Chemnitz: HIV-Positiver wegen Missbrauch eines Jungen zu zwei Jahren Haft verurteilt (akt.)

Ein HIV-positiver Mann zwang im Erzgebirge einen 8-jährigen Jungen zum Oralverkehr. Das Landgericht Chemnitz verurteilte ihn heute (26.03.2012) zu zwei Jahren und neun Monaten Haft.

Er habe am 12. November 2011 mit dem achtjährigen Jungen an der Rutsche eines Spaßbads im Erzgebirge herumgetobt, berichtete der 33-jährige Mann im Prozeß. Er habe einige Bier getrunken, anschließend habe er den Jungen auf die abschließbare Toilette gelockt. Dort habe er ihn zum Oralverkehr gezwungen. Es sei zu keinem Austausch von Körperflüssigkeiten gekommen. Noch in der Schwimmhalle wurde der Mann festgenommen.

Der Angeklagte, der seit der Tat in Untersuchungshaft sitzt, legte vor Gericht ein umfassendes Geständnis ab. Unter Tränen betonte er „Ich wünschte, ich könnte es rückgängig machen.“ Er entschuldigte sich mehrfach bei dem Jungen und seiner Familie (die beim Prozeß nicht anwesend waren).
Der Junge wurde nicht mit HIV infiziert. Nach Aussagen des Vorsitzenden Richters Josef Bauer habe er das Geschehen gut verarbeitet.

Das Landgericht Chemnitz verurteilte den Mann nach vorhergehender Absprache zwischen den Prozeßbeteiligten zu zwei Jahren und neun Monaten Haft wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs und versuchter schwerer Körperverletzung.

Aufgrund der HIV-Infektion des Angeklagten habe für das Kind eine Infektionsgefahr bestanden, so das Gericht. Staatsanwalt Thomas Müller-Gründel hatte betont, der Angeklagte „nahm billigend in Kauf, dass eine Virusübertragung möglich war“. Die Verteidigung hingegen betonte, aufgrund der medizinischen Situation sowie des geschilderten Ablaufs habe keine Infektionsgefahr bestanden.

Der 33-jährige Mann weiß seit September 2010 von seiner HIV-Infektion. Er befindet sich in regelmäßiger medizinischer Behandlung.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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Aktualisierung
26.03.2012 17:15: Der öffentlich-rechtliche Sender MDR lässt in seinem TV-Bericht in der Sendung „dabei ab 2“ unter dem Titel „Milde Strafe für Kindesmissbrauch“ ‚Bürger‘ zu Wort kommen mit Äußerungen wie „da braucht man sich nicht zu wundern, wenn da manche irgendwann Selbstjustiz machen“ oder „härteste Strafe, ich sage lieber nicht was für eine“.
Entgegen der Aussage des Richters, der Junge habe das geschehen gut verarbeitet, formuliert der MDR-Bericht „Vom Trauma dieser Tat wird sich das Kind wohl nie wieder erholen“.

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weitere Informationen:
SZ 26.03.2012: Chemnitz: Knapp drei Jahre Haft für HIV-Infizierten wegen Kindesmissbrauchs
Sächsische Zeitung 26.03.2012: HIV-Positiver wegen Kindesmissbrauchs verurteilt
Focus 26.03.2012: Zwei Jahre HaftHIV-Infizierter missbraucht Jungen in Schwimmbad
MDR Sachsen 26.03.2012: Haftstrafe für HIV-infizierten Mann
Freie Presse 26.03.2012: Annaberg-Buchholz: Ex-Rettungssanitäter zwang Achtjährigen zum Oralsex
LVZ online 26.03.2012: HIV-positiver Mann in Chemnitz wegen Kindesmissbrauchs zu Haft verurteilt
Stern 26.03.2012: HIV-Infizierter muss hinter Gitter – Opfer hat sich nicht angesteckt
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5 Gedanken zu „Chemnitz: HIV-Positiver wegen Missbrauch eines Jungen zu zwei Jahren Haft verurteilt (akt.)“

  1. das ist eine brisante mischung. des volkes unmut ergießt sich aus der feder des schreibers/journalisten des beitrages. schließlich ist er/sie einer aus dem volk. was erwartest du? sachlichkeit?

  2. Zu Deiner Frage auf FB: Ist es Aufgabe eines öffentlich-rechtlichern Senders, Hetze zu verbreiten?

    Mir kommt da ein Satz von Corinna Gekeler aus ihrem Inerview auf dem dahblog (http://blog.aidshilfe.de/2012/03/24/die-kraft-der-wut/ )“Die Kraft der Wut“ in den Sinn

    „So, wie die „Bild“-Zeitung 2009 mit Nadja Benaissa umgegangen war, hätte man zum Beispiel die Redaktion besetzen können. Natürlich wäre die Polizei gerufen worden, aber die Redakteure im Axel-Springer-Verlag hätten gemerkt: Wir lassen uns das nicht gefallen.“

  3. Das, so scheint es mir muß man heute Journalisten „einbläuen i.e. bildlich gesprochen auf die Finger klopfen“. Möglicherweise ist es ein – kein Thema mehr auf JournalistenSchulen. Selbst der Presserat ist damit heute überfordert . . .

  4. Sicher ist solch ein Fall ein gefundenes Fressen für die Boulevardpresse,es geht einfach nicht anders. Dabei spielt es keine Rolle ob der Mann HIV+ war oder nicht. Auch nicht ob er auf Grund einer Therapie infektiös war oder nicht, genauso wenig wie die Tatsache das OV kein wirkliches Risiko ist. Die Boulevardpresse hat gemacht, was sie immer macht, sie polarisiert. Daran werden wir nie etwas ändern können. Das Urteil wurde völlig zu recht aufgrund des Kindesmissbrauchs gefällt. Mit der Strafe ist er im Grunde noch gut davon gekommen, ich würde ihm noch eins oben drauf tun weil er HIV+ mit seiner Tat in Misskredit gebracht hat.
    Ich bin weiß Gott kein Freund der Boulevardpresse aber ich verstehe sie in ihrem Tun, dass soll keine Verteidigung sein. Einziges Kriterium dieser Medien ist was bring und uns diese Schlagzeile. Das Traurige ist, dass es eine Mehrheit gibt die diese Ergüsse täglich lesen und davon in ihrer Meinung manipuliert werden.

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