Sei wütend!

„hiv-positive schweigen zum thema hiv aus angst, dabei sozial gebrandmarkt zu werden … wir müssen versuchen, die ideologie zu verstehen, die uns scham fühlen, schweigen und uns zu gegenständen der bewertung werden lässt. wir müssen erkennen, dass es durchaus möglich ist, diese ideologie zu verändern…“ – mit starken Worten fordert ein Manifest HIV-Positive auf, aktiv zu werden, sich zu organisieren.

Knut, der Autor dieses Manifests (er bloggt unter ‚trauer und wut‚), bat mich, seinen Text auf ondamaris zur Diskussion zu stellen – also: rege Diskussion und intensive Kommentare erwünscht!

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Manifest zu HIV

„in 1969 queers fought back. in 2011, queers [with hiv] say ok“.
hiv-positive schweigen zum thema hiv aus angst, dabei sozial gebrandmarkt zu werden. sie organisieren sich in bareback-communitys, die eine politische auseinandersetzung mit hiv nicht wollen. außerdem schließen sich sich in selbsthilfegruppen ein, um zumindest dort trost zu finden und ihre außenseiterrolle für kurze zeit aufzuheben. keinen positiven scheint der status quo zu stören. lieber werden die eigenen gefühle verschwiegen, anstatt diese gegen das schlechte bild von hiv zu verwenden, denn dieses nimmt ihnen die würde. es wird zeit, das zu ändern!

eine gesetzgebung, die die alleinige verantwortung von den positiven fordert und die es hiv-negativen personen erlaubt, opfer zu sein, muss abgeschafft werden!
jeder hat für sich selbst sorge zu tragen. beim sex treten sich zwei mündige personen gegenüber, bei denen gleichberechtigung herrschen sollte und nicht eine juristische betrachtung der letztverantwortung auf den hiv-positiven.

der staat und seine hiv-prävention sollten dem einzelnen nicht vorschreiben, wie er sex haben sollte!
jeder mensch ist für sich selbst verantwortlich und jeder muss selbstbestimmt sorge für sich tragen. die hiv-prävention darf uns nicht vorschreiben, welche gesundheit erstrebenswert ist. wir müssen das recht zurückgewinnen, frei über unseren körper zu entscheiden. wir lehnen eine sichtweise ab, die uns für „dummi“ oder pathologisch erklärt. vielmehr fordern wir den respekt, den eine eigenständige wahl verdient.

jemand, der durch eine bluttransfusion hiv bekommt, sagt man, sei unschuldig.
eine heterosexuelle frau, die ohne kondom sex hat und sich hiv zuzieht, sagt man, sei bemitleidenswert und unschuldig.
ein schwuler mann, der einmal ohne kondom fickt und sich mit hiv infiziert, sei mehr schuldig.
ein schwuler mann, der wissentlich immer wieder sexuelle risiken eingeht und hiv einfängt, sei am schuldigsten.
wieso sind nicht alle gleich betroffen? wieso ist hiv eine frage der schuld?

hiv-positive haben nicht die größten probleme beim zahnarzt oder am arbeitsplatz, sondern in der sexuellen ablehnung und deren folgen!
wir müssen mit der angst leben, verstoßen zu werden, wenn wir beim sex oder in einer angehenden beziehung unseren hiv-status offenlegen. oft sind wir dabei dem unverständnis oder dem ekel anderer ausgesetzt. trotz der möglichkeit eines kondoms werden hiv-positive von personen, die sich immer schützen, abgelehnt, weil diese angst haben und wohl dann an die zweckmäßigkeit der verhütung nicht mehr glauben. dies führt dazu, dass viele hiv-positive sexuelle kontakte scheuen. gefahren dabei sind isolation und psychische erkrankungen. der verweis auf andere hiv-positive, der durch die angst vor ablehung von seiten hiv-negativer entsteht, kann negative folgen haben: die nicht auf probe gestellte angst verstärkt das innere stigma und innerhalb der vernetzung hiv-positiver besteht eine erhöhte gefahr für hepatitis c (gesetzt bestimmte sexuelle praktiken) und andere sexuell übertragbare krankheiten.

sei wütend! wenn dir das nicht kraft gibt, probier’s mit panik. schrei! probier’s mit irgendwas, was dich aus der trauer und passivität reißt, die aus der überzeugung rührt, keine macht darüber zu haben, was passiert!
auch wenn ablehnung immer verlust und trauer gleichkommt, sind eine traurige wut oder wütende trauer besser als eine erdrückende passivität.

wir müssen versuchen, die ideologie zu verstehen, die uns scham fühlen, schweigen und uns zu gegenständen der bewertung werden lässt. wir müssen erkennen, dass es durchaus möglich ist, diese ideologie zu verändern, wenn wir anfangen uns auszusprechen, uns zu organisieren um letztendlich die macht über die politik und die bilder von hiv zu gewinnen!

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HIV-positive manifesto

„in 1969 queers fought back. in 2011, queers [with hiv] say ok“.
there is a general fear among queers with hiv of speaking out. the ever present fear of social stigmatisation looms quietly in the background and prevents any form of of politicisation. left only to congregate in bareback communities or self pitying discussion groups, the queer with hiv has taken on a passive anti-identity at best to finding a shoulder to cry on or an escape from their role as a social leper. oddly enough we seem to be completely complacent with this incapacitating status quo. instead of productively channeling our feelings against such a negative image we would rather keep our feelings to ourselves. it’s time to change that!

we demand the abolition of a law which, in essence, holds anyone with hiv holely responsible and allows hiv-negative persons to be victims!
everyone should be responsible for themselves. sex is always something between two consenting adults as equals. It should not seek final responsibility in the person with hiv by holding him liable in any case of an infection.

the state and its programme of hiv-prevention should not dictate how one should or should not have sex!
every person is responsible for himself and must take care of himself. hiv-prevention should not dictate a certain desirable state of health. let us regain the right to determine our bodies ourselves. we refute being perceived as „dummies“ or being deemed pathological. we demand the respect any autonomous choice deserves.

if somebody contracts hiv through a blood transfusion it is not considered his fault.
a heterosexual woman having unprotected sex is deemed a victim and is generally pitied.
a gay man fucking without a condom once is considered considerably more to blame.
a gay man continuously having unprotected sex and contracting hiv is deemed the most blameworthy.
why isn’t everybody effected in the same way? why is hiv a question of blame for one’s infection?

people with hiv do not encounter their biggest problems at the dentist or at work but in sexual rejection and its consequences!
we must live in fear of being rejected every time we chose to disclose our hiv status before sex or during a relationship. We are often subject to the disgust and judgment of others. The belief in prophylactics is in fact often shattered when confronted with the mere possibility of sexual intercourse with someone positive who is therefore categorically rejected. this leads to many hiv-positive people avoiding sex altogether resulting in isolation and psychological illnesses. restricting themselves to other hiv-positive-people out of fear of being rejected by hiv-negative-people entails a number of negative consequences: not putting these fears to the test reinforces the inner stigma of being bound to an hiv-positive-community in which there is also a hightened risk, given certain sexual practices, for hepatitis c and other stds.

feel some rage! if that doesn’t empower you, try panicking! scream! try anything to tear you out of your dolefulness and passivity. they both stem from a heightened sense of powerlessness!
even if rejection always leads to loss and dolefulness, a melancholic anger or even an angry dolefulness are better than a stifling passivity.

we must learn to understand the ideology teaching us to feel shame, remain silent and accepting moral judgment at all time. we must realise the mutable nature of this ideology and begin to verbalise our anguish and organise ourselves in order to regain control over politics and the images of hiv!

46 Gedanken zu „Sei wütend!“

  1. Einige sehr persönlichen Anmerkungen.
    Ich empfinde keine Scham – und geschwiegen habe ich auch nie.
    Ich war jahrelang im Zweifel, ob man AIDS eher aufgrund seines Lebensstils – und nur hier wäre evtl. Scham angebracht – oder wegen eines Virus bekommt, egal wie man es aufschnappt.
    Eine Scham aufgrund der sexuellen Übertragbarkeit einer Erkrankung zu empfinden, das ist nicht mein Niveau.
    Ich war geradezu happy, dass endgültig – a priori durch mich selbst – geklärt war, daß es HIV ist – und als die Medikamente gegen HIV bei mir anschlugen und ich aus dem AIDS Stadium wieder rauskam, hängte ich als erste Handlung wieder die Bilder von Keith Hearing auf, erinnerte mich unserer Geschichte und weinte um meine Freunde – diesmal ohne Scham und mit sehnsüchtiger Trauer.
    Das Thema Viren ist ein Thema für die Wissenschaft und die Medizin – wenn sich Juristen einmischen und Leute, die die „Volksgesundheit“ im Blick haben, Theologen und Politiker – naja Totalitarismus und Faschismus lugen da immer gierig um die Ecke….das hat nichts mit der Binsenweisheit zu tun, daß ein Mensch, der infiziert ist, Sorge tragen soll, andere nicht zu infizieren – wenn das schief geht, dann ist das eher die Tragik, daß Ertrinkende auch manchmal Retter mit sich reißen. Auch hier ist juristisches Geschwätz eher unangebracht, so tragisch manche Einzelschicksale WAREN!
    WAREN, denn heute gibt es auch riesige Lichtblicke – ein medizinisches Konzept, das ein normales Leben möglich macht, das sollte stärker in den Vordergrund unseres Denkens rücken.
    Ich empfinde mein positiv sein nicht als sonderlich tragisch – wenn ich an Freunde und Liebende zurückdenke, erschauere ich manchmal, daß da so viele heute tot sind – und ich spüre noch in meiner Erinnerung ihre lebendige Umarmung, ihr Lachen und unsere geteilten Hoffnungen.
    Wofür also schämen – der Sterbenden? Der Toten? Für das Leid?
    Dass mancher letzlich vor jeder Gefahr davonrennt, daß mancher sich bei einem Schcksalsschlag abgrenzt und erst mal sich selbst in Sicherheit bringen will, that’s live . Jeder, der krank war, Trennungen durchlebt hat oder Pleite ging, weiß wo die wahren Freunde/innen sind und wo die „normalen“ Leut, die so pervers sind zu glauben, daß es sie nie trifft – letzlich trifft es jeden, denn jeder ist sterblich.
    HIV ist erforscht, wurde mutig bekämpft und ist schon fast besiegt.
    Wer mit einer gewissen Vernarrtheit in den Todesmythos HIV/AIDS immer noch HIV positive Menschen ächtet und meidet, offenbart nur seinen eigenen Abgrund aun Vorurteilen und Ängsten, denen er sich irgendwann stellen sollte, denn sein Leben wird sonst nur das eines Spießers sein, eben eindimensional und dumm.
    Ich will damit auch andeuten, daß Krankheitserfahrung, Auseinandersetzung mit Krisen, wie eben mit HIV auch ein reicheres und tieferes Leben möglich machen – auch wenn es manchen gibt, der wegrennt.

