Evidenz, evidenzbasierte Medizin (EBM) – diese Schlagworte dürfte binnen Kürze zu einem der wichtigsten Begriffe im Krankenversicherungs-System werden (bzw. schon geworden sein). Evidenzbasierte Medizin ist u.a. eine der Arbeits- und Entscheidungsgrundlagen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA).
Warum ist Evidenz so wichtig? Und – was ist Evidenz?
Gemäß §12 SGB V (Sozialgesetzbuch 5) müssen die Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wirtschaftlich sein. Der Gesetzgeber hat einen genauen Rahmen der GKV-Leistungen vorgegeben:
„Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“
Um dieses Wirtschaftlichkeitsgebot in die Praxis umzusetzen, ist es erforderlich, die einzelnen Maßnahmen zu bewerten hinsichtlich ihres Nutzens, ihrer medizinischen Notwendigkeit sowie ihrer Wirtschaftlichkeit.
Diese Bewertung erfolgt mit Methoden der Evidenzbasierten Medizin (EBM). Insbesondere werden verschiedene Verfahren, Methoden oder auch Wirkstoffe gemäß Verfahrensordnung untersucht. Hierbei wird die sogenannte Evidenz-Treppe angewandt:
Bei der Beurteilung von Nutzen, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit eines Verfahrens, einer Methode oder eines Arzneimittels gemäß dem Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB wird nach einer Literaturrecherche und Literaturbewertung eine zusammenfassende Nutzenbewertung erstellt.
Die einzelnen verfügbaren Publikationen werden dabei entsprechend folgender Evidenz-Treppe eingestuft (höchste Stufe = 1 = höchster Grad an Evidenz):
I a Systematische Übersichtsarbeiten von Studien der Evidenzstufe Ib
I b Randomisierte klinische Studien
II a Systematische Übersichtsarbeiten von Studien der Evidenzstufe IIb
II b Prospektiv vergleichende Kohortenstudien
III Retrospektiv vergleichende Studien
IV Fallserien und andere nicht vergleichende Studien
V Physiologische Überlegungen, Expertenmeinungen usw.
blödsinn in potenz
mit solchen rhetorischen sophistereien ist es und gelingt es den kk seit jahren leistungen – medikamente und auch behandlungen aus ihrem leistungskatalog zu streichen mit dem ziel eine positive bilanz zu erreichen.
„Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“
der arzt der sich fundiertes wissen angeeignet hat ist derjenige der die ursache – eine krankheit beurteilt und entsprechend bewerten kann und darf. ihm obliegt es maßnahmen zu verordnen die dann natürlich von den kk´s als zu erbringende leistung zu buche schlagen.
statt dessen gelingt es den kk´s immer mehr sich aus ihrer verantwortung gegenüber den beitragszahlern immer mehr zu verabschieden. und leider lassen sich ärzte immer mehr einschüchtern.
das ergebnis:
medikamente und andere leistungen die vor jahren noch von der kk übernomen wurden müssen heute privat bezahlt werden. in meinem fall heißt das z.b. das meine mutter heute jährlich ca euro 1400 selbst für „leistungen“ aufwenden – erbringen muß. an ihrem krankheitsbild jedoch hat sich nichts geändert. im gegenteil.
das die kk s bei sich anfangen und rationalisieren – ihre verwaltung – strukturen einer prüfung unterziehen . . .das weiß man geschickt zu verhindern. von einer gesundheitsreform ganz zu schweigen.
kranken kasse . . . in diesem wort liegt mehr wahrheit als man denkt
@ Dennis:
nun mal langsam 😉 eb, ist m.e. kein ‚blödsinn in potenz‘. wenn wir akzeptieren, dass ins gesundheitswesen (wie in andere gesellschaftliche bereiche ) nicht unbegrenzt mittel gesteckt werden, braucht es begründbare kriterien um entscheidungen treffen zu können,. da scheint mir ebm zunächst ein ganz gut akzeptabler ansatz.
das problem dabei scheint mir eher (u.a.), dass patientenrelevante fragestellungen in ebm, nur unzureichend abgebildet werden, und die erfordernisse zum nachweis von nutzen sehr hoch sind (wer macht schon zu fragen der lebesnqualität randomisioerte kontrollierte studien …)
Ich war an sich ein großer Fan von Evidenz-basierter Medizin. Medizinische Entscheidungen, weil es genügend Nachweise für die Wirksamkeit einer Behandlung gab. Kein ‚ich geb‘ ihnen mal diese Mittel, weil ich das immer schon gemacht habe‘ sondern eine regelmäßige Kontrolle, ob die Therapie richtig ist.
In der Onkologie/Hämatologie sind aus den bundesweiten Studien Standard-Protokolle entwickelt worden, die eine deutliche Verbesserung der Überlebenschancen und/oder der Lebensqualität aufzeigen. So einfach verteufeln mag ich das nicht.
Aber dann hab ich eine Krankheit bekommen, für die es einfach keine ausreichenden Behandlungszahlen gibt, widersprüchliche Studien und einen ungeheuren Fortschritt in der med. Entwicklung, der wegen der geringen Behandlungszahlen sich nicht in Publikationen wieder findet … und wo vor etwa zwei Jahren vorgeschlagen wurde, keine Knochenmarktransplantationen mehr zu machen. Die mittlere Überlebensdauer nach einer KMT wäre nicht länger als die mittlere Überlebensdauer nur mit einer unterstützenden Therapie. Tja, für mich ein mittelfristiges Todesurteil: denn meine Ausgangssituation für eine KMT war gut, für eine unterstützenden Therapie schlecht (2 – 5 Jahre). Glücklicherweise wurde diese Studie von zahlreichen Experten angegriffen und das IQWIG ist noch mal zurückgerudert. Die KMT wurde dann aber in einem hochspezialisierten Zentrum streng nach evidenzbasiertem Protokoll gemacht 😉
@ Jörn:
danke für die persönlichen berichte zu vorteilen und grenzen von evidenzbasierter medizin!
daneben zeigt dies auch, wie wichtig es ist, dass immer wieder neben den ‚experten‘ auch patienten aktiv werden … um zb auf fehlentwicklungen aufmerksam zu machen, im sinne der patienten
.. randomisiert.
Ich denke, dass niemand von unseren Eltern das NICHT versteht und erinnert mich an einen vor Jahren von mir geschriebenen Artikel: „Deutsch gesucht“.