Aids-Beratung – kompetent, verlässlich, vor allem: vertraulich. Eigentlich selbstverständlich. Außer wenn. Zum Beispiel wenn es um Prominente geht. Oder wenn „Aids-Betreuer“ in der Presse plaudern.
Beratung sollte unabhängig, kompetent und vor allem vertraulich erfolgen. Ganz selbstverständlich erscheint vielen, dass kompetente Aids-Beratung diese Kriterien erfüllt und diesen Ansprüchen auch in der praktischen Arbeit gerecht wird.
Doch – was für Aids-Berater der Aids-Hilfen selbstverständlich gilt (und durch umfangreiche Qualitätssicherungs-Maßnahmen auch fortlaufend sichergestellt und optimiert werden soll), ist noch lange nicht in jeder anderen Aids-Organisation üblich.
So gibt es auch „Aids-Betreuer“ und „Aids-Betreuerin“.
‚Aids-Betreuerin‘ mag keine gängige Bezeichnung sein – aber scheinbar eine, deren Standards zumindest andere, vermutlich weit lockerere als die professionellen Standards der Aidshilfe sind.
Wie sonst ist es zu erklären, dass -angesichts der von der Deutschen Aids-Hilfe kritisierten Verhaftung einer Sängerin– eine ‚Aids-Betreuerin‘ in der Boulevard-Presse freimütig über ihre Arbeit plaudert?
„Sie hat einen völlig gesunden Eindruck gemacht, man merkt ihr die Krankheit nicht an“, so die Ärztin, die sich seit 22 Jahren um HIV-Patienten kümmert. „Es gibt auch einen Arzt, der sie im Gefängnis behandelt. Trotzdem war sie ganz dankbar dafür, dass ich ihr mein Wissen angeboten habe.“
So berichtet eine ‚Aids-Betreuerin‘ über die gesundheitliche Situation und Versorgung der verhafteten Sängerin, und ergänzt direkt zu deren psychischer Verfassung
„Sie schien mir nicht stabil zu sein und auch nicht zuversichtlich. Verständlich in dieser Situation. Ich konnte nur versuchen, sie zu trösten.“
Damit ist das Ende der Indiskretionen noch nicht erreicht, so wird auch über Kleidung, Körperpflege, Haftbedingungen berichtet.
Das ganze nicht bei einer Berater-Schulung, z.B. um eine Weiterbildung mit einem Fallbeispiel anonym zu illustrieren. Sondern in der Boulevard-Presse, mit Nennung des Namens der ‚betreuten‘ Person, unter dem Titel „Aids-Beraterin X hat sie in der Zelle besucht und berichtet in der Y“ [Name der ‚Betreuerin‘ mit X und der Zeitung mit Y ersetzt].
„Alle Beraterinnen und Berater verfügen über ausreichende Erfahrung, wurden speziell für die Online-Beratung geschult und dem Datenschutz verpflichtet“ – der Anspruch, der selbstverständlich ist für Beraterinnen und Berater der Aidshilfen (hier am Beispiel der Online-Beratung), scheint für andere andere Organisationen so nicht uneingeschränkt zu gelten.
Danke an K. für den Hinweis!
„Mit HIV vogelfrei für die Medien“ – schade, dass sich auch manche „Aids-Betreuer“ an dieser fragwürdigen Inszenierung beteiligen.
„vertraulich – verlässlich – kompetent“, unter diesem Motto wirbt die Online-Beratung der Aidshilfen für ihre Angebote. Und skizziert damit kurzgefasst den Standard, der für jegliche Gesundheitsberatung gelten sollte.
Vertraulichkeit steht dabei nicht grundlos an erster Stelle. Dass Privates z.B. zu Gesundheit und Psyche in den Medien ausgeplaudert wird, ist bei diesen Standards nicht vorgesehen.
Leider halten sich nicht alle, die im Aids-Bereich aktiv sind, an diese Standards. Ein Grund mehr, genau hinzuschauen, von wem man sich beraten lässt. Und im Zweifelsfall sich auf die bewährte Arbeit derjenigen Organisationen zu verlassen, die sich verpflichtet haben diese Standards einzuhalten: die in der Deutschen Aids-Hilfe zusammengeschlossenen Aids-Hilfen.