  2. hallo knut

    hätt ich n hut auf ich würde ihn vor dir, dem autor und/oder übersetzer ziehen. da gibt es im grunde genommen nichts hinzufügen. es ist wie ich es wahrnehme ein, wie du es sagst „manifest“ ähnlich der „Wiener Erklärungen“, den „Denver Prinzipien“, den „Erklärungen von Paris“ oder auch der „Frankfurter Resolution – In Würde alt werden“. http://alivenkickn.wordpress.com/2009/09/09/frankfurter-resolution-in-wurde-alt-werden/

    Das sollte in HIV Foren – ich werde es in zwei Foren einstellen – und auf einer separaten Seite auf Facebook und anderen sozialen Netzwerken – Blogs eingestellt werden damit so Viele wie möglich dieses Manifest lesen und unterschreiben.

    Es bringt vieles auf den Punkt. Vielleicht bewegt es den/die Einen oder Anderen. Vielleicht bringt es Bewegung in die Community, in die Herzen der Menschen.

    LG alivenkickn

  3. danke für deine lobende worte, alivenkick!
    warte nur kurz mit dem veröffentlichen in anderen foren; der englischen version fehlt noch einige korrekturen, die in der deutschen vorgenommen wurde. die aktualisierten fassungen gibt es allerdings beide auf meinem blog (http://trauerundwut.blogspot.com/).

  4. alivenkick:
    letztendlich hört die arbeit auf, wenn ein manifest da ist. ein manifest soll vielmehr festhalten, ja im wahrsten sinne des wortes handgreiftlich machen, was zu machen ist. es bleibt also noch das ausführen. was sind die genau inhalte dieser ideologie? welche vorstellungen sind für uns hinderlich? was lässt bestimmte hiv-typische gefühle auftreten? wir müssen diese finden und hinterfragen. im grunde besteht die arbeit, sowie ich es sehe, darin, einen gegendiskurs zu bilden, also wege raus aus den für uns promlematischen vorstellungen finden, sei es durch philosophische argumente oder aus bildern, die möglichkeiten jenseits dieser ideologie darstellen.

  5. hallo knut

    was das einstellen in den foren betrifft, hab ich schon gemacht werde das aber berichtigen . . . – ich werde auf deinen blog verweisen . . . .

    was du zum thema manifest sagts . .ich denke es gibt da verschiede standpunkte. du hast wie ich finde viele dinge die ima rgen legen auf den punkt gebracht. ein manifest ist auch nach meinem verständnis die quintessenz des wesentlichen bezüglich dessen woran es mangelt mit wenigen worten zum ausdruck gebracht.

    kommentare wie: du hast mir aus der seele gesprochen, ja so fühle/sehe ich das auch ich konnte es nur nicht so zum ausdruck bringen . . .dies sind immer reaktionen die ich im laufe der jahre wahrnehme. ob auf dem blog von ondamais, von anderen oder auf meinem . . .

    ich versteh das was – wie du es be-geschrieben als etwas sehr pragmatisches da es unser every day lfe betrifft. sich zu hinterfragen schreibt sich leicht. doch wo anfangen – ansetzen? dein manifest wie du es ja selbst formulierst enthält soviele „ansatzpunkte“ . . . . ah, so habe ich das noch nie gesehen . . . .

    so langsam nehme ich eine bewegung wahr. und jeder input wie der deine ist nahrung . . .

    mehr fishing gibts jetz ned. . . . 😉

    lg alivenkickn

  6. dem manifest ist nichts hinzuzufügen. rechtliche verantwortungszuweisung zu lasten hiv-postiver ist eines der fundamente des stigmas. die erkannt hiv-positiven sind die aussätzigen der moderne. sie erfüllen damit eine wichtige gesellschaftliche funktion, die in der modernen gesellschaft verloren gegangen zu sein schien, und zwar die der „ausgestoßenen“. und diese rolle haben viele positive bedauerlicherweise verinnerlicht. allerdings wird man angesichts des gesellschaftlichen drucks kaum jemandem einen vorwurf machen können. ich würde mir wünschen, es würde sich eine bewegung des selbstbewußtseins hiv-positiver entwickeln. danke, knut.

  7. Vorbemerkung: Ich beschäftige mich nur mit dem Text, die Kommentare habe ich bewusst überlesen um den Fokus nicht zu verlieren.

    Ich kann mich nur bedingt mit diesem sog. Manifest anfreunden.

    Es mag durchaus als Stilmittel gemeint sein, den Text mit provokanten Aussagen zu beginnen, aber sie treffen m.E. weder auf die Mehrheit der HIV-Positiven zu noch fördern sie den doch so gewollten Zusammenhalt unter ihnen. Und Bareback-Gruppen als Organisationsform Positiver dazustellen ist lächerlich. Andererseits: nehmen nicht gerade Barebacker genau das später im Text für alle reklamierte Recht in Anspruch frei über den Körper zu entscheiden? Was denn nun?

    Und ich empfinde es als anmaßend, dass mir unterstellt wird, den Status Quo anzuerkennen, Gefühle zu verschweigen und in Trauer und Passivität zu verharren. Da wird etwas zusammengezimmert damit es in das Weltbild des Autors passt.

    Was sollen Sätze wie „wir müssen mit der angst leben, verstoßen zu werden, …“ oder „oft sind wir dabei dem unverständnis oder dem ekel anderer ausgesetzt.“? Schon wieder diese Vereinnahmung und „verstoßen“ ist ja nun etwas anderes als der Autor wohl meint.

    Der Großteil des Textes beschäftigt sich mit der „sexuellen Ablehnung“, die als das eigentliche Problem HIV-Positiver bezeichnet wird. Das greift für mich nun wirklich zu kurz. Und eine Aussage verstehe ich nun wirklich nicht: „die nicht auf probe gestellte angst verstärkt das innere stigma und innerhalb der vernetzung hiv-positiver besteht eine erhöhte gefahr für hepatitis c (gesetzt bestimmte sexuelle praktiken) und andere sexuell übertragbare krankheiten.“

    Die letzten beiden Absätze stimmen mich versöhnlicher. Ja, man kann und muss auch mal seine Wut herausschreien und andere damit fordern und vielleicht auch überfordern! Die Mechanismen zu verstehen und dann zu durchbrechen, die HIV-Positive an einem erfüllten Leben hindern ist notwendig! In welcher Form das erfolgen kann, ist ja wohl eher der unklare Punkt.

    Wie auch immer, durch die von mir genannte Vereinnahmung ist dies ein „Manifest“, dass meine Unterschrift kaum bekommen würde.

  8. Du hast schon recht, es ist nicht angebracht die Schuld an einer HIV-Infektion ab zu stufen. Ein Schuler kann und darf an seiner Infektion nicht mehr oder weniger schuld sein als jeder andere auch.
    Auch hat der Staatsanwalt nicht über einvernehmlichen Sex der Bürger zu klagen. in der Gesetzgebung ist dort eindeutig Handlungsbedarf. Das darf aber kein Freibrief für Bareback sein. Als positiver trage ich doch eine Verantwortung mit andere nicht zu gefährden. Aber Safersex schützt schließlich nicht nur vor HIV sondern auch vor anderen sexuell übertragbaren Krankheiten. Daher sollte Safersex außerhalb fester Partnerschaften für jeden selbstverständlich die Regel sein.
    Ich habe die Anfänge von Aids vor 30 Jahren voll mitbekommen. Der Spiegelartikel fiel direkt mit meinem schwulen Cominout zusammen. Ich hatte nie Probleme im Umgang mit Positiven und Kranken und habe das auch bewusst inszeniert. Warum sollte ich auch Angst haben? Habe ich doch als „Bewegungsschwester“ genügend Safersex Veranstaltungen mit organisiert. Hatte ich doch über meiste Zeit auch feste Beziehungen, so gab es doch auch Gelegenheiten für Sex außerhalb der Beziehung, was aber eher selten war und dann auch fast immer Safe. Das es mich dann doch getroffen hat, hat mich nicht wirklich überrascht ist aber auch nicht spurlos an mir vorüber gegangen.
    War ich schuld daran, dass ich mich infiziert habe? Nicht mehr oder weniger wie jeder andere auch. Sicher macht man sich nach einer Diagnose Gedanken wo man es her haben könnte, eine Antwort darauf zu finden dürfte den meisten schwer fallen.
    Was ich an deinem Manifest sehr wichtig finde ist das wir nichts erreichen können wenn wir uns brav verdeckt halten. Aber genau da ist der Teufelskreis. Wir können keine Anerkennung erwarten wenn wir uns verstecken, leben wir dagegen offen gibt es immer wieder fälle von Diskriminierung uns Ausgrenzung, die die meisten davon abhalten offen zu leben. Wir können zornig sein und schreien, wenn nicht alle aufstehen wird unser Schrei lautlos verklingen. Um das zu erreichen müssen wir mehr dazu bringen offen zu leben, die wenigen Aktivisten sind eindeutig zu wenige.

