Abstinenz macht krank

Demnächst (vom 3. bis 8. August 2008) findet die weltgrößte Aids-Konferenz in Mexico City statt, die XVII International Aids Conference. Abstinenz, auch dort wieder von der US-Regierung unter Bush hochgehalten, hat als Aids-Präventions-Prinzip vollkommen versagt.

Die Welt-Aids-Konferenz naht. Und mit ihr eine Flut von Medien-Berichten über Aids. Eines der Themen wird darin auch immer wieder sein, ob Abstinenz als Präventionsstrategie taugt.

In Deutschland ist zwar recht einhellige Meinung „Wir setzen nicht darauf, den Jugendlichen Enthaltsamkeit zu empfehlen“ (BZgA-Direktorin Pott 2007 in der SZ). Aber sexuelle Abstinenz (Enthaltsamkeit) ist auch in Europa und Deutschland eine gelegentlich (nicht nur aus katholischen Kreisen) ernsthaft geforderte Strategie (wenn auch manchmal verbrämt als ‚freiwillige‘ ‚Verminderung des sexuellen Verlangens‘).

Sexuelle Abstinenz als Mittel der Aids-Prävention?
In der Theorie vielleicht ja, könnte man denken – wer keinen Sex hat, kann sich (sexuell) auch nicht infizieren.
In der Praxis: nein. Abstinenzprogramme scheitern nicht nur, sie schaden auch noch der Gesundheit.

Ein Artikel auf der US-Site TheBody fasst den Stand in Sachen Abstinenz-Debatte gut zusammen:
AIDS-Präventions-Programme, die sich darauf beschränken, nur Abstinenz bis zur Ehe zu predigen, sind eine gigantische Geldverschwendung. Sie sind kontraproduktiv und sie gefährden potenziell die Gesundheit.

Nur ein Beispiel dafür:
Eine von der SZ genannte Studie kommt zudem zu dem Ergebnis, dass Menschen in der ‚Abstinenz-Gruppe‘ mehr Sex haben. In Communities, in denen sexuelle Enthaltsamkeit gepredigt wurde (in den USA gerne mit einem entsprechenden ‚Versprechen‘) war dem TheBody-Bericht zufolge die Häufigkeit sexuell übertragbarer Erkrankungen (wie Syphilis, Tripper etc.) signifikant höher als in anderen Gruppen.

Zudem, so der lesenswerte Bericht, zeigen Studien, dass Nur-Abstinenz – Programme sexuelle Stereotype befördern, ebenso antischwule Einstellungen und eine Ignoranz HIV gegenüber.

Nachdem über eine Milliarde US-Dollar für Abstinenz-Programme ausgegeben worden seien, gebe es keine einzige wissenschaftliche Studie in einem seriösen peer-reviewed-Journal (peer review ist ein Verfahren der Qualitätsssicherung in wissenschaftliche Fachpublikationen), das zeige, dass Abstinenz jungen Menschen helfen könne gute und gesunde Entscheidungen in Sachen Sex zu treffen.

Die Bush-Regierung fordert (auch im PEPFAR-Programm, siehe ‚USA: Ende des Einreiseverbots zeichnet sich ab‚) weiterhin, dass im Rahmen von Aids-Programmen, die sie unterstützt, Abstinenz als eine wirksame Aids-Präventions-Strategie eine zentralen Bedeutung haben müsse. Im Gegenteil, Bush fordert eine Ausweitung der Abstinenz-Programme um weitere 28 Millionen Dollar.

Nachtrag
06.01.2009: ‚Voreheliche Abstinenz erweist sich als unwirksam‘, berichtet CDC/NPIN über die Ergebnisse einer großen Feldstudie.

6 Gedanken zu „Abstinenz macht krank“

  1. @ MithrasX:
    ja, das ist bitter …
    bei abstinenz geht es der bush-regierung m.e. um ideologie, weniger um hiv-bekämpfung. families values als stichwort.
    und ideologie ist wohl fast immer ein schlechter ratgeber, wenn es um gesundheit geht …

  2. Es ist echt bitter wenn man sieht, daß es gar nicht darum geht das Problem HIV zu lösen, sondern darum, eigene Propaganda und Dogmen unter die Leute zu bringen (von Lobbys) und damit Geld zu machen (von den Pharma-Konzernen). Wenn einfach zielorientiert am Kampf gegen HIV und nicht wie so oft gegen Betroffene gearbeitet würde, dann würde die Welt einen großen Schritt weiter sein. Vielleicht hätten wir dann ja sogar schon ne Heilung oder Impfung.

  3. Allein die Idee der Abstinenz – für mich klingt das absurd, und diese Idee ist doch gar nicht geeignet, das Problem HIV als solches anzugehen ..

    es hört sich sogar bald schon nach einer Art „Bestrafung“ an. Hoffentlich läßt sich diese Denke bald ändern. Familienwerte schön und gut – aber das sollte nicht alles andere ausschließen bzw. abwerten. Das Ende der Ära Bush ist zum Glück absehbar – hoffen wir, daß das, was danach kommt, sich als offener erweist.

    Dir alles Gute und ein schönes Wochenende 🙂
    Ocean

  4. @ Ocean:
    abstinenz mag vielleicht eine option sein für menschen die sich freiwillig dafür entscheiden. aber als präventionsstrategie taugt abstinenz in der praxis sicher nicht …

    dir auch schönes we 🙂

  5. Pingback: Die 17. internatioale AIDS Konferenz in Mexiko

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