HIV-Positive können zukünftig in der Schweiz nicht mehr (wie bisher möglich) wegen „vorsätzlicher oder fahrlässiger Verbreitung einer gefährlichen übertragbaren menschlichen Krankheit“ angeklagt werden.
Der Schweizer Nationalrat hatte der Revision des Epidemiegesetzes schon am 8. März 2012 mit 119 zu 40 Stimmen zugestimmt. Heute (1. Juni 2012) stimmte nun auch der Ständerat der Revision zu („Revision des Bundesgesetzes über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG) (BBl 2011 311)“).
In der Folge wird §231 des Schweizer Strafgesetzbuches revidiert; der neue Text soll lauten „Wer vorsätzlich aus gemeiner Gesinnung eine gefährliche übertragbare menschliche Krankheit verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft.“ Dies solle zukünftig nur noch für Fälle von Bioterrorismus gelten. Für HIV kann dieser Paragraph zukünftig nicht mehr angewandt werden.
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Aktualisierung
01.06.2012, 17:30: Die DAH weist in ihrer Meldung darauf hin, dass „die Veränderung des Gesetzes allerdings nicht die Abschaffung der Strafbarkeit von tatsächlichen oder potenziellen HIV-Übertragungen [bedeutet], die nach wie vor als Körperverletzung geahndet werden können. Die zusätzliche Anwendung des Epidemiegesetzes hat bisher aber häufig zu einem höheren Strafmaß geführt.“
02.06.2012, 10:00: Am 12. Juni 2012 findet noch eine abschliessende Bereinigung der Differenzen des Epidemiegesetzes zwischen Nationalrat und Ständerat statt. (Dank an Michèle für diesen und weitere Hinwiese!)
15.06.2012, 09:30: Die Aids-Hilfe Schweiz weist auf folgende Termin-Verschiebung hin: „Beschluss zum neuen Epidemiengesetz verschoben
Nachdem der Nationalrat in der Frühjahrssession die Totalrevision des Epidemiengesetzes beraten und damit eine Änderung von Art. 231 StGB (Übertragung einer gefährlichen menschlichen Krankheit) beschlossen hat, debattierte auch der Ständerat über das Epidemiengesetz und ist dem Vorschlag des Nationalrats weitgehend gefolgt.
Eine Differenzbereinigung, welche auf den 12. Juni im Nationalrat vorgesehen war, wurde auf die Herbstsession verschoben. Deshalb können wir erst nach Abschluss dieses Verfahrens definitiv sagen, wie der Artikel in Zukunft genau lauten wird. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass der einvernehmlich ungeschützte Sexualkontakt, d.h. wenn die Sexualpartnerin oder der Sexualpartner über die HIV-Infektion Bescheid weiss, nicht mehr strafbar sein wird.“
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weitere Informationen:
DAH 09.03.2012: Schweiz: HIV-Übertragung soll nicht mehr nach Epidemiengesetz bestraft werden
Sitzungsprotokoll der Nationalratssitzung vom 8.3.2012
HIV Justice Network 0ß9.03.2012: Switzerland: New Law on Epidemics only criminalising intentional transmission passed in lower house
DAH 01.06.2012: Schweiz: HIV-Übertragung wird nicht mehr nach Epidemiegesetz bestraft
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Gratulation in die Schweiz –
– und großes Dankeschön an Michele für Unterstützung beim Artikel !
Da ist das »zänkische Bergvolk« (O-Ton Zürcher Ex-Freund) doch mal einen großen Schritt voraus – herzlichen Glückwunsch!
Aber: Die Neufassung schließt nach meinem Dafürhalten lediglich das »fahrlässig« aus. Wo bitte steht – oder gibt es dazu einen Kommentar? – dass HIV zukünftig explizit ausgeschlossen ist – sowohl fahrlässig als auch vorsätzlich? Denn der Vorsatz ist immer noch strafbewehrt …
Oder mache ich hier (hoffentlich) einen Denkfehler?
Ein wichtiger Schritt und hoffentlich mit Signalwirkung für die anderen deutschsprachige