Die neue Bewegung für gleiche Rechte in den USA

Zur Situation in den USA nach den Abstimmungen über die Homo-Ehe heute ein Gast-Beitrag. Prof. Dr. Robb Kvasnak berichtet über eine Protest-Demonstration in Fort Lauderdale – ein Bericht, der ein Stimmungsbild der Situation in den USA vermittelt, und der aufzeigt, dass Protest nicht dazu führen muss, dass sich gesellschaftliche Gruppen gegenseitig diskriminieren, sondern solidarisch handeln:

Am 15. November 2008 fanden Proteste in allen 50 Bundesstaaten und in der Hauptstadt der USA statt. Erboste Menschen, meistens Schwule und Lesben aber auch heterosexuelle Freunde, haben zwei Stunden lang gegen die Volksentscheide in Kalifornien, Florida und Arizona demonstriert.

Gegen 13 Uhr Ortszeit begannen sich Protester in Fort Lauderdale vor dem Rathaus zu versammeln. Zum größten Teil waren es 50 bis 60jährige Babyboomers und 20 bis 30jährige Millennium Gen’ er. Gen X, die Kinder der Reagan Ära, hat wie in der Vergangenheit kaum Geschmack oder Zeit für Politik. Anti-Kriegs Proteste in Fort Lauderdale zogen oft kleine Gruppen von 30 bis 50 Menschen zusammen. Aber an diesem sonnigen, heißen Tag strömten unaufhörlich mehr Menschen in Shorts, Schlappen und Sonnenbrillen ein. Gegen 13h30 waren es einige Tausende, die einen Protestzug ringsum das Rathaus gezogen hatten. Plakate trugen Aufschriften wie „Habe ich gegen Ihre Ehe gestimmt?“ „Gleichheit für alle Amerikaner“ und „Did you cast a stone or a ballot?(Haben Sie einen Stimmzettel abgegeben oder einen Stein geworfen?)“ Die Luft war elektrisch mit geballter Wut. „Black, White, Gay, Straight, We will not descriminate!“ riefen sie im Chor. Von jungen Protestern angefeuert brüllte die Menge lautstark auf die Frage: Was wollen wir? GLEICHE RECHTE. Wann wollen wir sie? JETZT!

Um 14 Uhr rief eine kleine, schwarze Frau, Bischöfin Mahee, durch ein Sprachrohr und beruhigte die aufgewühlte Menschenmenge. Einige Anführer der neugeborenen Bewegung machten es klar, dass die superfrommen Rechten einen schlafenden Riesen geweckt hatten. Eine Stimmung wie die nach Stone Wall lag in der Luft. Die Leute der Millennium Generation, die erst mit 9/11 ein politisches Bewusstsein entwickelt hatten, fanden nun ihre cause célèbre, einen Leitfaden für ihr Leben: Zivilrechte für alle. Die Wahl von Barack Obama, einem Mann der durch seine gemischte Herkunft den Erfolg der Babyboomers verkörpert, nämlich dass wir alle gleich sind, hat der neuen Bewegung Hoffnung gegeben. Aber die Tatsache, dass Barack nie ein kariertes Hemd anzog und sich gegen einen Zaun anlehnte mit einem Strohhalm im Mund, um mit einem bäuerlichen Akzent des Mittelwestens den Wahlkampf zu gewinnen, war noch bedeutender. Zum ersten Mal seit Kennedy zieht ein Mann ins Weiße Haus, der seine glänzende Erziehung an der Universität Harvard nicht versteckt und der die Nation zu mehr Bildung aufruft. Leute, die denken, anstatt nur beten oder an den nächsten Hauskauf sinnen, dürfen jetzt öffentlich mit allgemeinem Respekt ihre Meinung lüften. Auch dies elektrisierte die Protester, ohne das es jemand aussprach. Damit das Gefühl der Befreiung war allen klar. Trotz ihrer Wut lächelten sie, hielten mit Fremden Händchen, umarmten einander wie die Überlebenden einer Schreckenszeit. Die USA werden eines Tages in den Fußstapfen der Europäer, Kanadier und Südafrikaner treten, und allen Staatsbürgern die gleichen Rechte geben. Es ist eine Frage der Zeit.

Robb Kvasnak, Ed.D.
Professor of Education, ESOL, bilingual education, second language teaching and acquisition

(Robb, vielen Dank für den Beitrag!)

2 Gedanken zu „Die neue Bewegung für gleiche Rechte in den USA“

  1. „Fußstapfen der Europäer“?? Na, da empfehle ich aber einen sehr genauen und umfassenden Blick nach Europa, bevor losgestapft wird!

  2. Mein Partner und einige Mitarbeitern und Freunde gingen zur Rally hier in Portland. Der Rally, statt vor dem Rathaus, fand sich auf Universitätsgrunde statt . Also, er hatte wirklich kein „Impact“. Es war eher wie „preaching to the choir“. Wir mussen aber noch hoffen das die erweckte Riese schlieft nicht wieder ein.

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