Aids und Arbeitsrecht 2: Mitteilung von HIV-Infektion und Aids?

Muss ich meine HIV-Infektion oder Aids-Erkrankung meinem Arbeitgeber mitteilen? Fragen, die viele Menschen mit HIV beschäftigen.

Rechtsanwalt Dr. Jörg Teumer hat sich für die Aids-Hilfe Dresden mit diesen und weiteren Fragen zum Thema Aids und Arbeit beschäftigt. Heute Teil 2: Mitteilungspflicht ja oder nein.

Vielen Dank an die Aids-Hilfe Dresden für die Nachdruck-Erlaubnis!

Fragerecht des Arbeitgebers und ärztliche Einstellungsuntersuchung bei Begründung des Arbeitsverhältnisses

I.) Darf ein Arbeitgeber bei Begründung des Arbeitsverhältnisses den Bewerber fragen, ob er mit HIV infiziert ist?

Der Arbeitgeber kann im Rahmen des Bewerbungsgesprächs oder eines Fragebogens uneingeschränkt Fragen nach beruflichen und fachlichen Fähigkeiten, Kenntnissen und Erfahrungen stellen. Fragen nach dem Gesundheitszustand des Bewerbers um eine Arbeitsstelle bedürfen dagegen einer besonderen Rechtfertigung. Hier steht dem Arbeitgeber ein Fragerecht nur dann zu, wenn er ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Fragen für das Arbeitsverhältnis hat. Hinsichtlich Aids ist dabei zu differenzieren nach Fragen zu einer HIV-Infektion und nach einer Aids-Erkrankung.

Die bloße Infektion mit dem HI-Virus führt in der Regel nicht zu einer konkreten Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Bewerbers, so dass seine Eignung für den Arbeitsplatz durch sie nicht in Frage gestellt ist. Die Frage nach einer HIV-Infektion muss der Bewerber demnach nur dann wahrheitsgemäß beantworten, wenn diese Einfluss auf dessen persönliche Eignung hat, wie z.B. in Berufen mit erhöhter Infektionsgefahr für Dritte, so u.a. im Gesundheitswesen oder bei der Herstellung von Lebensmitteln (Joussen, in BeckOK 2008, Rn. 86). Hieran hat sich auch nach Inkrafttreten des Antidiskriminierungsgesetzes nichts geändert, da eine Krankheit kein Benachteiligungsmerkmal im Sinne des AGG ist (Wisskirchen/Bissels, NZA 2007, 169, 172; Moll, in Hb. Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2009, § 7, Rn. 26).

Ist die Frage nach einer HIV-Infektion demnach zulässig, muss sie der Bewerber wahrheitsgemäß beantworten, da sein Arbeitsvertrag ansonsten anfechtbar oder außerordentlich kündbar ist und er darüber hinaus ggf. auch Schadensersatzansprüchen ausgesetzt ist. Ist die Frage nach einer  HIVInfektion unzulässig, kann der Bewerber um den Arbeitsplatz seine Interessen dadurch wahren, dass er die Frage wahrheitswidrig beantwortet, ohne der Gefahr einer Anfechtung des Arbeitsvertrages ausgesetzt zu sein (Lichtenberg/Schücking, NZA 1990, 41, 44).

Hingegen ist die Frage nach einer vorliegenden Aids-Erkrankung zulässig, wenn die Erkrankung bereits so stark fortgeschritten ist, dass diese die Einsatzfähigkeit für die ausgeschriebene Stelle auf Dauer oder in periodisch wiederkehrenden Abständen erheblich beeinträchtigt oder aufhebt (Joussen, in BeckOK 2008, Rn. 86).

II.) Ärztliche Einstellungsuntersuchung
Der Arbeitgeber kann die Begründung eines Arbeitsverhältnisses unter Umständen auch davon abhängig machen, dass der Arbeitnehmer sich einer ärztlichen Untersuchung unterzieht und ihm ein Zeugnis über seinen Gesundheitszustand vorlegt. Manche Gesetzesbestimmungen schreiben eine ärztliche Untersuchung vor der Einstellung bzw. vor Beginn der Beschäftigung sogar vor (so u.a. § 32 Abs.1 JArbSchG oder § 81 Abs. 1 SeemG). Den Stellenbewerber trifft zwar keine Verpflichtung zur ärztlichen Untersuchung, jedoch wird der Abschluss des Arbeitsvertrages unterbleiben, wenn er die ärztliche Einstellungsuntersuchung verweigert. Denn der Arzt kann dem Bewerber insofern kein positives Zeugnis über dessen Gesundheitszustand ausstellen. Macht der Arbeitgeber die Einstellung davon abhängig, dass der Bewerber ihm ein ärztliches Zeugnis über seinen Gesundheitszustand vorlegt, so darf der Arzt jedoch nur die körperliche und gesundheitliche Eignung des Bewerbers im Hinblick auf den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz untersuchen.

Damit stellt sich die Frage, ob und inwieweit sich die ärztliche Einstellungsuntersuchung auf eine HIVInfektion erstreckt. Die Berechtigung zur Einbeziehung eines HIV- Antikörpertests in die Untersuchung ist grundsätzlich nach denselben Grundsätzen zu beurteilen wie die entsprechenden Einstellungsfragen. Demnach darf der HIV-Antikörpertest nur in wenigen Ausnahmefällen in die Einstellungsuntersuchung einbezogen werden. Wenn der Bewerber der Untersuchung durch den Arzt zustimmt, entbindet er diesen im Übrigen nur insoweit von der Schweigepflicht, als dass dieser dem Arbeitgeber mitteilen darf, ob der Bewerber “geeignet” oder “nicht geeignet” ist. Worauf der Arzt diese Diagnose im Einzelnen stützt, darf er dem Arbeitgeber nicht mitteilen (Wank, in ErfK 9. Aufl. 2009, § 28 BDSG, Rn. 10).