Leitsätze der DAH zur Zusammenarbeit mit der pharmazeutischen Industrie

Zur Debatte, wie Organisationen des Gesundheitsbereichs mit Geldern Dritter, insbesondere aus der Pharma-Industrie, umgehen können, hier als Dokumentation die Leitsätze der Deutschen Aids-Hilfe (DAH) aus dem Jahr 2000. Die hier dokumentierten Leitsätze wurden durch den Vorstand der DAH für den Verband formuliert und im März 2000 veröffentlicht. Sie wurden auf der DAH-Mitgliederversammlung im November 2000 diskutiert und verabschiedet.
Inzwischen hat die DAH die „Leitsätze der Selbsthilfe für die Zusammenarbeit mit Personen des privaten und öffentlichen Rechts, Organisationen und Wirtschaftsunternehmen, insbesondere im Gesundheitswesen“ von Paritätischem Wohlfahrtsverband und BAG Selbsthilfe unterzeichnet.

Leitsätze zur Zusammenarbeit mit der pharmazeutischen Industrie

1. Die Deutsche AIDS-Hilfe richtet ihre fachliche und politische Arbeit an den Bedürfnissen und Interessen von Menschen mit HIV und AIDS und der von AIDS bedrohten Gruppen aus. Leitkriterium ihrer Arbeit ist die Selbstbestimmung und das Wohlbefinden der genannten Interessengruppen; daher werden Zuwendungen, die mit Auflagen verbunden sind, die diesem Leitkriterium entgegenstehen, von der Deutschen AIDS-Hilfe nicht akzeptiert.

2. Die Deutsche AIDS-Hilfe stellt bei der Bewertung therapeutischer Optionen das Interesse und das Wohlbefinden von Menschen mit HIV und AIDS in den Mittelpunkt, nicht aber die Zugehörigkeit zu bestimmten medizinischen Schulen gebunden und/oder wirtschaftliche Motive; sie steht auch unkonventionellen Therapierichtungen jenseits oder am Rande der sogenannten Schulmedizin vorurteilsfrei gegenüber (Methodenpluralismus).

3. Die Deutsche AIDS-Hilfe gibt keine ärztlichen Therapieempfehlungen. Sie behält sich aber vor, Stellung zum Einsatz von bestimmten Medikamenten, Medikamentengruppen und Therapieregimen aus der Perspektive von Menschen mit HIV und AIDS zu beziehen.

4. Die Deutsche AIDS-Hilfe nimmt finanzielle Unterstützung in Form von Spenden oder im Rahmen schriftlicher Sponsoringvereinbarungen von Firmen der pharmazeutischen Industrie entgegen. Ein Einflussrecht der Sponsoren auf Inhalte von Informationsmaterialien oder Veranstaltungen der Deutschen AIDS-Hilfe ist ausgeschlossen.

5. Die Deutsche AIDS-Hilfe legt die Förderung durch Firmen der pharmazeutischen Industrie in ihrem Jahresbericht offen.

6. Die Deutsche AIDS-Hilfe lässt sich von mehreren unterschiedlichen Firmen der pharmazeutischen Industrie fördern. Exklusivverträge sind ausgeschlossen.

7. Die Deutsche AIDS-Hilfe achtet bei der Förderung durch die pharmazeutische Industrie darauf, dass eine Einstellung dieser Unterstützung niemals den Fortbestand des Vereins Deutsche AIDS-Hilfe gefährden kann.

8. Die Deutsche AIDS-Hilfe schließt zur Wahrung ihrer Interessen und ihrer Unabhängigkeit gegenüber den unterstützenden Firmen mit diesen schriftliche Vereinbarungen ab.

9. Die Deutsche AIDS-Hilfe bietet den unterstützenden Firmen, sofern dies fachlich zu verantworten ist, an, ihre Unterstützung öffentlich zu dokumentieren. Ausgeschlossen sind solche Formen der Dokumentation, die im Zusammenhang mit medizinischer Information die Bevorzugung einzelner Produkte, Produktgruppen oder Anbieter nahe legen und daher als eine indirekte Produktempfehlung verstanden werden könnten.

10. Die Deutsche AIDS-Hilfe gewährt den unterstützenden Firmen im Rahmen der jeweils geschlossenen vertraglichen Vereinbarung bestimmte Kommunikationsrechte. Ausgeschlossen davon ist die unmittelbare oder mittelbare Bewerbung von Produkten oder Produktgruppen der HIV- oder AIDS-Therapie.

11. Die Deutsche AIDS-Hilfe stellt den unterstützenden Firmen im Rahmen ihrer Möglichkeiten die eigene Fach- und Interessenkompetenz zur Verfügung (Neben-, Wechselwirkungen, Adherence u. dgl.) mit dem Ziel, im Interesse von Menschen mit HIV und AIDS auf Studiendesigns, Produktentwicklung und Marketing Einfluss zu nehmen.

Berlin, den 12. November 2000