  9. Irgendwas ist mir noch fremd an diesem Diskussionsansatz.
    Ich versuch mal mein Unbehagen zu artikulieren – auch wenn das jetzt erst mal anstrengend ist.
    Ich hab ja lange diesen Kontex HIV verursacht grundsätzlich AIDS jahrelang bestritten und alles Mögliche dazwischen geschoben. HIV war für mich ein blöder Virus, hauptsächlich Thema bei einem positiven Test, den ich so lange es ging, mied. Dieser Test hatte (m.E. unrechtmäßigerweise) juristische Konsequenzen.
    Da war bei mir immer kalte und klare Logik vor (Gauweiler sei Dank).
    Das ist heute anders, denn es gibt a.) ziemlich gute Medikamente und b.) eben die Erfahrung, daß das Vermeiden einer klaren Kenntnis der eigenen Erkrankung auch gefährlich sein kann. Wer dem Tod von der Schippe springen will, der sollte noch springen können.
    Mit diesen Stigmata-Erfahrungen „Ich bin positiv“ – „Ich werde abgelehnt“, hatte ich nicht viel am Hut. Erstens hab ich noch nicht mal auf eigene Initiative nen Test gemacht und zweitens die Rolle von HIV immer relativiert. Als mir dann aber klar geworden ist, und das war ein Prozess von Jahren, daß HIV tatsächlich recht brutal, wenn auch kompliziert die Ursache meiner Erkrakungen ist und mich ohne gerade noch rechtzeitiger med. Hilfe umgebracht hätte, gab es für mich auch nur einen Hauptgegner, eben: HIV – und das lag – oh Wunder der Medizin- in meinem Körper bald am Boden – unter Nachweisgrenze.
    Als ich (jetzt übertreib ich mal ein wenig) geradezu freudestrahlend auf Mitbetroffene zukam und in einen Diskurs treten wollte – traf ich auf eine fast fremde Welt, voller sonderbarer Empfindsamkeiten, die ich jetzt mal nicht bewerte. Diese „ich bin positiv“ „ich fühle mich ausgegrenzt“ Erfahrungen hab ich nicht gemacht, da ich zu den mindestens 40 % derjenigen Positiven vermutlich über ein Jahrzehnt gehört habe, die keine Kenntnis über Ihren Status hatten. Jetzt hab ich die Kenntnis – und auch noch die ziemlich gute Erfahrung, daß AIDS ein Stadium ist, das man auch wieder mit medikamentöser Hilfe verlassen kann.
    Was meine Generation betrifft, Jahrgang 61- da gehöre ich als schwuler Münchner sicherlich zu denen, die ziemlich viel Glück hatten.
    Ich verstehe ja, daß jemand, der in den 90er Jahren nen positiven Test erhalten hat, dass der nen anderen Backround, ne andere Erfahrung hat – irgendwie ist der auch in so ne Ideologie reingezogen worden. Also – mal unverschämt formuliert – gesittet mit Sozialworkern begleitet sterben, das wollte ich nie lernen, da war ich immer die pure Verweigerung, auch wenn um mich herum ganz klar gestorben worden ist.
    Mein Konzept war zwar zugegeben auch mal wirr, aber immerhin ein Konzept, das auf ein halbwegs gesundes und vor allem eigenständiges Leben gesetzt hat – das jetzt ohne Wertung – da war auch Glück dabei – es hätte schief gehen können – es wäre allerdings mit einem positiven Testergebnis schief gegangen. Da liegt auch ne harte Message drin, denn ein freiwilliger Test mit juristischen und moralischen Konsequenzen war (das mal in der Vergangenheit formuliert, denn heute könnte es etwas anders sein) nicht wirklich was wert.
    Doch diejenigen in meinem Bekanntenkreis, die hier ihre Wut rausbrüllen könnten, können das nicht mehr, denn die sind tot. Der positive Test hat ihnen allerdings vorher, Schule, Studium und ganz sicher auch die lebens und liebenswerten Beziehungen versaut – überlebt hat der, der den HIV-Test nie gemacht hat – ich. Was sagt uns das jetzt? Kann man daraus eine Lehre ziehen? Ist das obwohl ne Sache von gestern eine Erwähnung und des Nachdenkens wert?
    Zu dieser Raus aus der Stigmatisierungs Diskussion ist mein Beitrag letztlich: ich war nie drin!
    Und das hatte Gründe über die es sich m. E. auch lohnt nachzudenken.
    Noch einige Gedanken: ich habe mal für mich entschieden, daß ich erst dann krank bin, wenn ich das tatsächlich merke – das hab ich auch noch extrem verschoben – so in Richtung gerade noch arbeitsfähig – und noch extremer – solange ich noch aufstehen kann….krank war ich erst, als ich eben nicht mehr aufstehen konnte (und nicht mehr richtig schnaufen und auch nix mehr zu mir nehmen) – ich will damit ausdrücken – ich habe das definiert, kein Arzt, kein Test oder sonst irgendwas – das war meine Reaktion auf HIV/AIDS – meine Reaktion auf das Sterben um mich herum. Das war klar Abwehrhaltung aber auch nicht unbedingt nur falsch, denn die Definition „ich bin Positiv“ ergo krank – obwohl man ja eigentlich erst mal nicht krank ist – da liegt auch was grundfalsches drin.
    Daher gilt es auch (so meine Überlegung), die eigene Definition zu finden von krank und gesund, von es passt für mich und es passt nicht und ich muß was ändern oder brauche Hilfe – da ist das, was von Aussen (die Ideologie) kommt, auch mal zu hinterfragen.
    Das Manifest zu HIV ist grundsätzlich mal ein inspirierender Ansatz und ich hoffe , daß eine Diskussion entsteht – nur zu.

  10. @Flaneur

    Was sollen Sätze wie „wir müssen mit der angst leben, verstoßen zu werden, …“ oder „oft sind wir dabei dem unverständnis oder dem ekel anderer ausgesetzt.“? Schon wieder diese Vereinnahmung und „verstoßen“ ist ja nun etwas anderes als der Autor wohl meint.

    ach du bist ein differenzierungsreiter? gerne mit prozentangaben oder sonstigen statistischen zahlen die genau belegen weiviel menschen mit hiv welche änsgte und in welcher intensität haben?

    sei versichert es sind ne ganze menge . . und jede wette mehr als in deinem womöglichen aufgeklärtem umfeld . . . .

  11. Alivenkick: ja, wo ansetzen? Bei dir würde ich auf eigenes unbehagen, verhandeln mit information mit dem eigenen hiv anderen gegenüber, aufmerksam sein. Wo gibt es einschränkungen, welche freiheiten wünscht du dir? /wie/ und /wann/ wirst du oder fühlst du dich bewertet? Wofür? Wer bewertet und wieso? Grundsätzlich ist das studium hier an die hiv-negativen zu richten, also, sie anstatt die hiv-positiven als problem zu betrachten. Wir brauchen eine der queer-theorie anfang der 90er ähnliche umdrehung, bei der sie aufgehört hat, die perversen als studiengegenstand zu haben, sondern die vorstellungen, unter welchen sowas wie der perverse entsteht (sprich die heteronormativität).

    Jacob: ich glaube nicht, dass der druck diesen vorwurf schwierig macht, sondern dass sich ein vorwurf an eine alleinige instanz heutzutage nicht mehr machen lässt, da die macht diffuser verstreut ist. Es handelt sich mehr um vorstellungen und instanzen oder personen, die sich dieser bedienen. Da gilt es zunächst mal diese vorstellungen zu hinterfragen, und dann auch zu erkennen, wieso jene vorstellungen für bestimmte gruppen benutzt werden und wer sie benutzt.
    Ich hoffe auch auf eine bewusstmachung von diesen vorstellungen, die allgemeiner aber auch persönlicher natur sein können, weshalb mir der austausch unter positiven zu diesen punkten
    unabdingbar erscheint.

    Flaneur: inwiefern ist es deiner meinung nach ein „sog. Manifest“? Welche inhaltliche oder formelle kriterien erfüllt es nicht?
    Wenn im manifest nicht auf die mehrheit getroffen wird, wie erlebt denn die mehrheit es? Was sind die probleme der mehrheit, wenn dir die sexuelle ablehnung zu kurz greife?
    Was sind denn barebackforen wenn nicht eine art (unter vielen natürlich) organisationsform positiver? Meinem verständnis nach sind die meisten barebacker eben positive und bareback an sich wurde von positiven ende der 90er erfunden. Und ja, die nehmen dieses recht auf selbstbestimmung/mögliche selbstzerstörung in anspruch, für das ich auch kämpfe. Mein problem bei der organisationsform ist das sie abgeschlossen und politisch uninteressiert ist und so zum status quo beitragen.
    Wenn du meinst, du kennest den status quo nicht an, was tust du gegen ihn? Meine definition ist es, dass der status quo bleibt, wenn nicht versucht wird, veränderungen herbeizuführen, wenn es am gegenwärtigen zustand bleibt. Dieser auslegung nach heißt /ver/schweigen den status quo anzuerkennen. Es muss jedoch hinzugefügt werden, dass der status quo vieles betreffen kann. Ich beziehe mich auf die ideologische lage, also inwiefern versucht wird, einen gegendiskurs zu starten.

