Das Konzept einer ‚therapeutischen Impfung‘ HIV-Positiver könnte entgegen früheren Einschätzungen doch machbar sein. Darauf deuten Daten kleinerer Studien hin.
Die Zahl der verfügbaren Medikamente zur Behandlung einer HIV-Infektion steigt. Doch – wäre es nicht sinnvoll, das Immunsystem des menschlichen Körpers selbst gegen das HI-Virus vorgehen zu lassen? Und das Immunsystem dabei zu unterstützen – mit einer ‚therapeutischen Impfung‘? Diese Idee bewegt seit Jahren HIV-Positive, Behandler und Forscher.
Als „therapeutische Impfung“ wird ein Impfstoff bezeichnet, der eine Immunreaktion auslösen soll, die der Behandlung einer bereits vorhandenen Infektion dient (im Gegensatz zu einer prophylaktischen Impfung, die der Verhinderung einer Infektion dienen soll).
Nun geben Ergebnisse einiger kleiner Studien Hinweise, dass das Konzept einer therapeutischen Impfung machbar sein könnte.
Auf der XVIII. Internationalen Aids-Konferenz in Wien wurden im Workshop „B52 Therapeutic vaccine and immune based therapy trials“ Daten mehrerer kleiner Studien mit experimentellen Impfstoffen vorgestellt. Die Substanzen waren in der Lage, moderat aber signifikant die Viruslast zu reduzieren. Manche führten auch zu einer Erhöhung der CD4-Zellzahl.
Zwei von Biotechnologie-Unternehmen (Genetic Immunity sowie Argos Therapeutics) entwickelte Substanzen versuchen, die Wirksamkeit der Immunantwort der sogenannten dendritischen Zellen (Immunzellen, die die Arbeit von T-Zellen beeinflussen) zu erhöhen. Ein anderer Ansatz (FIT Biotech) versucht, mit Gen-Schnipseln eine Immunität gegen bestimmte virale Proteine zu erzeugen.
Bei allen Studien handelt es sich im kleine Phase-II-Studien. Ob die Konzepte und Substanzen tatsächlich eine Wirksamkeit zeigen, können erst größere Phase-III-Studien ergeben. Schon die sehr geringe Anzahl an Studien-Teilnehmern sollte Anlass sein, jetzt nicht falsche Hoffnungen zu wecken, kommentierten Aids-Forscher. Joep Lange, Aids-Forscher aus Amsterdam und früherer Präsident der International Aids-Societey, ergänzte, selbst wenn therapeutische Impfungen in der Praxis funktionieren würden, seien sie niemals in der Lage, antiretrovirale Medikamente zu ersetzen.
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Das Konzept einer „therapeutischen Impfung“, einer Impfung HIV-Positiver mit dem Ziel ihrem Immunsystem einen effektiveren Kampf gegen HI-Viren zu ermöglichen, dieses Konzept wird schon seit vielen Jahren immer wieder diskutiert. Gerade nach diversen Rückschlägen bei der Erforschung eines prophylaktischen (eine Infektion verhindernden) Impfstoffes wurde eine therapeutische Impfung bei HIV zunehmend für prinzipiell nicht machbar erachtet.
Die jetzt vorgelegten Daten wecken Hoffnungen, dass eine therapeutische Impfung bei HIV-Infektion doch machbar sein könnte. Nicht mehr – aber auch nicht weniger.
weitere Informationen:
Vardas E. et al.: Indicators of therapeutic vaccine effect using GTU-MultiHIV B clade DNA in treatment-naïve subtype C HIV-1 infected subjects (abstract)
Routy, J.-P.: HIV-1 infected subjects treated with an autologous dendritic cell therapy (AGS-004), exhibited a significant reduction in viral load (when compared to pre-ART viral load) and delay in the time to viral rebound during a 12 week STI (abstract)
Nature 27.07.2010: Therapeutic HIV vaccines show promise
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