über Lust und Risiken austauschen. Dabei orientieren wir uns an den schwulen und bisexuellen Lebensrealitäten, zum Beispiel an verschiedenen Beziehungskonzepten von der romantischen Zweierkiste bis hin zu offenen Beziehungen. Unsere Rollenmodelle sind deshalb keine glatten Typen, und sie nehmen kein Blatt vor den Mund. Dieses Konzept stößt insgesamt auf große und zunehmende Akzeptanz. Das sehen wir auch daran, dass uns immer mehr Leute auf Themen ansprechen, die sie auf www.iwwit.de entdeckt haben – und es bewerben sich immer mehr Männer als Rollenmodelle.

www.iwwit.de

(Pressemitteilung der DAH)

HIV & Aids in Deutschland 2009 – HIV-Neudiagnosen stabil (akt.)

2.856 Menschen haben sich im Jahr 2009 neu mit HIV infiziert. Dies geht aus dem ‚Jahresbericht 2009 zu HIV und Aids in Deutschland‘ hervor, den das Robert-Koch-Institut soeben veröffentlicht hat.

„Keine nennenswerte Veränderung bei der Gesamtzahl der HIV-Neudiagnosen“ meldet das Robert-Koch-Institut. 2.856 Menschen haben sich im Jahr 2009 neu mit HIV infiziert (2008: 2.843); bei 489 Menschen wurde 2009 eine Neu-Erkrankung  an Aids berichtet (mehrere Diagnosejahre) .
Der umfangreiche „Jahresbericht 2009 zu HIV und Aids in Deutschland“ wurde im Epidemiologischen Bulletin Nr. 22 /2010 des Robert-Koch-Instituts (RKI) veröffentlicht.

„Der Jahresbericht im Epidemiologischen Bulletin 22/2010 beschreibt die Entwicklung und die Situation bei den HIV-Infektionen und AIDS-Erkrankungen im Jahr 2009. Tabellarische und grafische Übersichten ergänzen und veranschaulichen die Auswertungen aus den Meldedaten.“

Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) stellen unverändert die größte Gruppe unter den HIV-Neudiagnosen. Zur Verteilung auf die unterschiedlichen Gruppen vermeldet das RKI

„Betrachtet man die Entwicklung der HIV-Neudiagnosen in den verschiedenen Betroffenengruppen, so steigt die absolute Zahl der HIV-Neudiagnosen bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr (2008) geringfügig um 3,3 % an (von 1.575 auf 1.629); die Zahl der Personen mit Angabe eines heterosexuellen Infektionsrisikos (HET) nimmt ebenfalls um 3,2 % zu (von 410 auf 423). Bei Konsumenten intravenös verabreichter Drogen (IVD) ging die Zahl neu diagnostizierter HIV-Infektionen um 20 % zurück (von 125 auf 100), bei Migranten aus Hochprävalenzländern (HPL) um 6,3 % (von 300 auf 281). Die Zahl der HIV-Neudiagnosen, bei denen keine Angabe zum Infektionsrisiko vorliegt (k. A.), bleibt praktisch konstant (417 vs. 412).
Die Absolutzahl der HIV-Neudiagnosen bei Frauen in Deutschland (n = 461) hat sich gegenüber dem Vorjahr (n = 465) nicht verändert, die Zahl der HIVNeudiagnosen bei Männern steigt leicht von 2.348 auf 2.377 an“.

Zur regionalen Entwicklung der HIV-Neudiagnosen sowie der Altersverteilung bei MSM bemerkt das RKI

„Die größten Veränderungen wurden in Hamburg (Anstieg von 91 auf 137), Rheinland-Pfalz (Anstieg von 32 auf 49), Berlin (Rückgang von 338 auf 313) und Mecklenburg-Vorpommern (Rückgang von 19 auf 10) registriert.“

„Berücksichtigt man die rückläufige Größe der jüngeren Alterskohorten, ergibt sich im Jahr 2009 die höchste Zahl an HIV-Neudiagnosen pro 100.000 Männer in der Altersgruppe der 25- bis 29-jährigen MSM, gefolgt von den 30- bis 39-jährigen und dann bereits von den 21- bis 24-jährigen.“

Der Jahresbericht geht auch auf die (gezielt an MSM gerichteten) ‚iwwitTestwochen‚ (September bis November 2009) ein:

„Bundesweit wurden 63 Testangebote in 51 Städten und allen 16 Bundesländern realisiert … Die Testwochen hatten insgesamt knapp 3.000 Teilnehmer, davon ca. 57 % MSM. … Insgesamt 66 bestätigt positive HIV-Tests wurden im Rahmen der Testwochen berichtet. Bezogen auf die Gesamtzahl der 2.535 berichteten durchgeführten HIV-Tests bedeutet dies eine Positivenrate von 2,6 %.“

Das RKI sieht „keine Anhaltspunkte dafür, dass sich im Zeitraum der Testwochen …die Anzahl von gemeldeten HIV-Erstdiagnosen verglichen mit den vorangegangenen Jahren wesentlich verändert hat“.

Das RKI veröffentlicht auch erste Daten der „HIV Inzidenz-Studie“, die Aufschluss darüber liefern soll, wie hoch der Anteil der kürzlich (vergangene fünf Monate) erworbenen HIV-Infektionen unter den HIV-Neudiagnosen ist. Aufgrund der Daten einer ersten Zwischenauswertung (Zeitraum 1.3.2008 bis 28.2.2009; 1.512 Proben von gesicherten Erstdiagnosen, Proben „weitgehend repräsentativ für alle HIV-Neudiagnosen in Deutschland“) stellt das RKI fest

„Der Anteil kürzlich erworbener („rezenter“) HIV-Infektionen betrug bei Probanden aus der Gruppe MSM 36 %, bei i. v. Drogengebrauchern 37 %, bei Menschen mit heterosexuellem Transmissionsrisiko 31 % und 15 % bei Personen, die aus Hochprävalenzregionen stammen.
Erhöhte Anteile rezenter HIV-Infektionen wurden vor allem bei jüngeren Probanden (< 30 Jahre) gemessen (z. B. 54 % rezente Infektionen bei MSM < 30 Jahre in Berlin).“

Die Daten des Jahresberichts (außer Inzidenzstudie) basieren auf Meldungen an das RKI bis zum 01.03.2010.

Update 07.06.2010 22:30 Uhr: Die DAH sieht sich in ihrer Arbeit bestätigt:

„Wir begrüßen, dass sich seit 2007 der in den Jahren davor beobachtete Anstieg der HIV-Neudiagnosen deutlich verlangsamt hat. Die Zahl der Neudiagnosen bei Männern, die Sex mit Männern haben, ist im Berichtszeitraum nur geringfügig um 3,3 Prozent angestiegen,“ so Jörg Litwinschuh, Pressesprecher der Deutschen AIDS-Hilfe. „Wir sehen den Erfolg unserer Konzepte der strukturellen Prävention bestätigt – insbesondere unserer zielgruppenspezifische Kampagne ICH WEISS WAS ICH TU zur Intensivierung der HIV-Prävention und Gesundheitsförderung bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM): www.iwwit.de.“

weitere Informationen:
HIV-Infektionen und AIDS-Erkrankungen in Deutschland
Jahresbericht zur Entwicklung im Jahr 2009 aus dem Robert Koch-Institut
in: Epidemiologisches Bulletin 22/2010
aidshilfe.de 07.06.2010: HIV/AIDS-Jahresbericht: keine nennenswerte Veränderung bei HIV-Neudiagnosen

ich weiss was ich tu: Facelifting für Internetauftritt der erfolgreichen HIV-Präventions-Kampagne

„ich weiss, was ich tu!“, die bundesweite HIV-Präventionskampagne der Deutschen Aids-Hilfe, wartet seit dem 8. März mit einem neu gestalteten Internetauftritt auf.

