Jubiläum: 150 Bundesweite Positiventreffen

Ein besonderes Jubiläum HIV-positiver Selbsthilfe ist zu feiern: 150 Bundesweite Positiventreffen. Das 150. Treffen beginnt in wenigen Tagen  im Waldschlößchen.

Mai 1986: 37 schwule Männer und eine heterosexuelle Frau, alle HIV-positiv, treffen sich vom 8. bis 11. Mai 1986 im Waldschlößchen. Das erste Treffen, auf dem schon bald klar wird, man will mehr: die Bundesweiten Positiventreffen entstehen.

März 2012: Die Bundesweiten Positiventreffen feiern ein denkwürdiges Jubiläum: das 150. Bundesweite Positiventreffen findet vom 29. März bis 1. April 2012 im Waldschlößchen statt.

Zwischen ersten und einhundertfünfzigstem Treffe liegen 148 weitere Bundesweite Positiventreffen, 26 Jahre und ungezählt viele Tausende Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Hunderte Referenten und Referentinnen.

Alles begann im Mai 1986. Es ist die Zeit der Aids-Hysterie, Gauweiler und Süßmuth (und mit ihnen viele andere) streiten um die Richtung der Aids-Politik. Begriffe wie Absonderung, Ausmerzen oder der ‚Bayrische Maßnahmenkatalog‚ kennzeichnen die aufgeregten Debatten. Unterdessen erkranken immer mehr Menschen an Aids. Medikamente gibt es bisher nicht. In dieser Situation laden Jörg Sauer und Bernd Flury, die beide das „Waldschlößchen‘ bereits als schwules Tagungshaus kannten, ein zu einem Treffen HIV-Positiver. 37 schwule Männer und eine heterosexuelle Frau folgten ihrem Aufruf, nahmen am ersten „Bundesweiten Positiventreffen“ (das diesen Namen damals noch nicht trug) teil.

Der ‚Spiegel‘ berichtete damals (HIV hatte noch nicht seinen heutigen Namen, wurde HTLV III genannt)):

„Im Mai will der Münsteraner Student Bernd Flury die „HTLV-III-Antikörper-Positiven“ zu einem ersten bundesweiten Treffen versammeln. Es soll, unter anderem, über „Tod und humanes Sterben“ geredet werden.“

Ab dem vierten Treffen (6. bis 8. März 1987) übernahm die Deutsche Aids-Hilfe (DAH) die Finanzierung der Treffen. Aus einer kleinen Gruppe HIV-Positiver und Nicht-Getesteter, die sich aus diesem 4. Treffen heraus 1987 zur Vorbereitung der Treffen gründete, entstand am 20. Juli 1988 der Verein „positiv e.V.“ – der noch heute die Bundesweiten Treffen gemeinsam mit der Deutschen Aids-Hilfe sowie der Akademie Waldschlößchen veranstaltet.

Wolfgang Vorhagen, von Anfang an „mit dabei“, betont in einem Bericht für das DAH-Blog im November 2011.

„Die bundesweiten Positiventreffen sind ein gutes Beispiel für ein gelingendes Miteinander von Selbsthilfe, Erwachsenenbildung und Deutscher AIDS-Hilfe. Ohne die schon seit 1987 währende Zusammenarbeit von Positiv e.V und Akademie Waldschlösschen mit der DAH (und die Unterstützung durch Bundesmittel) wäre ein Projekt wie dieses nicht möglich – teilnehmen können so auch Menschen, die nur wenig Geld haben, was vor allem bei Langzeitpositiven häufig der Fall ist.“

Die DAH beschreibt die Treffen nüchtern

„Die Bundesweiten Positiventreffen wenden sich an Menschen, die Lust haben, an aktuellen Themen rund um das Leben mit HIV und Aids zu arbeiten. Neben Diskussionen, Fortbildungs- und Informationsangeboten zu den jeweiligen Schwerpunktthemen gibt es genügend Raum für Begegnung und Austausch. Mit diesen Treffen wollen wir die Selbsthilfearbeit fördern und Multiplikator(inn)en vernetzen. Um den Kreis der Engagierten zu erweitern, achten wir darauf, dass sich bei den Treffen eine gute Mischung aus „alten“ und neuen Teilnehmer(inne)n ergibt.“

Jörg Sauer und Bernd Flury, die beiden ‚Ur-Ahnen der Bundesweiten Positiventreffen‘, sind beide inzwischen verstorben. An beide erinnern Steine im Rahmen der Installation ‚Namen und Steine‘ – am Waldschlößchen. Die Bundesweiten Positiventreffen erfreuen sich großer Beliebtheit – so großer, dass die Treffen meist bereits Wochen vorher ausgebucht sind. Rechtzeitig informieren und über die ‚Akademie Waldschlößchen‘ anmelden – zum Beispiel hier:

positiv e.V.
Waldschlößchen
Deutsche Aids-Hilfe

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siehe auch „150 Bundesweite Positiventreffen – eine Chronologie

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Spiegel 28.04.1986: Aids: Es geht alles schon schön schnell
ondamaris 27.11.2008: Positiventreffen – Freiraum solidarischen Miteinanders
DAH-Blog 18.11.2011: Wolfgang Vorhagen: Gelebte Vielfalt, gelebte Selbsthilfe Gelebte Vielfalt, gelebte Selbsthilfe
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