In Bayern werden Gefangene seit Jahresbeginn 2009 zur Kasse gebeten, wenn sie den Anstaltsarzt aufsuchen. Eine zynische Lösung, wenn de facto keine Arztwahl bestehe, meint die DAH.
Im Folgenden die Pressemitteilung der DAH als Dokumentation:
Befürchtungen, die Übertragung der Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug auf die Länder könnten zu einer Verschlechterung des Standards in den Gefängnissen führen, scheinen wahr zu werden: Seit Januar bittet das Bayerische Justizministerium Gefangene zur Kasse, wenn sie einen Anstaltsarzt aufsuchen. Ermöglicht wird dies durch eine Regelung, die „die angemessene Beteiligung der Gefangenen an den Kosten der Krankenbehandlung“ (vgl. z.B. Art. 63 Abs. 2 BayStVollzG) vorsieht. Dahinter verbirgt sich der politische Wille des Gesetzgebers, dass auch im Bereich der Gesundheitsfürsorge die Eigenverantwortung der Gefangenen verstärkt und dem Äquivalenzprinzip Rechnung getragen werden soll, da den Gefangenen ein weitgehender Anspruch auf Gesundheitsfürsorge durch die Justizvollzugsanstalt zugebilligt werde.
Dazu erklärt Winfried Holz, Bundesvorstand der Deutschen AIDS-Hilfe e.V. (DAH): „Im Klartext bedeutet diese „Zuzahlungspauschale“ die Einführung der ´Praxisgebühr´ und die Kostenbeteiligung an Medikamenten. Da im Justizvollzug aber faktisch keine freie Arztwahl besteht, ist diese Praxis zynisch, denn der Anspruch auf Gesundheitsfürsorge wird eingeschränkt. So hat z.B. der Gefangene bei schweren Erkrankungen wie HIV und Aids keine Möglichkeit, einen Facharzt zu konsultieren, wenn der Anstaltsarzt dies nicht veranlasst. Ein so genanntes ‚Ärztehopping‘ – Hauptbegründung für die Einführung der Praxisgebühr außerhalb der Gefängnismauern – ist daher überhaupt nicht möglich und auch nicht gegeben.“
„Ausgerechnet an dieser Stelle wird mit dem Äquivalenzprinzip argumentiert, obwohl sich die Justizminister seit Jahrzehnten erfolgreich gegen die Angleichung der medizinischen Standards und Präventionsmöglichkeiten wehren, die außerhalb des Vollzuges bestünden“, erläutert Bärbel Knorr, DAH-Mitarbeiterin Drogen & Menschen in Haft. „Mit einer wirklichen Angleichung würde der Justizvollzug seiner Verantwortung allerdings gerecht werden, weil den Gefangenen dadurch eine Chance geboten würde, Eigenverantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen. Diese Angleichung ist aber nicht gegeben. Der bayerische Vollzug erfüllt nicht einmal die Minimalstandards der Suchtmedizin, wie zum Beispiel die Substitution und Infektionsprophylaxe bei Drogengebrauchern in Haft“, so Knorr.
Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, das die Kostenbeteiligung seit dem 1.1.2009 eingeführt hat, verweist auf die „seit 2001 kontinuierlich gestiegenen Kosten der ärztlichen Behandlung sowie der Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln“. Dazu meint Winfried Holz von der DAH: „Wenn Bayern das Äquivalenzprinzip ernst nähme, dann dürfte z.B. von HIV-Infizierten Gefangenen, die nur über ein Taschengeld von 30,- EUR im Monat verfügen, nur 0,90 EUR im Quartal an Zuzahlung verlangt werden (also auf den Monat umgerechnet 0,30 EUR). Die Verwaltungskosten für diese Praxis dürften den scheinbaren Einspareffekt bei weitem überschreiten.“
(Pressemitteilung der Deutschen Aids-Hilfe)
Besser kann man das Wesen des Stigma und der Diskriminierung gegenüber der Gruppe der Gefangenen nicht zum Ausdruck bringen. Wenn man sich dann noch vor Augen hält das der Chef in Bayern bzw der CSU der Ex Gesundheitsminister Seehofer ist – dann bleibt einem nur eines: Das große Kotzen