Ab 8. März 2010 erstrahlt die Internetseite der HIV-Kampagne „ich weiss was ich tu!“ in neuem Glanz. nach einem kompletten ‚Facelifting‘ stehen vereint unter einer frisch renovierten Startseite zahlreiche neue Funktionen zur Verfügung.

Sebastian, eines der Rollenmodelle von 'ich weiss, was ich tu!'
Sebastian, eines der Rollenmodelle von 'ich weiss, was ich tu!'

Die Neuigkeiten auf www.iwwit.de im Einzelnen:
– Die Site wurde umgestellt um auf Blogstruktur. Das ermöglicht noch mehr aktuelle Berichterstattung in den neuen Rubriken „Gesund und munter“, „Sex und Beziehung“, „Medizin und Forschung“, „Szene und Gesellschaft“, „Kultur und Kult“ sowie natürlich „IWWIT und Co.“
– Jetzt kann jeder Rollenmodell werden: In der neuen Rubrik „Ich weiß was ich tu, weil …“ können User Kommentare und Fotos hochladen.
– Die Startseite hat ein übersichtliches neues Layout bekommen. Darin finden User das Blog, Kampagnen-News, aktuelle Videos, die letzten User-Kommentare und vieles mehr.
– User können sich auch im Blog verewigen – mit eigenen Berichten, Fotos und Videos.
– Heiße Diskussionen sind erwünscht: Alle Blogbeiträge dürfen selbstverständlich kommentiert werden.
– Mit einer neuen Filterfunktion kann man jetzt Rollenmodelle gezielt nach Themen suchen, zum Beispiel in den Kategorien „Jungspunde“, „Leben mit HIV“, „Beziehungskisten“ oder „Safer-Sex-Strategen“.
– und, ganzer Stolz der Initiatoren, Videos in Gebärdensprache, die mit dem gehörlosen Rollenmodell Christian aus Hamburg produziert wurden.

Relaunch

Die Internetseite www.iwwit.de ist Herzstück der bundesweiten HIV-Präventionskampagne „ich weiss, was ich tu!“.

die neu gestaltete 'ich weiss was ich tu' - Kampagnen-Seite (Screenshot)
die neu gestaltete 'ich weiss was ich tu' - Kampagnen-Seite (Screenshot)

„Ich weiss was ich tu“ wurde am 13. Oktober 2008 in Berlin gestartet. DAH-Vorstand Carsten Schatz bezeichnete in seiner Rede zum Start ‚die Kampagne ‚ich weiss was ich tu!‘ als Meilenstein auf dem Weg zur Modernisierung der HIV- und STD-Prävention in Deutschland‚.

Die Kampagne selbst erläutert ihre Ziele:

„Unsere Kampagne reagiert auf das Ansteigen der HIV-Neuinfektionen. Wir wollen uns mit euch über HIV/Aids und andere sexuell übertragbare Krankheiten auseinandersetzen:
– warum ist es wichtig, dass ich mich schütze?
– Wie schütze ich mich überhaupt richtig?
– Was heißt es heute, HIV-positiv zu sein?
– Was bedeutet Safer Sex heute, wenn HIV und Aids zu einer schweren chronischen Erkrankung geworden sind?“

.

siehe auch:
ich weiss, was ich tu! www.iwwit.de
.

Verantwortung stärken, Angebote ausweiten- Mehr Mut bei der AIDS-Prävention

Verantwortung stärken, Angebote ausweiten. Mehr Mut bei der AIDS-Prävention

Zum Welt-AIDS-Tag 2009 erklärt Axel Blumenthal, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Die Zahl der HIV-Neuinfektionen unter Männern, die Sex mit Männern (MSM) haben, hat sich im vergangenen Jahr stabilisiert. Das ist ein Beleg für die qualitativ gute zielgruppenspezifische Arbeit der Deutschen AIDS-Hilfe. Ein Warnsignal ist hingegen der Anstieg der Syphilis-Infektionen. Es zeigt, dass die Bemühungen zur Aufklärung über HIV/AIDS und andere sexuell übertragbare Krankheiten verstärkt werden müssen.

Die neue Regierung sollte dringend die sachfremden und rigiden Beschränkungen aufheben, denen die Präventionsarbeit für MSM bislang unterliegt. Es müssen adäquate, zielgruppenspezifische, barriere- und diskriminierungsfreie Möglichkeiten der Information und Aufklärung geschaffen werden.

Wir fordern, dass die vielversprechende „Ich weiß was ich tu“ -Kampagne der Deutschen Aidshilfe auch in Mainstream-Medien beworben werden darf. Bisher wurde hierauf – mit falscher Rücksicht auf konservative Teile der Gesellschaft – verzichtet. Es darf nicht sein, dass Männer, die sich gar nicht als schwul verstehen, erst nach Informationen suchen müssen.

Auch der Öffentliche Gesundheitsdienst muss das Angebot erweitern. Vielfach fehlen kostenlose und anonyme Screenings für sexuell übertragbare Krankheiten. Außerdem müssen Fortbildungsangebote genutzt und erweitert werden. Nicht zuletzt sollte auch die Ärzteschaft stärker in die Verantwortung einbezogen werden. Fehlende oder gar falsche Beratung, verpasste Untersuchungen oder nicht diagnostizierte Infektionen mit Syphilis und Tripper werfen kein gutes Licht auf die Beratungsstandards. Es kann nicht angehen, dass es immer noch ein Glücksfall ist, jemanden finden zu können, der den Betroffenen diskriminierungsfrei hilft.

Männer, die Sex mit Männern haben, kann man nur erreichen, wenn man die Aufklärungswelt nicht einfach streng in homo und hetero teilt. Das Leben ist vielfältig, die Präventionsarbeit sollte es auch sein.

(Pressemitteilung des LSVD)

Zwischen Aufbruchstimmung und Party – Harrys Erfahrungen als Rollenmodells

Harry ist Rollenmodell der Kampagne „ich weiß was ich tu“, lebt in einer offenen Beziehung und macht diese auch zu seinem Thema. Mit „Ich liebe meinen Mann und mach’s auch mit anderen“ wurde Harry in Anzeigen und auf Postkarten abgedruckt. Mit diesen war er inzwischen ehrenamtlich auch auf mehreren CSDs in Deutschland unterwegs.

Harry, auf wievielen CSDs warst du dieses Jahr?

Das waren sieben CSDs von Hamburg bis Konstanz und von Köln bis Berlin, quer durch die Republik.

Hat’s Spaß gemacht?

Oh ja sehr, ich habe viele Menschen kennenlernen dürfen. Aber auch zu oft Lady Gagas Pokerface hören müssen.

Wie reagierten die Menschen? Gab es Unterschiede zwischen den Städten?

