Ein bekannter Internet – Medikamenten-Versandhandel eröffnet – mit tatkräftiger Unterstützung des CDU-Landesgesundheitsministers – in Saarbrücken eine Apotheke. Na und, möchte man denken. Doch eine ganze Branche schreit auf, dazu Politiker und Lobbyisten fast aller Couleur.
Worum geht es? In Deutschland dürfen bisher nur natürliche Personen Apotheken eröffnen (Ausnahme: Krankenhäuser), und ein Apotheker darf maximal vier Filialen haben (Fremdbesitz- und Mehrbesitz-Verbote). So solle eine unabhängige, qualifizierte und wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten sichergestellt werden, so die Befürworter der geltenden Regelung.
DocMorris -um diese Internetapotheke geht es im Saarbrücker Fall- ist jedoch eine Kapitalgesellschaft. Und DocMorris verkauft wie auch andere Internet-Apotheken rezeptfreie Medikamente, aber auch einige verschreibungspflichtige Pillen (wie Viagra & Co) z.T. bedeutend preisgünstiger als in der Apotheke um die Ecke üblich. Für die Kunden eigentlich eine gute Sache – und für die Apotheker eine Gefahr, sehen sie doch ihre bisher so sicheren Gewinne schwinden.
Trotz Sparbekundungen und Gesundheitsreform, die deutschen Apotheker erzielten 2005 einen Rekordgewinn (Erlös-Zuwachs 7,7% im Vergleich zu 2004). Der durchschnittliche Gewinn einer Apotheke belief sich auf 85.000 Euro. Auch vom gern beklagten Apotheken-Sterben ist keine Spur: 2005 wurden 242 Apotheken geschlossen, aber 326 neu eröffnet. In Deutschland versorgt eine Apotheke durchschnittlich 3.875 Einwohner, damit ist die Apotheken-Dichte in Deutschland deutlich höher als in den meisten EU-Ländern. Ein Markt mit Rekordgewinnen, nahezu ohne Wettbewerb, ohne Konkurrenz, abgeschottet und geschützt.
Es geht also, entgegen allen altruistischen Begründungen von Apothekern und Funktionären, primär vermutlich um individuelle Profite und Privilegien.
Die Saarbrücker Entwicklung könnte eine Öffnung des Medikamentenhandels für Kapitalgesellschaften auch in Deutschland bedeuten, eine Zukunft mit niedrigeren Medikamentenpreisen, mit großen, profitorientierten Apotheken-Ketten.
Doch dies muss nicht die einzige Möglichkeit sein, die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten preisgünstig zu gestalten: in Schweden darf bereits seit 1971 nur der Staat Medikamente verkaufen, er betreibt alle 950 (!) Apotheken des Landes. Ein Monopol, das dem Gedanken der staatlichen Daseins-Fürsorge entsprang, noch heute von der Bevölkerung geschätzt wird, und das für kostengünstige Medikamente sorgt, zu überall gleichen Preisen.
Medikamentenhandel ist auch ohne Gewinnorientierung möglich … Aber dann müssten sich ja einige Apotheker einschränken …