Finanzielle Sorgen können sich negativ auf die regelmäßige Medikamenten-Einnahme von HIV-Patienten auswirken. Zu diesem Schluss kommt eine US-Studie.
Für die Wirksamkeit der Medikamente gegen HIV ist es wesentlich, dass diese regelmäßig genommen werden. Nur bei regelmäßiger Einnahme ist der Wirkstoffspiegel jederzeit so hoch, dass eine Bildung von Resistenzen gegen die Medikamente weitgehend vermieden werden kann.
Dennoch fällt es vielen Positiven schwer, ihre Kombi-Therapie regelmäßig und korrekt einzunehmen (Compliance). Immer wieder versuchen Experten zu analysieren, warum manchen Positiven eine hohe Compliance besonders schwer fällt. Die Medikamente wurden in ihrer Einnahme vereinfacht, die Pillenanzahl reduziert, Einnahmevorschriften konnten gelockert werden. Doch – immer noch hat eine bedeutende Anzahl HIV-Positiver Probleme, ihre Medikamente regelmäßig und vorschriftsgemäß einzunehmen.
Eine us-amerikanische Untersuchung ((Holmes WC et al.. HIV/Aids-specific quality off life and adherence to antiretroviral therapy over time. J Acquir Immune Defic Syndr (online edition) 2007; zitiert in ‚aids treatment update November 2007‘)) gibt nun neue Aufschlüsse. Sie widmete sich der Frage, welchen Einfluss die Lebensqualität auf die Compliance hat.
Im Rahmen der Studie wurden Freiwillige über ihre HIV-bezogene Lebensqualität befragt. Anschließend wurde ihre Compliance gemessen (mit Hilfe von Medikamenten-Flaschen mit elektronischen Zählern).
Positive, die mehr als 95% ihrer Medikamente einnahmen, wurden als compliant betrachtet, diejenigen mit weniger als 95% als ‚weniger compliant‘.
In einem Fragebogen zur Lebensqualität wurden u.a. Sorgen um die eigene Gesundheit, das eigene Sex-Leben, Sorgen um die Medikamente, um ein Offenlegen des eigenen HIV-Status, finanzielle Probleme, der allgemeine Umgang mit der eigenen HIV-Infektion, generelle Lebenszufriedenheit sowie das Vertrauen in den behandelnden Arzt behandelt.
In früheren Untersuchungen hatte sich gezeigt, dass Alkohol- und Drogen-Konsum mit schlechter Compliance verbunden sein können.
In dieser Studie zeigte sich, dass der einzige (in dieser Studie gemessene) Faktor der Lebensqualität, der eindeutig mit einer Compliance unter 95% assoziiert war, finanzielle Probleme waren. Hierzu zählten Ausprägungen wie ‚mit einem festen [niedrigen] Einkommen leben müssen‘, Sorgen ‚wie die Rechnungen bezahlt werden sollen‘ oder zu wenig Geld zu haben, um sich ’so um mich zu kümmern wie ich es eigentlich sollte‘.
Die Forscher zogen den Schluss, dass mögliche finanzielle Probleme des Patienten bei Maßnahmen zur Erhöhung der Compliance berücksichtigt werden sollten.
Dass die Pharma-Industrie inzwischen innovative Wege geht, um antiretrovirale Therapien zu vereinfachen (z.B. Wirkstoffe verschiedener Hersteller in einer Pille), kann die Compliance vermutlich positiv beeinflussen. Doch eine gute Compliance ist nicht nur Sache einer optimalen Therapie-Gestaltung und Reduzierung der Pillen-Anzahl.
Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass auch die ökonomische Situation von Menschen mit HIV und Aids wieder stärker in den Vordergrund gerückt werden sollte. Auch wenn die Studie in den USA stattfand – in Europa und Deutschland dürften ökonomische Probleme bei Menschen mit HIV und Aids ebenfalls nicht selten sein. Auch hierzulande ist ‚Geld‘ ein sorgenbesetztes Thema.
Dabei sollte es jedoch nicht nur darum gehen, finanzielle Probleme zur Verbesserung der Compliance anzusprechen. Vielmehr sind konkreten Maßnahme erforderlich, die die materielle Situation vieler Positiver so verbessern, dass ein menschenwürdiges und die Gesundheit nicht beeinträchtigendes Leben möglich wird.
Nachtrag 30.11.: hier ein schönes Beispiel, wie die ökonomische Situation von Positiven die Gesundheit (hier Ernährung) beeinträchtigen kann: Gesunde Ernährung ist ein Muss! – Aber wie bezahlen?