Die meisten Menschen reagierten sehr positiv auf diese Kampagne, die so viele Facetten schwulen Lebens darstellt. Wobei zwischen den einzelnen Bundesländern und Städten auch Unterschiede wahrnehmbar waren. Die Berliner lockt ja kaum noch was hinterm Ofen hervor, dafür trifft man in Berlin sehr viele Menschen, die nicht aus Berlin sind. Die Süddeutschen nehmen einen schnell in den Arm, zieren sich aber auf offener Straße die Cruising Packs anzunehmen. Die Hamburger hatten eine ganz tolle eigene Graswurzel-CSD-Aktion-T-Shirt um den Demonstrationsstatus wieder mehr zu stärken. Die Kölner, naja, nachdem selbst die drei schwulen Oberbürgermeisterkandidaten sogar im Fernsehen sagten, sie seien nur wegen der Party dabei… In Hannover herrschte mit diesem ersten CSD Aufbruchstimmung. Und Braunschweiger erlebten ich den stärksten und besten Zuspruch zu dieser Kampagne. Außerdem ist der Burgplatz mit Burg und Dom ein unschlagbar gutes Ambiente!

Negative Rückmeldungen?

Ja, das auch. Mit meinem Inhalt provoziere ich ja durchaus bei den Menschen mit konservativen, romantisch verklärten Beziehungsideen. Die fanden mich nicht so klasse. Die heftigste negative Rückmeldung erhielt von jemanden, der war so hysterisch empört… der ist zugeschnappt wie so ne Auster wenn sie Gefahr wittert.

Hast du einen Unterschied bemerkt, wie hiv-positive und hiv-negative die Kampagne bewerten?

Wenn ich das so einfach sagen könnte. Die wenigsten geben in so einem Gespräch auf einem CSD-Straßenfest ihren Serostatus einfach mal so bekannt. Die Kampagne wird in der Regel als ganzes gelobt, wobei Einzelheiten gerne kritisiert werden.

Harry als Rollenmodell der DAH-Kampagne "ich weiss was ich tu!"
Harry als Rollenmodell der DAH-Kampagne "ich weiss was ich tu!"

Du sagst, einige hätten dein Motto als provozierend empfunden. Dein Motto als Rollenmodell der Kampagne „ich weiss was ich tu!“ war „Ich liebe meinen Mann – und mach’s auch mit anderen“. Welche Reaktionen kamen da genauer?

Nun, ich wurde schon öfter gefragt, warum ich in einer offenen Beziehung lebe. In der Regel antworte ich darauf: „Weil wir das so wollen.“ Darauf folgt nur allzuoft die Frage nach der Eifersucht, und die gibt es in meiner Beziehung glücklicherweise nicht.
Viele glauben ja, dass wenn sie voller Eifersucht ihre Beziehung gegen andere Menschen abschirmen, sie somit unbeschwerter miteinander Sex haben können. Sie bilden sich ein, sexuelle Monotonie mit einem Partner sei ein Garant für ein Leben ohne sexuell übertragbare Krankheiten.
Doch ich denke, dass ist ein Trugschluss. Viele ach so treue Lebenspartner vögeln trotzdem rum. Dann gibt es Streit, sie trennen sich und sind wieder Single. Und dann? Haben sie dann wieder hundertprozentigen vorbildlichen Safer Sex wie aus dem Bilderbuch? Bestimmt nicht. Ob man nun als Single Sex hat, in und um einer offenen Beziehung oder in und um einer verschlossenen Beziehung, jedes mal birgt der Sex Risiken.

Egal welche Single- oder Beziehungsform man nun lebt, jeder wird sich bei der Offenbarung eines positiven Testergebnisses wundern. In der Regel versucht man ja gesund zu bleiben. Keiner zieht sich wissentlich und beabsichtigt Krankheiten zu (Ausnahmen bestätigen die Regel, und für die gibt es dann spezielle Ärzte).

Vielen Dank für das Interview!

Premiere des neuen ‚Jung Positiv‘ -Spots

Im Umfeld des Europäischen Aids-Kongresses wurde am 12. November in Köln der neue Präventions-Spot des Kölner Projektes ‚Jung Positiv‘ vorgestellt.

‚Jung Positiv‘ ist ein Projekt Jugendlicher und junger Erwachsener zwischen 15 und 27 Jahren, HIV-positiv und HIV-negativ, überwiegend schwul.

Der neue Spot des Projekts beschäftigt sich mit der Suche nach Sex über das Internet:

„Ein junger Mann begibt sich im Chat auf die Suche nach (sexuellen) Abenteuern. Das passiert in Deutschland täglich Tausende Male, und deswegen ist es die Ausgangssituation des neuen JuPo-Spots. Er thematisiert die virtuelle Welt des Internet mit typischen Haltungen in Bezug auf HIV, den damit verbundenen Ansteckungsrisiken sowie den Möglichkeiten, damit umzugehen. Temporeich, jugendgerecht und zielgruppenorientiert deckt der Spot Mythen und Widersprüche auf – und das alles, ohne Angst zu machen oder mit dem erhobenen Zeigefinger daher zu kommen.“

Die 2003 gegründete Gruppe hat sich zum Ziel gesetzt, mit Filmen Prävention bei Jugendlichen zu betreiben. Die Filme werden in Jugendzentren, Schulen oder Diskotheken gezeigt und können auf der Internetseite des Projekts auf DVD oder VHS bestellt werden.

Seit 2009 kooperiert das Projekt ‚Jung Positiv‘ mit der Kampagne „ich weiss was ich tu!“ der Deutschen Aids-Hilfe DAH.

DAH-Kampagnen-Manager Matthias Kuske dazu:

„Die Verleihung des Preises für den JuPo-Spot 2007 zeigt, wie wichtig und erfolgreich es ist, junge Schwule in die Präventionsarbeit einzubeziehen und sie erzählen zu lassen, wie sie mit dem Thema HIV heute umgehen. Das passt perfekt zu „ich weiss was ich tu!“. Auch unsere Kampagne arbeitet mit Rollenmodellen, Menschen aus dem echten Leben. Wir freuen uns darum ganz besonders über die Auszeichnung für JuPo und darüber, dass wir seit diesem Jahr mit dem Projekt kooperieren!“

‚Jung Positiv‘ wurde auch im Rahmen des Europäischen Wettbewerbs „HIV visible“ prämiert. Der Clip „Ein perfekter Tag“ aus dem Jahr 2007 wurde mit einem Preis ausgezeichnet.

weitere Informationen:
Internetseite des Projekts ‚Jung Positiv
.

Deutsche AIDS-Hilfe startet „ICH WEISS WAS ICH TU“-Testwochen

Deutsche AIDS-Hilfe startet „ICH WEISS WAS ICH TU“-Testwochen
Ziel ist, mehr unentdeckte HIV-Infektionen zu erkennen

Von September bis November 2009 finden im Rahmen der „ICH WEISS WAS ICH TU“- Kampagne der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. (DAH) bundesweite HIV-Testwochen statt: Während dieses Zeitraums werden durch fast 90 Projekte Test- und Beratungsangebote zu HIV und teilweise auch zu anderen sexuell übertragbaren Krankheiten (STDs) beworben und durchgeführt. Diese Testwochen richten sich gezielt an schwule, bisexuelle und andere Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Erreicht werden sollen vor allem HIV-Infizierte, die noch nichts von ihrer Infektion wissen, Männer mit erhöhtem Risikoverhalten sowie Männer, die Testangebote bisher eher nicht in Anspruch genommen haben. Von den ca. 63.500 HIV-Infizierten in Deutschland weiß laut Expertenschätzung jeder Dritte nicht von seiner Infektion und ist dadurch für die Botschaften der HIV-Prävention nicht ausreichend erreichbar.

