HIV-Stigma – das „goldene Ticket“ für die Rückkehr in den Schoß der Gemeinde ?

Diskriminierung und Stigmatisierung sichtbar machen – ist das ein positiver Ansatz? Oder ist sie ein weiterer Schritt im Opfer-Dasein? Gar das „goldene Ticket für die Rückkehr in den Schoß der Gemeinde“? Die Festschreibung des Sonder-Status?

Ein Gast-Kommentar von Manuel Schubert, Autor des Blogs „Immunantwort„:

HIV-Stigma – das „goldene Ticket“ für die Rückkehr in den Schoß der Gemeinde ?

Im Regelfall prallt die Präventionsreklame an mir ab. Ausgenommen die Aktion „Positive Stimmen“. Der neueste Streich der Deutschen Aids Hilfe brachte mich tatsächlich ins Grübeln. Stark verkürzt hören sich bei diesem Projekt Menschen mit HIV gegenseitig dabei zu, wie sie über schlechte Behandlungen aufgrund ihres Virus berichten. Aus dem gesammelten Material wird anschließend der sog. „PLHIV Stigma Index“ (neudt.: „People living with HIV Stigma Index“) destilliert. Der soll abbilden, inwieweit und wo auf der Welt Menschen mit HIV diskriminiert werden bzw. aufgrund der Abstempelung als „positiv!“ Leid und Benachteiligungen erfahren. Das Projekt rühmt sich einer Besonderheit: Man verfährt nach den sog GIPA-Prinzipien („Greater Involvement of People Living with HIV/ Aids“), auf gut deutsch: Von Positiven für Positive. Wendet man eine kontroverse Lesart an, dann sind die „Positiven Stimmen“ der Kinderteller, den „uns“ die Präventionsinstanzen ausnahmsweise gewähren. Für mich riecht das irgendwie nach Entmündigung durch die Hintertür. Aber vielleicht missverstehe ich da auch nur etwas.

Sprechen ist jedenfalls angesagt bzw. das Antworten auf Fragen, die positive Interviewer ihren positiven Interviewten anhand eines standardisierten Fragebogens (sic!) stellen. Ferner Sinn des Ganzen ist die Absicht, mit dem sich hoffentlich(?) abzeichnenden Bild von der Schlechterstellung infizierter Menschen, „langfristig“ in Politik und Gesellschaft intervenieren zu können. Klingt nett. Wer diese Interventionen letztlich vornimmt, sei dahin gestellt. Ebenso, ob die „GIPA“ Prinzipien dann gelten.

„Positive Stimmen“ trägt, das D- und das S-Wort trophäenartig vor sich her: Diskriminierung und Stigmatisierung. Die Sprachdatenbank der Uni Leipzig kennt für das D-Wort 12 Synonyme, darunter „Missachtung“ und „Benachteiligung“. Ganz egal ob Versicherungen, Arbeitgeber, Chatpartner oder Richter – Menschen mit HIV im Blut schlechter zu behandeln als vorgeblich „gesunde“ Menschen, ist in westlichen Industriestaaten gängige Praxis. Schnell geraten dabei neben dem persönlichen Respekt auch Grundrechte unter die Räder. Die Frage nach Diskriminierung lässt sich relativ schnell beantworten. Die Antwort ist so mannigfaltig, wie die „Täter der Diskriminierung“ vielgestaltig sind. Und so wie sich deutsche Juden in schöner Regelmäßigkeit für die „Machenschaften“ der israelischen Regierung(-en) rechtfertigen sollen. Genauso oft dürfen sich Positive anhören, dass die Krankenkassen Verletzungen aus Extremsportarten ja auch nicht mehr bezahlen. Der einzig „positive“ Aspekt an Diskriminierung: Sie ist häufig so dermaßen dämlich und offenkundig plump, dass sie sich schnell identifizieren lässt. Sich dagegen dann auch wehren zu können, steht wiederum auf einem anderen Blatt. Ob Kampagnen wie die „Positiven Stimmen“ hier hilfreich sind, sei erheblich bezweifelt. Ich würde politisch progressive, lautstarke und von Fördermitteln unabhängige Interessenvertretungen bevorzugen.