    Ernst: ich würde mich freuen, wenn du deine kritik direkter an den text richten könntest. Lösen bestimmte stellen in dir unbehagen aus?

  12. Knut,

    inwiefern ist es deiner meinung nach ein „sog. Manifest“? Welche inhaltliche oder formelle kriterien erfüllt es nicht?
    ->> Ich denke, das Hauptkriterium ist vorhanden, nämlich Ziel und Absicht. Wenn ich es mit „sogenannt“ bezeichnet habe, dann weil es im Text ein langer Anlauf zu diesem Kriterium ist.

    Wenn im manifest nicht auf die mehrheit getroffen wird, wie erlebt denn die mehrheit es? Was sind die probleme der mehrheit, wenn dir die sexuelle ablehnung zu kurz greife?
    ->> Probleme am Arbeitsplatz sind durchaus ein Thema, vor allem dann, wenn man die eigene HIV-Infektion nicht permanent verschweigen will. Das heißt ja nicht, dass man dann gleich mit einem Schild um den Hals herumläuft. Aber wenn ich den Status quo verändern will, kann ich dies auch in meinem Umfeld durch Thematisierung und Nichtverschweigen von HIV. Zu dem Umfeld gehört dann auch der Arbeitsplatz und auch damit verbundene Karrierechancen.
    ->> Sexuelle Ablehnung greift zu kurz, da der der Text den weitergehenden Punkt der Partnerschaft so gut wie ignoriert. Ich sehe die Gefahr der erwähnten Isolation und psychischen Erkrankungen eher durch die Schwierigkeit eine Partnerschaft zu halten oder einzugehen gegeben. Hier wäre vielleicht durch eine entsprechende Erweiterung des Textes einiges gewonnen, oder?
    ->> Und kannst du mir dann noch diesen Satz erklären: „die nicht auf probe gestellte angst verstärkt das innere stigma und innerhalb der vernetzung hiv-positiver besteht eine erhöhte gefahr für hepatitis c (gesetzt bestimmte sexuelle praktiken) und andere sexuell übertragbare krankheiten.“?

    Was sind denn barebackforen wenn nicht eine art (unter vielen natürlich) organisationsform positiver? […] Mein problem bei der organisationsform ist das sie abgeschlossen und politisch uninteressiert ist und so zum status quo beitragen.
    ->> Danke für die Erläuterung! Im Text wurde außer Selbsthilfegruppen keine andere Organisationsform erwähnt und dadurch sie eine starke Betonung als wäre das die einzige Form, in der sich Positive zusammenfinden.

    Mein problem bei der organisationsform ist das sie abgeschlossen und politisch uninteressiert ist und so zum status quo beitragen.
    ->> Da stimme ich dir zu!

    Wenn du meinst, du kennest den status quo nicht an, was tust du gegen ihn? Meine definition ist es, dass der status quo bleibt, wenn nicht versucht wird, veränderungen herbeizuführen, wenn es am gegenwärtigen zustand bleibt
    ->> Ich verändere ihn dort, wo ich es unmittelbar kann, also in meinem sozialen Umfeld. Ich versuche z.B. durch Gespräche und Diskussionen die Meinungen in den Köpfen anderer zu ändern – es gelingt nicht immer. Auch im beruflichen Umfeld durch Einforderung von Positionen, die man einem vermeintlich Kranken nicht „zumuten“ möchte, was nichts anderes heißt als nicht das Risiko eines befürchteten Ausfalls eingehen zu wollen.
    ->> Eine Veränderung des Status quo auf einer höheren Ebene ist Bohren dicker Bretter. Eine Lösung dafür habe ich nicht. Aber vielleicht ein nicht ganz passendes Beispiel: die Bestrebungen der Grünen für eine ökologischere (Um-)welt. Es dauert, bis sich etwas in den Köpfen bewegt, aber es ist möglich. Es bedarf aber sicher eines Zusammenhalts der Positiven. Wenn damit die Mehrheit der Positiven gemeint ist, so ist das der übliche Ansatz – meinetwegen. Dass die dann Minderheit sich dennoch zu Wort meldet, sollte dann akzeptiert und respektiert werden.

    So genug geschrieben, es ist spät bzw. früh und er Kopf wird müde …

  13. Knut
    „wir müssen erkennen, dass es durchaus möglich ist, diese ideologie zu verändern, wenn wir anfangen uns auszusprechen“ – ich mach schlicht das von Dir geforderte.
    Am Text fehlt mir letztlich der Hinweis, dass wir grundsätzlich ziemlich lebendig sind, ergo dem negativen vorgefassten Bild einfach nicht mehr entsprechen.
    Sexuelle Ablehnung ist nicht meine Erfahrung – hier besteht m.E. die Gefahr, dass zur schwulen Selbstanklage (ich werde abgelehnt, weil ich schwul bin – mit all den negativen Elementen des schwulen Selbsthasses) auch noch die Stigmatisierung als Positiver dazu kommt und sich beides dann zu noch größerem Selbsthass steigert – „mein hurra wir leben noch „, das ich dagegen immer wieder anklingen lasse, mag nen naiven Touch haben, aber es hat eine nicht zu unterschätzende Wertigkeit die mir in dem Manifest schlicht fehlt.
    Zum Thema bareback –
    „Und ja, die nehmen dieses recht auf selbstbestimmung/mögliche selbstzerstörung in anspruch, für das ich auch kämpfe.“ – abgesehen davon, daß man das Thema bei Viruslast unter Nachweisgrenze entspannter angehen kann – wir Schwule haben, was unseren immer wieder zur Diskussion gebrachten promisken Lebensstil betrifft – ich sag mal provokant – mehrheitlich – unsere Entscheidung hin zu eher monogameren Lebensstilen bereits getroffen – die Sub ist heute ein Schatten Ihrer selbst, wird ab und an genutzt, aber ihre Funktion ist nicht mehr Zentrum eines Lebensstil, sie ist für die Mehrheit höchstens eine Krücke auf dem Weg ins private Glück – und wenn ich deine Sätze lese – „wenn wir beim sex oder in einer angehenden beziehung unseren hiv-status offenlegen.oft sind wir dabei dem unverständnis oder dem ekel anderer ausgesetzt.“ – denke ich, daß vor allem das Thema angehende Beziehung im Focus steht und da wird das Thema „du da müßt ich dir noch was sagen….“ aktuell, mit der Möglichkeit, dass der andere sagt, ne du eine Beziehung mit nem Positiven will ich nicht.
    Einer, der was mit „Viruslast unter Nachweisgrenze und weitgehend normale Lebenserwartung“ was anfangen kann, der reagiert möglicherweise anders, das sollte sich ergo rumsprechen und wenn die schwulen Medien das nicht schreiben, stimmt doch da was nicht.
    Abschließend – irgendwie Wut, das ist mir zu wenig – aussprechen ist wie gesagt ok (bin ich dabei) – aber viel interessanter ist doch die Frage – wo will ich hin, wie will ich leben? Will ich ne bareback-Party oder volle Teilhabe an der Gesellschaft, beruflich, partnerschaftlich, das volle Programm – und da sehe ich nen anderen Ansatz in Richtung – Ich bin positiv, aber ich will dabei sein, will nen Partner, nen Job, Urlaub, Spass – einfach all das, was alle anderen auch wollen.
    Kann, so lautet meine Frage, ein Positiver akzeptierter Teil der Normalität sein, kann die Mehrheit HIV zum Einen als Lebensrisiko akzeptieren und zum Anderen eine Herangehensweise erarbeiten, die den Virus bekämpft aber niemals den Menschen?
    Von Seiten der Medizin ist da der Weg frei – wie steht es mit uns, was lässt uns zaudern?

  14. knut, natürlich hast du recht. natürlich ist es nicht einfach und vielschichtig. es hat mit verinnerlichten wertevorstellungen zu tun und von zunächst selbst – als „nicht betroffen“ – nach aussen projezierten ängsten, vorurteilen etc. die dann mit der infektion eindringen. das muss reflektiert werden und daraus ein selbsbewußtsein entwickelt werden. aber, und dabei bleibe ich, das ist eine große individuelle leistung, die da von jedem hiv-postiven verlangt wird. trotzdem würde ich es mir sehr wünschen.

  15. @knut

    Grundsätzlich ist das studium hier an die hiv-negativen zu richten, also, sie anstatt die hiv-positiven als problem zu betrachten.

    es ist ein dreiseitiges schwert um mich der bildsprache zu bedienen.

    die eine seite – das größte Problem, ist die wahrnehmung der gesellschaft, die hiv negativen wie du es bezeichnest, uns gegenüber. da gibt es in der tat ne menge zu leisten. aber immer wissend das bei aller kommunkation und information die transprotiert wird ein paradigmenwechsel im denken, der haltung uns gegenüber innerhalb der gesellschaft wie wir es uns vorstellen, wünschen nicht zwangsläufig die folge sein muß.

    die zeite seite – ist das phänomen der selbststigmatisierung innerhalb der community, vieler hiv positiver wie auch eine abgrenzung innerhalb der community. es gibt immer jemand über den man sich stellen kann. das halte ich nicht nur für fragwürdig sondern ist in höchstem maß kontraproduktiv. natürlich bin ich mir bewußt das, bei aller ablehnung von heteronormativen werten, viele von uns sich mechanismen bedienen die man in seiner sozialisation, erziehung mit auf den weg bekommen hat. ausgrenzung z.b. ist nicht genderspezifisch.

    die dritte seite ist der einzelne selbst. es is – sind die fragen die du gestellt hast. sich selbst zu reflektieren. und das ist bei vielen schwierig vor allen dingen idr schmerzhaft. diesen prozeß des self empowerment, dies zu unterstützen – andere und uns gegenseitig . . . . eines der elementarsten dinge die es gilt zu tun.