Dazu erklärt Carsten Schatz, Mitglied im Bundesvorstand der Deutschen AIDS-Hilfe:  „Ziel der Testwochen ist es, Männer zu motivieren, sich Klarheit zu verschaffen, ob sie HIVnegativ oder HIV-positiv sind. Wenn wir nun durch unsere konzertierte Aktion helfen, bisher verdeckte Infektionen aufzudecken, dann ist das ein großer Erfolg im Rahmen unserer langfristigen und nachhaltigen Strategien in der Prävention: Je früher die eigene HIV-Infektion bekannt ist, desto effektiver kann schweren Folgen einer HIV-Infektion begegnet werden. Die modernen Therapien können das HI-Virus gut in Schach halten, vor allem, wenn sie rechtzeitig eingesetzt werden. Durch die zunehmende Bereitschaft in der Zielgruppe, sich mit einem positiven HIV-Test auseinanderzusetzen, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Anstieg der beim Robert Koch Institut (RKI) gemeldeten Neudiagnosen kommen. Dies wäre kein Misserfolg, sondern im Gegenteil ein Erfolg unserer Arbeit: Denn wer über seine Infektion Bescheid weiß, kann sich und andere besser schützen und gegebenenfalls eine medikamentöse Therapie beginnen. So können wir nachhaltig und langfristig die Infektionszahlen senken.“

Matthias Kuske, DAH-Kampagnenmanager: „An der Umsetzung der in Europa bisher einmaligen HIV-Testwochen sind insgesamt 86 Organisationen beteiligt: Dies sind 48 Aidshilfen, 38 Gesundheitsämter und Vereine der schwulen Selbsthilfe sowie Landesverbände der Aidshilfen. In vielen dieser Einrichtungen wird der sogenannte HIV-Schnelltest angeboten, der bereits innerhalb von wenigen Minuten ein Ergebnis ermöglicht. Insgesamt gibt es während der IWWIT-Testwochen bundesweit 533 einzelne Veranstaltungen, in denen der Test einschließlich der obligatorischen Testberatung erfolgt. Die Deutsche AIDS-Hilfe startet „ICH WEISS WAS ICH TU“-Testwochen Ziel ist, mehr unentdeckte HIV-Infektionen zu erkennen.

Testangebote an 61 Testorten im gesamten Bundesgebiet sind bewusst niedrigschwellig: Viele Angebote sind z.B. direkt in Einrichtungen der schwulen Szene zu finden, um Männer zu erreichen, die sonst eher nicht
zum Test gehen. Das obligatorische Beratungsangebot vor dem Test kann zudem falsche Bewertungen in der Risikoeinschätzung korrigieren und damit die Primärprävention stärken.“
Alle Hintergrundinformationen (z.B. über die Qualitätsstandards beim Test) und die Kontaktdaten der beteiligten Partner sowie Orte und Zeitpunkte der Test-Angebote finden Sie im Internet unter www.iwwit.de/testwochen.

(Pressemitteilung der deutschen AIDS-Hilfe)

Wissen, Einstellungen und Risikoverhalten bei Nutzern eines HIV-Testangebots in Köln

In wenigen Tagen beginnen die iwwit-Testwochen. Testangebote bestehen in einigen Städten bereits seit längerem. Im Epidemiologischen Bulletin wird über erste Erfahrungen aus Köln berichtet.

Ab 1. September 2009 bewirbt die Deutsche Aids-Hilfe (DAH) mit den iwwitt-Testwochen gezielt und bundesweit die bestehenden Testangebote auf HIV und andere STDs. Mit dieser Aktion will die DAH den HIV-Test und Tests auf andere sexuell übertragbare Infektionen (STDs) in den Fokus ihrer erfolgreichen Präventionskampagne „ich weiss was ich tu!„“ (iwwit) rücken.

Im Epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts wird in der Ausgabe 34 / 2009 über erste Erfahrungen eines Test-Angebots in Köln (Checkpoint / Check-Up) berichtet.

Dargestellt werden Ergebnisse von Testangeboten an vier Abenden im November / Dezember 2008. Hierbei wurden 162 Personen erreicht, bei 157 wurden Schnelltests durchgeführt. Als Haupt-Zielgruppe des Angebots bezeichnet der Bericht

„Männer, die (auch) Sex mit Männern haben, unabhängig davon ob sie sich als homosexuell (schwul) beziehungsweise bisexuell bezeichnen, oder diese Kategorien für sich ablehnen“ (MSM).

Diese Zielgruppe wurde mit 74% der Test-Teilnehmer erreicht (24% mit Migrations-Hintergrund; 23% erstmaliger HIV-Test). In acht Fällen wurde ein positives Ergebnis des Schnelltests festgestellt, dies wurde in 7 Fällen durch eine Laboruntersuchung bestätigt. Zwei Personen holten das Ergebnis des Bestätigungstests nicht ab.

Der Bericht beschäftigt sich ausgiebig mit dem Umgang mit Risiken durch die getesteten Personen (Gründe für das Eingehen von Risiko-Situationen, Strategien der Risiko-Reduzierung, Beziehungsformen, Partnerzahlen etc.).

Explizit geht die Darstellung auch auf die Frage ein, in wie weit die Frage der Reduzierung der Infektiosität bei nicht nachweisbarer Viruslast in das individuelle Risikomanagement hat. Dies sei nur bei 2% der Fall gewesen, was u.a. mit der unterschiedlichen Wahrnehmung des EKAF-Statements durch HIV-Positive und HIV-Negative zu erklären versucht wird.

Der Report entwickelt die Hypothese, statt bewusst angesprochener Risiko-Informationen spiele eher eine „gefühlte Sicherheit“ eine Rolle als versuchte Risiko-Minimierungs-Strategie:

„Die im ersten Teil dargestellten Zahlen lassen vermuten, dass viele der Männer, die im Rahmen des Beratungs- und HIV-Schnelltest-Angebotes befragt werden konnten, die Sicherheit bei Sexkontakten nicht explizit verbal aushandeln (im Sinne einer „Negotiated Safety“), sondern sich häufig situativ auf eine eher „gefühlte“ Sicherheit verlassen.“

Das Kölner Test-Angebot scheint mit 74% (davon 23% erstmalig) die eigentliche Zielgruppe der Männer die Sex mit Männern haben gut zu erreichen – erfreulich im Vergleich zu Auswertungen eines anderen Testangebots, das deutlich niedrigere Raten hatte.

Erfreulich, dass auch die Frage reduzierter Infektiosität bei nicht nachweisbarer Viruslast (Viruslast-Methode) mit in dem Bericht betrachtet wird. Hingewiesen wird, dass nur 2% diese Frage mit in ihr Risikomanagement einbezogen. Wünschenswert wäre gewesen, wenn zur  Einordnung dieser niedrigen Rate auch Information dargestellt worden wäre, ob zu diesem Thema im Test-Gebiet (Köln) schon wirksame Informationen in den Zielgruppen zum Themengebiet „EKAF-Statement“ erfolgten.

weitere Informationen:
„Begleiterhebung von Wissen, Einstellungen und Risikoverhalten bei Nutzern von HIV-Testangeboten“ in Epidemiologisches Bulletin Nr. 34 24. August 2009
DAH-Blog 21. August 2009: BZgA und RKI warnen vor HIV-Heimtests
.