Beim S-Wort ist die Sache schwieriger. Was ist ein Stigma – in Bezug auf HIV und unter Fortlassung der historischen Wurzeln des Begriffs? Ist die Ordnungsnummer der Ärzte und Krankenkassen für HIV „B24 G“ schon Stigma, oder nur eine Kennziffer im Abrechnungswesen? Ist die Phrase „poz“ für positiv schon ein Stigma, oder einfach nur Slang unter schwulen Positiven? Erneut gefragt: Wie definiert man das „HIV-Stigma“? Und vor allem: Wer definiert es? Jeder Infizierte erfasst den Umstand des Virus im eigenen Blut anders.

Nicht wenige scheinen das Wunschdenken der Prävention vollkommen geschluckt zu haben und sind seit dem „Un-Fall“ der Infektion erstarrt. Sie reagieren mit Selbstvorwürfen oder Verstecken. Andere können mit HIV nur aus einer Opferhaltung heraus umgehen, die wiederum oft mit einer Betonung der eigenen Sonderrolle einhergeht, welche häufig auch noch institutionalisiert wird. Beide Typen, nennen wir sie den „gescheiterten Präventionsgläubigen“ und „das Opfer“, haben meiner Meinung nach ein vordringliches Interesse an der Definierung des Stigma-Begriffs. Die nicht infizierte Gesellschaft ist ihr Ziel oder vielmehr deren Anteilnahme und Aufmerksamkeit. Das HIV-Stigma als „Golden Ticket“ für die Rückkehr in den Schoß der Gemeinde. Was paradox klingt, wird durch Aktionen wie die „Positiven Stimmen“ und Worthülsen wie das „GIPA“-Prinzip auf erschreckende Weise schlüssig.

Doch was soll hierbei für ein Index herauskommen? HIV+, 38, beschimpft in München! HIV+, 22, gemieden in Berlin! HIV+, 41, verurteilt in Rostock? HIV+, 52, arbeitslos in Duisburg? Oder eher so: „Die Deutschen malträtieren ihre Positiven besonders effektiv mit Isolation, Rechtssprechung und gezielter Warnung vor dem Rauswurf aus der Solidargemeinschaft.“ Tauchen wir dann in einer „Hotlist“ von UNAIDS auf – Deutschland, Platz 3 in der Kategorie Psychoterror gegen Positive? Nein, bestimmt nicht. Dieses Volk ist ja so leidenschaftlich gerne Weltspitze. Ergo wird vor Veröffentlichung der Hotlist noch schnell die Gesundheitsversorgung von HIV auf 100% Selbstbeteiligung umgestellt und der Hartz4-Anspruch für Positive gestrichen – damit ist der erste Platz gesichert.

Nochmal: Was soll das werden? Ein Atlas der Schande? Wie viele solcher Atlanten braucht dieses Land noch? Das Suhlen in der eigenen Schande als deutscher Fetisch? „Der deutsche Fetisch – jetzt neu, auch in der Version für HIV! Zusammengestellt von unseren versierten Autoren.“ Werkzeuge stumpfen ab, nutzt man sie zu oft. Und welchen Nutzen hat dieser Atlas, wenn er nur aussagt, dass ich nirgendwo ein zu Hause habe? Ich kann mit den „Positiven Stimmen“ nichts anfangen! Meine Stimme ist nicht „positiv“, sie ist nur die des Manuel Schubert. Ja, der ist auch HIV-positiv und ja, das sogar sehenden Auges. Kein persönliches Scheitern, kein Opfer von jemandem. Aber er ist deswegen noch lange keine „positive“ Stimme, schon gar nicht im Sinne der institutionalisierten Prävention. Nein, in deren Sinne ganz bestimmt nicht!

Ich habe als deutscher Staatsbürger eine Stimme und gehe zu jeder Wahl. Ich bin Mitglied in einer Bundestagspartei. Als Blogger verschaffe ich mir öffentlich Gehör. HIV ist da eines unter vielen Themen. Meine Stimme prangert offen an, dass dieser Staat, seine Institutionen, die Gesellschaft daran gehen, meine Grundrechte, meine körperliche und geistige Konstitution und somit meine Entfaltungsfreiheit in Abrede zu stellen. Die institutionalisierten HIV-Interessenvertretungen reagieren darauf öffentlich kaum und wenn doch, dann mit hilflosen Appellen. Die schlichte Reihenfolge, in der sie ihre Arbeitsschwerpunkte benennen, macht klar, das, da nichts weiter kommen wird: An erster Stelle steht die Schaffung eines „gesellschaftspolitischen Rahmen, in dem Infektionen vermieden werden können“. Ein Perpetuum mobile für fördermittelabhängige Institutionen und ihr Personal. Die Forderung nach einer allgemeinen Lebensstilakzeptanz für Menschen mit HIV findet sich in der Proklamation zum Selbstverständnis der Deutschen Aids Hilfe (DAH) nicht.

