Ungetestet – trotzdem vor Gericht schuldig gesprochen

‚Unwissen schützt vor Strafe nicht‘, so könnte das Motto eines Urteils in der Schweiz lauten. Ein Mann wurde wegen fahrlässiger HIV-Infektion verurteilt – obwohl er selbst von seiner HIV-Infektion nicht wusste.

Das Bundesgericht der Schweiz (das höchste Schweizer Gericht) hat am 13. Juni ein bemerkenswertes Urteil gesprochen: ein Mann soll seine Partnerin fahrlässig mit HIV angesteckt haben. Der Mann wusste nicht von seiner HIV-Infektion – es habe aber konkrete Anzeichen für die eigene Infektion gegeben, so das Bundesgericht, deswegen ‚fahrlässiges Verhalten‘.

Wie die NZZ berichtet, hatte der Mann ungeschützten Sex mit seiner Partnerin. Bei der Frau wurde später eine HIV-Infektion diagnostiziert, und mit einem Virus-Typ, der eine Infektion durch den Mann als nach Ansicht des Bundesgerichts ‚medizinisch nachgewiesen‘ erscheinen lässt.

Der Mann hatte kein positives Ergebnis eines HIV-Tests. Er hatte auch zuvor mit anderen Partnerinnen ungeschützten Sex, unter anderem auch mit einer Frau, von der er wusste dass sie HIV-positiv ist.

Genau hier setzte das Bundesgericht an. Er habe, da er Risikokontakte hatte, die Möglichkeit einer eigenen Infektion nicht ausschließen können. Er habe konkrete Anzeichen für die mögliche eigene HIV-Infektion gehabt. Folglich hätte er Schutzvorkehrungen treffen müssen. Insofern sei sein Verhalten fahrlässig gewesen.

Das Bundesgericht widersprach damit einem vorherigen auf Freispruch lautenden Urteil des Züricher Obergerichts. Dieses Gericht hatte noch geurteilt, es bestehe keine Rechtspflicht, sich nach ungeschützten Sex vor dem nächsten ungeschützten Sex auf HIV testen zu lassen.

Der Mann wurde vom Bundesgericht zu einer bedingten Gefängnisstrafe von neuen Monaten sowie einer Geldstrafe von 30.000 Franken und Schadenersatz verurteilt. (Urteil 6B-235/2007)

24 Gedanken zu „Ungetestet – trotzdem vor Gericht schuldig gesprochen“

  1. Er habe, da er Risikokontakte hatte, die Möglichkeit einer eigenen Infektion nicht ausschließen können. Er habe konkrete Anzeichen für die mögliche eigene HIV-Infektion gehabt. Folglich hätte er Schutzvorkehrungen treffen müssen. Insofern sei sein Verhalten fahrlässig gewesen.
    * * * * *

    Das ist keine Begründung sondern nur ein Vorwand der auf die instrumentalisierung von HIV positiven als Angstgegnern und somit für die gesellschaft und insbesondere volkswirtschaftlich untragbar bzw als „gefährlich und verantwortungslos“ einzustufen hinausläuft mit dem Ziel nach mehr repression.

    ich kann nur hoffen das der/die nächste dumpfbackige verantwortungslose sozialhilfeempfängerIn der/die aufs sozialamt kommt und hife zum lebensunterhalt für sein 3 oder 4 uneheliches kind einfordert der gleichen behandlung zuteil wird.

  2. es hiess des weiteren, dass kondom-gebrauch immer zu erwarten sei…das urteil ist haarsträubend.
    ……auch wenn der typ selbst nicht zu meinen lieblingszeitgenossen gehört und ich die hintergrundsgeschichte kenne…..das bundesgerichtsurteil ist eine katastrophe für uns.