„Wer weiß, dass er HIV infiziert ist, hat heute einen gewissen Vorteil“ – die iwwit-Testwochen

Am 1. September starten im Rahmen der Präventionskampagne der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH) „Ich weiss was ich tu!“die bis Ende November dauernden „HIV-Testwochen“.
Dazu ein Interview mit Matthias Kuske, Kampagnenmanger von ICH WEISS WAS ICH TU:

Du reist mit Deinem Team gerade von einer Stadt zur nächsten. Die ICH WEISS WAS ICH TU-Kampagne ist stark auf den CSDs vertreten. Wie kommt die Kampagne aktuell bei den Männern, die Sex mit Männern haben, an?

Matthias Kuske: Momentan wird unsere ICH WEISS WAS ICH TU-Kampagne sehr stark deutschlandweit wahrgenommen. Viele Leute kommen jetzt erstmals mit der Kampagne direkt in Berührung. Das liegt daran, dass wir jetzt nicht nur über Anzeigen, Partys und Präventionsteams präsent sind, sondern zusätzlich mit unseren Wagen auf den meisten CSDs sehr stark vertreten sind. Unsere CSD-Wagen sind mit riesigen Bannern bespannt, auf denen die Rollenmodelle unserer Kampagne zu sehen sind. Das sorgt für große Aufmerksamkeit auf allen CSDs und kommt bei den Männern besonders gut an. Viele Leute werden dadurch auch auf unsere Kampagnenhomepage www.iwwit.de aufmerksam und lesen sich dort z.B. die Interviews mit den Kampagnenmodellen durch oder testen in einem Quiz, wie gut sie sich wirklich beim Thema Prävention auskennen. Auf den CSDs sind immer jemand aus unserem Kampagnenteam und mindestens eines der Rollenmodelle vor Ort mit dabei. Das erhöht die Authentizität der Kampagne.

Was macht ICH WEISS WAS ICH TU denn genau auf den CSDs?

MK: Wir sind nun seit Wochen schon auf fast allen CSDs in Deutschland präsent. Und immer zusammen mit den regionalen Teams, die die Präventionsarbeit vor Ort machen. Die regionalen Vor-Ort-Teams verteilen Informationsmaterial der Kampagne, sprechen Leute an, verteilen Cruising Packs. Häufig stellen wir die Kampagne auch bei den Empfängen, begleitenden Straßenfesten etc. kurz persönlich auf der Bühne vor. Die Rollenmodelle sind auf diesen Veranstaltungen für Fragen zur Kampagnen ansprechbar.

Matthias Kuske, Kampagnenmanger von ICH WEISS WAS ICH TU
Matthias Kuske, Kampagnenmanger von ICH WEISS WAS ICH TU

Du hast einen Flyer „HIV-Testwochen“ entwickelt, der auf einigen CSDs bereits verteilt wird. Testwochen klingt ja ziemlich auffordernd und auch ein wenig nach Werbekampagne. Um was handelt es sich hier eigentlich?

MK: Wir starten im Herbst vom 1. September bis zum 30. November die ICH WEISS WAS ICH TU-Testwochen. Mit dieser Aktion wollen wir den HIV-Test und Tests auf andere sexuell übertragbare Infektionen (STDs) in den Fokus rücken. Wir bewerben damit ganz gezielt und bundesweit die bestehenden Testangebote auf HIV und andere STDs, damit sich Männer, die Sex mit Männern haben, verstärkt testen lassen.

Bisher waren die Deutsche AIDS-Hilfe und die lokalen Aidshilfen eher zurückhaltend bei der Bewerbung der Testangebote. Warum wird der Test jetzt so stark propagiert?

MK: Da gibt es eine Reihe von Gründen. Aus Präventionsgesichtspunkten ist es zu begrüßen, wenn sich Menschen mit Risikoverhalten verstärkt testen lassen. Wenn man z.B. weiß, dass man HIV-positiv ist, kann man heute mit den Mitteln der antiretroviralen Therapie den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen und den Ausbruch von AIDS verhindern. Man hat heute bei HIV eine annähernd gleiche Lebenserwartung wie bei anderen chronischen Erkrankungen auch, vorausgesetzt, dass man gut therapiert wird. Wer also weiß, dass er HIV infiziert ist, hat heute einen gewissen Vorteil. Das war nicht immer so. Und wenn man weiß, ob man HIV-negativ oder -positiv ist, kann man sein Safer-Sex-Verhalten und seine Risikomanagementstrategien anpassen. Wir wissen, dass Menschen nach wie vor Angst vor dem Test haben, und wir möchten HIV auch nicht verharmlosen. Wir möchten der Krankheit aber den tödlichen Schrecken nehmen. Nur eine zeitgemäße und ehrliche Prävention erreicht die Männer heutzutage noch. Da bei den Tests immer auch eine Beratung angeboten wird, kann man dabei Informationen zu Risikoverhalten und Safer Sex setzen. Viele Männer wissen z.B. nicht, dass das Risiko, sich mit HIV zu infizieren um ein Vielfaches steigt, wenn man sich z.B. mit Syphilis infiziert hat oder wenn gerade Herpesbläschen am „Blühen“ sind. Die Leute wissen noch zu wenig, dass die Infektiösität – und damit das Risiko für andere – in den ersten Monaten der HIV-Infektion besonders hoch ist.

iwwit - Testwochen 01.09. - 30.11.2009
iwwit - Testwochen 01.09. - 30.11.2009

Wo können sich die Männer überhaupt testen lassen?

MK: Es gibt bundesweit eine Vielzahl an Projekten, die sich an den ICH WEISS WAS ICH TU-Testwochen beteiligen. Das sind viele Aidshilfen, Präventionsprojekte und auch einige Gesundheitsämter, die zielgruppenspezifische Angebote vorhalten. Gerade die Aidshilfen und die Präventionsprojekte gehen besonders sensibel auf schwule Männer ein. Nichts zuletzt, weil auch viele schwule Männern beraten und auch viele schwule Ärzte die Tests durchführen. Für viele Männer fällt dadurch die Hemmschwelle, die Testangebote auch wahrzunehmen und Fragen zu ihrem Sexleben und ihren individuellen Ansteckungsrisiken zu stellen. Man wird vor dem Test beraten und man kann auch hinterher mit den geschulten Experten reden. Alle Tests finden anonym statt.

Wo erfahre ich denn, welche Testangebote es überhaupt gibt?

MK: Seit Juli gibt es auf www.iwwit.de einen Bereich für unsere Testwochen, wo man alle Angaben zu den beteiligten etwa 50 Projekten in ganz Deutschland erfährt, die von September bis November im Rahmen der ICH WEISS WAS ICH TU-Kampagne mitmachen.

Kostet der Test etwas?

MK: Das ist von Region zu Region ganz unterschiedlich. Das kommt auch darauf an, welche verschiedenen Tests z.B. auf STD angeboten werden. Zum Teil wird der Standardtest angeboten, d.h. man bekommt eine Nummer und muss einige Tage auf sein Ergebnis warten. Zum Teil wird der Schnelltest angeboten, dessen Ergebnis man nach einer halben Stunde erfährt und wo es nur bei einem positiven Ergebnis zu einer erneuten Blutentnahme und einem Bestätigungstest kommt. All dies kann man sehr transparent aufgebaut auf www.iwwit.de nachlesen.