    http://www.google.de/url?sa=t&source=web&cd=1&ved=0CCMQFjAA&url=http%3A%2F%2Fwww.oberlin.ch%2Fessays%2FSelfEmpowerment.pdf&rct=j&q=self%20empowerment&ei=C7EeTsr8FsPLtAaUyPibAg&usg=AFQjCNHeu8Uj3Xk333fk7EUzvs45SZ9dYA&sig2=L-iw7tcqWow7nPhtDYywrQ&cad=rja . .

    lg alivenkickn

  16. huch! ich finde kaum zeit hier alle kommentare nachzulesen…mir hat der text gefallen, summa summarum.
    trotzdem hat es einige lücken und dinge die ich anders sehe. mich stört der ausdruck bareback-communities als (einziger?!) ort der vernetzung, sehr. als wären alle menschen mit HIV/AIDS a) schwul oder MSM und alle würden sich nur mehr in dieser art mit HIV/AIDS auseinandersetzen. da finde ich schon, dass du als autor, knut, dem breiten spektrum der Menschen mit HIV/AIDS und den engagierten unter uns nicht gerecht wirst.
    auch würde ich es ( noch?) nicht als manifest bezeichnen.
    aber an sich: sehr erfrischend und anregend.
    die zeit rennt mir davon, ich eile nach berlin…nach dem wochende melde ich mich gerne nochmals.
    liebe grüsse
    michèle

  17. Flaneur: natürlich gibt es verschiedene felder der ablehnung. Aus platzgründen für ein a4-langes manifest habe ich eine hierarchisierung vorgenommen, die die sexuelle/partnerschaftliche ablehung für am wichtigsten hält. Das sollte durch die rubrik hervorgehen: „hiv-positive haben nicht die größten probleme beim zahnarzt oder am arbeitsplatz, sondern in der sexuellen ablehnung und deren folgen! „
    ablehnug wegen partnerschaft ist natürlich auch ein problem, das jedoch nicht ganz mit der rein sexuellen zu trennen ist; Sexuelle ablehnung schließt eine beziehung aus. Das problem der partnerschaftlichen ablehung sehe ich als möglichen aus bau des manifestes, zumal die sexuelle ablehnung, wie du meinst, mehr bestehe.
    Ich nehme an, dass du mit dem satz „die nicht auf probe gestellte angst verstärkt das innere stigma „ probleme hast, da die gefahren der hep c sicher bekannt sind. Der satz beschreibt einen psychologischen vorgang, wie ich vermute, dass es zu unterschieden zwischen selbststigmas und dem von außen kommenden stigma. Die ängste werden nicht überprüft auf die wirklichlichkeit, die die vermuteten gefahren darstellen würden. Das führt zu verzerrungen und phantasmen des stigmas, da es nicht mehr durch imput von außen sondern von innen lebt. Es kann eben sein, dass die ängste unnötig sind, nur kann man dies nie feststellen, wenn es nicht überprüft wird mit dem, der die gefahren darstellt (in diesem falle ein hivnegativer der einen hivpositiven ablehnen würde).

  18. Ernst: das zeigen, wie positive sind, war nicht für mein manifest vorgesehen, aber dafür eine aufgabe, die am ende gestellt wird. Beim zeigen wünsch ich mir jedoch ein zeigen der vielfalt und nicht eine festlegung darauf, dass wir lebendig sind, da das der wirklichkeit nicht ganz entspräche. Dennoch könnte man natürlich ohne vorbehalt behaupten, dass wie lebendiger sind als vorher. Ich wünsche mir bei so einem zeigen keinen beweis, sondern schlicht eine ergänzung und korrektur zum gängigen bild des hivpositiven. Da ist beispielsweise wichtig zu informieren, dass es hivpositive gibt die nicht mehr ansteckend sind und eine normale lebenserwartung haben, aber auch, dass es ansteckende postive, die möglicherweise keine normale lebenserwartung haben. Ich sehe sonst die gefahr von unterschied „guter poz“ „schlechter poz“, wo solidarität in den eigenen rängen geboten ist und eine strategie zur akzeptanz, die diese bloß für die nicht ansteckende und mit normaler lebenserwartung ermöglicht, eine unsolidarische strategie ist.

    Könntest du den absatz mit “mein hurra wir leben noch “ etwas erläutern? Ich erkenne interessante gedanken aber kann mit dem gesamtinhalt ncihts anfangen.

  19. jacob: ich sehe die entstehung des selbststigmas sehr ähnlich. inwiefern siehst du es als exklusiv individuelle leistung da dieses wertvorstellungsgut doch ein gemeinsames ist? ich meine dabei, die vorstellungen, die jeder mit sich trägt, sicher ähnlichkeiten aufweisen und wo man, zusammen im gespräch, sowas wie das aufspuren dieser vorstellungen machen könnte.

  20. alivenkickin: ich sehe es auch ähnlich in drei ebenen: ich – andere; ich – die mir selbst ähnlich/die eigene gruppe; ich-ich. es gilt die allen ebenen gemeinsamen vorstellungen und die unterschiede zu finden.

  21. michèle: was fehlt dir noch, um das als manifest nennen zu können?
    nein, alle sind im manifest nicht vertreten, es sind beispiele für symptome genannt. eingangs um organisationen, die wegen unterdrückung zustandekommen, aber nichts gegen sie arbeitet oder sogar sich verbietet, gegen sie zu arbeiten, oder durch die organisationsform nichts zustandebringen, da sie in sich geschlossen sind. so sind keineswegs alle hivpositive organisationen; dieser blogg ist ein beispiel dafür da für jeden zugänglich. sicherlich gibt es andere beispiele, die nicht dieses oben genannte symptom aufweisen. aus eigenem kenntnismangel und neugier ich bitte dich, sie zu nennen!

  22. @ Knut #21:

    „alle sind im manifest nicht vertreten“
    nun – es wäre aber doch vielleicht erstrebenswert, eine größtmögliche anzahl verschiedener positiver (männer, frauen, schwule, offene positive, versteckt positive, erwerbstätige, berentete …) in die diskussion und die formulierung einzubeziehen, auf dass ein manifest entsteht, das von möglichst vielen menschen getragen werden kann – oder?

    lg

  23. ja, unbedingt. wenn man die beispiele im manifest als eben nur beispiele und keinen versuch ein ganzheitliches bild zu geben, denke ich, dass viele sich wiedererkennen können. anstatt der beispiele hätte ich natürlich es abstrakter halten können 1. organisationsformen die ich sich geschlossen und ohne polistischen anspruch sind ist eine erscheinung unter positiven und diese helfen uns nicht die politsiche und ideologische lage zu verändern. 2. diese organisationsformen können zum selbststigma und einem gefühl der isolation beitragen, da man sich auf diese beschränkt.
    es sind einige vorstellungen genannt: die der verantwortung, der schuld und einer moralisierenden hiv-prävension (die m.e. in pathologisierung der hiv-positiven niederschlägt). was sind andere einschränkende vorstellungen? ich bin da ganz ohr.
    das problem der ablehnung ist auch erwähnt worden, wo man auch zusätzliche bereiche und besonderheiten nennen könnte. welche sind sie?

  24. @knut
    Zu „hurra wir leben noch“: es gibt einen rasanten medizinischen Fortschritt – mit deinen Worter: „Dennoch könnte man natürlich ohne vorbehalt behaupten, dass wie lebendiger sind als vorher.“
    Eben – und das wird in der Öffentlichkeit bisher nur unzureichend dargestellt.
    Ich halte es auch für gut diesen medizinischen Fortschritt zu benennen und auch darzustellen, was Viruslast unter Nachweisgrenze bedeuten kann – in der Konsequenz z.B. bei Heteropaaren möglicherweise eine natürliche Kindszeugung – das ist eben auch eine Facette und ich würde da nix gegeneinander ausspielen, denn ich akzeptiere selbstverständlich auch eine späte oder sogar keine Medikation – oder alternative Ansätze.
    Fakt ist allerdings, daß das große Sterben heute vorbei ist, das hat Gründe und ist auch ein Anlass zur Freude, das will ich doch auch mit meiner Umwelt teilen, diese Freude, daß ich z.B. wieder 377 T-Helferzellen habe, daß es mir gut geht, daß die Medikamente da entscheidend waren – der Beitrag von alivenkickn zum Thema Selfempowerment ist da ebenfalls ein Fingerzeig – vielleicht kann das Manifest mehr leisten, wenn es progressiver zu einer Ermutigung aufruft – auch mit der berechtigten Hoffnung, daß das zu schaffen ist, das gemeinsame Miteinander – das soll die Krankheitserfahrung nicht negieren – ich sehe das eher als Eingliederung in eine Normalität in der Diabetes, Krebs, Depression und eben auch eine HIV-Infektion vorkommen – manche Erkrakungen sind schlimmer….sorry wenn ich da manchmal zu viel plaudere – doch ich denke das braucht es manchmal auch, damit was in die Gänge kommt…

  25. Ernst: Ja, die möglichkeit der nichtweisbaren viruslast ist wichtig, da viele uns gemieden haben, da wir schlicht eine gefahr dargestellten, sofern der einzelne nicht an die möglichkeiten der verhütung nicht glauben konnte (wie im manifest genannt) oder einfach zu sehr an das doch gebliebenen restrisiko dachte und dieses gegen die möglichen folgen (soziale brandmarkung, womöglich auch ansgt vor medizinischen veränderungen) stellte und angst und panik bekam (hier lässt sich mit flugangst vergleichen: geringes risiko – verheerende folgen). Es kann nur jetzt aber sein, dass ein neues vermeiden eintritt ähnlich dem, das beim kondom bestand: es gibt letztendlich ein restrisiko wenn leute unter der nachweisgrenze sind. wie verhält man sich günstig zum restrisiko? Das gilt zu erforschen wie sich leute dazu stellen.
    Als jahrgang 1984 habe ich selber das große sterben nicht mit erlebt, für mich war hiv immer ein veränderter körperzustand (keine krankheit) mit dem sich gut leben lässt mit hilfe von medikamenten. Es ist wichtig, dies zu zeigen in dem man hiv mit anderen erkrankungen vergleicht in hinblick auf ihre gefährlichkeit. Ein arzt behauptet beispielsweise hier (http://www.svd.se/kultur/hoppets-budbarare-trots-aids_6138233.svd), dass das rauchen schlimmer sei. Doch, es bestehen unterschiede zwischen hiv und den von dir genannten erkrankungen. Welche sind sie, findest du? Meiner meinung nach, besteht der unterschied in den bedeutungen, die man hiv zuschreibt, wo die aufgabe ist, wo ich mich an susan sontag anlehne, hiv zu einem körperzustand, wenn nicht ohne bedeutungen, mit realistischen bedeutungen neu zu interpretieren (wie ich schon meinte: einen gegendiskurs zu schreiben). Da sehe ich es als zwingend notwendig, sich gegen die gängigen vorstellungen auszusprechen (schuld, verantwortung, zugeteilte rolle als die aussätzigen der moderne, usw.).