  3. @ Dennis:
    mein lieber, auch wenn ich deinen zorn gut verstehen kann:
    – genauso wie positive ungern pauschal vorab verurteilt werden wollen, wollen dies sicherlich hartzIV-empfänger…
    – und hilfe zum lebensunterhalt mit einer gefährdung einer anderen person gleichzusetzen ist sicherlich kein sehr treffender vergleich …

  4. @ Michèle:
    ja – für euch in der schweiz schient mir das urteil tatsächlich desaströs. zumal da eben bundesgericht…
    ich frage mich, ob den richtern klar war, welche konsequenzen ihr urteil in der praxis haben könnte …

  5. @

    Vorbehaltlich des genauen Urteilsstudiums ändert sich für HIVpositive Menschen, die um ihren Serostatus wissen, nichts. Wohl aber für alle anderen:

    „Massgebend bleibt somit, ob der Risikostifter zur Zeit der Tat konkrete Anhaltspunkte für die eigene HIV-Infektion hat, was aufgrund der jeweiligen Umstände im Einzelfall zu beurteilen ist. Als Anhaltspunkt gilt grundsätzlich jeder erkannte bzw. bewusst erlebte Risikokontakt in der Vergangenheit, etwa ungeschützte Intimkontakte mit einer Person, deren sexuelles Vorleben er nicht kennt. Bei Vorliegen solcher Verdachtsmomente ist der Risikostifter gehalten, auf ungeschützten Geschlechtsverkehr solange zu verzichten, wie er die eigene HIV-Infektion nicht mit hinreichender Sicherheit ausschliessen kann. Wer trotz Kenntnis der Möglichkeit seiner HIV-Infektion in Missachtung der Safer-Sex-Regeln weiterhin ungeschützt verkehrt, handelt pflichtwidrig und schafft eine objektiv erhöhte Gefahr für die Rechtsgüter seiner Sexualpartner, die das erlaubte Risiko übersteigt.“

    [ http://relevancy.bger.ch/php/aza/http/index.php?lang=de&type=highlight_simple_query&page=1&from_date=01.06.2008&to_date=02.07.2008&sort=relevance&insertion_date=&top_subcollection_aza=all&query_words=HIV&rank=1&azaclir=aza&highlight_docid=aza%3A%2F%2F13-06-2008-6B_235-2007&number_of_ranks=3 ]

    Wie Michèle schon schrieb, heißt das nichts anderes, als dass ohne negativen HIV-Test nicht mehr ohne Gummi gefickt werden darf. Abenteuerlich! 🙁

    NB: Das Urteil ist vom 13.06., die NZZ hat am 01.07. darüber berichtet. Da haben wir wohl alle ein bisschen geschlafen… 😉

  6. @ TheGayDissenter:
    danke für den link auf den urteils-text!

    nur um missverständnisse zu vermeiden: das urteil ist eh eines in der schweiz und insofern zunächst nur für die menschen in der schweiz relevant.

    nichtsdestotrotz ein geradezu abenteuerliches urteil – dein resümé ließe sich noch überspitzen: ohne gummi darf nur nach direkt vorigem hiv-test mit neg. ergebnis gevögelt werden … (eigentlich sagen die richter ‚vor jedem sex ohne kondom ein test‘ …)

    ach nein, geschlafen nicht ganz. das urteils-datum hab ich ja oben auch genannt. … das ist einer der texte „aus der warteschleife“ … 😉

  7. @ulli
    „und hilfe zum lebensunterhalt mit einer gefährdung einer anderen person gleichzusetzen ist sicherlich kein sehr treffender vergleich“

    aus diesem grund erwähnte ich den gesellschaftlichen als auch den volkswirtschaftlichen – kosten aspekt. die aussage bezieht sich daher nur auf diejenigen die der meinung sind ein recht zu haben kinder in die welt zu setzen ( was unbestritten ist) und – was die finanzielle versorgung betrifft – glauben ein recht darauf zu haben das die solidargemeinschaft dies finanzieren müsse.

    volkswirtschaft ist es was die belastung – der finanzielle aufwand betrifft erheblich größer als der aufwand für die kosten für die medikamente für einen hiv positiven die der solidargemeinschaft zur last fallen.

    zum anderen und darum geht es auch hier – den kranheitsaspekt außer acht lassend – um verantwortung. die gesundheit in dem einen fall vorzuschiebnen – im anderen fall „verantwortung generell unter den tisch fallen zu lassen erinnert mich an den spruch“ quod licet iovi non licet bovi“ und der ochs sind in dem fall wir die hiv positiven.