Wenn sich nun viele Leute testen lassen und vielleicht mehr HIV-Infektionen als bisher angenommen entdeckt werden – ist dies dann ein Erfolg der DAH-Präventionsarbeit oder eine Niederlage für die ICH WEISS WAS ICH TU-Kampagne?

MK: Das wäre auf jeden Fall ein „Erfolg“, weil wir ja die bisher nicht entdeckten Infektionen erkennen wollen, damit sich die Männer gegebenenfalls behandeln lassen und ihr Präventionsverhalten anpassen können. Je länger eine HIV-Infektion unentdeckt bleibt, desto größer ist die Gefahr irreparabler Gesundheitsschäden bis hin zum Ausbruch von AIDS. Auch die Therapieerfolge sinken, wenn man bereits jahrelang positiv war, da das Immunsystem dann schon sehr stark geschädigt sein kann. Viele ändern ihr Verhalten, wenn sie das Testergebnis kennen – egal ob es positiv oder negativ ausfällt. In der Testberatung bekommen die Leute Hilfestellungen, wie sie sich besser vor HIV und anderen STD schützen können. Manch einer hat nämlich ziemlich vage Vorstellung, was Safer Sex ist und was nicht. Abschließend: Die Testwochen können vorübergehend zu steigenden Neudiagnosezahlen führen, denn wir werden schließlich mehr unerkannte Infektionen entdecken. Das ist allen Beteiligten klar.

Interview: Jörg Litwinschuh, Deutsche AIDS-Hilfe

Foto Matthias Kuske: Manoploy

‚Jung Positiv‘ – der Film

‚Jung Positiv‘ – ein neuer Film berichtet über Leben und Probleme junger schwuler Männer mit HIV.

Beim Start der bundesweiten Präventionskampagne „ich weiss, was ich tu!“ am 13. Oktober 2008 in Berlin wurde auch weltweit erstmals der Film „Jung Positiv“ gezeigt.
Der Film ist das gemeinsame Projekt von 15 jungen HIV-positiven Schwulen und entstand aus dem Projekt ‚JuPo‘ heraus.

'Jung Positiv' - Darsteller bei der Premiere des Films am 13.10.2008 in Berlin‚Jung Positiv‘ schildert in dokumentarischem Stil das Leben junger Positiver. Dabei geht er weniger auf die medizinischen Faktoren als vielmehr auf soziale Probleme ein. Die Frage der Toleranz, des ’nicht an den Rand gedrängt Werdens‘ erweist sich als eines der zentralen Themen, das junge Positive auf vielfältige Weise beschäftigt.

Coming Out, offen positiv sein, und mögliche Folgen eines positiven Coming-Outs beschäftigen viele. So beschreibt Markus, wie sich der Umgang mit ihm durch sein offenes Auftreten als HIV-Positiver verändert hat, und beklagt „ich bin doch in erster Linie Mensch, und nicht das Virus – das vergessen viele“.

Die meisten der im Film portraitierten jungen Positiven haben einen Weg gefunden, offen mit ihrem HIV-Status umzugehen. So formuliert einer von ihnen „die Entscheidung, es offen zu sagen kam relativ früh. Sonst hätte ich ja immer aufpassen müssen, wer weiß was. Es hätte mich irgendwann erdrückt.“

'Jung Positiv' - Darsteller bei der Premiere des Films am 13.10.2008 in BerlinTrotz ihres Mutes, jeder aus seine Weise  mit HIV umzugehen, erleben sie vielfache Formen von Diskriminierungen. „Gerade in der Gay-Szene gibt es Leute, die mit dem Finger auf einen zeigen – gerade da, wo man es am wenigsten erwartet“, entrüstet sich einer der Protagonisten. Auch die Partnersuche erweist sich als schwierig – solange man offen mit HIV ist. „Du sagst es, und schon ist alles verpufft.“

Die jungen Positiven des Films haben auch Zukunftssorgen, die HIV ihnen erst macht, und nicht nur medizinisch gesehen: So berichtet ein junger Mann, der im Kfz-Gewerbe gelernt hat, „Meister machen – der Traum ist geplatzt. Wer gibt mir schon noch einen Kredit, als Positiver? Die verlangen ja eine Lebensversicherung als Sicherheit. Und die bekomm‘ ich mit HIV doch nicht.“

'Jung Positiv' - Darsteller bei der Premiere des Films am 13.10.2008 in Berlin
„Jung Positiv“ ist entstanden um das Projekt JuPo herum.
Dieses bereits 2003 ins Leben gerufene Filmprojekt ‚JuPo – Jung und Positiv – das Präventionsfilmprojekt‚ beschreibt sich selbst „Das JuPo-Präventionsprojekt ist ein Filmprojekt von Jugendlichen und jungen Erwachsenen zum Thema HIV. Wir sind etwa 22 junge Leute zwischen 15 und 27, wir sind HIV negativ und HIV positiv und wir sind schwul, lesbisch, bi und hetero“. Frühere Filmprojekte von JuPo gibt’s auf der Site des Projekts als Download.

Der Film ‚Jung Positiv‘ ist Teil der Bundeskampagne ‚ich weiss, was ich tu!‘ der Deutschen Aids-Hilfe und hatte am 13. Oktober in Berlin seine Uraufführung.

Der Film steht derzeit als DVD zur Verfügung und wird ab ca. Anfang November 2008 als Stream auf der Site der Präventionskampagne ‚ich weiss, was ich tu!‘ unter www.iwwit.de online zu sehen sein.

‚Wir unterstützen nachhaltig diese Kampagne‘ – Prof. Pott (BZgA)

„Es geht um das Leben. Zwar das Leben mit einer Krankheit, aber eben nicht um das Sterben“, skizzierte Elisabeth Pott die Ausgangssituation der neuen Präventionskampagne ‚ich weiss, was ich tu!‚.

Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), betonte, man stehe vor ganz großen neuen Herausforderungen.

Auch heute sei es -nicht nur fernab, im Ausland, sondern auch in Deutschland- die Situation noch so, dass keineswegs jeder offen schwul sein kann, offen mit HIV leben kann, ohne diskriminiert zu werden. Die Kampagne leiste einen wesentlichen Beitrag dazu, Aids in der heutigen Zeit, mit den heutigen Lebenssituationen ein Gesicht zu geben und Identifikationsmöglichkeiten zu schaffen. Dies sei ein zentrales Anliegen und sehr gut gelungen an der neuen Kampagne. Und genau dies sei auch Voraussetzung für wirksame Prävention.

Die BZgA habe die DAH seit langem unterstützt und werde dies auch weiterhin tun. „Nur wenn die Regierung hinter einem solchen Programm steht und es auch mit verantwortet und trägt, glaube ich dass wir in der Gesellschaft erreichen können, dass diese Dinge sich auch weiterhin durchsetzen …“, wandte sich Pott an die ebenfalls anwesende Marion Caspers-Merck, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium.

Niemand nehme daran Anstoß, dass in bestimmten Tageszeitungen beinahe täglich eine nackte Frau abgebildet werde. „Aber wenn gute Kommunikationsarbeit gemacht werden muss, die dem Lebensschutz dient, die dem Schutz vor Krankheiten dient, dann sind viele sehr schnell dabei zu kritisieren ob man das denn wirklich so sagen muss, ob man das wirklich so zeigen muss“. Dieser Kampf sei schon über viele Jahre geführt worden.

