UN-Versammlung zu HIV/Aids: kirchlicher Fundamentalismus und moralischer Imperialismus, Teilnehmer protestieren

In New York fand am 10. Juni 2011 das High Level Meeting on HIV/Aids statt. Die Teilnehmer verabschiedeten als Ergebnis die Erklärung “Political Declaration on HIV/AIDS: Intensifying our Efforts to Eliminate HIV/AIDS”. Die Stellungnahme der Vertreterin des Vatikans löste Unmutsbekundungen aus.

Vor der Verabschiedung der gemeinsamen Deklaration debattierten die Teilnehmer über Themen wie Aids-Prävention, Zugang zu Therapie oder harm reduction. Während des Statements der Vertreterin des Vatikans kam es dabei zu deutlichen Unmutsbekundungen der Teilnehmer/innen des High Level Meetings.

Die Vertreterin des Vatikans (‚Heiliger Stuhl‘, holy see) betonte den für den Vatikan zentralen Wert der Familie:

„… states must acknowledge that the family based on marriage is indispensabel in the fight against HIV and AIDS. For the family is where children learn moral values to help them live in a responsable manner  and where the greater part of care and support is provided.“

H.E. Ms. Jane Adolphe während ihrer Stellungnahme für den Vatikan beim UN High Level Meeting on HIV/Aids 2011
H.E. Ms. Jane Adolphe während ihrer Stellungnahme für den Vatikan beim UN High Level Meeting on HIV/Aids 2011 (Screenshot aus Webcast)

Sie wandte sich in ihrer Stellungnahme gegen den Begriff „populations at high risk“, da dieser den falschen Eindruck erwecken könne, dass manche Verhaltensweisen als „moralisch akzeptabel“ betrachtet werden könnten.

Der Vatikan wandte sich gegen harm reduction

„An observer for the Holy See, however, rejected the text’s references to so-called “harm reduction”, and efforts related to drug abuse, saying that those terms falsely suggested that those suffering from HIV/AIDS could not break free from the cycle of addiction.“

Der Vatikan befürworte nicht die Verwendung von Kondomen als Teil der HIV/Aids-Prävention – an dieser Stelle kam es – ungewöhnlich genug – zu lauten Unmuts-Bekundungen seitens der Teilnehmer des High Level Meetings. Es dürfe nicht darum gehen, riskante und gefährliche Formen des Verhaltens  als Teil eines akzeptablen Lebensstils darzustellen. Die einzige sichere Methode, sexuelle HIV-Übertragung zu vermeiden, sei Abstinenz vor der Ehe und sexuelle Treue in der Ehe (erneute Unmutsbekundungen):

„… the Holy See did not promote the use of condoms in sexual education and HIV prevention.  Efforts should focus, not on trying to convince the world that dangerous behaviour formed part of an acceptable lifestyle, but on risk-avoidance that was ethically and empirically sound.  The only safe and completely reliable method to prevent HIV was abstinence before marriage and respect and mutual fidelity within marriage, which was and must always be the foundation of any discussion of prevention and support.“

Der Vatikan lehne zudem die Bezeichnung sex worker für Prostituierte ab, dies könne kein Beruf sein.

Benötigt werde ein Werte-basierter Ansatz für die Aids-Bekämpfung und ein Leben in Übereinstimmung mit den natürlichen moralischen Werten der Welt.

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weitere Informationen:
2011 High level Meeting on Aids: Statetment Holy See – H.E. Ms. Jane Adolphe, on behalf of Archbishop Francis Chullikatt, Permanent Observer for the Holy See (mit Video)
2011 High level Meeting on Aids: Sitzungsprotokoll (GA/11093)
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3 Gedanken zu „UN-Versammlung zu HIV/Aids: kirchlicher Fundamentalismus und moralischer Imperialismus, Teilnehmer protestieren“

  1. „Risikoverhalten“, „Risikogruppe“, „Hochrisikogruppen“ etc., das sind alles per se homophobe und/oder sexualfeindliche Zuschreibungen. Schwuler Sex ist kein Risikoverhalten sondern schlicht Verhalten. High level? Dass ich nicht lache… :)))

  2. Lieber Dirk,

    darf ich am Rande einmal einwerfen, dass nicht nur Schwule HIV-positiv oder an AIDS erkrankt sind, sondern auch heterosexuelle Menschen und Du diese durch solche Kommentare noch weiter ausgrenzt, als sie es ohnehin schon sind? Der Vatikan erwähnt nämlich per se Schwule nicht, sondern kapriziert sich nach wie vor auf die sogenannte klassische Sexualkonstellation.

    So lachhaft ich die Kommentare von dieser Dame finde, so sehr erschreckt mich immer wieder Dein Blick, der nicht über den Tellerrand hinauszugehen scheint. Schwule haben aufgrund ihrer langjährigen Minderheitentradition eh ein besseres Selbstverständnis, was Angriffe dieser Art angeht – und, was noch wichtiger ist: Wir verfügen über ein ausgefeiltes und ziemlich gut funktinonierendes Netzwerk. So etwas haben heterosexuelle Positive nicht.

    Aber das nur am Rande.

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