    @ michelle

    das bundesgerichtsurteil ist eine katastrophe für uns. – in der tat das ist mehr als eine katastrophe – das ist schlicht und einfach ein skandal. 🙁

  8. „unwissenheit schützt vor strafe nicht“ — ja dieser spruch hat sich hier auch wieder einmal bewahrheitet.

    auch wenn ich kein jurist bin, aber die fahrlässigkeit sehe ich hier tatsächlich als gegeben. wie kann ich denn so naiv sein, mit mehreren partnern ungeschützten sex zu haben und ernsthaft glauben, dass niemals was passieren könnte. HIB-infektionen sind ja nicht das einzige, was da geschehen kann, ob es sich nun um krankheiten oder bei heterosexuellen um ungewollte schwangerschaften handelt.

    das urteil sehe ich weniger als skandal denn mehr als warnung und das knallharte aufzeigen der realität.

    einmal kann eben schon einmal zu viel sein, und der mann hat es ja wohl gewusst, dass er sich dem risiko ausgesetzt hat.

    allein schon um mein eigenes gewissen zu beruhigen und auch meinen zukünftigen sexualpartnern nicht dem gleichen risiko auszusetzen würde ich schon von mir aus den test anstreben und auch nur verhüteten sex machen, solange ich mir nicht 100%ig sicher bin.

    der ochs sind in diesem falle gar nicht mal die schon positiven, sondern eher jene, die mit völligem leichtsinn und risikobereitschaft durch die welt rennen, ohne sich einen kopf über mögliche folgen zu machen.

    die freiheit des einen hört da auf, wo die des anderen anfängt. so habe ich es mal gelernt. und im übertragenen falle des obigen urteils muss ich sagen: was ich mit meiner eigenen gesundheit mache, entscheide ich; aber ich darf mir nicht anmaßen, es für andere zu tun.

    es ging hier ja auch um fahrlässigkeit, nicht um vorsätzlichkeit. und soviel habe ich schon mitbekommen, dass in der rechtssprechung da ein himmelweiter unterschied besteht. die strafe fällt hier eigentlich auf den ersten blick sogar günstig aus, die frau kann damit sicher kaum die medikamente auf ihre (verkürzte) lebenszeit nicht bezahlen.

    es mag konservativ klingen, aber ich stimme dem urteil zu, dass er die schuld trägt. über den genauen inhalt lässt sich streiten. doch der kern ist, dass wir verantwortung zu tragen haben.

    und ich möchte hier noch zu bedenken geben, dass doch durch einen entgültigen freispruch sämtliche präventionsarbeit der vereine und organisationen ad absurdum geführt werden würden. denn wenn wir keine konsequenzen tragen müssen, brauchen wir auch keinen geschützten verkehr mehr, die kondome werden überflüssig etc. pp.

    sex soll spaß machen, aber gewiss nicht zum „russisch roulette“ verkommen.

    so haarsträubend das urteil letztendlich ist, wir alle sollten es definitiv als warnung nehmen.

    und nun verprügelt mich.

  9. @ asaaki:
    nun – juristische gegebenheit ist es meines wissens bisher bei uns, dass ich nur verantwortlich sein kann für etwas, das mir bekannt ist. insofern ist das schweizer urteil schon bemerkenswert.
    ich will hier nicht das verhalten der beteiligten personen bewerten.

    die frage des leichtsinns bringst du ja selbst auf – in der realität sieht es m.w. so aus, dass selbst menschen, die meinen immer nur ausschließlich sex mit kondomen zu machen, irgendwann in eine situation kommen, in der das kondom plötzlich aus welchen gründen auch immer weg gelassen wird (das kann alk, drogen oder zb schlicht liebe sein). insofern halte ich die vorstellung von 100% ein leben lang „safer sex“ für eine für viele menschen lebensfremde vorstellung, ein ideal das nicht realität ist (wo sollten denn sonst die infektionen stattfinden)

    mit der „schuld“ – nun, ich hoffe dir passiert es nie, dass ein richter meint „das hätten sie aber wissen können“ – und du anderer ansicht bist …

    ps „nun verprügelt mich“ – nun, wenn das eine aufforderung ist …? 😉

  10. wohlweißlich ungeschützen sex mit positiven partnern (hier: lebensabschnittsgefährten). ich hätte mich nie in unschuld waschen können, denn ein “wissensdefizit” gab es einfach nicht.

    entschuldigung . . . . .versteh ich was falsch oder was . . . .