Man habe bereits einen langen insgesamt erfolgreichen Weg zusammen zurück gelegt, beschrieb Pott die bisherigen Jahre der Zusammenarbeit von BZgA und DAH. Es sei eine lange ‚Ehe‘ zwischen Bundeszentrale und Aidshilfe – auch mit Schwierigkeiten, wie in jeder normalen Ehe. Ein Gefühl von Silberhochzeit könne sie beinahe überkommen, betonte Pott – und erhielt aus dem Publikum den Zuruf „ich will die Scheidung!“.

[flashvideo file=“wp-content/uploads/Videos/iwwit20081013Pott.flv“ /]

Video: Rede Prof. Pott (BZgA) anlässlich des Starts der bundesweiten Präventionskampagne ‚ich weiss, was ich tu!‘

Länge 5:35 min.

‚ich weiss, was ich tu!‘ ist ein Meilenstein – Rede Carsten Schatz

‚Die Kampagne ‚ich weiss, was ich tu!‘ ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Modernisierung der HIV- und STD-Prävention in Deutschland“. Darauf wies Carsten Schatz, Mitglied des Vorstands der Deutschen Aidshilfe (DAH) bei der Vorstellung der Kampagne am 13. Oktober 2008 in ‚Clärchens Ballhaus‘ in Berlin hin.

Schatz danke der BzgA für die gute Zusammenarbeit und das Vertrauen in das Knowhow und die Fähigkeiten der Deutschen Aidshilfe. Er betonte:  „Vorab-Tests der Kampagne durch die Freie Universität Berlin bestätigten, dass unsere Kampagne von hoher Qualität, großer Glaubwürdigkeit und Verständlichkeit ist. Wir haben nichts anderes erwartet.“

Die Kampagne, so Schatz, sei auch unter Einbeziehung der Zielgruppen, und auch von HIV-Positiven geplant und entwickelt worden. „Wir nehmen unseren Auftrag als Interessenvertretung der von HIV bedrohten und betroffenen Männer ernst“, so Schatz. Deswegen scheue die DAH auch zukünftig keine Auseinandersetzung darüber, mit welchen Inhalten und Bildern die Zielgruppe angesprochen werde.

[flashvideo file=“wp-content/uploads/Videos/iwwit20081013CSchatz.flv“ /]

Video: Rede Carsten Schatz (Vorstandsmitglied DAH) anlässlich des Starts der Kampagne ‚ich weiss, was ich tu!‘

(Video, Dauer 5:31 min.)

Prävention muss aufklärerisch ansetzen

Anlässlich des Starts der bundesweiten Präventionskampagne „ich weiss, was ich tu!“ am 13.10.2008 dokumentieren wir hier die Rede, in der Dr. Dirk Sander die Hintergründe der Kampagne erläuterte:

Dr. Dirk Sander 13. Oktober 2008 / 11.30

ICH WEISS WAS ICH TU – Start-Pressekonferenz

Vielen Dank Frau Prof. Dr. Pott und vielen Dank Winfried!

Ich möchte Ihnen jetzt kurz die Hintergründe unserer neuen Kampagne erläutern.

Die HIV-Prävention in der Bundesrepublik Deutschland – das wurde schon gesagt – ist auch im internationalen Vergleich als Erfolgsgeschichte zu bezeichnen.

Diese Aussage mag einige von Ihnen verwundern:

Beobachten wir doch seit Beginn dieses Jahrtausends einen Anstieg der HIV-Neudiagnosen, insbesondere in der Gruppe, die seit Beginn der Aids-Epidemie in den 80er Jahren am meisten von HIV und Aids betroffen war -und ist. Nämlich bei schwulen, bisexuellen und anderen Männern, die Sex mit Männern haben. Wir beobachten diesen Anstieg gleichfalls in einer Gruppe, die – so zeigen es soziologische Studien – in aller Regel auch bestens über Infektionswege und Schutzmöglichkeiten aufgeklärt zu sein scheint.

Über die Gründe für diesen Anstieg ist auch in den Medien in den letzten Jahren viel spekuliert worden: Es wird z.B. immer wieder eine „neue“ oder „wiederkehrende Sorglosigkeit“ im Schutzverhalten bei schwulen Männern behauptet. Skandalisierend wird von „Pozzern“ und „bug-chasern“ berichtet. Diese mag es geben, allerdings stellen sie dann ein absolutes Randphänomen im HIV-Infektionsgeschehen dar. Wenig wird sich übrigens bei der teilweise reißerischen Berichterstattung mit der Frage auseinandergesetzt, welche sozialen und psychischen Hintergründe ein solches selbst- und fremdschädigendes Verhalten haben könnte.
Auch geraten immer wieder HIV-positive unter Generalverdacht! Sie hätten deshalb mehr – wenn nicht die alleinige Verantwortung für die epidemiologische Entwicklung zu tragen. Diesen Anspruch lehnen wir allerdings aus guten ethischen aber auch medizinisch-therapeutischen Gründen ab. Darauf komme ich noch mal zurück.

Pressekonferenz zum Start der Kampagne (Foto: DAH)
Pressekonferenz zum Start der Kampagne (Foto: DAH)

Als Begründung für die unterstellte „zunehmende Sorglosigkeit“ wird behauptet, dass die Ursache für ein abnehmendes Schutzverhalten in den beeindruckenden medizinisch-technischen Entwicklungen in der Behandelbarkeit der HIV-Infektion zu sehen sei. Diese Fortschritte haben nämlich in den letzten zehn Jahren dazu beigetragen, dass eine HIV-Infektion – wenn sie rechtzeitig erkannt wird -, nicht mehr wie früher schnell zu AIDS und einem frühen Tod führt. Wir sprechen heute allgemein von HIV als einer chronischen behandelbaren Krankheit mit langen Überlebenszeiten, die allerdings durch viele negative körperliche, seelische sowie soziale Einschränkungen und Einschnitte gekennzeichnet sein kann.

Auch deshalb lohnt es sich weiterhin, sich vor HIV zu schützen!

Behauptet wird aber ohne empirische Belege, dass – kurz gesagt – die Angst abgenommen habe und deshalb das Schutzverhalten erodieren würde.

Aber der Schutz vor HIV ist kein Auslaufmodell!

Im Gegenteil! Die Schutzmotivationen sind auch nach 25 Jahren „Safer Sex“ – Botschaften bei 80 % unserer Zielgruppe ungebrochen hoch. Bei weiteren 10 % kommt es zu sporadischen Risikokontakten, – soweit jedenfalls die Zahlen in der aktuellen Erhebung von Michael Bochow und Axel Schmidt. Auch andere Studien stellen keine Abnahme der Schutzmotivationen fest.
Trotzdem haben wir einen Anstieg in den Neuinfektionen seit Beginn dieses Jahrtausends zu verzeichnen.

Wie hängt das zusammen, fragt man sich? Und hier komme ich nun zur Beantwortung der Frage, warum wir die Kampagne „ICH WEISS WAS ICH TU“ in dieser Form entwickelt haben.

