Der Saarbrücker Bioinformatiker und Direktor am Max-Planck-Institut für Informatik, Professor Thomas Lengauer, ist gemeinsam mit den Kölner Medizinern Rolf Kaiser und Mark Ötte mit dem Heinz-Ansmann-Preis für AIDS-Forschung ausgezeichnet worden.
Ein Team von Wissenschaftlern und Klinikern, das von Lengauer zusammen mit Rolf Kaiser (Virologisches Institut der Universität zu Köln) und Mark Oette (Krankenhaus der Augustinerinnen Köln) geleitet wird, hat über mehr als zehn Jahre die Datengrundlage geschaffen und die bioinformatischen Methoden erarbeitet, um Resistenzen des HI-Virus gegen verschiedene Wirkstoffe zu untersuchen. Lengauer ist der erste Nicht-Mediziner, der mit diesem Preis ausgezeichnet wurde.
Das Max-Planck-Institut unter Thomas Lengauers Leitung entwickelte auf der Basis der gesammelten Daten eine Software, die Vorschläge für die Zusammenstellung einer für jeden AIDS-Patienten individuellen Liste von Wirkstoffen macht. Das Programm ist frei im Internet verfügbar (www.geno2pheno.org). Es schätzt das Maß der Resistenz der im Patienten gefundenen Virusvarianten gegen die einzelnen Wirkstoffe und ordnet Wirkstoffkombinationen nach der Wahrscheinlichkeit, dass sie gegen das Virus wirksam sind. Unterschiedliche Virus-Varianten weisen nämlich unterschiedliche Resistenzen gegen Wirkstoffe auf. Weltweit gab es bereits über 250.000 Anfragen an den geno2pheno-Server.
Grundlage für diesen neuartigen Ansatz, Virus-Resistenzen zu untersuchen, sind mathematische Modelle, die in der Datensammlung verborgene Muster und Zusammenhänge entdecken. Dieser mathematisch-systematische Ansatz ist eine wichtige Alternative zu bisherigen Methoden der Resistenzbestimmung, die alleine auf klinischer Expertise basieren. „In Studien wurde bestätigt, dass der mathematische Ansatz genauer ist als der expertenbasierte Ansatz, sobald Daten in ausreichendem Umfang und in geeigneter Qualität vorliegen“, erklärt Thomas Lengauer.
Die Ergebnisse der Studien von Lengauer, Kaiser und Oette sind unter anderem Grundlage der deutsch-österreichischen Leitlinien zur Behandlung der HIV-Infektion und haben dazu geführt, dass heute standardisiert therapiebegleitend auf Medikamentenresistenz des Virus getestet werden kann. Damit haben die Forscher Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung direkt in die klinische Praxis übertragen.
Der Heinz-Ansmann-Preis für AIDS-Forschung ist mit 15.000 Euro dotiert. Er wird seit den Achtzigerjahren alle zwei Jahre vergeben. Stifter ist die Düsseldorfer Heinz-Ansmann-Stiftung für AIDS-Forschung. Thomas Lengauer war in den letzten zwei Jahrzehnten an entscheidender Stelle am Aufbau der Bioinformatik in Deutschland und darüber hinaus beteiligt. Er ist für seine Beiträge auf diesem Gebiet bereits mit der Konrad Zuse Medaille und dem Karl-Heinz Beckurts Preis ausgezeichnet worden.
(idw/ Universität Saarland)