  26. Vielleichtkönnen wir an dem Punkt ‚Gegen-Diskurs‘ ein wenig in die Tiefegehen? Was sollte er umfassen, welche Themen undFragen? Was findet sich schon in Knuts Manifest, was gäbe es zu ergänzen?

  27. Knut,

    du schreibst „… die möglichkeit der nichtweisbaren viruslast ist wichtig, da viele uns gemieden haben, da wir schlicht eine gefahr dargestellten …“ (Beitrag 25). Also mit anderen Worten: seht her, wir sind gar nicht so gefährlich wie ihr meint! Das betrachte ich aber schon als eine Art Verteidigung oder Rechtfertigung warum HIV-Positive Dinge einfordern. Aber ist das denn die Absicht des Manifestes? Ich hatte es eher so verstanden, dass es eben gerade ein Aufschrei gegen die gängigen Klischees sein soll, für ein selbstbewusstes und selbstbestimmtes Leben. Auch sehe ich bei solch „Detailinformationen“ immer die Gefahr, dass es dann eine Diskussion über dieses Detail gibt, über Infektiosität lässt sich trefflich streiten und so kann die eigentliche Aussage des Manifestes gut ignoriert werden.

    Zu diesen „Details“ (ein besseres Wort fällt mir gerade nicht ein) gehört für mich dann auch die herausgehobene Erwähnung der Barebackgruppen – wie auch von Michèle erwähnt. Auch ist die Kritik an Selbsthilfegruppen vielleicht riskant: HIV-Positive, für die diese Gruppen wichtig sind könnten so dem Manifest eher ablehnend gegenüberstehen weil sie sich als ausgrenzt sehen. Eine von dir bereits erwähnte mehr abstraktere Form könnte also vielleicht förderlicher sein. Aber ich merke, dass mir noch etwas unklar ist:

    1. Soll es in erster Linie ein Manifest für HIV-Positive sein? Ich meine damit ein Text, der Positive aufrüttelt, ihnen Mut gibt sich gegen die Meinung und das Verhalten der Massen zu stemmen? Aber auch die Möglichkeit, die Wut herauszuschreien?
    2. Oder ist es eher ein Text für eine Gesellschaft, die in Teilen HIV-Positiven immer mit Unverständnis, Unwissenheit und auch Ablehnung gegenübersteht?
    3. Oder gar beides?

    Ich meine, wenn die Zielrichtung genau definiert ist, lässt sich auch besser erkennen, ob und was im Text noch geändert werden könne oder gar müsste.

    Soweit meine Gedanken für heute …

  28. Nachtrag zu meinem Kommentar von eben: Mit „Diskussion über Details“ meine ich natürlich nicht unsere Diskussion hier, sondern eine entfachte Diskussion von denen, die HIV-Positive ablehnen und damit natürlich auch das Manifest.

  29. Knut,
    alles richtig – ich werd auch mal wieder das Buch von der Sontag rauskramen und am Wochenende mitnehmen.- dann bin ich da mal wieder up to date – sag mal was liest du da für alte Bücher :-)).
    Die Sontag kann man allerdings auch kritisch betrachten (Camille Paglia – „Sontag, bloody Sontag“)
    Aber bevor wir hier ne gehobene Philo-Kampflesben-Diskussion anzetteln – zurück zum Thema.
    Ergänzt werden sollte m.E. in dem Manifest daß es einen gravierenden medizinischen Fortschritt gegeben hat, der aber im öffentlichen Diskurs nur unzureichend wahrgenommen wird. Eine Ausgrenzung von Menschen, die eine nahezu normale Lebenserwartung haben, ist absurd. Die Ausgrenzung führt aufgrund der nicht geführten Auseinandersetzung der meisten Menschen (Dunkelziffer vielleicht bis zu 40%) sogar zu einer erhöhten Ansteckungsgefahr und bei Leuten, die ihren Status wissen evtl. dazu, dass sie Scheiße bauen. Ich sehe klar auch die Problematik (guter Posi – böser Posi), trotzdem stimmt es heute, daß derjenige, der sich seines Status bewußt ist, tatsächlich am besten die Verbreitung von HIV bekämpfen kann und auch medizinische Optionen gegen AIDS hat, die es entweder verhindern oder sogar rückgängig machen. Die Ächtung als „Aussätzige“ ist nicht nur für die Prävention kontraproduktiv, sie kann auch per se gesundheitsschädigend sein (ein altes, böses Thema).
    Du hast sehr richtig und prägnant erkannt, daß diese „Aussätzigen-Sichtweise“ an die juristischen Definitionen geknüpft ist – und hier entscheidet es sich. Wenn wir es schaffen, der Gesellschaft klar zu machen, daß HIV/AIDS als behandelbare Erkrankung – genauso wie andere behandelbare Erkrankungen – nicht länger irgendwelchen Seuchengesetzen unterliegt und auch in keinem Fall eine Strafbarkeit vorliegt, da es sich eben NICHT um eine tödliche Erkrankung handelt – sondern um eine behandelbare – wenn uns der gesellschaftliche Konsens gelingt, dass alles freiwillig ist – der HIV-Test und die Prävention – ein Konsens unter mündigen Bürgern – wenn uns das gelingt, dann sind wir den entscheidensten Schritt weiter.
    Dass es ein Teufelskreis ist, weiß ich, aber solche Kreise kann man m.E. nur durchbrechen, wenn man ihnen die Grundlage entzieht – und die Grundlage ist die Annahme, dass HIV/AIDS tödlich ist und todgefährlich – und diese Grundlage ist falsch, denn HIV kann medikamentös unter die Nachweisgrenze gebracht werden und dann ist AIDS erst mal over und vorbei, damit relativieren sich die daran anschließenden Maßnahmen und wir können zu einer – auch bei einer ansteckenden Erkrankung – normalen Sichtweise, Prävention (die dann sogar besser, da angstfreien wird) und medizinischen Versorgung (auch angstfreier und besser) – ich sag mal das schöne Wort : heimkehren .

  30. Ulli:
    zu gegendiskurs: wenn wir einen unterschied machen zwischen dem sosein des hivpositiven, das durch aufklärung in die welt gebracht werden kann, und den konnotationen zum hivpositiven, setzt der gegendiskus bei den konnotationen, also den wertenden /neben/bedeutungen, an. Ziel des gegendiskurses ist es, diese bedeutungen in frage zu stellen, um hiv zu einem „bedeutungslosen“ zustand zu machen, wie zb diabetes, der einfach so ist, wie sie ist (zumindest schreibe ich ihm ncihts anderes zu als „zuckerkrankheit“). Hier lässt sich der vergleich zur homosexualität machen : aufklärung kann zeigen, dass homosexualität z.b. nicht mit pädophilie gleichzusetzen ist, dass sie schlicht zweierlei sind, aber sie kann nicht sagen, dass homosexualität keine sünde ist (=konnotation zur homosexualität).
    Einfacher: aufklärung ist information (wir sterben nicht mehr; unter bedingungen nicht mehr ansteckend usw.) und gegendiskurs ist das bollwerk gegen negative ansichten. Susan sontag ist ein beispiel für einen gegendiskurs, da sie versucht, bestimmten vorstellungen auf den grund zu gehen.

    Flaneur:
    ich finde nicht, dass ich barebackforen oder selbsthilfeforen ausgrenze. Mein punkt ist es ja einfach, wenn man sie als beispiele liest, dass sie nicht politisch sind (es kann sein, dass ich mich hier irre. Inwiefern sind sie politisch?). Man soll das lesen als ein aufruf zu politischer organisation.
    Ich meine nicht mal, dass barebackforen oder selbsthilfeforen keine zwecke erfüllen, nur, wenn alle hiv-positive sich so zusammenschließen würden, so glaube ich, bringen wir keine veränderungen zustande. Alle können sich sicherlich nicht politisch organisieren, da dies unter unständen ein outing und auch ein politisches bewusstsein voraussetzt, nur sehe ich die notwendigkeit, dass sich mehr leute politsich organisieren.

    Ich würde sagen, dass das manifest zu sowohl positiven als auch negativen spricht, da beide gruppen häufig in eintracht die selben ansichten teilen (stigma und selbststigma).

    Ich finde jedoch es interessant, zielgerichtetere texte zu schreiben. Was würden sie unterscheiden? Was ist wesentlich wichtig für einen text für positive, was für einen text für negative?