Der Anstieg der HIV-Infektionen ist nämlich auf ein komplexes Bedingungsgeflecht zurückzuführen.
1. Erstens: Zum einen ist HIV durch andere sexuell-übertragbare Infektionen – wie z.B. die seit Beginn dieses Jahrtausends grassierende Syphilis – wieder leichter übertragbar. Liegt aber eine ulzerierende (geschwürige) Infektion wie z.B. die Syphilis vor, so ist es für HIV einfacher, anzudocken. Das gilt zum einen für den HIV-negativen Partner, der eine solche Syphilis-Infektion hat. Das gilt aber auch für gut therapierte schon HIVpositive Menschen: Hier erhöht eine zusätzliche andere sexuell-übertragbare-Infektion die Übertragungswahrscheinlichkeit. Denn, und das möchte ich an dieser Stelle auch festhalten: Eine erfolgreiche HIV-Therapie verringert auf individueller Ebene die Übertragungswahrscheinlichkeit von HIV immens.
Insgesamt müssen wir also stärker noch als bisher die Infektionswege und Behandlungsmöglichkeiten anderer sexuell-übertragbarer Infektionen in der Prävention aufgreifen.

2. Zweitens: Wir gehen von einer gar nicht geringen Anzahl von Menschen aus, die nicht wissen, oder nicht wissen wollen, wie ihr Immunstatus ist. Wir wollen die Leute aber zum Test ermuntern. Das ist uns auch zum Teil schon in den letzten Jahren gelungen: Schwule Männer lassen sich im Vergleich zu anderen Teilgruppen der Gesellschaft öfter testen. Auch das ist ein Grund für den Anstieg der Neudiagnosen. Wir wollen aber trotzdem niedrigschwellige regionale (Schnell-)Testangebote weiter ausbauen.
Denn aus medizinisch-therapeutischer Sicht lohnt es sich heute zu wissen, ob man HIVpositiv ist, oder nicht. Aber ein Test muss sich auch aus sozialer Sicht lohnen! Denn immer noch erfahren Menschen, die HIVpositiv sind, massive Stigmatisierungen, sie werden diskriminiert, ihnen wird Leichtfertigkeit unterstellt. Auch hier muss Prävention quasi aufklärerisch ansetzen.

3. Drittens: Deshalb verfolgt die neue Kampagne auch keinen rein primärpräventiven Ansatz. Wir werden gleichberechtigt HIV-negative und HIV-positive Personen als Rollenmodelle in die Kampagne einführen. Die HIV-positiven können z.B. in der Prävention die Aufgabe übernehmen, falsche Bilder vom Leben mit HIV aufzuweichen, falsche Risikostrategien entlarven, und die oben genannten falschen Bilder von HIV-Positiven selbst korrigieren helfen! Denn: HIV-Infektionen passieren viel „banaler“ als es in den Medien bisher dargestellt wird; z.B. nicht auf gewissen Partys sondern in Beziehungen, sie beruhen auf kommunikativen Missverständnissen, auf Infektionsmythen und Wunschdenken. Auf den Schutz verzichtet wird auch manchmal wenn man sich in biographisch krisenhaften Situationen befindet. All das wird in der Kampagne aufgegriffen werden.

4. Viertens: Die alten Safer-Sex-Botschaften (Beim Analverkehr Kondome, beim Blasen: Raus bevor´s kommt) sind gelernt. Sie verschwinden deshalb aber nicht, sondern sie müssen durch neue lebensweltbezogene Botschaften ergänzt werden. Es geht heute deshalb nicht mehr nur darum, den Leuten zu sagen, wann ein Kondom auf jeden Fall zum Einsatz kommen sollte (nämlich dann, wenn der Sex sporadisch ist, wenn man nichts über den gesundheitlichen Zustand des Partners weiß, also im Unsicherheitsfall); man muss unseres Erachtens heute auch darüber reden, wann das Kondom ohne Risiken mal weggelassen werden kann. Dazu gehört aber die Bereitschaft, sich intensiv mit seinen sexuellen Wünschen und dem eigenen sexuellen Handeln auseinander zu setzen und individuelle passgenaue Risikomanagementstrategien zu entwickeln. Das tun die Individuen zwar schon, aber nicht immer sind die Strategien wirklich sicher. Dieses Management erfordert Kommunikation und Kommunikationsbereitschaft. Hier will die Kampagne, deren Motto „ICH WEISS WAS ICH TU“ Sie jetzt schon besser verstehen, Informationen bereit stellen.

5. Fünftens: Die widersprüchlichen Bilder von Aids müssen aufgegriffen und korrigiert werden. Wie eine aktuelle Studie festhält, existieren zwei gegensätzliche Bilder von Aids in der Zielgruppe. Auf der einen Seite die Angst machenden Bilder des „Alten Aids“. Auf der anderen Seite die Bilder von und Kontakte zu Menschen, die HIVpositiv sind, offensichtlich aber relativ gut damit leben können. Diese widersprüchlichen Erfahrungswerte bzw. kognitiven Dissonanzen können zur selektiven Wahrnehmung von Informationen führen, und sind deshalb für die Prävention kontraproduktiv. Sie „forcieren“ – so schreibt der Autor der Studie – „sexuelles Risikoverhalten bei schwulen, bisexuellen und anderen Männern, die Sex mit Männern haben“ (Zitat Ende). Auch hier müssen wir in der Prävention ansetzen. Sie dürfen z.B. auf die Uraufführung unseres ersten Kampagnen-Films gespannt sein, den wir Ihnen gleich im Anschluss aber auch heute Abend vorstellen möchten. Er zeigt junge HIV-positive schwule Männer, die Licht- und Schattenseiten ihres Lebens.

6. Sechstens: Und damit möchte ich es bewenden lassen: Die alten Medien der Prävention müssen zunehmend durch neue Medien ergänzt und ersetzt werden. Die Kontakt- und Informationssuche hat sich nämlich insbesondere in unserer Zielgruppe in den letzten Jahren deutlich ins Internet verschoben. Ein Großteil der jungen Schwulen – so zeigt es eine angloamerikanische Studie – findet heute seinen ersten Sexpartner im Internet! Hierauf haben wir uns in der Deutschen Aids-Hilfe auch schon eingestellt: Unsere Online-Beratung, aber auch der „health-support“ auf dem beliebtesten deutschen schwulen Kontaktportal erfreut sich eines wachsenden Nachfrage-Zulaufs. Was bisher noch in der Bundesrepublik fehlte ist eine Internetkommunikationsplattform für die am meisten von HIV betroffene Zielgruppe. Dieses zentrale Kampagnenmodul werden wir ebenfalls heute starten. Die „ICH WEISS WAS ICH TU“- Internetplattform wollen wir in den nächsten Jahren zu dem zentralen Gesundheits-, Informations- und Diskussionsportal für die Zielgruppe ausbauen. Wir erreichen damit Personen, die wir durch die herkömmlichen Medien nur noch schlecht erreichen.

Lassen Sie mich, bevor Herr Kuske Ihnen noch einige Kampagnendetails zeigt und Sie Nachfragen stellen können, mit einem Fazit schließen:

Prävention, das ist wohl deutlich geworden, ist schwerer bzw. komplexer geworden. Wir wollen in unserer neuen zielgruppenorientierten Kampagne „ICH WEISS WAS ICH TU“ diese und andere neue Anforderungen aufgreifen. Wir erhoffen uns von Ihnen, dass sie diesen Weg redaktionell begleiten und unterstützen.

Vielen Dank erstmal, ich bitte Herrn Kuske, den Kampagnenmanager, ums Wort.

Kampagnenstart ‚ich weiss, was ich tu!‘ – Foto-Impressionen