Dieser Tage plakatieren die staatlichen Gesundheitsbehörden wieder Floskeln und lassen Rollenmodelle Sprechblasen aufsagen. In ihren gecoachten Sätzen über das positive Zusammenleben schwingt immer auch ein Wohlverhaltensvorbehalt mit: „Aber sicher.“ Etwas anderes als die Sicherheit kommt unterm Strich nicht vor. Da man sich mit der breiten Vermittlung bspw. des EKAF-Statements überraschend schwer tut, kennt die Volksgesundheit nur den Heiligen Gral: Das Kondom. Das Kampagnenziel der gesellschaftlichen Umarmung entpuppt sich so bei genauerer Betrachtung als sinnbildliche Sicherheitsverwahrung für Positive. Staatsanwälte und Richter interpretieren diese anachronistischen Mantras längst in Verhaltensnormen und damit Rechtssprechung um, da ihnen die Paragrafen des StGB den Spielraum dazu lassen. Die Politik duckt sich hier weg. Wir Positiven befragen uns derweil, selbstverständlich nach Anleitung der DAH, gegenseitig über unser Leiden.

Am 1. Dezember legen all jene, die zwischendurch das Bedürfnis haben für ein paar Minuten solidarisch zu sein, wieder die rote Schleife an. Es wird Zeit, dass Menschen mit HIV diesen modernen gelben Stern endlich mit jener Verachtung strafen, die ihm gebührt. Die Schleife ist zum Symbol eines verkommenen Solidarverständnis mutiert, das Infizierte in der Sonderrolle eines gescheiterten und fürsorgebedürftigen Individuums festschreibt. Die Sonderrolle ist die eines Hofnegers, wie er im 18. Jahrhundert von österreichischen Adeligen gehalten wurde. Anstatt mit Spendendosen zu klappern, sollten die lokalen Aidshilfen an diesem Tag Unterschriftenlisten auslegen: „Ich fordere die uneingeschränkte Straffreiheit der Transmission von HIV.“ Übrigens: „Positive Stimmen“ sucht noch Gesprächspartner. Wir sollten uns alle bewerben! Und im Interview die Welt schön biegen, damit der „PLHIV Stigma Index“ am Ende aussagt: Deutschland ist unter den Industrieländern das Paradies für Positive. Natürlich wäre das Humbug. Doch zu denken, der Index würde etwas zur Besserung der Situation Positiver beitragen, grenzt an Aberglauben.

12 Gedanken zu „HIV-Stigma – das „goldene Ticket“ für die Rückkehr in den Schoß der Gemeinde ?“

  1. danke. jetzt bin ich voll. angeregt. aufgewühlt und es drängt mich zum denken, schreiben, hüpfen und lachen.

  2. moin
    danke für deine zeilen
    wenn auch etwas verbiestert
    aber sehr anregend und sehr zutreffend
    wenn ich da leider auch keinen lösungsansatz habe
    oder in dem text wirklich finde
    aber was soll, wird wirklich ein vernünftiger handlungsansatz sein?
    wo wird sich ein „gesundes“ voksempfinden wirklich hin entwickeln lassen können?
    wie soll ich als positiver immer die kraft aufbringen
    für alles aufrecht zu stehen
    wo ich im alltäglichen sexuellen anbändeln schon nicht die kraft immer aufbringe
    mitzuteilen, daß ich posivit oder poz. bin
    die frage, ob ich es überhaupt muß
    und ja
    wir bauen uns unser gefängnis langsam selber
    die heilsbringerische safe (safer) kampagne
    und das heutige leben hat nix – außer in Tottenham, pariser voraorte, griechenland, spanien, islamische länder
    aber in deutschland auch nix mit nem aufrechten gang zu tun
    alles recht brav und geordnet
    lets try to be brave 😉