    Ernst:
    du schreibst: „dass es einen gravierenden medizinischen Fortschritt gegeben hat, der aber im öffentlichen Diskurs nur unzureichend wahrgenommen wird“. wieso, glaubst du, nicht wahrgenommen? Wieso diese steuerung vom diskurs? Gibt es womöglich interessen, die diese information nicht wollen, die vom bild von der todesgefahr hiv nutzen zieht? (es gibt sicherlich viele ansätze hier, ich würde aber mit dem stichwort „gib AIDS keine chance“ anfangen…)

    wenn die prävension freiwillig ist, könnte man sie nicht in „aufklärung“ umbenennen?

    Die behandlung von aids hat die ansteckung von tödlicher erkrankung bis hin zu schwerer körperverletzung verändert. Das gesetz, das die verantwortung, wenn man so will schuld, für die ansteckung/verbreitung von hiv auf den hiv-positiven lastet, aber bleibt. Wie siehst du hier, dass der medizinische fortschritt an sich eine gesetzesveränderung zustande bringen könnte? Ich glaube nicht, dass die medizin dies leisten könnte. Auch nicht die verbreitung ihres wissens, sondern, wie oben genannt, ein gegendiskurs. Argumentativ muss hier das verständis von verantwortung, täter, opfer, sexuelle risiken, umstrukturiert werden, was m.e. vielmehr die aufgabe des rechtwissenschaftes, der philosophie wäre.

  31. Klar Gegendiskurs – das ist hier ja wieder mal ein Anfang.
    Allerdings, ich zitiere mal Dannecker: “ Die Angst vor Aids besteht in ihrem Kern aus nichts anderem als der Angst davor, vor der Zeit zu sterben“ – ich zitiere das deshalb, da ich diese Angst nicht mehr habe – klar gibt es noch Ängste – aber die große Angst, die einen so hilflos gemacht hat, ist weg – und das ist m. E. auch Thema für den Gegendiskurs.
    Wir brauchen uns keinen Kopf machen, ob und von wem es Interessen gibt, HIV/AIDS so bedrohlich als möglich darzustellen – ich hoffe, wir schaffen letztlich ein realistisches Bild, das sich durchsetzt, denn es ist eben die realisische Wahrnehmung.
    Ich komme gerade vom Bergwandern mit meinen Eltern zurück – da wir die selbe Tour gingen wie vor einiger Zeit meine Eltern mit meinem Bruder, der Raucher ist, stellten diese fest, daß ich am Ziel fitter war, was wohl am Rauchen bzw. Nichtrauchen liegt.
    Klar schauen sie noch besorgt, wenn ich mal zu nem Taschentuch greife und das „Hast Du Schnupfen?“ da klingt was mit, was mir nicht gefällt, aber die Feststellung „du bist ja ziemlich fit“, die gibt es eben auch.

    Prävention – Aufklärung? Naja, die Aufklärung ist eigentlich ganz gut, heißt doch auch Aufklärung oder? In allen neueren Broschüren steht das mit der nahezu normalen Lebenserwartung drin.
    Es gibt in Deutschland nicht so viele, die sichtbar positiv sind, aber einige eben schon und je mehr es werden, desto eher wird sich das Bild von Aids normalisieren.
    Entscheidende Impulse kommen m.E. schon aus der Medizin, die es sich doch nicht nehmen lassen wird, Ihre Erfolge zu propagieren und das beeinflußt letztlich auch die Phliosophie und die Rechtswissenschaft. Es ist auch so, daß Menschen vielleicht monatelang, möglicherweise jahrelang, aber ganz sicher nicht jahrzehtelang darüber schweigen, daß sie positiv sind, ganz sicher jedenfalls nicht in ihrem persönlichen Umfeld und da ändert sich bereits heute schon viel in der Wahrnehmung bei vielen Menschen.
    Mir ist schon klar, dass das jetzt sehr optimistisch klingt und dass es bei vielen Menschen auch eine unangenehme Sicht der Dinge gibt. Da ist alles, was irgendwie anders ist, als bedrohlich ausgeblendet und wird gemieden – es gibt da sicher auch Denkweisen und Strategien, auch bei Schwulen, die HIV-Positive grundsätzlich ausgrenzen. Das kann schmerzlich sein, aber letztlich bewahrt es einen HIV-Positiven auch davor Beziehungen mit Menschen einzugehen, die nichts bringen – da ist der steinige Weg der bessere Weg.
    Der Gegendiskurs ist enorm wichtig, der medizinische Fortschritt allein wird es nicht leisten, aber er ist letztlich das Fundament auf dem wir stehen, je stabiler es ist, desto höher können wir unsere Ziele stecken und bei normaler Lebenserwartung haben wir durchaus Zeit für nicht nur eine sondern viele kluge Strategien, soviele wie es Positive gibt.

  32. @Ernst

    Die Angst vor Aids besteht in ihrem Kern aus nichts anderem als der Angst davor, vor der Zeit zu sterben”

    Vor welcher Zeit? Der Zeit einer krankhaften idealisierten Vorstellung die auf nichts anderem als dem Wunsch wie Leben zu sein hat und der Verdrängung wie Leben ist basiert?

    Diese Angst ist mittlerweile auf AIDS/HIV bezogen so falsch wie auf das Leben bezogen völlig neben der Spur – unrealistisch wie nur irgendetwas. Man muß sich nur mal die Todesanzeigen durchlesen. Da sterben heute Menschen die weitaus jünger sind als viele von uns sind an ganz „popeligen“ gesellschaftlich nicht stigmatsierten und somit akzeptierten Krankheiten. Unsere Gesellschaft ist – wird für mich immer mehr zu einer Farce die ich immer weniger ernst nehmen kann. Einer Farce die man allerdings ernst nehmen muß da sie die Norm wie Leben zu sein hat vorgibt . . .

  33. für diese angst, vor seiner zeit zu sterben, gibt es keinen halt, mehr oder weniger, seit 1996. das sind 17 jahre her. kann es nicht sein, dass sich neue ängste gebildet haben, die womöglich nicht an den tod geknüpft sind?
    welche wären sie?

  34. ernst, du schreibst „es gibt da sicher auch Denkweisen und Strategien, auch bei Schwulen, die HIV-Positive grundsätzlich ausgrenzen. Das kann schmerzlich sein, aber letztlich bewahrt es einen HIV-Positiven auch davor Beziehungen mit Menschen einzugehen, die nichts bringen – da ist der steinige Weg der bessere Weg.“
    du bescheibst hier eine wenig beleuchtete funktion des stigmas, die des eigenschutzes. also, dass das internalisierte stigma einen vor möglichen gefahren zurückhält. kann es aber nicht sein, dass dieser schutz eben auch einen wesentlichen teil dran hat, das stigma aufrechzuerhalten, eben den status quo zu fördern?

  35. @alivenkickn

    Jetzt hast Du getreu der Überschrift „Sei wütend“ – durchaus berechtigt, die Wut nachgereicht.

    Damals als Dannecker den Satz geschrieben hatte, stimmte er, wobei es damals ja nicht um viele Jahre ging, sondern gerade mal um die Zeit zwischen den Erkrankungen, die immer schlimmer wurden. Da war seinerzeit wirklich wenig Lebenszeit bei Vollbild Aids – heute ist der Satz, wie Du knackig erläutert hast – falsch.

  36. @knut
    das ist jetzt bissl kompliziert – ich versuche mal konkret zu bleiben – ich glaube, daß ein offener Umgang miteinander mehr bringt, dass Ehrlichkeit letztlich für alle besser ist – mir sind auch Wege des Verschweigens bekannt. Leztlich will ich einen Partner, der auch weiß, daß ich z.B. positiv bin.
    Die schlichte Lebensweisheit, dass die wahren Freunde diejenigen sind, die einen so akzeptieren wie man ist, halte ich nicht für eine problematische, ein Stigma aufrechterhaltende Sache.
    Es ist dann auch ein Schutzraum. Die These, die da bei Dir anklingt, dass eine Radikalisierung erfolgen würde, wenn der Schutzraum nicht vorhanden oder verletzt werden würde – naja – ich denke je sicherer ein Positiver sich in seinem Umfeld fühlt, je besser die Strukturen, desto eher kann er sich z.B. outen – letztlich ist es beides – Widersprüche und eben auch der Blick auf ein Ziel, der Menschen agieren läßt.
    Vielleicht sollten wir eher in Richtung Ziele diskutieren?