    wenn beide wissentlich den positiven status des einen kennen dann geht das keinen richter etwa an – geschweige denn das er den positiven partner verurteilen darf . . .

    in solch einem fall von „schuld“ zu sprechen halte ich von einer völlig verdrehten sichtweise . . . egal woher und wie immer auch es entstanden sein mag . . .

    für mich ist und bleibt das urteil inakzeptabel gerade weil es davon ausgeht das man die vernunft – die ratio über die emotion zu stellen hat – andernfalls wird man nach den gültigen gesetzen (und die sind so flexibel wie diejenigen die sie erschaffen ) verurteilt.

    wenn es nicht so tragisch – traurig wäre – dann wär das ganze an situationskomik nicht zu überbieten – einfach deshalb weil z.b. berlusconi gerade der welt eine lektion in obszönität erteilt was man von bestehenden gesetzen zu halten hat. nämlich nichts.

    bzgl der neuinfektionen würde das bedeuten das viele die seit jahren positiv sind aber nicht davon wußten und mit aids oder einem miserablen gesundheitlichen zustand erstmals zum arzt kommen um dann zu erfahren das sie hiv + sind und deshalb dafür in der schweiz veurteilt werden können weil sie es hätten wissen müssen . . . . sie werden also insofern doppelt bestraft weil sie nicht den mut aufbrachten ihre angst zu überwinden – und ihrer möglichen ahnung (nach dem motto: sie müssen es doch geahnt haben nachdem wo sie sich rumgetreiben haben) folgten sie könnten evtl hiv + und den test machten . . .

    was kommt als nächstes? eine flurbereinigung vornehmen und alle sogenannten bekannten hiv + internieren – sowie diejenigen die sich in bestimmten kreisen bewegen zwangstesten . . . natürlich nur zum wohle der volksgesundheit :schäferhund . . . .

  11. hm, ich kann für mich sagen, dass ich dem richter kaum widersprechen kann, weil ich mich schon selbst in solchen situationen befunden habe: wohlweißlich ungeschützen sex mit positiven partnern (hier: lebensabschnittsgefährten). ich hätte mich nie in unschuld waschen können, denn ein „wissensdefizit“ gab es einfach nicht.

    100% ein leben lang safer sex soll auch nicht die regel werden, aber das risikomanagment der beteiligten muss besser werden.

    das wirklich böse ist ja, dass es zB viele neuinfektionen gerade bei paaren gibt. das finde ich erschütterlich, weil das vertrauen mit füßen getreten und das gewissen ausgeschalten wird. sowas finde ich einfach unverantwortlich.

    ich weiß, dass ich oftmals (eigentlich die meiste zeit) ein idealist bin, aber ich hoffe doch, dass mein wunsch, meinem partner bedingungslos vertrauen zu können, nicht so weltfremd ist, sondern eigentlich ein grundsatz für eine funktionierende partnerschaft ist. und gerade durch die problematik von STDs wird mein wunsch nur stärker.

    dass viele beim sex nicht mehr klar denken können, sehe ich nicht als zwangsläufig negativ an, sondern scheint eher natürlich zu sein. aber als vernunftbegabte wesen könnten wir uns sowohl vor als auch danach verständigen. ob das schon wieder zuviel verlangt ist?

    ps: das verprügeln nicht wortwörtlich nehmen, danke! ;o)

  12. @ asaaki:
    ich stimme dir zu, was das bedingungslose vertrauen unter partnern angeht. das ist auch mein ziel – und erfreulicherweise lebensrealität.

    ich stimme dir auch zu, was den kopf angeht, der bei ‚gutem sex‘ nun mal gelegentlich gerne abgeschaltet sein will … eine situation, die geradezu erfordert, dann vorher vertrauensvoll klarheit geschaffen zu haben. auch das ist nicht zu viel verlangt, sondern sollte ’normaler umgang‘ mit einander sein – auf beziehungsebene

    beide punkte sind sicher einerseits ausdruck eines ‚idelaisten‘ wie du schreibst, andererseits doch auch vorstellung davon, wie mitmenschlicher umgang funktionieren sollte, im idealfall, wie wir (ich zumindest auch) ihn anstreben.