  3. Was soll das werden? Ich spreche jetzt mal als „Hofneger“. Nicht dass es was zählen würde, dass ich mit den anderen „Hofnegern“ den Gesundheitsminister auf der Podiumsdiskussion darauf aufmerksam gemacht haben, dass die Behandlung durch manche Ärzte (Stichwort Zahnärzte) zu Wünschen übrig lässt – dürfte wohl der Job von „Hofnegern“ sein, gell….
    Gestern traf ich mit Freunden nen Bekannten. Der hat angerufen und erzählt, daß er mich im Kino gesehen habe. Offen gesagt, hatte ich Ängste. Ein paar Plakate habe ich ja schon gesehen und man hat zugesichert, daß in meiner unmittelbaren Umgebung keine Poster aufgehängt werden.
    Trotzdem, ich hatte so die Schreckensvorstellung, daß die Sache einfach ne Nummer zu groß, zu heavy für mich ist – egal, fahr ich halt mit in die Stadt und wenn die Plakate hängen, was soll es, da muß ich durch…..
    Tja und dann hat der Bekannte und jetzt Freund etwas erzählt, womit ich überhaupt nicht gerechnet habe, daß er selbst seit über 20 Jahren positiv ist, daß er die ersten Jahre nur in Alternativmedizin gemacht hat, was er als sein Glück ansah (ein großes Thema und offenes Fass), dann aber froh war, die Kurve mit der heutigen Medikation gerade noch gekrazt zu haben. Es ist übrigens in den letzen Wochen nicht der erste, der sich mir gegenüber geoutet, der mit mir geredet und diskutiert hat.
    Du hast lieber Manuel bereits den 22jährigen Marcel mit einem Beitrag angegriffen, den ich in Richtung unterste Schublade einordnen würde. Jetzt gehst Du aufs Ganze und diskreditierst den ganzen Laden, die Kampagnen und auch noch die rote Schleife. Würdest Du dich in die Kampagne einlesen, würdest Du feststellen, daß recht normale Menschen zu unterschiedlichen Themen Beiträge liefern, mancher Beitrag geht hier durchaus in die Tiefe und spricht wichtige Themen an.
    Wo Du dunkle Machenschaften im Sinne einer ominösen „Volksgesundheit“ vermutest, ist mir völlig schleierhaft. Ich selbst habe den Zusammenhang zwischen offenem Umgang mit einer HIV-Infektion und der Unmöglichkeit juristischer Sanktionen mehrfach deutlich gemacht – beides bedingt einander – ich denke, das wissen alle, die die Kampagne begleitet und mitgemacht haben.
    Das , was Du für so wichtig erachtest, dass Du auf uns eindrischt und einen grotesken Widerpruch aufbaust zwischen Deinem Anliegen und den Kampagnen – ist hinlänglich bekannt, es wird diskutiert und es ist sicherlich möglich, dass Du Dich hier einbringst. Ich befürchte allerdings, dass Du dies überhaupt nicht willst, sondern nur nach einer Bestätigung Deines Weltbildes suchst, das wie so üblich bei allzu „Radikalen“ von Feindbildern lebt und ohne diese Feindbilder in sich zusammenbricht. Sollte dies nicht so sein, dann wäre es ein erster Schritt sich bei Marcel zu entschuldigen und den Mut für ein Engagement anzuerkennen, das keineswegs selbstverständlich ist und das genau dazu führt, was Du Dir eigentlich wünschst. Ein Miteinander in einer menschlichen Gesellschaft – doch genau das fürchtest Du, denn Du brauchst die „unmenschliche und feindliche“ Gesellschaft, vielleicht damit Du selbst dich feindselig und unmenschlich verhalten kannst? Denk mal darüber nach!
    Ernst

  4. Solange Mediziner HIV-Patienten aus ihrer Praxis werfen, wenn positiven gekündigt wird weil sie positiv sind, wenn sie verurteilt werden weil der Negative nicht mit an ein Kondom gedacht hat, wenn sie ausgegrenzt und diskriminiert werden. Solange ist es notwendig etwas gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und Stigmatisierung zu unternehmen. Dazu gehört auch eine Bestandsaufnahme.
    Auch wenn ich selber noch keine Diskriminierung erfahren habe, heißt das nicht, das es anderen genauso „gut“ ergeht oder das es bei mir immer so bleibt.
    Sicher selbstbewusstes Auftreten schützt weitestgehend vor Diffamierungen aber man ist nicht 100% sicher davor.
    Die Interviews Betroffener ist ebenso wichtig wir eine Befragung der „gesunden“ Bevölkerung zum Umgang mit positiven wichtig ist. Und das muss der zweite Schritt sein um bestimmen zu können wie eine Aufklärung weitergehen soll.
    Ich verlange keine Sonderstellung aber es ist noch viel Öffentlichkeitsarbeit nötig, solange HIV auch in den Köpfen „Gesunder“ noch eine Sonderstellung einnimmt. Darüber gilt es nachzudenken satt solche Maßnahmen als Unsinn abzutun. Genauso lange brauchen wir die Rote-Schleife und das nicht nur zum Welt-Aids-Tag.