  37. absolut. dieser schutzraum ist unabdingbar, aber, wenn das stigma notwendigerweise dem positiven mundkorb außerhalb dieses schutzraumes, ist der schutzraum teil der dynamik des stigmas. überwinden des stigmas muss also heißen, so meine meinung, diesen schutzraum zu behalten aber ihn auch zu überschreiten um letztendlich ihn nicht dringend zu brauchen.

    das ziel für mich, vielleicht habe ich es schon geschrieben, ist es, die möglichkeit der totalen offenheit ohne jegliche sanktionen zu haben. ein anderes ziel ist es natürlich, obwohl es etwas außerhalb meines bereiches liegt und ich denke, dass da viel schon erreicht ist, das totale nachkommen unserer sonderbedürfnisse zu genießen (arzt, krankenkasse, etc.).

    was wären eure ziele? (eine frage, die mit zielsetzung einhergeht, ist natürlich: teilziele, strategien)

  38. Zunächst und aus aktuellem Anlass das, was die Internationale AIDS Society in ihrem Rom Statement formuliert hat – es ist Zeit für die Heilung von Aids – darauf soll hingearbeitet werden, dieses Ziel ist formuliert:
    http://www.iasociety.org/Default.aspx?pageId=583

    Zu uns – den Schutzraum überschreiten – das klingt doch gut. Ja, das mach ich Schritt für Schritt -with a little help 🙂 .
    Die Möglichkeit zu Offenheit ist gegeben – ob Sanktionen ausbleiben, weiß ich nicht, aber dagegen angehen, diese überwinden, ist zumindest unsere Option.
    Als klares Nahziel würde ich mal formulieren, als ersten Schritt, die Möglichkeiten zur Diskussion im Internet intensiver zu nutzen – ich denke, geistiger Austausch ist der Anfang von allem.
    Wir haben das alle mal gelernt, das Argumentieren, das Erörtern und Diskutieren.
    Im Internet gibt es neben ondamaris bemerkenswerte Initiativen – z.B.: http://alivenkickn.wordpress.com
    Hier kann man bei „der Tag X“ oder „Doppelleben“ seine Geschichte posten – und dabei wird einem auch klar, was wichtig für einen ist und man liest, wie es anderen gegangen ist – das sind nicht nur Dokumente, das ist die Basis für eine neue Ebene des Gemeinschaftsempfindens, für das Einüben von Solidarität – und ich denke – es gibt noch mehr Beispiele – hier beginnt, so hoffe ich, das, was z.B. bei den nächsten Positiventreffen zu einer neuen Qualität des Miteinanders und im Alltag zu einem offeneren Umgang mit HIV/Aids führt.
    Mitarbeiten, eine solidarische Gesellschaft zu entwickeln, die lernt, mit Erkrankung umzugehen – und vielen anderem auch, mit Drogen, Alkoholproblemen, Arbeitslosigkeit, Migration – aber eben im Fokus -solidarische Gesellschaft – und Menschen, die positiv sind, sind Teil dieser solidarischen Gesellschaft. Da kann man jetzt natürlich die ganze Welt meinen – das ist jetzt das ganz große Ziel….da die Betroffenheit von HIV/Aids eine Sache ist, die sich weltweit auswirkt – stehen wir durchaus – ob wir wollen oder nicht – dies mal mutig formuliert – symbolisch für die Weltgemeinschaft – hier entwickelt sich bereits in Ansätzen eine weltweite Solidarität und das sollten wir nicht unterschätzen.
    Wenn ein schwuler Mann in Deutschland, die selbe Krankheitserfahrung macht, wie ein Schwarzer in Kenia, eine Frau in Brasilien und ein Chinese in Schanghai und alle, die Phasen von Angst, Abwehr, Erkrankung, Stigma und auch wieder Gesundung durch Medikation, eigener Motivation, Solidarität und Hilfe im Umfeld erfahren, dann sind das analoge Erfahrungen, dann ändert sich da was – wenn das dann auch noch in Richtung Heilung geht – und es sieht ganz danach aus, dann ist das eine Erfahrung für die Weltgemeinschaft, die eine Menge bedeuten kann und möglicherweise auch auf andere Ebenen ausstrahlt – hier will ich einfach mal andeuten, daß wir auch über den berühmten Tellerrand blicken sollen – auch hier besteht Diskussionsbedarf, der mir noch fehlt.

  39. vielleicht wäre auch ein ziel, sei es innerhalb oder außerhalb des tellerrandes, sich kritisch zu überlegen, was die von dir, ernst, genannte solidarität ermöglicht oder eben unmöglich macht? denn ohne sympathie außerhelb der eigenen kreise, nützen unsere überlegungen und vorschläge nichts. tim dean schreibt in seinem buch zu backback, dass diese kultur entstand aus dem scheitern der schwulen community, hiv-positive in die gemeinschaft einzubeziehen. in stockholm bin ich eingeladen zu einem podiumgespräch im august zum thema „hiv und der mangel an queerer solidarität“. das würde ich gerne diskutieren. wieso eigentlich dieser mangel, glaubt ihr?
    ein spontaner gedanke meinerseits ist, dass keine solidarität besteht, weil wir zum anderen gemacht werden. wir werden verstanden als personen, mit denen sich nicht identifizieren lässt. „mich würde es eh nicht treffen“. könnte nicht ein ziel sein, diese andersartigkeit in gemeinsamkeit zu übersetzen?

  40. denke, dass das ein ansatz zur infragestellung der fehlenden solidarität ist. ein anderer wäre jener, den ich auf meinem blog als kommentar zu einem youtube-ausschnitt (http://www.youtube.com/watch?v=kFNs2mOkKzc&feature=related) geschrieben habe:

    „ich würde ihn fragen, ob er selber nicht mal ohne kondom sex gehabt hat, wo er sicherlich antworten würde, dass dies der fall sei, und sagen dass wir hierbei offensichtlich das selbe verhalten haben und er glück gehabt hat, ich nicht. wenn es doch genauso ihn hätte treffen können, wieso zeigt er kein mitgefühl?“

  41. Zum Thema Gemeinsamkeit, versuch ich mich mal als (prophetischer) Werbetexter oder Kinderbuchschreiber:

    Heidi hat nach einer genetischen Untersuchung die 50%ige Wahrscheinlichkeit, dass sie Alzheimer vermutlich schon mit 50 bekommt, im Peter schlummert Krebs, er weiß es nur noch nicht, Sabine wird auf ihrem Urlaub im Nepal eine Bakterie einfangen und sie wird daran sterben, Willi wird neunzig Jahre alt, aber 50 Jahre lang wird er depressiv sein, Annette nimmt zu viele Glückspillen, bald lernt Sie die Dialyse kennen, Wolfgang säuft – nicht mehr lange, Rosemarie ist Diabetikerin und wenn Klara nicht mit dem Rauchen aufhört, wird sie an Lungenkrebs sterben – ABER ALLE MITEINANDER SIND FROH, DASS SIE NICHT HIV-POSITIV SIND.

    Heidi, Peter, Sabine, Willi, Annette, Wolfgang, Rosemarie und Klara zeigen mit dem Finger auf den HIV-positiven Otto und sagen im Chor: Du bist krank, du aussätziger Positiver – wir sind froh, daß wir nicht so sind wie du…….

    Der HIV-positive Otto wird ein glückliches Leben haben und 2027 wird ein neu entwickelten Medikament HIV vollständig aus seinem Körper entfernen – das weis Otto noch nicht, deshalb steht er heute im Abseits und ist traurig.

  42. ernst:
    deine karikatur versucht das fehlende mitgefühl trotz vorhandener gemeinsamkeit in szene zu setzen. gibt es den nährboden für mitgefühl für das andersartige, auch ohne gemeinsamkeit? letzten endes zeigt ja auch jede gruppe auch besonderheiten auf.
    die frage ist vielleicht worauf man strategisch setzen soll, um mitgefühl gewinnen zu können? es geht ja um das gefühl und nicht unbedingt darum, ein wahres bild zu zeichnen, sondern eine darstellung, eine sichtweise, welche die gängige herausfordert (auch eine definition vom „gegendiskurs“).

  43. Knut: Du hast das ja mit Deiner Story 43 schon angedeutet. Du hattest mit deinem Verhalten Pech, der andere eben mal Glück.
    Solidarität könnte auch erreicht werden, wenn wir unsere Vorstellung von der Welt verändern.
    Ich mach es mal anschaulich – wir Menschen kommen als Raumfahrer auf einen Planeten, der scheint echt toll zu sein, super Tiere, vieles essbar, die Pflanzen sowas von beeindruckend…..wir beschließen also – volle Ansiedlung und bauen Dörfer, Städte – eben mal die ganze Zivilisation – ABER – da stimmt was nicht auf dem Planeten, da werden immer mehr Leute krank….und plötzlich stellten unsere Wissenschaftler fest, daß da ein verdammt mieser, fieser Mikrokosmos lauert, lauter üble Minimonster, die sich quer durch die Menschheit fressen, die uns einfach als Biomasse betrachten und sich fröhlich in uns vermehren, uns durchdringen – dazu benutzen die auch noch den Austausch von Körperflüssigkeiten – und ein ganz fieses, unser Immunsystem destabilisierendes….wären wir also auf so einem Planeten gelandet, dann wäre unsere Solidarität eigentlich selbstverständlich.
    Nun, ich denke in gewisser Hinsicht sind wir auf so einem Planeten – unser menschliches Bewustsein ist etwas ganz anderes, als das, was wir in der Natur vorfinden – und diese Natur ist eben nicht menschlich, nicht gut oder schön, sie ist verdammt andersartig – außermenschlich – fremd.
    Wenn es uns also gelingt, unseren Mitmenschen zu verdeutlichen, wie fremdartig diese Welt tatsächlich ist, wie schaurig dieser Mikrokosmos – durchaus vergleichbar mit dem Welltall, das in seiner gigantischen Ausdehnung ebenfalls letztlich erschreckend ist, dann erfahren wir sicherlich eine andere Solidarität.
    Schade, daß wir zu den Wissenschaftlern, die sich unmittelbar mit HIV beschäftigen, nicht so wirklich Kontakt haben – letztens sah ich faszinierende Filme, die die Wirkung der Medikamente gegen HIV anschaulich machen – und ich hätte gerne mal unmittelbar von jemandem, der an der Erforschung beteiligt war, an der Entwicklung der Medikamente, die dann wirken, erfahren, was er gedacht hat, wie es seine Philosophie von der Welt, seine Anschauung und Denkweise möglicherweise verändert hat.
    Du siehst – ein Gegendiskurs – könnte stattfinden auf mehreren Ebenen – und das ist eigentlich so meine, noch nicht richtig ausgearbeitete Denke – was ist denn das für ein eigenartiger, gefährlicher Planet, auf dem wir da gelandet sind – das sind ja irrsinnige Herausforderungen und wenn wir ein Problem bewältigt haben, dann tauchen zwei neue auf – Wahnsinn – und dieses fiese HIV ist eines von vielen Plagen…..war das anschaulich genug? Ist das ein Ansatz zum Nachdenken?

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