    allerdings findet sex ja für manche menschen nicht nur auf beziehungsebene statt.

    und dass jemand für etwas verurteilt wird, was er hätte wissen können – aber eben nicht wusste, das finde ich schon ein bemerkenswertes konstrukt.
    was die praktischen folgen davon angeht – sieht kommentar von TheGayDissenter …

    und — okay, verprügeln gestrichen 😉 – ein tee oder bier stattdessen? 😉

  13. @ dennis:
    ach … der berlusconi war auch beteiligt an dem fall? muss ich ja nochmal nachlesen … ;-))

    ratio wird über emotio gestellt – ja, das ist im lebensalltag problematisch, aber andererseits, was soll ein richter anderes tun? nach gefühlen urteilen? das können wir ja auch nicht wollen.

    der pfeffer liegt für mich eher darin, dass verurteilt wurde wegen eines konjunktivs – er hätte wissen können.
    genau dieses recht etwas nicht zu wissen ist aber auch eine option, die immer zulässig bleiben muss … und die uns (aus mehreren gründen) früher auch einmal sehr wichtig war.
    diese option ‚etwas nicht wissen zu wollen‘, um das mögliche mißverständnis auszuschließen, heisst natürlich nicht das recht sich verantwortungslos zu verhalten …

    ja, was die potenziellen folgen dieses urteils angeht, da stimme ich dir zu, da habe ich auch so einige bauchschmerzen …

  14. @ ondamaris

    „ratio wird über emotio gestellt – ja, das ist im lebensalltag problematisch, aber andererseits, was soll ein richter anderes tun? nach gefühlen urteilen? das können wir ja auch nicht wollen.“

    natürlich nicht. nur – emotionen lassen sich nicht leugnen. im kontext hiv=sexualität=ein elementares bedürfnis leben können/dürfen=das recht fehler machen zu dürfen – sollte einfach verstanden werden und „berücksichtigung“ finden.
    menschen funktionieren nun mal nicht linear wie eine mathematische gleichung. auch wenn s mancher gerne so hätte.

    was mir auch bauchschmerzen macht ist – zwar kein kausaler zusammenhang – die veröffentlichung von David Cooper – das australien papier. dies zielt – so ist es auch zu verstehen – gegen das ekaf papier. zusammen mit diesem urteil befindet sich das copper dokument auf einer linie bzw unterstüzt – bedingt sich gegenseitig.

    ich kann da nur hoffen das dies – was europa – die eu ebene betrifft keine weiteren kreise zieht und dieser sichtweise beachtung – zustimmung geschenkt wird.

  15. ich glaub, das mit der unwissenheit und der möglichkeit es aber gewusst zu haben, begegnet uns doch mE an vielen stellen im rechtswesen, da brauchen wir erst gar nicht in die schweiz schielen, das kann der deutsche genauso gut.

    von der „freiheit, etwas nicht zu wissen (und es wissen müssens)“ habe ich im alltag aber noch nicht viel mitbekommen, im gegenteil, viel zu oft begegnet man einem mit „das hättest du aber wissen müssen (du machst dich sonst strafbar)“. im GG suche ich ebenso vergeblich den „wissensfreiheit“-artikel.

    @dennis #11: nein, der positive wäre in meinem fall eben nicht verurteil worden, weil ich das ja selbst schon gewusst habe und damit kein eigenes „wissensdefizit“ hatte (so lautete es ja in manchen abschnitten des urteils, welches ich mir mal auszugsweise durchgelesen hab, juristendeutsch ist ja zum kotzen). noch schlimmer: ich habe mich ja dennoch bewusst auf ungeschützten sex eingelassen, obwohl ich es nicht nur hätte besser wissen müssen, sondern es wusste (kein konjunktiv mehr, also dann schon eine klare sache auch für ein gericht). einzig die mitschuld des positiven hätte geklärt werden müssen.

    und welche sachen das gericht angeht, das muss von fall zu fall entschieden werden und liegt wohl erstmal beim richter, auf irgend einer basis muss er ja auch sein urteil fällen können.

    @ondamaris: dass sex nicht nur auf beziehungsebene stattfindet, ist mir klar. mir ging es dabei ja um die tatsache, dass in partnerschaften viele neuinfektionen stattfinden. und das ist eben das seltsame. eigentlich hätte ich eher damit gerechnet, dass mehr die „frei poppende“ szene mehrheitlich positiv sein müsste, wäre ich nicht diesbezüglich mal aufgeklärt worden.