  5. ich war heute morgen etwas schnell und ungenau. vieles liegt mir auf dem magen, seit ich deinen text gelesen habe, anderes kommt befreiend hoch. ich grüble noch, geboren wird später…

  6. Vor einer Woche stolperte ich bei meinem SPA zufällig über eine Postkarte des Projektes
    http://www.positive-stimmen.de
    Da mein Interesse geweckt wurde habe ich mich dort gemeldet und schon nach 4 Tagen war ein Termin mit meinem Interviewer vereinbart.

    Bin heute noch sehr beeindruckt von diesem Interview, das fast 2 Std gedauert hat.
    Bei diesem Projekt werden HIV pos. von anderen ebenfalls HIV pos. interviewt.Es geht um die Auseinandersetzung mit Stigmatisierung und Diskriminierung von uns.
    Es ist für mich hier sehr schwer zu beschreiben was mich emotional so positiv an der Befragung berrührt hat.
    Als erstes war es für mich neu , dass mal nicht über uns etwas erkundet wird sondern Betroffene eben Betroffene befragen.
    Die Fragen in dem Fragebogen ( natürlich alles völlig anonymisiert) waren aber nicht das allein entscheidende, sondern durch die Fragestellung hab ich mich selber mit den Problemen beschäftigt und durch die Antwortmöglichkeiten bin ich zum Nachdenken und Problemlösungen angeregt worden.
    Kann natürlich sein, daß es mein super kompetenter Interviewer war , der mir duch die Besprechung der Fragen eben soviele Anregungen gegeben hat aber insgesamt hab ich durch dieses Gespräch eben schon eine unglaubliche Hilfe zu diversen Problemen der Stigmatisierung bekommen.
    Dies ist eine sehr persönliche und emotional gefärbte Darstellung aber wer mich kennt weiss dass ich meine positen Erlebnisse eben gern andern mitteile.
    Mein Tipp: schaut euch die Seiten an und macht mit! >Wenn Ihr nur ansatzweise so positive Erfahrungen machen werdet wie ich hat es sich gelohnt!
    Lasst euch interviewen!

  7. schön manuel das du so selbstbewußt
    selbstsicher durch s leben gehst
    manuel
    der du ein bild bist
    das sich vielen kleinen teilchen zusammensetzt
    das dein leben mehr als nur hiv ist
    der du dich nicht über hiv definierst
    manuel der seinen weg gefunden hast
    (bei se wäy. . .wie war dieser prozess an dessen ende du auf diesem weg jetz wandelst ? schmerzhaft, eine schwere geburt? ein prozeß geprägt von zweifeln und verzagen? ein prozeß zwischen hoffnung und hoffnungslosigkeit? . . .)

    oder warst du cool, calm and collected
    herr manuel sagte der arzt
    sie sind hiv positiv
    na und sagtest du
    dann ist das eben so
    ich bin auch
    dick
    dünn
    1,78
    männlich
    hungrig
    ein liebender mensch
    hab manchmal schnupfen
    mal wunde füße
    keinen blinddarm
    und jetz auch noch den hiv virus
    so what
    was soll s

    wenn sich viele von uns auf gleicher ebene durchs leben bewegen würden
    wie du es tust
    dann wären wir eine menge die auf grund ihrer zahl wahrgenommen werden würden
    visuell
    akustisch
    wenn wir dann mal diesen slogan
    „Ich fordere die uneingeschränkte Straffreiheit der Transmission von HIV.“
    skandierend
    uns durch unseren lebensalltag bewegen
    würde wir gehört werden
    vielleicht
    die umsetzung . . . ja die umsetzung . . .das machen andere. . . .

