Interessieren sich die reichen Staaten immer weniger für HIV und Aids?

Die Presse in den reichen Staaten der Erde berichtet immer seltener über HIV – ganz im Gegensatz zu den finanziell weniger wohlhabenden Staaten. Dort nimmt die Berichterstattung über HIV zu.

Die Organisation „Trends in Sustainability“ analysiert regelmäßig die Berichterstattung der jeweiligen Medien (media coverage) in zahlreichen Staaten und Regionen. Sie analysiert die Berichterstattung ausgewählter Zeitungen gestaffelt nach zahlreichen Themenfeldern, die mit Nachhaltigkeit in Zusammenhang stehen (unter anderem auch HIV).

Wie steht es um die Berichterstattung über HIV? Gibt es Unterschiede? Womöglich Unterschiede zwischen (finanziell)  armen und reichen Staaten?

Hierzu eignet sich als Trenn-Kriterium die Unterscheidung in OECD- und Nicht-OECD-Staaten:

„Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung … ist eine Internationale Organisation mit 34 Mitgliedstaaten, die sich der Demokratie und Marktwirtschaft verpflichtet fühlen. Die meisten OECD-Mitglieder gehören zu den Ländern mit hohem Pro-Kopf-Einkommen und gelten als entwickelte Länder.“ (wikipedia)

In den nicht der OECD angehörenden Staaten hat die Berichterstattung über HIV seit Anfang 1992 kontinuierlich zugenommen, wie die folgende Grafik zeigt (Berichterstattung in der Presse der non-OECD-Staaten, Basis 33 Zeitungen / Articles per Newspaper Issue / Werte fortlaufender Sechsmonats-Durchschnitt):

Berichterstattung über HIV in der Presse der Nicht-OECD-Staaten (Quelle: trendsinsustainability.com)
Berichterstattung über HIV in der Presse der Nicht-OECD-Staaten (Quelle: trendsinsustainability.com)

In den Nicht-OECD-Staaten stieg die Berichterstattung über HIV von wenig mehr als ’null‘ Artikel pro Zeitungs-Ausgabe auf durchschnittlich über 0,6.

Im Gegensatz dazu ist die Berichterstattung in der Presse der OECD-Staaten (Basis 82 Zeitungen / Articles per Newspaper Issue / Werte fortlaufender Sechsmonats-Durchschnitt) im gleichen Zeitraum (von höherem Niveau aus beginnend) deutlich gesunken: von 1,25 Artikeln zu HIV pro Zeitungsausgabe auf nun nur noch 0,3.

Berichterstattung über HIV in der Presse der OECD-Staaten (Quelle: trendsinsustainability.com)
Berichterstattung über HIV in der Presse der OECD-Staaten (Quelle: trendsinsustainability.com)

Beide Grafiken: Datenabfrage am 18.12.2010 auf www.trendsinsustainability.com, Daten bis Mai 2010

Die Organisation betont, die gezählte Berichterstattung bilde nicht nur die mediale Aufmerksamkeit für bestimmte Themen ab. Vielmehr würde durch Berichterstattung und deren Häufigkeit auch die Bedeutung eines Themas in der öffentlichen Aufmerksamkeit beeinflusst. Die Organisation wertet für ihre Analysen seit 1990 regelmäßig 115 Zeitungen aus 41 Staaten aus (bis Mitte 2010: 69.000.000 Artikel in 69.000 Zeitungsausgaben).

Das ‚Trends in Sustainability‘ – Projekt ist eine Zusammenarbeit von vier europäischen Instituten: Sustainability Research Institute (SRI) der University of Leeds, Queen’s University Management School (QUMS) der Queen’s University Belfast, IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung Berlin sowie Euromed Marseille Management School.

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weitere Informationen:
trends in sustainability
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3 Gedanken zu „Interessieren sich die reichen Staaten immer weniger für HIV und Aids?“

  1. Meine gefühlte Wahrnehmung spiegelt das was Du hier anführst schon lange wieder. Hier in Deutschland – möglicherweise ist es in den anderen OECD Ländern ähnlich – findet eine mediale Berichterstattung nur in zwei Fällen statt.

    1. Wenn ein HIV Positiver angeklagt wegen Körperverletzung – Unsafer Sex – vor Gericht steht
    2. Zum Welt AIDS Tag

    Ansonsten herrscht hier bei uns ein „Ratiopharm ähnlicher State of Mind“ . . . . HIV? Da gibts doch was. Was wollt ihr denn . . . Und dieser „State of Mind“ scheint auch in der von HIV betroffenen Community zu herrschen.

    We are settled – Dank der Medikamente hat HIV für das Groß der HIV Positiven wie auch der Gesellschaft seinen Schrecken verloren – was außer Frage zu begrüßen ist. Diejenigen unter den HIV Positiven denen eine Teilhabe an einem „normalen Leben“ trotz der Medikamente nicht in dem Maß oder nur eingeschränkt möglich sind, um es politisch zu bezeichnen „Kollateralschäden“ die eine „Krise“ mit sich bringt und das sich als „normal hinzunehmen“ im Bewußtsein eingebürgert hat.

    Dies spiegelt sich auch in der Thematik der in Fragestellung “ Selbsthilfe Quo Vadis“ wieder.

  2. @ alivenkickin:
    stimmt – „gefühlt“ haben wohl viele den eindruck zurück gehenden interesses, auch medial
    spannend finde ich -auch an diesem beispiel- wenn man das mit zahlen belegen kann

    nebenbei, ein stöbern und selbst analysieren auf der site lohnt sich – da ergeben sich auch spannende unterschiede auf länder- und regionen-ebene (die ich nicht alle in dem artikel abbilden konnte)

  3. ¨@ondamaris

    spannende geschichte. in gleichem maß wie die kurven – trend bzgl der wahrnehmung – berichterstattung über hiv innerhalb der oecd staaten nach unten gehen, hat der austausch von hiv positiven ab 2004/2005 in hiv foren zugenommen. natürlich nur für deutschland gesprochen. ähnliches dürfte auch für österreich und die schweiz gültigkeit haben . . . möglicherweise.

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