    — mist, jetzt habe ich meinen faden durch unterbrechung verloren und komm nicht mehr rein —

  16. @ asaaki:
    in sachen „freiheit, etwas nicht wissen zu wollen“:
    es gab zeiten, da gab es keine pillen gegen hiv. und in diesen zeiten war es sehr wichtig, dieses recht des nicht-wissens zu haben – was nützt mir das wissen um eine potenziell lebensbedrohliche erkrankung, wenn ich eh nichts machen kann?
    schützen sollte ich mich und andere eh … das wissen allein ändert nichts.
    dieses recht auf nicht-wissen war damals etwas sehr wichtiges
    – und, nebenbei bemerkt, es ist auch rechtlich verankert. so darf zb bisher kein hiv-test ohne vorherige einwilligung gemacht werden (geltende rechtsprechung)

  17. @ Dennis:
    ich denke in sachen des australischen papers sind die reaktionen von vernazza und hirschel (siehe links an anderer stelle) recht aufschlussreich

  18. da stimme ich dir zu – ich habe die stellungnahme von vernazza gelesen – nur der gegenwind – von verschiedenen seiten – nimmt im moment zu . . . .

  19. @ dennis:
    nun … das ist der übliche kongress-zauber … jeder versucht die mediale aufmerksamkeit für seine statements zu nutzen … siehe dieses absurde statement der das heute … ich hoffe die nebel lichten sich nach dem ekaf-workshop auf dem kongress …

  20. @ asaaki (aus Nr.8):

    …“ denn wenn wir keine konsequenzen tragen müssen, brauchen wir auch keinen geschützten verkehr mehr, die kondome werden überflüssig etc. pp.“

    Sorry, mein Lieber, aber wenn die Leute nur Safer Sex machen, weil sie Angst vor Strafe haben, und nicht, weil sie eine bestimmte Entscheidung über ihre Gesundheit und Sexualität getroffen haben, dann ist eh´ Hopfen und Malz verloren!

    Und die von Dir angesprochene Präventionsarbeit hat das (zumindest in Deutschland) auch längst weitgehend verinnerlicht – schon weil sie mit dem Denkmuster von „Angst und Strafe“ nicht nur nichts erreicht, sondern sogar Schaden anrichten würde. (nebenbei: dieses Denkmuster ist nicht eigentlich „konservativ“ wie du meinst, sondern antihumanistisch, oder schlicht: ineffektiv).

    Ansonsten nochmal der Hinweis:
    Jeder hat seinen Schutz selber in der Hand!
    Die Diskussion wird aber immer wieder so geführt, als ob es beim Sex um Vergewaltigung gehen würde (dabei ist die unausgesprochene Grundannnahme natürlich immer, dass der Positive der Täter und der nicht Positive das Opfer sei).
    Bei jeder einvernehmlichen Sexualität zwischen Menschen kann (und sollte) aber jeder die Verantwortung für sich selbst selber tragen, und nicht ungefragt auf seinen Partner abschieben!

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  22. das eine ist die geschichte, die hinter dem „fall“ steht. und da seh ich einiges im argen. es war nicht-wissen-wollen. allerdings von allen seiten.
    das andere ist das urteil und das signal, das damit gesetzt wurde. und das zielt durchaus in richtung ekaf. bzw. es weht auch hier ab sofort ein kalter wind.
    verd…
    ich hoffe noch immer art 231 stgb würde endlich angewandt, habe ich doch mehrfach öffentlich zugegeben kondomlosen sex zu haben, seit jahren! eigentlich müsste der staat eingreifen. ich werde mich nach mexiko nochmals vorwagen.

  23. @ Michèle:
    ja … die geschichte hinter dem fall ist recht diffizil. deswegen hatte ich an anderer stelle darauf hingewiesen, dass moralische und rechtliche bewertung dieser konstellation zu trennen sind.

    na … du aktivistin … jetzt gleich das schwyzer strafrecht umkrempeln wollen 😉
    erstmal mexico zum erfolg machen … sieht ja gut aus! kompliment ! 🙂

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