    schön das du so stark bist
    andere
    deine brüder und schwesten
    sind es nicht

    nach deiner maxime
    ist jeder seines glückes schmied

    ja
    hiv findet an 364 tage statt
    ja leben ist leiden
    und dies ganz pragmatisch ohne in ein opfer zu sein
    zum leben gehören
    leben ist
    geboren werden
    aufwachsen
    er wachsen werden
    gesund sein
    krank sein
    krankheiten
    keine ist besser oder schlechter
    nur anders
    aber alle sind eines
    krankheiten
    sterben
    tod

    und zwischen der geburt und dem tod leben wir
    ganz unprätentiös realistisch
    ohne ach und weh

    wenn s doch nur so einfach wäre

    ich mach am welt aids urlaub
    werde fotografieren
    eine gute suppe löffeln
    von einem sterne koch
    nette menschen treffen
    weil ich sie mag
    die eben nur an diesem tag zusammenkommen

    ich werden den tag und die menschen genießen
    und hoffe nur das dieser tag eis und schneefrei sein wird

    weil sonst ist das risiko groß das ich auffe schnauze falle
    weil meine füße nervenbedingt unvollständige informationen ins kontrollzentrum übermitteln

    was die ursachen für dieses problem ist fragst du mich?

    das leben ist die ursache mein freund
    remember
    zum leben gehören krankheiten
    wie die krankheit heißt?

    ach weißt du manuel
    würde die rose anders aussehen
    einen anderen geruch verströmen wenn sie einen anderen namen hätte?

  8. Hallo Manuel,

    Folge ich dieser vernichtenden Fundamentalkritik, dann wäre jegliche Form, und Art, wie Menschen mit HIV sich organisieren und artikulieren, ein Fehler und Griff ins Klo. Du baust einen double-bind auf, der keiner ist, der nur in Sarkasmus und tödliches Erstarren führt.

    Irgendwo lauert da die Selbststigmatisierung…, ich kanns nur noch nicht auf den Punkt bringen.

    Deine Kritik an den AIDS-Hilfen teile ich, obwohl ich selber in einem dieser Vereine mein Geld verdiene. Politisch Interessensvertretung für Menschen mit HIV und MIT Menschen mit HIV zu sein, sähe gerade zum Welt-AIDS-Tag in der Tat SEHR anders aus, als das alljährliche Spendendosenrüttel- und Rote-Schleifen-verteil-Ritual. Dieses ist sogar unsolidarisch und latent stigmatisierend, wenn die Akteure nicht bereit sind, Position zu beziehen, sich mit gesellschaftlich streitbaren und daher unbequemen Themen gesellschaftlich Gehör zu verschaffen. Diese WAT-Suppe ist fade und verwässert geworden: Es fehlt der Pfeffer und das Salz!!

    Denn in der Tat müsste es zum WAT 2011 so sein, dass alle AIDS-Hilfen flächendeckend mit dem Inhalt deiner Forderung: „Ich fordere die uneingeschränkte Straffreiheit der Transmission von HIV.“ aus der Deckung kommen, Partei ergreifen, sich angreifbar machen und darüber gesellschaftliches Klima mitgestalten. Die dagegen festzustellende Hasenfüßigkeit vielerorten ist fürchterlich! – und da stimme ich Dir voll zu.

    Allerdings scheint in den letzten Jahren (? seit der EKAF-Veröffentlichung ??) eine veränderte Dynamik Fuss zu fassen: die DAH hat sich eindeutiger und parteiischer positioniert und in der Folge sowohl BZgA und DAS argumentativ überzeugt, dass die bundesweite WAT-Kampagne mutiger, offensiver und mit Menschen mit HIV jetzt auch authentischer durchgeführt wird.

    „Gib AIDS keine Chance“ ist weg, „Positiv zusammen leben“ ist da.

    Positive Stimmen ist nun ein Projekt von Menschen mit HIV MIT Menschen mit HIV und persönlich als Projektbeirat dort kann ich überzeugend mitteilen, dass im Projekt weder Instrumentalisierung noch Manipulation von Menschen mit HIV stattfindet.

    Im Gegenteil: die ersten Erfahrungen zeigen, dass HIV-Positive es als befreiend erleben, endlich einmal mitteilen zu können, was man an alltäglichen kleinen und großen das Selbstwertgefühl angreifenden Erfahrungen bewältigen muss.

    Ziel des Projektes ist zum einen das Sichtbarmachen einer diffusen Realität (Auswertung der Fragebögen) – aber mehr noch: eine Dynamik unter HIV-Positiven entstehen zu lassen, die Sprachlosigkeit hinter sich zu lassen, zu vernetzen, sich anders und neu füreinander zu interessieren – und als Folge womöglich sich auch anders und neu zu organisieren.

    Wir sind gerade erst am Anfang. Was aus dem Potenzial von positive stimmen wird, liegt in unseren Händen.

    Michael Jähme
    Projektbeirat bei „positive stimmen“

  9. „Ich fordere die uneingeschränkte Straffreiheit der Transmission von HIV.“

    Das ist in etwa das gleich Niveau wie „Straffreiheit für alle Vergewaltiger“. Es gibt kein uneingeschränktes Recht auf Straffreiheit einer HIV-Übertragung.
    Dieses kann es nicht geben, wenn es kein einvernehmlicher Sex war, es kann es nicht geben, wenn der Partner nach dem Immunstatus fragte und sich auf die (falsche) Antwort („Negativ.“) verlassen hatte. Ja, das ist naiv, anderen diesbezüglich zu glauben, aber Lügen, die zu einer HIV-Übertragung führen, gehören nach wie vor strafrechtlich sanktioniert.

    Straffreiheit sollte aber gelten, wenn sich der Partner des potentiellen Risikos bewußt ist, auch dann, wenn er später kalte Füsse bekommt oder sich sogar bei diesem Fick infizierte.
    Wird das Thema Safe/Unsafe gar nicht besprochen, wird bei einvernehmlichen Sex nicht auf Kondome bestanden oder explizit bare gefordert, dann kann man davon ausgehen, daß der Partner das Risiko kennt und sich dessen bewußt ist.

  10. Ich finde es endlich an der Zeit, auch die Barebacker in Diskussionen einzubeziehen. Interessanterweise wird von denen auch von „Moralisierung“ geredete, wenn es um die GEMEINSAME Verantwortung von Sexualpartnern geht. Es ist völliger Unsinn, immer nur von „Selbstverantwortung“ zu schwadronieren, wenn doch meistens zwei Personen am Sex beteiligt sind. Von denen „vorher“ oder „nachher“ ganz zu schweigen.

    Die einen leiden und die Anderen setzen sich darüber hinweg. Und es ist allgemeines Schweigen darüber! Was mich neustens ärgert ist, dass ich als Person mit safersex der „Intoleranz“ beschuldigt werde, wenn ich das Risiko, das Andere eingehen kritisiere, und nicht bereit bin dies auch einzugehen. Letztlich geht es schon um „das Recht“ ohne Kondom zu ficken…

    Wieso leben beide Gruppen auf zwei verschiedenen Planeten?

    Da ich safer sex praktiziere, habe ich keine Probleme mit HIV. Für mich sind alle Menschen hiv+!

  11. @ Thommen – „Letztlich geht es schon um “das Recht” ohne Kondom zu ficken.“

    Natürlich geht es darum! Worum auch sonst? Und wo ist das Problem daran, wenn zwei Männer KONSENSUALEN kondomfreien Sexualverkehr praktizieren? Umgekehrt muss man Fragen: Wer hat heute eigentlich das Recht, zwei Menschen in ihre sexuelle Entfaltung einzugreifen und ihnen Verhaltensnormen anzuerziehen?

    Einfache Antwort: Niemand. Weder die Präventionspropaganda, noch Staatsanwälte & Richter, noch eine heteronormative Mehrheitsgesellschaft, die schon beim Gedanken an schwulen Sexualverkehr mindestens mit einem verschämten Mundwinkelzucken reagiert.

    Du möchtest deinen Sexualverkehr mit einer Latexbarriere durchführen, so tue es und tue es bitte mit Genuss. (Sex ohne Genuss ist bekanntlich wertlos, da sind wir uns sicherlich einig.) Nur verlange nicht, das ich mir (als in deinen Augen „Barebacker“) dies zu Eigen mache. Ich bevorzuge auch weiterhin den kondomfreien Sexualverkehr und suche mir entsprechend positive Sexualpartner, die es da genauso halten wie ich.

  12. @immunantwort:

    wieso ist die antwort eine einfache? ich hätte gerne eine begründung gesehen, um die aussage zu bestärken. auch wenn dieses angeführte recht ein unbestreitbare wäre, bedarf es m.e. einer erklärung, warum dem so ist. ich vermisse hand und fuß des arguments, das ich im grunde als ein sympatisches ansehe.

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